§ 153 StGB Flashcards
geschütztes Rechtsgut
staatliche Rechtspflege
P: Ist auch der Schutz der ausländischen Rechtspflege erfasst?
1. Internationales Strafrecht, §§ 3 ff. StGB
- §§ 3, 9 StGB: Territorialitätsprinzip (-)
- § 5 Nr. 10 StGB: Schutzprinzip (-), da kein deutsches Verfahren
- §§ 7 II Nr. 1 Alt. 1 StGB: aktives Personalitätsprinzip (+)
P: Ist auch der Schutz der ausländischen Rechtspflege erfasst?
2. Erfasst der Schutz des § 153 StGB ausländische Rechtsgüter?
grundlegende Unterscheidung zwischen hoheitlichen und Individualrechtsgütern:
Individualrechtsgüter unabhängig von Nationalität des Rechtsgutsträgers erfasst
- bei hoheitlichen Rechtsgütern werden nach allg. Auslegungsgrundsätzen nur inländische erfasst
→ § 153 StGB erfasst ausländische Rechtspflege nicht
Deliktsnatur §§ 153 ff. StGB
- eigenhändige Delikte → keine mT möglich
- abstrakte Gefährdungsdelikte
- Tätigkeitsdelikte: mit Aussage grundsätzlich Vollendung
Tätereigenschaft
Zeuge oder Sachverständiger
nicht: Beschuldigter (nemo tenetur) oder Partei im Zivilprozess
Tatsituation: Gericht / zuständige Stelle
nur die zur eidlichen Vernehmung zuständigen Stellen
auf Prozessart kommt es nicht an
Tathandlung: Aussage
sprachliche Wiedergabe von Tatsachen (nicht Meinungsäußerungen, eigene Schlussfolgerungen)
P: Wann ist eine Aussage falsch?
h. M.: objektive Auffassung
falsch ist eine Aussage, wenn ihr Inhalt nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt
(-) es hängt von der Formulierung des Zeugen ab , ob subj. oder obj. Maßstab gilt (“nach meiner Erinnerung”) → innere Tatsache, obj. richtig
(+) nur bei obj. falscher Aussage ist Strafrechtspflege beeinträchtigt
P: Wann ist eine Aussage falsch?
a. A.: subjektive Auffassung
falsch ist eine Aussage, wenn sie nicht mit dem Vorstellungsbild und Wissen des Aussagenden übereinstimmt
(-) Rechtspflege nur durch obj. falsche Aussage gefährdet
(-) keine fahrlässigen Aussagedelikte möglich
(-) widerspricht § 160 StGB
P: Wann ist eine Aussage falsch?
a. A.: Pflichttheorie
falsch ist eine Aussage, wenn der Aussagende mit ihr seine Aussagepflicht verletzt, d. h. wenn er nicht nicht das Wissen wiedergibt, das er bei kritischer Prüfung seines Erinnerungs- bzw. Wahrnehmungsvermögens hätte reproduzieren können
(-) eher Sorgfaltspflichtwidrigkeit → § 161 StGB
Vollendung
mit Abschluss der Aussage, sobald der Aussagende nicht mehr bekunden und kein Verfahrensbeteiligter mehr Fragen an ihn stellen will, spätestens mit Schluss der Verhandlung im jeweiligen Rechtszug
Unterfällt eine nach strafprozessualen Grundsätzen unverwertbare Aussage den §§ 153 ff. StGB?
MM: (-)
(+) wenn die Aussage nicht verwertet werden kann, kann auch das Rechtsgut der Rechtspflege nicht gefährdet werden
(-) Beweisverwertungsverbote dienen primär dem Schutz des Angeklagten, nicht aber dem Schutz der Beweisperson
Unterfällt eine nach strafprozessualen Grundsätzen unverwertbare Aussage den §§ 153 ff. StGB?
h. M.: (+), aber Berücksichtigung bei Strafzumessung
(+) Verfahrensfehler können verborgen bleiben und dann kann auch eine falsche Aussage, die fälschlicherweise verwertet wird, die Rechtspflege zusätzlich gefährden
(+) Ein Zeugnisverweigerungsrecht gibt nur Recht zum Schweigen, nicht aber ein Recht zur Lüge → Verstoß gegen StPO kann nur im Wege der Strafzumessung berücksichtigt werden
Unterfällt eine nach strafprozessualen Grundsätzen unverwertbare Aussage den §§ 153 ff. StGB?
MM: differenzierend
es kommt darauf an, ob ein Verstoß gegen eine Verfahrensnorm vorliegt, die den Zeugen vor einer Falschaussage bzw. einem Meineid schützen soll, wenn dies der Fall ist: Straflosigkeit
(+) Staat kann nicht einerseits darauf verzichten, den Zeugen in bestimmten Konfliktlagen für die Wahrheitsfindung zu verpflichten, und diesen Verzicht durch Belehrungspflichten absichern und andererseits trotzdem bestrafen, wenn der Zeuge sich zur Aussage bzw. zum Eid gedrängt sieht
§ 157 StGB analog: Aussagenotstand
- analog auf Beteiligte?
- Sinn und Zweck: Interessenkonflikt des Aussagenden zwischen Aussagepflicht und Selbstbelastungsfreiheit
§ 158 StGB (analog): Berichtigung einer falschen Angabe
analoge Anwendbarkeit auf den Teilnehmer?
e. A.: nur, wenn Täter, d. h. Aussageperson Aussage selbst berichtigt
(+) Wortlaut
(+) Teilnehmer kennt wahren SV nicht notwendig
h. M.: (+), wenn selbst Berichtigung oder Veranlassung
(+) Normzweck: durch Richtigstellung Rechtspflege gewahrt
(+) Abwendung Nachteile aus falscher Aussage
§ 158 StGB: inhaltliche Anforderungen an Berichtigung
- Eingestehen der falschen Aussage
- Ersetzen in allen nicht völlig nebensächlichen Punkten durch die Mittelung der Wahrheit
Beihilfe zur Falschaussage durch Unterlassen
Der Angeklagte kann sich wg. Beihilfe durch Unterlassen strafbar machen, wenn er Garant dafür ist, dass die Falschaussage unterbleibt.
Garantenstellung aus Ingerenz
(+), wenn der Zeuge in eine prozessinadäquate Gefahr der Falschaussage gebracht hat
→ wenn der Zeuge durch den Angeklagten / die Partei zur FA (pflichtwidrig) angestiftet wurde
(-) durch bloß bewusste Benennung eines zur Falschaussage Entschlossenen
§ 157 StGB: Aussagenotstand
- Strafmilderung- / Strafaufhebungsgrund
- Zweck: Zwangslage des Aussagenden, sich oder Angehörige belasten zu müssen
- für § 258 StGB analog kein Raum
- § 28 II StGB
P: Kann ein Aussagenotstand vorliegen, wenn der betreffende Zeuge ein Schweigerecht gehabt hätte (und dies wusste)?
(+) Glaubhaftmachung § 56 StPO / § 386 ZPO
(+) Aussageverweigerung gem. § 55 StPO kann aus Laiensicht wie Schuldeingeständnis wirken