§ 1004 BGB Flashcards

1
Q

Voraussetzungen § 1004 BGB

A
  1. Eigentum des Anspruchstellers
  2. Beeinträchtigung des Eigentums
  3. Störer als Anspruchsgegner
  4. Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung
  5. Keine Duldungspflicht des Eigentümers, § 1004 II
  6. Rechtsfolge: Anspruch auf Unterlassung und / oder Beseitigung (nicht: Kostenersatz)
  7. ggf. Einrede der Unverhältnismäßigkeit, § 275 II BGB
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Beeinträchtigung i. S. v. § 1004 BGB

A

jeder Eingriff in die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers, der dem Inhalt des Eigentums widerspricht, mit Ausnahme der Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Arten von Beeinträchtigungen

A
  • positive Einwirkungen: Übergriffe auf räumlich-gegenständlichen Bereich der Sache
  • negative Einwirkungen: bloße Entziehung von Umwelteinflüssen (str.)
  • ideelle Einwirkungen: Beeinträchtigungen des ästhetischen oder sittlichen Empfindens des Eigentümers vor allem durch die Art der Benutzung des Nachbargrundstückes (str.)
  • Rechtsanmaßung, z.B. Eigentumsberühmung
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Störer

A

derjenige, dem die Beeinträchtigung zugerechnet werden kann

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Handlungsstörer

A

ist, wer durch sein Verhalten (positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen) oder seine Willensbetätigung die Beeinträchtigung adäquat kausal verursacht hat.
auf Verschulden kommt es nicht an

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Zustandsstörer

A

wer

  • eine maßgebliche Herrschaftsbeziehung (rechtlich oder tatsächlicher Art) zur Sache aufweist
  • und durch seinen Willen die Störung aufrechterhält
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

e. A. (Picker u. a.): Usurpationstheorie

A

ursupare = (widerrechtlich) in Besitz nehmen
→ Anspruchsteller kann nur Rückzug des Störers aus dem fremden Rechtskreis fordern
→ § 1004 gewährt keine verschuldensunabhängige Folgenbeseitigung von Eigentumsbeeinträchtigungen, sondern beschränkt sich auf die Abwehr einer gegenwärtigen oder drohenden Beeinträchtigung des dinglichen Rechts
→ Störer kann sich durch Dereliktion dem Anspruch entziehen
(+) sonst zu weitgehend, § 1004 I BGB ≠ § 823 I BGB ➡️ Abgrenzung
(+) vgl. § 985 BGB: VKL besteht nur bei fortdauerndem Besitz des Anspruchsgegners
(+) keine Schutzlücken: Beseitigungspflicht ergibt sich aus § 823 BGB
(-) § 823 BGB aber verschuldensabhängig → bietet nicht den gleichen Schutz

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Wiederbenutzbarkeitstheorie (Rspr.)

A

Anspruch geht auf Herstellung der Wiederbenutzbarkeit der Sache
demnach muss der Störer auch die Beeinträchtigungen beseitigen, die durch die Beseitigung der ursprünglichen Störungsquelle entstanden sind

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Störquellentheorie

A

Störer muss die Störquelle vom beeinträchtigten Grundstück entfernen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Duldungspflicht aus § 906 BGB

A
  1. Vorliegen einer Immission
  2. Unwesentlichkeit der Einwirkung oder wesentliche, aber ortsübliche Beeinträchtigung, die nicht mit wirtschaftlich zumutbaren Mitteln verhindert werden kann
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Ausgleichsanspruch aus § 906 II 2 BGB

A

→ Grundgedanke: Aufopferungsanspruch als Ausgleich für rechtmäßige Beeinträchtigungen für den Fall, dass der Eigentümer rechtlich zur Duldung verpflichtet ist, obwohl sie ihn unzumutbar beeinträchtigen

  1. Fehlen anderer Ansprüche (Subsidiarität)
  2. Wesentliche, ortsübliche Beeinträchtigung iSv § 906 I 1
  3. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit von Verhinderungsmaßnahmen
  4. Unzumutbare Beeinträchtigung für Eigentümer/ Nutzungsberechtigten eines Nachbargrundstücks
  5. Anspruchsgegner: derjenige, der die Nutzungsart des emittierenden Grundstücks bestimmt
  6. Bestimmung der Anspruchshöhe, ggf. unter Anrechnung von Mitverschulden bzw. Mitverursachungsbeittag, § 254 analog
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Verhältnis § 1004 I 1 BGB ↔︎ § 894 BGB

A

§ 894 BGB = Sonderfall des § 1004 I 1 BGB, aber andere Rechtsfolge: nicht Störer, sondern Anspruchsteller hat Kosten zu tragen, vgl. § 897 BGB
→ § 894 BGB = lex specialis

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

§ 906 I 1 BGB: ähnliche Einwirkungen → unabwägbarer Stoff

A

Ausbreitung unbeherrschbar

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

§ 906 BGB: wesentlich

A

nach dem Maßstab des verständigen Grundstücksbenutzers nicht mehr zumutbar
→ Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

§ 906 II 1 BGB: ortsübliche Benutzung

A

im Vergleichsbezirk müssen mehrere Grundstücke so benutzt werden, dass andere Grundstücke nach Art und Umgang annähernd gleich beeinträchtigt werden
→ schon die Benutzung eines Grundstücks kann den Gebietscharakter prägen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

P: Andauern der Beeinträchtigung - Beendigung durch Dereliktion, §§ 959, 856 I BGB?

A

e. A. (Usurpationstheorie): führt zur Beendigung der Beeinträchtigung
(+) Beeinträchtigung = faktische Rechtsusurpation eines Dritten (Usurpation = widerrechtliche Inbesitznahme, Anmaßung eines Besitzes)
→ nicht ausreichend, dass Eigentümer Zustand verursacht, sondern er muss sich selbst die dem Eigentümer entzogenen Befugnisse anmaßen → dies tut er nicht, wenn er das Eigentum aufgibt, da der Gestörte dann rechtlich nicht mehr gehindert ist, die beeinträchtigende Sache selbst zu entfernen
(+) Abgrenzung § 1004 BGB ↔︎ § 823 I BGB

h. M.: führt nicht zu Beendigung
(+) § 1004 BGB ergänzt Eigentumsschutz, unzureichend, wenn sich Verantwortlicher gesetzlicher Verantwortung entziehen kann

17
Q

unmittelbarer ↔︎ mittelbarer Handlungsstörer

A

unmittelbar: Störung durch eigenes Verhalten verursacht
mittelbar: Beeinträchtigung durch einen Dritten adäquat kausal veranlasst und in der Lage, sie zu verhindern / abzustellen

18
Q

Haftung als Handlungsstörer (-)

A

wenn die Ursache für eine gegenwärtige Beeinträchtigung durch ein in der Vergangenheit abgeschlossenes Handeln gesetzt wurde, das nicht unmittelbar zur Beeinträchtigung geführt hat, und dadurch auch keine besondere Gefahr geschaffen wurde
Bsp.: Pflanzen eines gesunden Baumes, der dann durch Sturm auf Nachbargrundstück umstürzt → Pflanzen an sich begründete keine Gefahr, sondern Naturkräfte

19
Q

Zustandsstörer

Grundlage der Zustandshaftung = Sachherrschaft im weitesten Sinne

A

= Eigentum oder Besitz an der Sache, da Eigentümer / Besitzer aufgrund seiner Herrschafts- und Einwirkungsbefugnis die Störung beseitigen kann und deshalb verantwortlich ist

20
Q

Zustandsstörer

Erfordernis eines Willenselements

A

Gefährdungshaftung kraft Eigentums widerspräche den sonst vom Gesetz vorgesehenen Zurechnungskriterien
→ Störer ist nur, wer zumindest mittelbar durch seinen Willen den eigentumsbeeinträchtigenden Zustand aufrechterhält
→ reine Naturereignisse, die nicht durch eigenes Verhalten herbeigeführt wurden, führen nicht zu einer Zustandshaftung
→ Zustandshaftung besteht nur solange, wie Störung andauert

21
Q

BGH: Einschränkung der Haftung als Zustandsstörer → Sicherungspflichten

A

wertende Einzelfallbetrachtung:
→ Hat der Eigentümer des störenden Grundstücks eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen (Sicherungspflicht)?
(+), wenn sich die Nutzung nicht i. R. ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält (→ anhand des Gebots der Rücksichtnahme, Art der Nutzung und Möglichkeit einer vorbeugenden Beherrschung zu beurteilen), z. B. wenn konkrete Nutzung gegen Rechtsvorschriften verstößt, die dem Schutz des Nachbarn dienen
(-) führt zu Schutzlücken
(-) gleiche Kriterien wie im Deliktsrecht, passt nicht zu negatorischer Haftung

22
Q

a. A.: Beschränkung der Zustandshaftung über Zusammenhang mit der freien Nutzungs- und Dispositionsbefugnis des Eigentümers

A

→ Zustandshaftung (-), wenn die Störung mit der Nutzungs- und Dispositionsbefugnis des Eigentümers in keiner Beziehung steht; (+) bei Risiken, die typischerweise mit der beabsichtigten Nutzung verbunden sind
(+) Haftungsgrundlage = abstrakte Einflussmöglichkeit des Eigentümers
(+) § 1004 BGB keine Norm des Deliktsrechts → verschuldensunabhängig
(+) Eigentümer trägt Vorteil und Risiko

23
Q

Beseitigung i. S. v. § 1004 I 1 BGB

A

Abstellen der Einwirkung für die Zukunft, nicht Wiederherstellung des früheren Zustands
→ nur primäre Störungsquelle, nicht aber die Störungsfolgen zu beseitigen
→ aber auch alle Maßnahmen erfasst, die unmittelbar notwendige Voraussetzung oder Begleiterscheinung der Beseitigung sind (= Begleitschäden)
→ Störung muss so beseitigt werden, dass keine weiteren Schäden entstehen
→ Folgeschäden (= unmittelbare Folge der Störung selbst) nur unter dem Gesichtspunkt des SE ersatzfähig (→ Verschulden!)

24
Q

P: § 275 II BGB auf § 1004 I BGB anwendbar?

A

(-) Abwägung i. R. d. § 275 II BGB stellt Absolutheitsanspruch des dinglichen Eigentumsrechts in Frage
(+) § 275 II BGB = Sonderfall des allg. Rechtsmissbrauchsverbots → verhindert ökonomisch Unsinniges, gilt daher überall
(+) keine unbillige Benachteiligung durch § 906 II 2 BGB analog

aber: nur in extremen Ausnahmefällen gegeben, in denen die Erbringung der Leistung von niemandem ernsthaft in Betracht gezogen würde!

25
Q

Anwendbarkeit der Verzugsvorschriften §§ 280 I, II, 286 BGB auf § 1004 I BGB

A

ganz h. M.: (+)
(+) Wortlaut §§ 280 I, II, 286 BGB enthält keine Einschränkungen
(+) vgl. § 990 II BGB
(+) sonst Entwertung des Beseitigungsanspruchs

26
Q

Anwendbarkeit der §§ 280 I, III, 281 BGB auf § 1004 I BGB

A

(-) Gefahr der Erweiterung auf Vermögensfolgeschäden
(+) auch §§ 280 I, II, 286 BGB anzuwenden, Verzögerungschaden = Vermögensfolgeschaden
(+) § 823 I BGB reicht nicht aus, Interessen des gestörten Eigentümers im Falle der unterbleibenden Beeinträchtigung zu wahren
(+) Beseitigungspflicht aus § 1004 I BGB begründet gesetzliches SV

27
Q

Rspr.: nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 II 2 BGB

A

allg. Rechtsgedanke aus §§ 904 S. 2, 906 II 2 BGB, 14 BImSchG: bei wesentlichen, nicht ortsüblichen Beeinträchtigungen, die über das zumutbare Maß hinausgehen und aus faktischen Gründen geduldet werden müssen, besteht ein verschuldensunabhängiger, allgemeiner, bürgerlich-rechtlicher Aufopferungsanspruch
→ kein rechtlicher, sondern faktischer Duldungszwang aufgrund besonderer tatsächlicher Gründe (z. B. Unkenntnis = faktisches Hindernis an Geltendmachung vorbeugender Unterlassungsanspruch)

28
Q

Rspr.: nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 II 2 BGB
Kritik

A

(-) droht Grundwertungen des Deliktsrechts zu unterlaufen: begründet Gefährdungshaftung unter Nachbarn
(-) kein allgemeiner Rechtsgedanke der Entschädigung bei Unkenntnis eines Anspruchs
(-) kein Vorteil auf Seiten des Störers, der Ausgleichsanspruch rechtfertigt

29
Q

nachbarrechtliches Gemeinschaftsverhältnis als Schuldverhältnis?

A

(+) besondere Pflichten zur gegenseitigen Rücksichtnahme, §§ 905 ff., 242 BGB
(-) rein zufällig, keine gesteigerte Vertrauensbeziehung, §§ 903 ff. BGB = Jedermannspflichten
(-) begründet keine selbständigen Ansprüche, sondern ist lediglich Schranke der Rechtsausübung

30
Q

Begründet vorbeugender Unterlassungsanspruch gesetzliches Schuldverhältnis aus § 1004 I BGB?

A

→ Beseitigungsanspruch = SV
aber wesentliche Unterschiede:
- Beseitigungsanspruch bezieht sich auf bereits eingetretene konkrete Störung, Unterlassungsanspruch richtet sich gegen jede drohende Beeinträchtigung
- Beseitigungsanspruch begründet im Gegensatz zu Unterlassungsanspruch Näheverhältnis
- sonst Wertungswiderspruch zu allg. Deliktsrecht: jeder Schädigung geht Gefährdung voraus, dann bestünde immer zugleich Anspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB i. V. m. § 1004 I BGB → uferlos

31
Q

§ 904 S. 2 BGB: Notstand

A
  • Notstandslage: schadensdrohendes Ereignis, das sofortige Abhilfe erfordert
  • Notstandshandlung: bewusste und gewollte (str.) Einwirkung auf die Sache; VHMK: drohender Schaden im Vergleich zum verursachten Schaden unverhältnismäßig groß
  • nicht anders abwendbar
32
Q

Notstandslage

A

schadensdrohendes Ereignis, das sofortige Abhilfe erfordert

33
Q

Notstandshandlung

A

bewusste und gewollte (str.) Einwirkung auf die Sache

34
Q

Abwägung, § 904 BGB

A

drohender Schaden muss im Verhältnis zum verursachten Schaden unverhältnismäßig groß sein

35
Q

§ 904 BGB ↔︎ § 228 BGB

A
  • § 904 BGB: Aggressivnotstand = Eingriff in Rechtsgüter Dritter, um Schaden abzuwenden
  • § 228 BGB: Defensivnotstand = Eingriff in Rechtsgüter des Schädigers, um Schaden abzuwenden