Gicht / Arthritis urica Flashcards
Hyperurikämie und Gicht
Hyperurikämie: Erhöhter Wert der Serum-Harnsäure ≥6,5 mg/dL (390 μmol/L)
Gicht: Klinische Manifestation einer Hyperurikämie mit Ausfällung von Salzen der Harnsäure (Uratkristalle) an verschiedenen Körperstellen (symptomatische Hyperurikämie)
Ätiologie
Harnsäure ist ein Abbauprodukt von Purinen, das zu 80% über die Nieren ausgeschieden wird. Purine werden über die Nahrung aufgenommen oder entstehen beim Zerfall körpereigener Zellen.
- primäre Hyperurikämie ist genetisch determiniert und in ca. 90% der Fälle ursächlich für eine Hyperurikämie. Die primäre Hyperurikämie ist eine genetische Erkrankung, die durch Fehlernährung aggraviert wird!
a. Störung der tubulären Harnsäureausscheidung (ca. 99% der primären Hyperurikämien)
b. Überproduktion von Harnsäure (ca. 1% der primären Hyperurikämien)
2.Sekundäre Hyperurikämie (10%): Unter einer sekundären Hyperurikämie versteht man eine Hyperurikämie, die im Rahmen einer anderen Grunderkrankung auftritt. Verminderte Harnsäureausscheidung
Klinik: Akuter Gichtanfall (Arthritis urica)
Klinik: Sehr schmerzhafte Monarthritis (oft Ruheschmerz) mit Ergussbildung und lokalen sowie ggf. systemischen Entzündungszeichen
a. Podagra: Entzündung des Großzehengrundgelenks (etwa 60% der Fälle) Sprunggelenk und Fußwurzel (etwa 15% der Fälle)
b. Gonagra: Entzündung des Knies (etwa 10% der Fälle)
c. Chiragra: Entzündung der Hand- und Fingergelenke , insb. des Daumengrundgelenks (etwa 5% der Fälle)
Weitere Lokalisationen: Übrige Zehengelenke, Handgelenk, Ellenbogengelenk
Verlauf: typischerweise nachts auftretend
Abklingen nach wenigen Tagen
Im Verlauf rezidivierend mit beschwerdefreien Intervallen
Klinik: Chronische Gicht
Heutzutage seltenes Krankheitsbild, das nur auftritt, wenn keine adäquate Therapie erfolgt
Chronische Gichtarthropathie: Wiederkehrende Gichtanfälle und die Ablagerung von Uratkristallen in Gelenknähe führen zu einer fortschreitenden Gelenkdestruktion
Klinisch werden 4 Stadien der Gicht unterschieden: Asymptomatische Hyperurikämie, Akuter Gichtanfall, Interkritische Phase und Chronische Gicht
1 Asymptomatische Hyperurikämie
In diesem Stadium wird eine krankhaft erhöhte Harnsäurekonzentration zufällig im Rahmen einer Laboruntersuchung auffällig.
2 Akuter Gichtanfall: Der akute Gichtanfall (Arthritis urica) entsteht durch Ausfällung von Uratkristallen in den Gelenkinnenraum. Dadurch kommt es zur Ergussbildung sowie zu lokalen und ggf. systemischen Entzündungszeichen. Häufig befallen sind die peripheren, kleinen Gelenke, da dort die Temperatur des Gewebes niedriger ist und Harnsäure somit leichter ausfällt. Meist handelt es sich um eine asymmetrische Oligo- oder Polyarthritis, wobei auch nur ein Gelenk befallen sein kann (Monarthritis).
3 Interkritische Phase
Als interkritische Phase wird das Intervall zwischen zwei akuten Gichtanfällen bezeichnet. Es verläuft in der Regel ohne Symptome.
4 Chronische Gicht
Bei längerem Bestehen und ohne adäquate Therapie entsteht eine chronische Gicht. Heutzutage handelt es sich jedoch um ein seltenes Krankheitsbild. chronische Gichtarthropathie: rezidivierende Gichtanfälle mit progressiver Gelenkzerstörung
Diagnostik
- Klinisch:
Anamnestisch Alkohol- oder Nahrungsexzess
Schmerzhafte Monarthritis, die sich binnen eines Tages und ohne Prodromi ausbildet
Befall eines kleinen peripheren Gelenks oder des Kniegelenks
Fehlende andere mögliche Ursachen, bspw. Trauma, intraartikuläre Injektion - Gelenkpunktion mit Synovialanalyse
Indikation: Verdacht auf akuten Gichtanfall, insb. bei unklarer Differenzialdiagnose - Bildgebung»_space; Gelenkpunktion nicht möglich
3.1 Konventionelles Röntgen > Akuter Gichtanfall: Unauffällig
Chronische Gicht: Röntgendichte Weichteilschatten und Lochdefekte.
3.2 Arthrosonografie: Doppelkonturzeichen am Gelenkspalt
- Bestimmung der Serumharnsäurespiegel
Bei ⅓ der Patienten im akuten Anfall nicht erhöht
Falls erhöht: Zusätzlicher diagnostischer Hinweis auf Gicht als Ursache der Beschwerden
Therapieversuch mit Colchicin: Promptes Ansprechen spricht für eine Gicht
Nach erfolgreichem Gichtnachweis
Ausschluss einer ursächlichen Nierenfunktionsstörung
Serumkreatinin Ggf. Kreatinin- und Harnsäure-Clearance aus Sammelurin und Sonografie der Nieren
Ausschluss eines metabolischen Syndroms:
Nüchtern-Blutzucker Ggf. HbA1c
Triglyzeride, HDL, Cholesterin
Ausschluss einer ursächlichen Tumorerkrankung
Differenzialblutbild inkl. BSG, LDH
Ggf. Serumeiweißelektrophorese
Wichtig !!!
Die Diagnose eines Gichtanfalls wird in der Regel klinisch gestellt!
DD
- Chondrokalzinose (Pseudogicht)
Kurzbeschreibung: Anfallsartige Gelenkentzündung durch Ablagerung von Calciumpyrophosphatkristallen - Oxalose-Arthropathie
Kurzbeschreibung: Ablagerungen von Calciumoxalat in Synovialis, Knorpel und inneren Organen
Ätiologie: Langzeit-Dialysepatienten, sehr selten angeborene - Rheumatoide Arthritis
Therapie: Allgemeine Maßnahmen bei Hyperurikämie
- Normalisierung des Körpergewichts
- Purinarme Kost (<300 mg Purin pro Tag)
- Reduktion des Alkoholkonsums und fructosehaltiger Getränke
- Ausreichend hohe Flüssigkeitszufuhr (mind. 1,5 Liter pro Tag)
Ggf. medikamentöse Harnsäuresenkung
Therapie des akuten Gichtanfalls: Medikamentöse Maßnahmen
Erste Leitlinie NSAR und/ oder Glucocorticoide
Rascher Therapiebeginn
Fortführen der Therapie bis einige Tage nach Abklingen der Symptomatik
Ggf. anfängliche Kombinationstherapie
Reevaluation und ggf. Anpassung der Therapie bei ausbleibender Symptomverbesserung nach 24–72 h
Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) oder Glucocorticoide
Kombination aus NSAR und Glucocorticoiden
Insb. bei schweren Entzündungen
Zusätzlich Magenschutz mit Protonenpumpeninhibitoren
Colchicin: Bei Nichtansprechen unter bzw. Kontraindikationen für NSAR und Glucocorticoide
NSAR :
Therapievorschlag: Naproxen initial 750 mg p.o., anschließend 250 mg p.o. alle 8 h bis zum Sistieren der Symptomatik, kontraindiziert bei schwerer Nieren- und Leberinsuffizienz
Bei einem akuten Gichtanfall sind NSAR wie Diclofenac, Indometacin, Ibuprofen oder Naproxen indiziert, nicht jedoch Salicylate (wie ASS), da diese die renale Uratausscheidung verringern!
*Colchicin wird Zweitlinientherapie des akuten Gichtanfalls angewendet.
Bei Nichtansprechen unter bzw. Kontraindikationen für NSAR und Glucocorticoide in niedriger Dosierung
Nebenwirkungen von Colchicin: Schwere Diarrhöen , Nephrotoxizität, Myelosuppression
Merken !!!!
Die Kombination von NSAR und Glucocorticoiden führt häufig zu gastrointestinalen Ulzera und sollte daher stets unter Magenschutz (Protonenpumpeninhibitoren) durchgeführt werden!
Langfristige Therapie der Hyperurikämie:
Medikamentöse Harnsäuresenkung
- Wahl Urikostatika (wie Allopurinol )
- Indikation:
1. Mind. ein gesicherter Gichtanfall
2. Chronische Gichtarthritis
3. Anamnestisch Gichtanfälle + Hyperurikämie und eingeschränkte Nierenfunktion (eGFR <90 mL/min/1,73m2)
4. Renale Harnsäuresteine
5. Ggf. bei asymptomatischer Hyperurikämie mit Serumharnsäurewerten >9 mg/dL (>535 μmol/L)
-Therapeutisches Ziel: Serumharnsäurewerte <6 mg/dL (<360 μmol/L)
Dauer der Therapie: Kein Vorliegen von Tophi: Mind. 5 Jahre
Vorliegen von Tophi: Bis zum Rückgang aller Tophi + 5 weitere Jahre
Zu Therapiebeginn insb. in den ersten 2 Wochen nach einem ersten Gichtanfall die Anfallsprophylaxe (s.u.) beachten
- Wahl: Urikostatika wie Allopurinol in einschleichender Dosierung oder Febuxostat
- Wahl: Urikosurika
Bei nicht ausreichender Senkung der Harnsäurewerte: Möglichkeit einer Kombinationstherapie mit Urikostatika und Urikosurika
Propyhlaxe
Durch Verhaltensmaßnahmen (z.B. Essgewohnheiten) kann eine Hyperurikämie und eine damit einhergehende Gicht vermieden werden.
Zu Beginn Anfallsprophylaxe mit Colchicin in niedriger Dosierung
Harnstoff (Carbamid) ist im Körper das Hauptabbauprodukt von Eiweißen (Proteinen). Seine Bestimmung hilft uns bei der Beurteilung der Nierenfunktion eines Patienten, allerdings nur bedingt, weil der Messwert ein ungenauer Parameter ist.
*Endprodukt des Harnstoffzyklus
Harnsäure: Die Harnsäure ist ein Abbauprodukt von Purinen und wird über den Urin ausgeschieden.
Tophi > Tophus
Tophus wird eine entzündliche Knotenbildung bezeichnet. Die Knoten entstehen durch Gewebeablagerungen von Urat, häufig Mononatriumurat, in bindegewebereichen Organen sowie im Knochen.
Eine bekannte Form und spezifisch für Gicht ist der Gichttophus (Tophus arthriticus).
Aufklärung: Gelenkpunktion mit Synovialanalyse / Arthrosonographie / Bestimmung des Serumharnsäurespiegel
Gelenke sind Verbindungen zwischen zwei oder mehreren Knochen. Sie sorgen für die Beweglichkeit des Körpers. Ist ein Gelenk infolge einer Verletzung oder Erkrankung geschwollen oder entzündet, kann sich in seinem Inneren mehr Flüssigkeit ansammeln als normal. Dann sprechen Mediziner von einem Gelenkerguss.
Bei einer Gelenkpunktion wird mit einer feinen Hohlnadel ein wenig Flüssigkeit aus dem Gelenk entnommen. Wenn ein Gelenk geschwollen ist, kann die Untersuchung der Gelenkflüssigkeit helfen, die Ursache der Schwellung zu klären.
Eine besondere Vorbereitung ist in der Regel nicht notwendig. Die Haut wird rund um die Punktionsstelle vor dem Einstich sorgfältig desinfiziert und manchmal mit einem sterilen Tuch abgedeckt. Das Verfahren wird mit sorgfältig hygienischen Maßnahmen durchgeführt.
Normalerweise fühlt sich eine Punktion so ähnlich an wie eine Blutabnahme. Eine örtliche Betäubung ist meist nicht nötig, es kann aber eine lokal betäubende Salbe oder ein Eisspray aufgetragen werden.
Die entnommene Flüssigkeit wird zur Analyse ins Labor geschickt. Nach der Punktion wird manchmal ein Druckverband angelegt. Das Gelenk muss in der Regel ruhig gestellt werden. Nach einer Punktion ist es wichtig, auf Anzeichen einer Entzündung zu achten. Ist das Gelenk oder die Punktionsstelle gerötet, schwillt an oder wird heiß, sollte man sofort den Arzt informieren. Warnzeichen sind zudem Fieber und zunehmende Schmerzen.
Nach einer Punktion kann es zu Blutungen im Gelenk kommen. Auch Entzündungen an der Einstichstelle sind möglich.
Eine Gelenkpunktion ist nicht empfehlenswert, wenn im Bereich der Einstichstelle eine Entzündung, eine Wunde oder eine Hauterkrankung besteht, denn dann ist die Infektionsgefahr besonders hoch.