Tuberkulose / Schwindsucht Flashcards
: Tb, Tbc, Morbus Koch, Schwindsucht bzw. Lungenschwindsucht
*Mycobacterium bovis selten
Patient: Ansteckende Erkrankung, die von Bakterien verursacht wird. Die Erreger werden meist durch Tröpfchen in der Atemluft, die eingeatmet werden, übertragen.
Arzt: Generalisierte oder auf ein Organ begrenzte Infektionskrankheit durch Mycobacterium tuberculosis.
Die Erkrankung kann jedes Organ betreffen, manifestiert sich jedoch hauptsächlich in der Lunge.
Epi
▶ Übertragung: Tröpfcheninfektion.
▶ Prädisposition: resistenzmindernde Faktoren wie Alkoholismus, Diabetes mellitus, Medikamente (z. B. Glukokortikoide, Immunsuppressiva, Zytostatika), hohes Alter, Mangelernährung, maligne Lymphome, Leukämien, Silikose, HIV.
Risikogruppen in Deutschland: Migranten und Spätaussiedler aus Ländern mit hoher Tuberkuloseprävalenz, HIV-Infizierte und andere Immunsupprimierte, Obdachlose, Drogenabhängige
Meldepflicht
Meldung des direkten Erregernachweises sowie nachfolgend des Ergebnisses der Resistenzbestimmung.
Primärtuberkulose
ca. 6 (4-8) Wochen nach erstem Kontakt mit dem Mykobakterium meist symptomloser Primärkomplex (Primärherd + Hiluslymphknoten) später röntgenologisch häufig als verkalkter Rundherd (Tuberkulom) sichtbar.
- Bei symptomatischem Verlauf: Subfebrile Temperaturen, Nachtschweiß, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Erythema nodosum, Husten, Thoraxschmerzen, Pleuritis exsudativa.
- Bei schwerem Verlauf: Miliartuberkulose = hämatogene Generalisation mit raschem körperlichem Verfall. Häufige Lokalisationen: Lunge (Röntgen-Thorax: diffuse kleinfleckige Herde), Leber, Milz, Meningen.
Postprimäre Tuberkulose
80% Lungentuberkulose (Klinik → Primärtuberkulose)
20% extrapulmonale Tuberkulose
Endogene Reaktivierung eines abgeheilten Primärinfekts infolge gestörter Immunität.
Die reaktivierten Mykobakterien führen häufig im Bereich der Lungenspitze zu einer entzündlichen Reaktion mit zunächst uncharakteristischen Symptomen: Nachtschweiß, Husten, Leistungsschwäche etc. Meistens kommt es zu einer Einschmelzung und zur Bildung einer Kaverne. Gewinnt diese Anschluss an das Bronchialsystem und werden dadurch Mykobakterien im Sputum
nachweisbar, wird der Patient infektiös (= offene Tuberkulose) und der Auswurf wird produktiver und evtl. blutig.
Extrapulmonale Tuberkulose
außer bei Immunschwäche in der Regel bei postprimärer Tuberkulose
- Miliartuberkulose (s. o.)
- tuberkulöse Meningitis: Schleichender Beginn
- tuberkulöse Spondylitis: Bei unklaren Wirbelsäulenschmerzen daran denken
- Urogenitaltuberkulose: Flankenschmerzen, Dysurie, sterile Pyurie, Infertilität
- Tuberkulose des Gastrointestinaltraktes: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Temperaturerhöhung, Bauchschmerzen, Gewichtsabnahme, Diarrhö
- Nebennierentuberkulose: Morbus Addison
Klinik
Bei Erstinfektion kommt es nach einer Inkubationszeit von 6 bis 8 Wochen zu unspezifischen Symptomen
B-Symptomatik: Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust (daher die Bezeichnung "Schwindsucht") Inappetenz Erythema nodosum Thoraxschmerzen Pleuritis exsudativa Konjunktivitis phlyctaenulosa
Die Erstinfektion kann jedoch auch asymptomatisch verlaufen, was die Diagnosestellung erschwert.
Bei Ausbildung eines tuberkulösen Primärkomplexes (Ghon-Komplex) oder bei primär pulmonalem Verlauf können hinzutreten: Husten Hämoptyse lokale Lymphknotenschwellungen Dyspnoe
Diagnostik
- Anamnese : Reise- bzw. Migrationsanamnese; Kontakt zu Erkrankten?
- Blutuntersuchung: Evtl. unspezifische Infektkonstellation (CRP↑, BSG↑, Leukozytose), HIV-Test und Hepatitis-Serologie anbieten
- Bildgebende Verfahren bei Lungentuberkulose: Röntgen-Thorax in 2 Ebenen (p.a. und lateral). Ggf. auch CT-Thorax: bei unklarem Röntgenbefund
4. Erregerdiagnostik: Tuberkulin-Hauttest (Mendel-Mantoux-Test): Intrakutane Applikation von 2 Tuberkulineinheiten (= 0,1 mL) in die Beugeseite des Unterarmes nach Desinfektion der Haut; beurteilt wird nach 48–72 h der Durchmesser der Induration an der markierten Applikationsstelle Interferon-γ-Test („Quantiferon-Test“) Direkter Erregernachweis: Insb. bei extrathorakalen Manifestationen ist ein entsprechender Erregernachweis wegweisend. Sputum: Gewinnung und Untersuchung an drei verschiedenen Tagen durch Abhusten aus tiefen Atemwegen Bronchialsekret Bronchoalveoläre Lavage Magensaft Urin Ejakulat Stuhl Blut bzw. Knochenmark Menstrualblut
Röntgen-Thorax
Bei begründetem Verdacht auf eine frische oder vorangegangene Infektion sollte die Röntgenaufnahme in nahem zeitlichen Abstand (z.B. 3 Monate) wiederholt werden.
a. Primäraffekt (Ghon-Herd) : Intrapulmonaler spezifischer Tuberkuloseherd nach Erstinfektion
Meist im oberen Teil des Unterlappens bzw. im unteren (rechten) Mittellappen
b. Primärkomplex (Ghon-Komplex, Ranke-Komplex)
Primäraffekt + lokale Lymphknotenreaktion (z.B. der Hiluslymphknoten)
Verkalkt häufig
c. Minimal Lesions
Kleine Organherde durch erste hämatogene Aussaat
Meist in den Lungenspitzen lokalisiert
Simon-Spitzenherd: In den Lungenspitzen lokalisierte Minimal Lesions
Assmann-Frühinfiltrat: Im Rahmen einer postprimären Tuberkulose reaktivierter Simon-Spitzenherd
DD
Chronische Bronchitis,
Pneumonie
Bronchialkarzinom
MERKEN !
Sowohl der gesicherte als auch der hochgradige V.a. eine Tuberkulose sind Indikationen für die medikamentöse Standardtherapie
MERKEN !
Wenn möglich, sollte vor Beginn der Therapie genug Material für eine Kultur gewonnen werden, um in einem Antibiogramm mögliche Resistenzen zu erkennen und die Therapie im Verlauf anpassen zu können
Hygienische Maßnahmen: Isolation
Alle Personen mit V.a. offene Tuberkulose müssen isoliert werden!
Ende der Isolation: 3 negative Sputummikroskopien an 3 unterschiedlichen Tagen
Therapie
Ambulante Therapie möglich
Gesamttherapiedauer: Im Regelfall 6 Monate
Initialphase mit 4-fach-Therapie: 2 Monate Isoniazid (INH) + Rifampicin (RMP) + Pyrazinamid (PZA) + Ethambutol (EMB)
Kontinuitätsphase mit 2-fach-Therapie: Über weitere 4 Monate, hierbei möglichst mit INH + RMP
Verlängerung der Therapiedauer (auf 9–24 Monate), ggf. erforderlich bei
Komplizierten Verläufen
Immunsuppression (HIV)
Unverträglichkeit eines der Medikamente der Standardtherapie
Erkrankung durch multiresistente Erreger
MERKEN !!!!!!
„PERI“ als Akronym für die vier Standardmedikamente: Pyrazinamid 2 Monate, Ethambutol 4 Monate, Rifampicin 6 Monate , Isoniazid 6 Monate
Während der tuberkulostatischen Therapie müssen regelmäßige Kontrollen von Blutbild, Harnsäure, Nierenretentionsparametern und Leberwerten erfolgen!
Merken !!!
Vor Therapiebeginn ist wegen der Gefahr einer Optikusneuritis bei Ethambutol-Gabe ein Ophthalmologie-Konsil indiziert!
Vor Therapiebeginn ist wegen der Ototoxizität von Streptomycin immer ein HNO-Konsil indiziert!