Vorhofflimmern Flashcards
Epidemiologie
Prävalenz
Prävalenz:
- 1–2% in der Gesamtbevölkerung, somit häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung
- Altersabhängigkeit: Die Inzidenz des Vorhofflimmerns steigt mit dem Alter erheblich an
- Geschlecht: ♂ > ♀
Epidemiologische Risikofaktoren
Epidemiologische Risikofaktoren
- Arterielle Hypertonie
- Adipositas
- Diabetes mellitus
- Chronische Niereninsuffizienz
Ätiologie
primäres vs. sekundäres VHF
Erklärung und Auslöser
Primäres Vorhofflimmern (ca. 15%):
Ohne zugrundeliegende strukturelle Herzerkrankung („Lone Atrial Fibrillation“, „idiopathisches Vorhofflimmern“)
Sekundäres Vorhofflimmern: Durch zugrunde liegende epidemiologische Risikofaktoren oder Erkrankungen ausgelöste Formen
Kardiale Erkrankungen
- Myokarditis
- Mitralstenose und andere Klappenvitien (valvuläres Vorhofflimmern, s.u.)
- Koronare Herzkrankheit, insb. bei bereits eingetretenem Myokardinfarkt
- Chronische Herzinsuffizienz (inkl. der hypertensiven Herzkrankheit als Komplikation der arteriellen Hypertonie)
- Kardiomyopathien
- Vorhofseptumdefekte und andere angeborene Herzfehler
- Erkrankungen der Reizbildung und Reizweiterleitung (z.B. Sick-Sinus-Syndrom, Präexzitationssyndrome)
Extrakardiale Erkrankungen
- Hyperthyreose
- Elektrolytstörungen (insb. Hypokaliämie)
- Akute (z.B. Lungenembolie) und chronische (Rechts‑)Herzbelastung (z.B. COPD)
- Rezidivierende oder chronische Hypoxien (z.B. bei Schlafapnoe-Syndrom oder chronischen Lungenerkrankungen)
- Medikamentös-toxische Einflüsse
- Holiday-Heart-Syndrom : Auftreten von Herzrhythmusstörungen (insb. paroxysmales Vorhofflimmern) bei Herzgesunden nach Alkoholexzess (auch bei jungen Menschen)
Klassifikation
Einteilung nach:
- Häufigkeit und Dauer des Auftretens
- Vorhoffrequenz
Einteilung nach Häufigkeit und Dauer des Auftretens
- Paroxysmales VHF: Spontan innerhalb von 48 h bis maximal 7 Tage in den Sinusrhythmus konvertiertes Vorhofflimmern
- Persistierendes VHF: Dauert länger als 7 Tage an, konvertiert entweder spontan oder wird durch Kardioversion (iatrogen!) beendet
- Lang anhaltendes persistierendes VHF: Dauert länger als 1 Jahr an, bevor eine Entscheidung hinsichtlich einer therapeutischen Rhythmuskontrolle erfolgt
- Permanentes Vorhofflimmern: Unmögliche Rhythmuskontrolle, somit akzeptiertes Vorhofflimmern
Einteilung nach Vorhoffrequenz
- Vorhofflimmern → Vorhoffrequenz 350–600/Minute
- Vorhofflattern → Vorhoffrequenz 250–450/Minute (siehe auch: Differentialdiagnose)
Symptome/Klinik
Asymptomatische Verläufe: Häufig, bei bis zu ⅓ der Patienten!
Mögliche Symptome
- Palpitationen und Herzrasen
- Unregelmäßiger Puls
- Schwindel, ggf. Synkope
- Angst, innere Unruhe
- Symptome der Herzinsuffizienz bzw. Auftreten einer kardialen Dekompensation
- Zeichen von abgelaufenen systemischen Embolien, z.B. Hirninfarkte/TIA
Labordiagnostik
Labordiagnostik
TSH, ggf. Schilddrüsenhormone
EKG
Zeichen
Welche Ableitung v.a.?
Wann TAA wann BAA?
EKG
- Irreguläre/unregelmäßige RR-Intervalle („Arrhythmia absoluta“ )
- Fehlende P-Wellen
- Schmale QRS-Komplexe
- Flimmerwellen (insb. in V1)
- Bei Frequenzen ≥100/min spricht man von einer Tachyarrhythmia absoluta (TAA)
- Bei Frequenzen von <50–60/min spricht man von einer Bradyarrhythmia absoluta (BAA)
DD: Vorhofflattern
Definition
Diagnostik und typische Kammerfrequenz
Therapie
Vorhofflattern
Definition
- Vorhofflattern ist eine Form der supraventrikulären Tachykardie mit gleichförmiger Vorhoffrequenz (i.d.R. 250–450/min)
- Vorhofflimmern und Vorhofflattern können auch ineinander übergehen
Diagnostik:
- Typisches kontinuierliches „Sägezahnmuster“ in II, III , avF anstelle von P-Wellen, meist rhythmisch im Gegensatz zum i.d.R. absolut arrhythmischen Vorhofflimmern im Ruhe-EKG, Kammerfrequenz i.d.R. ca. 140/min Überleitung: Der AV-Knoten filtert die hohen Frequenzen und schützt vor einer schnellen Überleitung (1:1) auf den Ventrikel
- Rhythmische Kammeraktion: 2:1-, 3:1- und 4:1-Überleitungen zwischen Vorhof und Kammer, es zeigt sich eine rhythmische Kammeraktion
- Typische Kammerfrequenz bei ca. 140/min
Therapieoption:
- Medikamentös wie beim Vorhofflimmern , bei typischem Vorhofflattern ist jedoch eine Katheterablation (Isthmusablation) zur Rhythmuskontrolle erfolgversprechend
Therapie
Therapiegrundsätze
- Verhinderung thromboembolischer Ereignisse → Thromboembolieprophylaxe
- Verhinderung zu hoher Kammerfrequenzen → Frequenzkontrolle
- Wiederherstellung des Sinusrhythmus bei geeigneten Patienten → Rhythmuskontrolle
- „Upstream-Therapie“ → Behandlung ätiologisch zugrundeliegender Faktoren (z.B. Behandlung einer arteriellen Hypertonie)
Thromboembolieprophylaxe bei Vorhofflimmern
Indikation
Durchführung
Thromboembolieprophylaxe bei Vorhofflimmern
Indikation: Nach Evaluation des Schlaganfall-Risikos mithilfe des CHA2DS2VASc-Scores
- Geschlechtsabhängigkeit: Das weibliche Geschlecht ist ein Risikofaktor, daher haben Frauen im Score den Punktwert stets um 1 Punkt gegenüber Männern erhöht.
- Score ≥2 bei Männern bzw. Score ≥3 bei Frauen: Antikoagulation
- Score = 1 bei Männern bzw. Score = 2 bei Frauen: Antikoagulation nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung
- Score = 0 bei Männern bzw. Score = 1 bei Frauen: Keine Therapie
Durchführung der Sekundärprävention (Dauertherapie): Orale Antikoagulation im Verlauf, hierfür bestehen bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern mehrere Optionen
- Direkte orale Antikoagulanzien
- Vitamin-K-Antagonisten mit einem Ziel-INR von 2–3
- Stationäre Patienten: Ggf. Einleitung der Antikoagulation mit Heparin in therapeutischer Dosierung, insb. wenn Kardioversion oder andere Interventionen geplant
Blutungsrisiko berücksichtigen: HAS-BLED-Score
Score >2: Optimierung der Risikofaktoren, engmaschigere Kontrollen unter Antikoagulation, alternative Thromboembolie-Prophylaxemaßnahmen erwägen (z.B. interventioneller Vorhofohrverschluss)
Stellenwert von ASS: Acetylsalicylsäure als Thrombozytenaggregationshemmer wird zur Thromboembolie-Prophylaxe nicht mehr empfohlen
Vorhofohrverschluss
Indikation
Therapieprinzip
Vorhofohrverschluss
Indikation: Möglichkeit einer Thromboembolie-Prophylaxe für Patienten, bei denen eine Antikoagulationsbehandlung langfristig nicht möglich ist oder abgelehnt wird
Therapieprinzip: Ausschaltung des Vorhofohres am linken Vorhof („Left Atrial Appendage“, LAA), das in den meisten Fällen Bildungsort eines Vorhofthrombus ist
Frequenzkontrolle
Definition
Indikation
Ziel-Herzfrequenz
Therapeutische Optionen
Frequenzkontrolle
Definition: Frequenzkontrolle bezeichnet einen Therapieansatz, bei dem darauf verzichtet wird, das Vorhofflimmern zu beenden und einen Sinusrhythmus herzustellen. Stattdessen wird ein normofrequentes Vorhofflimmern angestrebt.
Indikation: Basistherapie bei jeder Form des tachykarden Vorhofflimmerns (TAA)
Ziel-Herzfrequenz: I.d.R. reicht eine moderate Frequenzkontrolle (<110/min) zur Symptomkontrolle aus, eine strikte Frequenzkontrolle(<80/min) sollte nur bei fortbestehenden Symptomen durchgeführt werden
Therapeutische Optionen
- Wahl: Beta-Blocker (z.B. Metoprolol)
- Alternative: Calciumantagonisten vom Verapamil-Typ bei Kontraindikationen für Beta-Blocker
- Bei Scheitern der Monotherapie: Kombination von Beta-Blocker oder Verapamil mit
- Digitalisglykosid (z.B. Digoxin)
- Ultima ratio: Implantation eines Herzschrittmachers und Katheterablation des AV-Knotens
Kontraindikationen Beta-Blocker
Absolute Kontraindikationen
- Deutliche Bradykardie
- Hypotonie
- Phäochromozytom (unbehandelt)
- Kardiale Dekompensation
- Asthma bronchiale
- Kombination mit Calciumantagonisten vom Diltiazem- oder Verapamil-Typ → Gefahr des AV-Blocks
- Unselektive Beta-Blocker: Akutes Koronarsyndrom
Relative Kontraindikationen
- Psoriasis
- Raynaud-Syndrom, pAVK
- (Schwangerschaft)
Therapie bei BAA
Bradyarrhythmia absoluta
Therapieoptionen zur Frequenzsteigerung
- Atropin
- Orciprenalin
- Anlage eines temporären Herzschrittmachers, ggf. mit Anschluss einer definitiven Herzschrittmacher-Implantation
- Kardioversion
Rhythmuskontrolle
Definition
Indikation
Eingeschränkte Erfolgsaussichten bei?
Definition: Rhythmuskontrolle bezeichnet einen Therapieansatz, bei dem versucht wird, das Vorhofflimmern in den Sinusrhythmus zu konvertieren und in der Folge den Sinusrhythmus zu erhalten.
Indikation:
- Bei Symptompersistenz trotz Frequenzkontrolle bzw. bei Aussicht auf lange Rezidivfreiheit nach Kardioversion
- Notfallindikation: Tachyarrhythmia absoluta mit kardialer Dekompensation und hämodynamischer Instabilität, i.d.R. als elektrische Kardioversion.
- Elektive Kardioversion: Bei hämodynamisch stabilen, aber durch das Vorhofflimmern beeinträchtigten Patienten stellen eine elektrische oder eine medikamentöse Kardioversion therapeutische Optionen dar.
- Langfristige Rhythmuskontrolle: Zur Reduktion symptomatischer Vorhofflimmer-Rezidive; die langfristige Rezidivfreiheit ist mit allen Antiarrhythmika nur eingeschränkt möglich. Die Häufigkeit von Rezidiven und die Dauer von Vorhofflimmer-Episoden können jedoch reduziert werden. Potentiell proarrhythmische Effekte sind bei der Indikationsstellung zu beachten, insb. bei Patienten mit strukturellen Herzerkrankungen.
Eingeschränkte Erfolgsaussichten bei:
- Vorhofflimmern >12 Monate (Richtwert)
- Fortgeschrittene strukturelle Herzerkrankung
- Dilatation des linken Vorhofs (Durchmesser >50 mm in der Echokardiographie)
- Valvuläre Genese (insb. Mitralstenose)
- Unzureichend behandelte zugrunde liegende Ursache (z.B. Hyperthyreose)