§ 266a StGB Flashcards
geschütztes Rechtsgut
I, II: Interesse der Versichertengemeinschaft an der Sicherstellung des Aufkommens der Mittel für die Sozialversicherung → Kollektivrechtsgut
III: Vermögen des Arbeitnehmers → Individualrechtsgut
Sonderdelikt
Täter kann nur der Arbeitgeber sein (oder eine ihm gleichgestellte Person)
Arbeitgeber
- Sozialrechtsakzessorietät: in Rückgriff auf Sozialrecht zu bestimmen, welches auf Kriterien des Arbeitsrechts zurückgreift (§§ 611 ff. BGB)
= nach §§ 611 ff BGB Dienstberechtigter, d. h. derjenige, dem der Arbeitnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt Dienste leistet
→ sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis erforderlich
Arbeitgebereigenschaft bei jur. Personen / Personenvereinigungen
- Beschäftigungsverhältnis besteht zu diesen selbst
- Arbeitgebereigenschaft = bes. pers. Merkmal, gem. § 14 StGB übertragbar
Kriterien zur Abgrenzung Beschäftigungsverhältnis - sonstige vertragliche Beziehung (→ Scheinselbständigkeit!)
- Weisungsgebundenheit (vgl. auch § 84 HGB)
- Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers
→ maßgeblich ist tatsächliche Umsetzung des Vertrages, nicht rechtliche Einkleidung
Scheinwerkverträge
in Fällen unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung ist nicht nur der Verleiher, sondern auf Grund gesetzlicher Fiktion auch der Entleiher Arbeitgeber (§ 10 AÜG)
sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis
- nur nicht selbständige Arbeit, gem. § 7 I 2 SGB IV zu bestimmen
Kriterien: - persönliche Abhängigkeit des AN
- örtliche, zeitliche und inhaltliche Weisungsgebundenheit
- Eingliederung in den Betrieb
→ nicht vertragliche Gestaltung, sondern tatsächliche Umsetzung entscheidend!
Arbeitnehmerbeiträge
- Arbeitgeber gem. § 28e I SGB IV Beitragsschuldner, muss Beiträge abführen
- “Vorliegen” sozialrechtsakzessorisch zu bestimmen: es kommt nicht auf Anmelden des AN bei Sozialkasse an, sondern auf Bestehen des Beschäftigungsverhältnis, vgl. § 2 I, II SGB IV
Entsendung, § 5 SGB IV
→ keine Versicherungspflicht in Dtl., wenn AG AN für befristete Zeit nach Dtl. entsendet und hierfür E-101-Bescheinigung erlangt (auch, wenn sie durch falsche Angaben erlangt wurde)
Vorenthalten
vollständiges oder teilweises Unterlassen der Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung an zuständige Einzustelle bei Fälligkeit
unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung
gilt beim Unternehmer ein Tarifvertrag, bestimmt sich die Höhe der geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge (aufgrund fingierten Beschäftigungsverhältnisses) aus dem i. d. R. höheren Tariflohn; ähnlich bei Unterschreiten des Mindestlohns
Handlungsmöglichkeit des Arbeitgebers
AG muss Erfüllung seiner gesetzlichen Pflicht möglich und zumutbar sein (echtes Unterlassungsdelikt)
(-) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
(-) bei Zahlungsunfähigkeit
Insolvenz
- schließt Handlungsmöglichekit nicht per se aus, sofern noch Mittel zur Begleichung der Beträge vorhanden sind
- Ausnahme nach Rspr.: während 3 wöchiger Frist zur Antragsstellung suspendiert Regelung des § 64 S. 1 GmbHG die Pflicht zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge
- aber: nach Ablauf 3 Wochen lebt Pflicht zur Abführung wieder auf
Zahlungsunfähigkeit durch vorwerfbares Vorverhalten (ommissio libera in causa)
AG zum Fälligkeitsantrag zahlungsunfähig (→ Pflichterfüllung unmöglich), aber es liegt ein die Zahlungsunfähigkeit verursachendes vorwerfbares Vorverhalten vor → Handlungsmöglichkeit des AG (+)
Fallgruppen vorwerfbaren Verhaltens
- Vorverhalten per se pflichtwidrig
- Rspr.: Erfüllung anderer (nachrangiger) Verbindlichkeiten (→ Vorrangrechtsprechung)
- Unterlassen geeigneter und angemessener Sicherungsvorkehrungen für die Zahlung von Arbeitnehmerbeiträgen bei Anzeichen von Liquditätsproblemen, die Liquiditätsprobleme hätten beseitigen können
§ 266a II Nr. 1: Tatsachen
Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die dem Beweis zugänglich sind
§ 266a II Nr. 1: erheblich
sind Tatsachen, wenn sie Grund und Höhe des Sozialversicherungsbeitrages beeinflussen können
§ 266a II Nr. 1: unrichtig
Angaben stimmen nicht mit Wirklichkeit überein
§ 266a II Nr. 1: unvollständig
Weglassen wesentlicher Tatsachen, die falsches Gesamtbild hervorrufen
§ 266a II Nr. 2: in-Unkenntnis-Lassen
Unterlassen einer Mitteilung
§ 266a II Nr. 2: pflichtwidrig
Mitteilungspflichten ergeben sich v. a. aus § 28a SGB IV
subjektiver Tatbestand
- (bedingter) Vorsatz genügt
- bzgl. Arbeitgeberstellung: nach Rspr. muss Täter nur Umstände kennen, die seine AG-Stellung begründen (nicht Vorliegen und Umfang der Abführungspflicht) , kennt er diese und irrt → Subsumtionsirrtum, § 17 StGB
Tatmehrheit
Nichtabführen von Beiträgen ggü. mehreren Einzugstellen / mehreren Fäligkeitsterminen (z. B. über mehrere Monate)