§ 240 StGB Flashcards
geschütztes Rechtsgut
Freiheit der Willensentschließung und -betätigung
Nötigen
durch Einsatz eines Nötigungsmittels wird einem Menschen gegen/ohne dessen Willen in zurechenbarer Weise ein bestimmtes Verhalten aufgezwungen
klassischer Gewaltbegriff
Ausübung von Zwang durch Einwirkung auf den Körper eines anderen unter Anwendung körperlicher Kraft, um einen geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden
(-) zu eng
vergeistigter Gewaltbegriff
psychischer Zwang von einigem Gewicht ausreichend
→ Verstoß gegen Art. 103 II GG
Gewaltdefinition der h. M.
jede körperliche Tätigkeit (unabhängig von der Intensität der vom Täter aufzubringenden Körperkraft), durch die körperlich wirkender Zwang ausgeübt wird, um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden
→ auf Tätigkeit des Täters kommt es nicht an, sondern auf Auswirkung beim Opfer
Gewaltanwendung durch Sitzblockaden
- reine körperliche Anwesenheit → Zwangswirkung rein psychisch
- Zweite - Reihe - Rspr.: wenn aufgehaltener Pkw nachfolgenden Pkw aufhält, Gewalt (+) (physisches Hindernis) → BVerfG: kein Verstoß gegen Art. 103 II GG
vis absoluta
Ausschalten der Willensbildung beim Opfer oder Unmöglichmachen seiner Willensbetätigung
vis compulsiva
körperlich vermittelter Motivationsdruck zur Beugung des Willens des Opfers
Gewalt gegen Sachen
genügt, wenn dadurch eine körperliche Zwangswirkung beim Opfer erreicht wird
Bsp.: Aushängen der Fenster im Winter, um Mieter mittels körperlich spürbarer Folgen zum Auszug zu bewegen
Drohung
Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Täter Einfluss zu haben vorgibt
→ muss bei obj. Betrachtung aus Opferperspektive geeignet sein, einen besonnenen Menschen in der konkreten Situation zu dem damit erstrebten Verhalten zu bestimmen
Abgrenzung Drohung ↔︎ Warnung
Warnung bezieht sich auf ein Übel, das unabhängig vom Willen des Täters eintreten soll/wird
Übel
jeder Nachteil für das Opfer
empfindlich
wenn der in Aussicht gestellte Nachteil bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Opfers so erheblich ist, dass vom Opfer nicht erwartet werden kann, dass es der Drohung in besonnener Selbstbehauptung standhält
P: Drohung mit einem Unterlassen
Bestehen einer Rechtspflicht zur Handlung (Garantenpflicht bzgl. Vornahme der Handlung, Unterlassen verboten)
unproblematisch, in der Ankündigung, das rechtlich gebotene Handeln zu unterlassen (rechtswidrige Unterlassung) liegt eine Drohung
P: Drohung mit einem Unterlassen
keine Rechtspflicht zur Handlung (rechtmäßiges Unterlassen)
BGH
TB auch (+), wenn den Drohenden keine Handlungspflicht trifft; Frage der Verwerflichkeit
(+) Schwierigkeiten bei der Abgrenzung Tun - Unterlassen, hinge von Formulierung des Täters ab
(-) Verwerflichkeitsprüfung darf nicht Aufgabe des TB übernehmen
P: Drohung mit einem Unterlassen
keine Rechtspflicht zur Handlung (rechtmäßiges Unterlassen)
a. A.: Vorteilslösung (Rechtspflichttheorie)
TB (-), stets Rechtspflicht zum Handeln erforderlich
(+) bei Drohung mit rechtmäßigem Unterlassen wird nur der Freiheitsraum des Opfers vergrößert, da ihm weitere Handlungsoptionen eröffnet werden → Freiheit der Willensentschließung nicht beeinträchtigt
(-) nur Wahl zwischen zwei Übeln, kein Vorteil für Opfer
Dreiecksnötigung
Gewalt/Drohung gegenüber einem Dritten, die mittelbar vom eigentlichen Nötigungsopfer als körperlich wirkender Zwang empfunden wird
Nötigungserfolg
= irgendein Handeln, Dulden, Unterlassen
Vollendung erst, wenn Opfer mit dem abgenötigten Verhalten begonnen hat (Teilerfolg kann ausreichend, wenn er für Täter eigenständig bedeutsame Vorstufe darstellt)
P: Eventualvorsatz ausreichend?
h. M.: sowohl bzgl. Mittel als auch Erfolg ausreichend
MM: stets Absicht (vgl. § 240 II StGB)
MM: nur bei Gewalt zielgerichtetes Handeln erforderlich (vgl. Gewaltbegriff)
Aufbau Rechtswidrigkeit
- Greifen allgemeine Rechtfertigungsgründe ein? (gerechtfertigte Tat kann nicht verwerflich sein)
- Verwerflichkeitsprüfung, § 240 II StGB
Verwerflichkeitsprüfung, § 240 II StGB
Nötigungsmittel in Verhältnis zum angestrebten Zweck zu setzen → Zweck - Mittel - Relation / Mittel - Zweck - Relation
verwerflich
sozial unerträglich und wegen seines grob anstößigen Charakters sozialethisch in besonderem Maße zu missbilligen
Ist die Verhaltensweise bei Durchführung einer Gesamtabwägung sozial unerträglich und strafwürdiges Unrecht?
Zweck - Mittel - Relation
je stärker Freiheitsbeeinträchtigung, desto eher soziale Unerträglichkeit
je intensiver Nötigungsmittel, desto eher soziale Unerträglichkeit
Mittel - Zweck - Relation
weder Mittel noch Zweck sozial unerträglich, aber Verknüpfung im konkreten Fall sozialethisch zu missbilligen
→ innerer Zusammenhang (sinnvolle Verknüpfung, Konnexität) zwischen Mittel und Zweck?