Urkundendelikte Flashcards

1
Q

geschütztes Rechtsgut

A

Sicherheit und Zuverlässigkeit des Beweisverkehrs, wobei nicht inhaltliche Richtigkeit der Urkunde, sondern deren Authentizität (Echtheit) geschützt wird

  • Authentizität hinsichtlich der Person des Ausstellers: §§ 267 I Var. 1 und 2, 268, 269, 277 Alt. 2 StGB
  • inhaltliche Richtigkeit: §§ 271, 273, 276, 276a, 277 Alt. 1, 278, 279, 348 StGB
  • äußerliche Unversehrtheit: §§ 133, 273, 274 StGB
  • Schutz vor missbräuchlicher Verwendung: § 267 I Var. 3 StGB
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2
Q

Urkunde

A

verkörperte menschliche Gedankenerklärung (Perpetuierungsfunktion),
die ihren Aussteller erkennen lässt (Garantiefunktion) und
zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist (Beweisfunktion)

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3
Q

Aussteller

A

= derjenige, von dem der Inhalt gedanklich herrührt

→ Geistigkeitstheorie (h. M.)

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4
Q

Augenscheinobjekte (≠ Urkunde)

A

sachliche Beweismittel, die allein aufgrund ihrer Beschaffenheit beweiserhebliche Schlussfolgerungen zulassen
→ keine Gedankenerklärung
Bsp.: Fingerabdruck

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5
Q

Kennzeichen, Identitäts- und Herkunftszeichen (≠ Urkunde)

A

= Unterscheidungszeichen, die nur Ordnungs- oder Unterscheidungsaufgaben erfüllen
dienen ihrer Funktion nach nicht dazu, für bestimmte rechtliche Beziehungen Beweis zu erbringen, keine rechtliche Bedeutung
Bsp.: Eigentümerstempel, Wäschemonogramme
↔︎ Augenscheinsobjekte: zumindest ein Rest menschlicher Gedankenerklärung, aber keine Beweisfunktion

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6
Q

Beweiszeichen (= Urkunde)

A

= beweiserhebliche menschliche Gedankenerklärungen, die durch Zeichen und Symbole verkörpert werden
→ vermitteln Gedankenerklärung mit Beweisfunktion
- Urkunde erfordert keine Schriftform, durch Zeichen und Symbole verkörpert
- Bsp.: Striche auf Bierdeckel, TÜV-Plakette, zusammengesetzte Urkunden, mit Ware fest verbundene Preisauszeichnung
- Interpretation des Zeichens von der Verkehrsauffassung
↔︎ Kennzeichen: Funktion

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7
Q

Vervielfältigungen

A

immer dann Urkunden, wenn sie im Rechtsverkehr als Originale angesehen werden (sollen) und nicht als bloße Wiedergabe des Originals
→ Inwieweit ist Mehrfachexemplar nach Willen des Ausstellers und Verkehrssitte dazu geeignet und bestimmt, im Rechtsverkehr neben oder an die Stelle der Originalurkunde zu treten und dieselbe Beweisfunktion wie diese zu erfüllen?
→ bloße Reproduktion oder selbständige Aussagekraft?
→ Ausfertigung, Durchschrift (+)
→ einfache Abschrift (-) (Ausnahme: beglaubigt)

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8
Q

P: Fotokopie

A
  • erkennbar als Fotokopie: (-), da Aussteller nicht erkennbar, keine eigenständige Gedankenerklärung
  • beglaubigt oder nicht erkennbar: (+)
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9
Q

P: Computerfax

A

es wird keine Kopie eines Schriftstücks übermittelt, sondern nur elektronisch gespeicherte Daten an einem anderen Ort in Schriftform ausgedruckt → Erstdruck = Urkunde

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10
Q

P: herkömmliches Fax (Fernkopie)

A

Schriftstück wird am Ausgangsort eingelesen und beim Faxgerät des Adressaten ausgedruckt → Behandlung str.

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11
Q

P: Stellt ein herkömmliches Fax eine Urkunde dar?

1. Ansicht (v. a. BGH)

A

Gleichstellung mit Fotokopie → Urkunde (-), wenn als Fax erkennbar
(+) Original lediglich reproduziert, nur eben an anderer Stelle
- Adressat weiß auch nicht, dass es sich nur um Reproduktion handelt

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12
Q

P: Stellt ein herkömmliches Fax eine Urkunde dar?

2. Ansicht

A

Fax i. d. R. Urkunde (+)
(+) tritt regelmäßig an Stelle des Originals, was Absender und Empfänger jeweils auch wissen, es handelt sich also um ein mit Willen des Ausstellers technisch hergestelltes, für Empfänger bestimmtes Original

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13
Q

P: Stellt ein herkömmliches Fax eine Urkunde dar?

3. Ansicht

A

Unterscheidung:

  • erhält Empfänger das Fax als für ihn bestimmtes Original → Zweit-Urkunde
  • bloße Übersendung von Dritten stammenden Urkunden → Gleichstellung mit Fotokopie
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14
Q

P: Stellt ein herkömmliches Fax eine Urkunde dar?

4. Ansicht

A

Behandlung wie Fotokopie, es sei denn Absender ist angebracht, der dann eine Garantieerklärung erkennen lässt
(-) Absender des Faxes nicht geistiger Urheber der übermittelten Gedankenerklärung, er übernimmt auch keine Gewähr für ordnungsgemäße Übermittlung

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15
Q

zusammengesetze Urkunden

A

Gedankenerklärungen, die sich auf einen Gegenstand beziehen und mit ihm räumlich fest zu einer Beweiseinheit verbunden sind
→ Veränderung der Beziehung: § 274 StGB
Bsp.: Ausweis + Lichtbild, Kfz-Kennzeichen + Auto, Preisschild + Ware

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16
Q

Gesamturkunde

A

besteht aus mehreren Einzelurkunden, die über ihre Einzelbestandteile hinaus einen selbständigen, für sich bestehenden Gedankeninhalt zum Ausdruck bringen, Verbindung zu einem einheitlichen Ganzen, sodass über den Inhalt der Einzelurkunden hinaus ein neuer, selbständiger Erklärungs- und Beweisinhalt entsteht
Bsp.: Sparkassenbuch, Personalakte

17
Q

Voraussetzungen Gesamturkunde

A

1) Vorliegen mehrerer Einzelurkunden
2) Zusammenfügung i. S. e. Verbindung von gewisser Festigkeit
3) Zusammenfügung muss bewirken, dass Gesamtheit der Urkunden mehr darstellt als die Summe der Einzelurkunden, eigenständiger Erklärungs- und Beweisinhalt
4) Herstellung und Führung der Gesamturkunde müssen auf Gesetz, Geschäftsgebrauch oder Vereinbarung (also nicht einseitiger Bestimmung) beruhen
Bsp.: Gerichtsakte → durch Manipulation einer Seite wird Gesamtinhalt manipuliert
5) jeder Beteiligte muss Recht zur Benutzung der Gesamturkunde zu Beweiszwecken haben

18
Q

verkörpert

A

für Verkörperung stoffliche Fixierung notwendig = hinreichend feste Verbindung mit körperlichem Gegenstand (gewisse Dauerhaftigkeit genügt); visuelle Erfassbarkeit
→ bloße Einsehbarkeit über Bildschirm reicht nicht aus

19
Q

Abgrenzung §§ 267, 268, 269 StGB

A

Tatobjekt = Urkunde → § 267 StGB
wenn keine menschliche Gedankenerklärung → Tatobjekt = technische Aufzeichnung, § 268 StGB
wenn keine verkörperte Gedankenerklärung → Tatobjekt = beweiserhebliche Daten, § 269 StGB

20
Q

menschliche Gedankenerklärung

A
  • muss allgemein oder für Eingeweihte verständlich sein
  • (-), wenn
    → bloßes Augenscheinsobjekt, das nur aufgrund seiner Existenz und Beschaffenheit beweiserhebliche Schlussfolgerungen zulässt
    → maschinell generiert: Bsp. Parkticket = technische Aufzeichnung → §§ 268, 274 I Nr. 1 StGB
21
Q

Verkehrsschild ≠ Urkunde?

A

(-) Wortlautgrenze: muss räumlich abgrenzbar sein

(+) alle Merkmale zusammengesetzter Urkunde erfüllt, insbesondere Beweisinhalt des Verkehrszeichens

22
Q

zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet

A

= obj. Eignung zum Beweis einer rechtlich erheblichen Tatsache
→ weites Verständnis, ausreichend, dass Urkunde zum Beweis etwas beitragen kann
(-), wenn Schriftstück so offensichtlich unecht ist, dass es Anschein echter Urkunde nicht hervorrufen kann / Betrachter es auf den ersten Blick oder selbst bei oberflächlicher Betrachtung als Fälschung erkennt oder nichtiger Urkunde (→ Versuch)

23
Q

zum Beweis im Rechtsverkehr bestimmt

A
  • Beweisbestimmung durch subjektiven Willensakt: Bewusstsein, dass ein anderer durch die Erklärung zu einem rechtserheblichen Verhalten veranlasst werden kann, ausreichend
  • Absichtsurkunden / originäre Urkunden: Beweisbestimmung besteht von Anfang an ↔︎ Zufallsurkunden / nachträgliche Urkunden: Beweisbestimmung erfolgt später durch Aussteller oder Dritten (nach h. M. möglich)
  • str.: Kann Beweisbestimmung nachträglich durch Entwidmungsakt beseitigt werden?
    (+) subjektiver Charakter des Kriteriums
24
Q

Beweisbestimmung (-) bei

A
  • bloßen Entwürfen
  • Kopiervorlagen, die nicht selbst in den Rechtsverkehr gelangen sollen
  • nicht (vollständig) ausgefüllten Formularen
  • Vordrucken
  • Blanketten (soweit überhaupt schon Gedankenerklärung vorliegt)
25
Garantiefunktion
- aus Urkunde selbst muss sich natürliche / juristische, tatsächlich existente / fiktive Person ergeben, die als (scheinbarer) Garant hinter der Erklärung steht - ausreichend, wenn (scheinbarer) Aussteller nach den konkreten Umständen für die Beteiligten individualisierbar ist
26
Geistigtigkeitstheorie (ganz h. M.)
für Ausstellereigenschaft unerheblich, wer Urkunde körperlich hergestellt hat, sondern wer sich nach außen erkennbar als Urheber zu der Erklärung bekennt und sie sich geistig zurechnen lässt / lassen muss → entscheidend, wer als geistiger Garant hinter der Erklärung steht
27
Geistigtigkeitstheorie: Urkundeneigenschaft bei - anonymen Erklärungen - unleserlichen Unterschriften - Aussteller von Zeugnis einer Schule / Firma / Behörde / jur. Person
- anonyme Erklärungen, bei denen nach den Umständen erkennbar ist, dass niemand für sie einstehen will oder soll: keine Urkunden - unleserliche Unterschriften: können auf versteckte Anonymität hindeuten / Erkennbarkeit des Ausstellers im Wege stehen - Aussteller von Zeugnis einer Schule / Firma / Behörde / jur. Person: diese selbst, nicht einzelner Lehrer / Angestellter / Mitarbeiter etc. → Aussteller ist, wer sich fremde Entwürfe durch "blindes" Unterschreiben zu eigen macht und sich dazu nach außen sichtbar bekennt
28
Kfz-Kennzeichen = Urkunde?
- GE: Fahrzeug, an dem es angebracht ist, ist ordnungsgemäß zugelassen und haftpflichtversichert - Verkörperung durch Verbindung mit Kfz → zusammengesetzte Urkunde - Aussteller = Zulassungsstelle - Beweisfunktion: Kennzeichen dazu geeignet, zu beweisen, dass entspr. Kfz ordnungsgemäß angemeldet wurde
29
Parkschein = verkörperte menschliche Gedankenerklärung?
(+) Bestätigung, dass eine Parkgebühr entrichtet wurde und damit für eine bestimmte Zeitspanne die Berechtigung zur Benutzung der bezeichneten Parkfläche erworben wurde zwar berechnet Automat die Parkdauer selbständig, jedoch geschieht dies strikt nach dem Programm, das ihm durch menschliche Betreiber und Programmierer gegeben wurde
30
P: Urkundeneigenschaft der erkennbaren Fotokopie
- h. M.: keine Urkunde (+) lediglich bildliche Wiedergabe des Originals, Hersteller nicht erkennbar (+) § 267 StGB schützt nur ein normativ gerechtfertigtes Vertrauen des Rechtsverkehrs, nicht ein x-beliebiges Vertrauen oder gar nur Bequemlichkeit im Umgang mit Fotokopien a. A.: (+) (+) treten an die Stelle der Originale Folgeproblem: Stellt die Verwendung einer erkennbaren Fotokopie ein Gebrauchen der Originalurkunde dar?
31
Straßenschild = zusammengesetzte Urkunde?
- verkörperte Gedankenerklärung (+), da nach h. M. die Gedankenäußerung nicht in Schriftform vorliegen muss: zusammengesetzte Urkunde mit Straßenabschnitt, z. B. dass nur bestimmtes Tempo zugelassen ist - Garantiefunktion: Straßenverkehrsbehörden = Aussteller - Beweisfunktion: ausreichend feste Verbindung zwischen Beweiszeichen und Bezugsobjekt durch den Aussteller erforderlich (-) natürlicher Wortsinn ↯: keine ausreichend feste Verbindung, ausreichend enger Bezug nicht gegeben (+) Wille der Behörden hinlänglich deutlich; vgl. Nummernschilder, Preisschilder, Bierdeckel
32
Aufbringen Antiblitzfolie
- § 267 I StGB (-) mangels Tathandlung: → Herstellen (-), da Aussteller richtig → Verfälschen nach h. M. (-), da inhaltliche Identifikationsleistung nicht beeinträchtigt: es wird immer noch erklärt, dass "dieser" Pkw unter "diesem" Kennzeichen zugelassen ist (nach a. A. geht Beweiswert auch dahin , dass Ausgestaltung den gesetzlichen Vorgaben entspricht) - § 274 I StGB bzgl. des Kennzeichens (-) mandels Tathandlung: der Inhalt des Kennzeichens ist grundsätzlich erkennbar, es nur nicht mehr möglich, mit einer Blitzanlage ein brauchbares Foto vom Kennzeichen zu machen = nicht Beweiswert i. S. d. gedanklichen Erklärung, sondern nur bestimmte Art der Wahrnehmung betroffen - § 22 I Nr. 3 StVG (+) - § 268 I Nr. 1 StGB (-), da kein falscher Anschein erweckt: Fotos als solche nicht manipuliert - § 268 III StGB (-), Anlage funktioniert ordnungsgemäß - § 274 I Nr. 1 StGB bzgl. des Fotos (-): niemals intaktes Bild von Pkw und Fahrer - § 269 I StGB (-), Foto enthält keine Gedankenerklärung - § 303a StGB (-), Daten noch nicht vorhanden - § 303 I StGB (-) bzgl. des Fotos, Foto bildet das ab, was Kamera erfasst - § 303 StGB bzgl. des Blitzers (-) mangels unmittelbarer körperlicher Einwirkung auf die Sache