Bandscheibenvorfall / Diskusprolaps Flashcards
Diskusprolaps, Diskushernie, auch Bandscheibenprolaps, BSP, BSV
Patient:
Bei einem Bandscheibenvorfall tritt Bandscheibengewebe zwischen den Wirbelkörpern hervor. Dieses „vorgefallene“ Gewebe kann auf die Nerven im Bereich der Wirbelsäule drücken und sie reizen.
Der Diskusprolaps (Bandscheibenvorfall): beschreibt eine Schädigung der Bandscheibe, bei der sich der Kern der Bandscheibe in den Spinalkanal vorwölbt.
Bandscheibenvorwölbung ( Diskusprotrusion): Bei einer Bandscheibenvorwölbung tritt die Bandscheibe zwischen den Wirbeln hervor.
Epi
Alter: Häufigkeitsgipfel: 30.–50. Lebensjahr
Nach dem 50. Lebensjahr: Seltener aufgrund des abnehmenden Expansionsdrucks des Nucleus pulposus
Lumbaler Bandscheibenvorfall: Häufig (ca. 60% der Fälle)
Ätiologie
Verlaufsvariante der Bandscheibendegeneration: Fast immer
Traumatisch: Sehr selten
Klinik
- Schmerz
Dauer: Akut (<6 Wochen), subakut (6–12 Wochen), chronisch (>12 Wochen)
Qualität: Oft stechend, einschießend - Lokalisation und radikuläre Reizungen
Zervikaler Bandscheibenvorfall: Schmerzausstrahlung in die Arme (Brachialgie)
Thorakaler Bandscheibenvorfall: Schmerzen im Verlauf sowohl des oberen Rückens (Dorsalgie) als auch der Rippenbögen (Interkostalneuralgie)
Lumbaler Bandscheibenvorfall: Schmerzen des unteren Rückens (Lumbalgie), Schmerzausstrahlung in die Beine im Verlauf des N. ischiadicus (Ischialgie) und Schmerzausstrahlung im Verlauf des N. femoralis (Femoralgie) - Sensibilitätsstörungen: Missempfindungen, Kribbelparästhesien, Taubheitsgefühl
Paresen: Inkompletter Funktionsausfall eines Muskels
Reflexminderung: Ggf. auch Ausfall
Myelopathie: Neurologische Funktionsausfälle durch Kompression des Rückenmarks
Wurzelkompressionssyndrom
Ein Symptomkomplex, der durch die mechanische Reizung (z.B. Druck) der Nervenwurzel eines Spinalnerven im Bereich der Wirbelsäule ausgelöst wird.
Conus medullaris-Syndrom ( Conus-Syndrom )
Lokalisation: Symmetrisch. Eher im Sakralbereich
Abgeschwächte/ausfallende Reflexe: Analreflex / Bulbokavernosusreflex
Klinik: Reithosenanästhesie Blasen- und Mastdarmentleerungsstörungen
Impotenz
Keine Paresen der unteren Extremität
*Reithosenanästhesie einen Sensibilitätsverlust der Genital- und Gesäßregion, sowie der Oberschenkelinnenseiten.
Cauda equina-Syndrom ( Cauda-Syndrom )
Lokalisation: Asymmetrisch. Eher beinbezogen
Abgeschwächte/ausfallende Reflexe: Kremasterreflex Muskeleigenreflexe (MER) der unteren Extremität
Klinik: Sensibilitätsstörungen der unteren Extremität. Schlaffe Paresen der unteren Extremität
Wichtig !!!!
Das Conus-Syndrom und das Cauda-Syndrom sind absolute Notfallsituationen und bedürfen eines sofortigen operativen Eingriffs!
Präklinisches Management
- Anamnese und körperliche Untersuchung mit Fokus Wirbelsäule
- Monitoring: Ggf. EKG, Pulsoxymetrie, Blutdruck
- Venöser Zugang und schmerzadaptierte Analgesie
Bei leichten Schmerzen : Metamizol , alternativ Paracetamol
Bei starken Schmerzen : Piritramid
Zur Behandlung einer opioidinduzierten Übelkeit: Bspw. Dimenhydrinat
Rettung und Transport: Unterstützung einer möglichst schmerzfreien Lagerung des Patienten
Das SAMPLE-Schema geht auf alle relevanten Fragestellungen einer kurzen Notfallanamnese ein und ist als Ergänzung des ABCDE-Schemas zu sehen.
1 Es kann nach Bedarf an den jeweiligen Patienten angepasst werden:
Traumapatient: AMPLE - Schema
Internistischer Patient: SAMPLER - Schema
2 SAMPLER
Symptoms (Symptome)
Allergies (Allergien)
Medication (Medikation)
Past Medical History (medizinische Vorgeschichte des Patienten)
Last Oral Intake (letzte Nahrungsaufnahme)
Events Prior to Incident (dem Vorfall vorangegangene Ereignisse)
Risk Factors (Risikofaktoren)
Diagnostik
- Aktuelle Anamnese:
Beginn und Verlauf der Symptomatik, ggf. auslösendes Ereignis
Lokalisation und Art der Schmerzen - Körperliche Untersuchung: Zeichen Wurzeldehnungszeichen
Funktionsuntersuchung: Neurologische Untersuchung insb. mit Prüfung der Sensibilität - Bildgebende Diagnostik bei Bandscheibenprolaps
3.1. Röntgen
Indikation: Starker Schmerz (inbs. nach Trauma), therapieresistenter Schmerz, Erstdiagnostik bei Red Flags-Symptomatik
Durchführung: Wirbelsäule (HWS/BWS/LWS entsprechend der Symptomatik) in 2 Ebenen, ggf. Funktionsaufnahmen
3.2. Magnetresonanztomografie
Indikation: Bildgebung der Wahl (insb. bei Red Flags-Symptomatik)
Befund: Sklerosierte, dehydrierte (T2-hypointense) Bandscheiben bei Bandscheibendegeneration, Diskusprolaps als Herniation von Bandscheibengewebe mit umgebendem Ödemsaum, entzündliche Infiltrate
3.3. Computertomografie
Indikation: Fraktur, präoperative Planung, Pathologie im Röntgen, MRT zeitnah nicht verfügbar
- Labor: Basisdiagnostik: Kleines Blutbild, BSG, CRP, PCT, Leber- und Nierenwerte
Wurzeldehnungszeichen
Lasègue-Test
Durchführung: Untersuchung des betroffenen Beines in Rückenlage. Anheben des gestreckten Beines durch den Untersucher
Lasègue-Zeichen positiv: Schnell einschießende Schmerzen in das ipsilaterale Bein mit Ausbreitung im motorischen/sensiblen Areal der betroffenen Nervenwurzel bei einem Beugungswinkel im Hüftgelenk von meist 40–60°
Hinweis auf: Wurzelreizung im Bereich L4–S1, Reizung des N. ischiadicus oder meningeale Reizung
Bragard-Test (Wirbelsäule)
Durchführung: Durchführung des Lasègue-Tests bis der Schmerz einsetzt
Anschließend Absenken des Beines, bis der Schmerz gerade verschwunden ist Halten der Position und passive Durchführung einer schnellen Dorsalextension des Fußes durch den Untersucher
Bragard-Zeichen positiv: Schnell einschießende Schmerzen in das ipsilaterale Bein mit Ausbreitung im motorischen/sensiblen Areal der betroffenen Nervenwurzel
Hinweis auf: Wurzelreizung im Bereich L4–S1 , Reizung des N. ischiadicus oder meningeale Reizung
Kernig-Zeichen
Variante 2
Durchführung: Passive Beugung des Beines in Hüft- und Kniegelenk um je 90° beim Patienten in Rückenlage, anschließend erfolgt eine langsame, passive Streckung im Kniegelenk
Kernig-Zeichen positiv: Einschießende Schmerzen bei Streckung des Kniegelenks mit fühlbarer Abwehrspannung, typisch ist das Auftreten von Schmerzen bzw. einer Abwehrspannung bei einem Streckungswinkel <135°.
Hinweis auf: Wurzelreizung im Bereich L4–S1, Reizung des N. ischiadicus oder meningeale Reizung
Lasègue-, Bragard- und Pseudo-Lasègue-Zeichen
Zur Prüfung lumbaler Nervendehnungszeichen bzw. eines Meningismus sollte stets die Untersuchung des Lasègue-Zeichens erfolgen. Ein positiver Lasègue-Test kann dann durch die Prüfung des Bragard-Zeichens bestätigt werden. Sind beide Zeichen positiv, ist eine meningeale Reizung bzw. eine Wurzelreizung als Schmerzursache wahrscheinlich. Bei negativem Bragard-Zeichen ist das positive Lasègue-Zeichen jedoch eher als Pseudo-Lasègue-Zeichen zu interpretieren (Ursache meist muskuloskelettale Dysfunktion, z.B. verkürzte ischiokrurale Muskulatur).