Handelsrecht: § 377 HGB Flashcards
Vrss. gesetzlicher Haftungsausschluss: § 377 HGB
I. Bestand der kaufmännischen Rügeobliegenheit 1. Anwendbarkeit § 377 HGB 2. Beiderseitiger Handelskauf → nicht auf den Kleingewerbetreibenden ohne Eintragung i. S. v. § 2 HGB anwendbar 3. Ablieferung der Kaufsache 4. Kein Ausschluss der Rügeobliegenheit II. Verletzung der Rügeobliegenheit → unverzügliche Untersuchung
beidseitiges Handelsgeschäft
liegt vor, wenn beide Vertragspartner Kaufleute sind und das Geschäft zu ihrem Betrieb gehört, vgl. § 343 HGB
§ 377 HGB: Zweck der Rügeobliegenheit
Rüge dient Schutz des Verkäufers, um rasche Klarheit über Mängel und Qualitätsabweichungen zu erlangen und rechtzeitig informiert zu sein
→ nicht vollständig durch AGB abdingbar, gilt nicht für Nichtkaufleute
§ 377 HGB: Anforderungen an Rüge
→ Mangel bei gehöriger Untersuchung zu erkennen gewesen?
- inhaltlich muss Rüge hinsichtlich Art und Umfang des Mangels hinreichend substantiiert sein, d. h. den gerügten Mangel erkennen lassen
- bedarf keiner Form, muss dem Verkäufer aber in entsprechender Anwendung des § 130 I BGB zugehen
Anwendung § 377 HGB beim Werkvertrag
Rspr.: (-) → Wortlaut
a. A.: (+) → Rechtsgedanke (schnelle vertragliche Abwicklung, Klarheit auf beiden Seiten) greift auch beim Werkvertrag
Rechtsfolge unterlassene Rüge nach § 377 HGB
Käufer verliert alle Ansprüche wegen nicht ordnungsgemäßer Lieferung (§ 437 BGB) einschließlich des Regresses nach § 478 BGB, nicht jedoch die Ansprüche aus Delikt oder wegen nicht mit einem Mangel zusammenhängenden Nebenpflichtverletzungen (§§ 280, 282 BGB)
Anforderungen an Rügeobliegenheit
verdeckte Mängel
verdeckt = wäre bei einer ordnungsgemäßen Untersuchung nicht in Erscheinung getreten
→ unverzüglich nachdem sich die Abweichung gezeigt hat muss Ware gerügt werden
ausreichend ist Rüge durch den Händler beim Lieferanten, nachdem Kunden des Händlers Mängelrechte aufgrund des Mangels geltend gemacht haben
Anforderungen an Rügeobliegenheit
offene Mängel
= offen zu Tage tretende Mängel (sichtbare Beschädigungen) und bei der gebotenen Untersuchung feststellbare Mängel
→ unverzüglich nach Ablieferung muss Ware untersucht und gerügt werden
→ Anforderungen an Untersuchung hängen von der Art des Gegenstandes ab
größere Warenmenge: Stichproben in angemessener Zahl
§ 377 HGB analog auf alle unternehmenstragenden Rechtsträger
(+) wenn Akteure wie Kaufleute am Verkehr teilnehmen
(-) selbst Kleingewerbetreibende fallen nicht mehr in Anwendungsbereich
→ allenfalls in Einzelfällen auf Grundlage des § 242 BGB, wenn Abweichungen von den Wertungen des BGB nicht gravierend sind
(-) Anwendung § 377 HGB führt zu erheblichen Konsequenzen für Käufer
§ 377 HGB: Untersuchungspflicht
ordnungsgemäße Untersuchung nach Art und Umfang erforderlich, soweit nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich, d. h. sie muss auf Grund der Umstände des konkreten Falles dem Käufer zumutbar sein
→ offener ↔︎ verdeckter Mangel
→ V: Arglist
§ 377 V HGB: arglistiges Verschweigen
1) Aufklärungspflicht
→ bei erheblichen Mängeln grundsätzlich (+), Beeinflussung der Kaufentscheidung des Käufers möglich?
2) Arglist
→ mind. bedingter Vorsatz bzgl. Vorhandenseins des Mangels, Unkenntnis des Käufers vom Mangel und dem Umstand, dass Käufer bei Kenntnis Vertrag nicht oder anders geschlossen hätte
→ Arglist auch dann (+), wenn Verkäufer ohne tatsächliche Grundlage unrichtige Angaben über Mängelfreiheit oder wesentliche Eigenschaften der Kaufsache “ins Blaue hinein” macht, die geeignet sind, den Kaufentschluss des Käufers mit zu beeinflussen
Streckengeschäft → § 377 HGB: Auf wessen Kenntnis kommt es an - Kaufvertragspartei oder tatsächlicher Abnehmer? Wer muss rügen?
ganz h. M.: Kenntnis des tatsächlichen Abnehmers
(+) entspricht einer Art Erfüllungsgehilfen des Käufers im Hinblick auf dessen Rügeobliegenheit, da er nach dessen Willen in seinem Obliegenheitenkreis (→ Mängelanzeige) tätig wird