Arbeitsrecht Flashcards
Arbeitsverhältnis
Verpflichtung zu fremdbestimmter, unselbständiger Arbeit = Ausübung einer vom Arbeitgeber abhängigen, weisungsgebundenen Tätigkeit
Abgrenzung Dienst- ↔︎ Arbeitsverhältnis
persönliche Abhängigkeit entscheidend
→ tatsächliche Gestaltung des Dienstverhältnisses
→ fehlende Gestaltungsfreiheit des Verpflichteten in zeitlicher, örtlicher und inhaltlicher Hinsicht
Indizien: fehlende Zeitsouveränität, Fremdbestimmung, Entlohnungsform, Besteuerung
Kündigung: Missbrauchskontrolle anhand der Generalklauseln des BGB (§§ 134, 138, 242 BGB)
→ in Bezug auf Motiv und Form der Kündigung
→ darf aber Unterschiede zum KSchG nicht aufheben
§ 138 BGB: kann sich aus Verwerflichkeit des Motivs für Kündigung ergeben, aber hohe Anforderungen (Willkür + Fehlen überzeugender Grund nicht ausreichend)
§ 242 BGB: immanente Inhaltsbegrenzung der Kündigung, Grundrechte, Verstoß gegen Treu & Glauben, wenn willkürlich oder venire contra factum proprium
Normzweck § 4 S. 1 KSchG (Drei-Wochen-Frist)
soll Rechtssicherheit und Rechtsfrieden schaffen, AG und AN sollen in kurzer Zeit Gewissheit darüber erhalten, ob Arbeitsverhältnis fortbesteht
→ Planungssicherheit
Sinn und Zweck § 613a I 1 BGB
Sicherstellung des Gleichlaufs von Arbeitsplatz und Arbeitsvertrag
grds. Vertragsübergang kraft Gesetzes im BGB nicht vorgesehen → AN wird, obwohl er am Betriebsübergang nicht mitgewirkt hat, ein neuer Arbeitsvertragspartner aufgezwungen
§ 613a VI BGB: Widerspruch des AN gegen Betriebsübergang
→ AN kann wählen, ob er Widerspruchsrecht ausübt oder nicht
→ gewährleistet negative Vertragspartnerwahlfreiheit
→ kein (objektiver) Sachgrund erforderlich
→ Rechtsfolge: Wirkt Widerspruch rückwirkend?
pro ex nunc: Rückabwicklung schwierig, Schutz AG
pro ex tunc: Schutzwürdigkeit des AN vor aufgedrängtem AG, Art. 12 I GG: AN darf nicht verpflichtet sein, für AG zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat
Arbeitsleistung = absolute Fixschuld?
→ verspätete Leistung keine Erfüllung mehr
(+) AN hat Arbeitsleistung während der gesamten vereinbarten Arbeitszeit zu erbringen, Tätigkeit mit Arbeitszeit verbunden → läuft Arbeitszeitraum ab, ohne dass Arbeitsleistung erbracht wurde, kann AN seine Arbeitsleistung für diesen Zeitraum nicht mehr nachholen
P: Schließen sich Unmöglichkeit und Annahmeverzug aus?
Rspr. früher: Abstrahierungsformel
→ Annahmeverzug (+), wenn sich AG weigert, Arbeitsleistung anzunehmen
→ Unmöglichkeit (+) im Falle einer gedachten, unterstellten Annahmebereitschaft und Annahmefähigkeit
(-) § 615 BGB würde leer laufen
P: Schließen sich Unmöglichkeit und Annahmeverzug aus?
BAG inzwischen
§ 615 und § 326 BGB ergänzen sich:
→ wird AN geschuldete Leistung unmöglich: § 615 BGB
→ befindet sich AG in Annahmeverzug: § 326 II 1 Alt. 1 BGB
P: Schließen sich Unmöglichkeit und Annahmeverzug aus?
Lit.: Lehre von der Annahmeunmöglichkeit
Mitwirkung des AG für Erfüllung der Arbeitsleistung unverzichtbar, egal, aus welchem Grund Mitwirkung des AG unterbleibt
Unmöglichkeit der Arbeitsleistung → § 615 BGB
(+) Lehre vom Betriebsrisiko, § 615 S. 3 BGB
Sonderkündigungsschutz, § 613a IV BGB
verbietet Kündigung wegen des Betriebsübergangs: Betriebsübergang als solcher kann kein Kündigungsgrund sein
→ verboten ist Kündigung mit dem Ziel, den Übergang des Arbeitsverhältnisses zu vereiteln
→ sonstiger sachlicher Grund für Kündigung? Betriebsübergang darf nur äußerer Anlass sein, nicht aber tragender Grund
Geltungsbereich KSchG
- betrieblicher Geltungsbereich: § 23 I KSchG
- persönlicher Geltungsbereich: § 1 I KSchG
Sozialwidrigkeit der Kündigung
§ 1 II 1 KSchG
- betriebsbezogene Kündigung
- personenbezogene Kündigung
- verhaltensgebundene Kündigung
P: Ist AG verpflichtet, innerhalb der Widerspruchsfrist (§ 613a VI BGB) AN einen neuen Arbeitsplatz anzubieten (freizuhalten)?
BAG
bei Teilbetriebsübergang (+), soweit zumutbar
(+) während Widerspruchsfrist muss AG mit Widerspruch rechnen → Vorhersehbarkeit
(+) Widerspruch an keinen Sachgrund gebunden
(+) kurze Frist: 1 Monat
(+) Rechtsgedanke §§ 162 I, II BGB: AG schafft sonst treuwidrig die Ursache für den Beschäftigungswegfall
P: Ist AG verpflichtet, innerhalb der Widerspruchsfrist (§ 613a VI BGB) AN einen neuen Arbeitsplatz anzubieten (freizuhalten)?
Lit.
(+) AG weiß nicht, ob es zu Widerspruch kommt, v. a., wenn AN Arbeit bereits bei Erwerber aufgenommen hat
(+) AN setzt letztlich selbst Ursache für Beschäftigungsfortfall, indem er Widerspruch erklärt
(+) Betrieb muss fortgesetzt werden
(+) Wahlrecht § 613a BGB betrifft Arbeitsvertrag, nicht Arbeitsplatz
Sozialauswahl: horizontale Austauschbarkeit
AN, die hinsichtlich ihrer Funktion in einem Betrieb austauschbar sind, gleichwertige Tätigkeiten
P: Wartezeit § 1 I KSchG noch nicht abgelaufen: AN in Sozialauswahl einzubeziehen?
BAG früher: (+)
BAG 2010: (-)
(+) Anordnung Wartezeit → Ausdruck Wille Gesetzgeber
etwas anderes gilt bei vertraglicher Abbedingung der Wartezeit
Darf AG zulasten des widersprechenden AN die Widerspruchsgründe bei der Kündigungsentscheidung berücksichtigen?
(+) sonst hätte widersprechender AN Kompetenz zur willkürlichen Verdrängung anderer vergleichbarer AN
→ AN, die in beim Veräußerer verbliebenen Betriebsteilen verblieben sind, müssen geschützt werden
BAG: (-), § 1 III 1 KSchG: Begrenzung der Auswahlkriterien abschließend
Annahmeverzug: Angebot des AG nach Kündigung erforderlich?
(-), nach § 296 BGB entbehrlich:
durch Kündigung erklärt AG, dass er Leistung des AN nicht annehmen will
Lehrling = AN?
(+), § 10 II Bundesausbildungsgesetz (BBiG)
Anspruch aus § 670 BGB analog
heute allgemein anerkannt
- Regelungslücke: eigentlich Geschäftsbesorgung (= selbständige Tätigkeit), für Leistungen i. R. d. Arbeitsverhältnisses gerade keine Regelung
- vglb. Interessenlage: Auftrag eig. unentgeltlich, aber kein Unterschied, ob entgeltlich, wenn Schaden entstanden ist
Schema § 670 BGB analog
I. Bestehen eines Arbeitsverhältnisses
II. Ersatzfähiger Schaden
1. arbeitsinadäquater, außergewöhnlicher Schaden
2. betrieblichem Betätigungsbereich des AG zuzuordnen (nicht Privatbereich AN)
3. Keine besondere Vergütung des AN (Abgeltung für typische Schäden)
→ Verschulden des AG nicht erforderlich, verschuldensunabhängig!
III. Keine Haftungsablösung gem. §§ 104 I 1, 105 SGB VII BGB
IV. Mitverschulden (→ Lehre vom innerbetrieblichen Schadensausgleich)
§ 619a BGB
Verschuldensvermutung § 280 I 2 BGB gilt für Haftung des AN nicht, da gem. § 619a BGB Beweislast für das Vertretenmüssen beim AG liegt
→ arbeitsrechtliche Wertung: AG hat Organisationsrisiko zu vertreten
Beschränkung der AN-Haftung: Lehre vom innerbetrieblichen Schadensausgleich
Herleitung
- gelegentliche Fehler nicht zu vermeiden → unbillig, AN für Fehler in so großem Umfang haften zu lassen
- AG hat Organisationshoheit über Betrieb, steuert Fehleranfälligkeit der Arbeitsvorgänge → kann ggf. versichern
- AG zieht Vorteile aus der Arbeit und Arbeitsteilung → nur billig, wenn er auch Risiken trägt
- technische Entwicklung: Wert der sachlichen Betriebsmittel immens gestiegen, AN steht in keinem Verhältnis mehr zum Schadensrisiko
Beschränkung der AN-Haftung: Lehre vom innerbetrieblichen Schadensausgleich
dogmatische Einordnung
urspr.: Fürsorgepflicht des AG (inzwischen aufgegeben)
e. A. (BAG): § 254 BGB analog
(+) Haftungsausfüllungstatbestand → nicht nur Mitverschulden, sondern auch Sach- und Betriebsrisiko können berücksichtigt werden
a. A. (Bundesregierung): § 276 I 1 BGB
(+) strengere / mildere Haftung kann sich aus Inhalt des jeweiligen SV ergeben
(-) klärt nur Frage des “Ob” der Haftung, Reduzierung des Umfangs lässt sich hierüber nicht erreichen
Beschränkung der AN-Haftung: Lehre vom innerbetrieblichen Schadensausgleich
Voraussetzungen: betrieblich veranlasste Tätigkeit
= wenn sie dem AN arbeitsvertraglich übertragen wurde oder er sie zumindest im Interesse des AG für den Betrieb ausführt
→ allein zeitlicher oder räumlicher Zusammenhang genügt nicht
→ (-) bei Spielerei, Neckerei, Schlägerei
→ AG soll nicht das allg. Lebensrisiko des AN aufgebürdet werden
Beschränkung der AN-Haftung: Lehre vom innerbetrieblichen Schadensausgleich
Rechtsfolge
→ Abstufung der Haftung nach dem Grad des Verschuldens des AN:
- leichteste Fahrlässigkeit: Haftung des AN entfällt vollständig
- mittlere Fahrlässigkeit: nach Umständen des Einzelfalls quotenmäßig aufzuteilen
- grobe Fahrlässigkeit / Vorsatz: grundsätzlich volle Haftung des AN
Beschränkung der AN-Haftung: Lehre vom innerbetrieblichen Schadensausgleich
Rechtsfolge
quotenmäßige Aufteilung → Kriterien
- Gefahrenpotential der zu verrichtenden Tätigkeit
- Kalkulierbarkeit und Versicherbarkeit des Risikos
- Stellung des AN im Betrieb
- Höhe des Arbeitsentgelts
- Höhe des Schadens
- Grad des Verschuldens
- persönliche Umstände des AN
Beschränkung der AN-Haftung: Lehre vom innerbetrieblichen Schadensausgleich
Rechtsfolge
grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz
- grobe Fahrlässigkeit: Schadenabteilung nach den Grundsätzen, die für mittlere FK gelten möglich, wenn einem besonders hohen Schadensrisiko kein entsprechend hohes Arbeitsentgelt als Äquivalent gegenüber steht
- gröbste Fahrlässigkeit: jede Haftungsbeschränkung ausgeschlossen
- BAG / h. L.: Vorsatz muss sich nicht nur auf Pflichtverletzung, sondern auch auf Eintritt des Schadens beziehen
Beschränkung der AN-Haftung: Lehre vom innerbetrieblichen Schadensausgleich
Anwendbarkeit
- Innenverhältnis AN - AG, nicht im Verhältnis zu Dritten
- nicht nur nach § 280 I BGB, auch aufgrund von § 426 I 1 BGB
Haftungsausschlusstatbestände §§ 104 ff. SGB VII
keine Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe, sondern gesetzliche Haftungsablösung: an die Stelle zivilrechtlicher SEA gegen den Schädiger treten öffentlich-rechtliche Sozialversicherungsansprüche gegen den Unfallversicherungsträger