Rassendiskriminierung (Art. 261bis) Flashcards

1
Q

Wie wird der Begriff der Öffentlichkeit von der Lehre und vom Bundesgericht verstanden?

A

>Lehre

Verhalten oder Äusserungen sind öffentlich, wenn sie an einen grösseren, durch persönliche Beziehungen nicht verbundenen Kreis von Personen gerichtet sind.

>Bundesgericht

  • «privater Rahmen»
  • Familien- oder Freundeskreis
  • Ein durch persönliche Beziehungen oder besonderes Vertrauen geprägtes Umfeld
  • Hängt von den konkreten Umständen ab, wobei auch die Zahl der anwesenden Personen eine Rolle spielen kann
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2
Q

Wer ist Angriffsobjekt?

A

Angehörige einer Rasse, Ethnie oder Religion

Rassendiskriminierung» (Marginalie)

  • Rasse als Oberbegriff

>Abschliessende Aufzählung

  • Nationale, soziale, politische Gruppen werden nicht durch Art. 261bis geschützt
  • Gesetzesentwurf (BBl 2018, 3791): Einbezug der «sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität»

Es ist unerheblich, ob die derart angegriffenen Personen überhaupt der betreffenden Rasse, Ethnie oder Religion angehören.

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3
Q

Definiere Rasse, Ethnie und Religion.

A

Rasse»

  • Gruppe von Menschen, die sich selbst aufgrund von naturgemäss angeborenen physischen Merkmalen als von anderen wesentlich verschieden empfindet und/oder von anderen so wahrgenommen wird.

> «Ethnie»

Gruppe von Menschen, die sich aufgrund ihrer Kultur, Geschichte, Sprache etc. verbunden fühlt und sich dadurch als von anderen differente Gemeinschaft erlebt und/oder von anderen als solche wahrgenommen wird.

•Ethnie kann im konkreten Fall zusammenfallen mit Nationalität, die nicht separat geschützt wird.

Religion»

  • Überzeugung, die sich auf das Verhältnis der Menschen zum Göttlichen oder Transzendentalen bezieht und weltanschauliche Dimension hat.
  • Gruppe von Menschen, die durch eine gemeinsame Glaubensorientierung gekennzeichnet ist
  • Beispiele: Christentum, Hinduismus, Naturreligionen, Atheismus
  • Nicht erfasst: Destruktive Kulte (?) und Gruppen, die überwiegend wirtschaftliche Interessen verfolgen (Scientology?).
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4
Q

Was bedeutet der Tatbestand 1 (zu Hass oder Diskriminierung aufrufen)?

A

Hass»

  • Emotional gesteigerte Feindschaft oder Verachtung.
  • Zielt auf das Schüren eines feindseligen Klimas.

Diskriminierung»

  • Gezielte Verletzung des Anspruchs der Menschen, in ihren Grundrechten und Grundfreiheiten in gleicher Weise anerkannt zu werden.

•Beispiel: Aufruf, Angehörige einer bestimmten Gruppen aus einem Land auszuweisen.

aufrufen»

  • Im Sinne von «aufreizen» (franz. Gesetzestext «inciter»).
  • Muss keine explizite Handlungsanweisung enthalten.
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5
Q

Was beinhält die Tatbestandvariante 2 (Ideologien verbreiten, die auf systematische Herabsetzung oder Verleumdung gerichtet sind)?

(4P)

A

Ideologie»

  • Nicht nur geschlossenes weltanschauliches System (Ideologie im klassischen Sinn)
  • Jede Form einschlägigen Gedankenguts (auch blosse Parolen)

•Beispiel: Theorie, wonach Zionisten durch die von ihnen in die Welt gesetzte Holocaust-Lüge für manches Unheil auf der Welt verantwortlich seien (BGer-Urteil 6S.719/1999 vom 22.3.2000 E.3)

verbreiten»

  • «propagieren» mittels Wort, Schrift, Bild oder Geste
  • Sich bloss zu einem Gedankengut bekennen, ist nicht ausreichend

•BGE 140 IV 102 E.2: «Hitlergruss»

Herabsetzung»

  • Als minderwertig darstellen

•Beispiel: Vorrang der weissen Rasse

Verleumdung»

Zwei Meinungen

•Handeln wider besseres Wissen ist wie bei Art. 174 (Verleumdung) vorausgesetzt

▫Täter glaubt selber nicht an die von ihm verbreiteten Ideologien und weiss somit um deren Unwahrheit

•Handeln wider besseres Wissen ist nicht vorausgesetzt

▫Es ist ausreichend, die Gruppe generell unehrenhaften Verhaltens zu beschuldigen

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6
Q

Was beinhaltet der Tatbestand 3: “Mit dem gleichen Ziel Propagandaaktionen oragnisieren, fördern oder daran teilnehmen”?

(3P)

A

mit dem gleichen Zie

  • Systematische Herabsetzung oder Verleumdung von Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion.

Propagandaaktion»

  • In irgendeiner Form organisierte Werbung.

•Beispiele: Halten von Vorträgen, Ausleihen oder Verteilen von Schriften, Tragen von Abzeichen.

  • Absicht, andere für die geäusserten Gedanken zu gewinnen.

organisieren, fördern oder daran teilnehmen»

  • Verselbständigte Vorbereitungs- und Teilnahmeformen
  • Beispiele: Finanzieren von Veranstaltungen, Verteilen von Flugblättern, zur Verfügung stellen von Räumlichkeiten
  • Nicht erfasst: Passive Mitgliedschaft in einer Organisation
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7
Q

Was beinhält der Tatbestand 4 (Variante 1) “Durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise in einer gegen die Menschwürde verstossenden Weise herabsetzen oder diskriminieren”.

A

>Direkter Angriff auf die betroffene Person oder Gruppe von Personen.

Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise»

  • Tatmittel
  • Auch die über eine blosse Tätlichkeit hinausgehende einfache oder schwere Körperverletzung ist erfasst (BGE 133 IV 308 E.8.8).

in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise»

  • Dem Betroffenen die Qualität als Mensch absprechen
  • Abgrenzung von der blossen Beschimpfung gemäss Art. 177
  • Ist damit eine Einschränkung auf besonders schwerwiegende Angriffe gemeint?
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8
Q

Was beinhält der Tatbestand 4 (Variante 2) “Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnen, gröblich verharmlosen oder rechtfertigen”?

(5P)

A

>Keine Rassendiskriminierung im eigentlichen Sinn

  • Revisionismus sollte in einem separaten Tatbestand geregelt werden.

Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit»

  • Entsprechend den völkerrechtlichen Rechtsgrundlagen

leugnen»

  • Bestreiten, dass das Ereignis stattgefunden hat.

gröblich verharmlosen»

  • Schaden und Leid als wesentlich geringer darstellen.

rechtfertigen»

  • Das Unrecht als legitim darstellen
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9
Q

Was beinhält Tatbestand 5 “Eine angebotene Leistung, die für die Allgemeinheit bestimmt ist, verweigern”?

(3P)

A

>Leistungsverweigerung (tätige Diskriminierung)

Leistung, die für die Allgemeinheit bestimmt is

  • Leistungen, die der Öffentlichkeit dienen

•Beispiele: Parks, öffentliche Verkehrsmittel

  • Leistungen, die einer Vielzahl von Personen öffentlich angeboten werden

•Beispiele: Hotels, Restaurants, Kinos

  • Leistungen, bei denen das persönliche Verhältnis zwischen den Vertragsparteien im Vordergrund steht, sind nicht erfasst.

•Beispiele: Vergabe einer Mietwohnung, Besetzung einer Arbeitsstelle, Aufnahme in eine Privatschule.

verweigern»

  • Tathandlung
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10
Q

Was wird auf der subjektiven Seite vorausgesetzt?

(2P)

A

Vorsatz

>Wissen und Wollen bzgl. aller objektiven Tatbestandsmerkmale

>Eventualvorsatz ausreichend

Besondere Beweggründe

>«aus einem dieser Gründe» beim Revisionismustatbestand (Abs. 4 Var. 2)

  • Intention, andere wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion herabzusetzen oder zu diskriminieren.
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11
Q

Welche Konkurrenz ist denkbar?

A

Verhältnis zu Straftaten gegen Individualrechtsgüter

>Grundsätzlich echte Konkurrenz

>Teil der Lehre: Bei Tätlichkeiten und Beschimpfung besteht unechte Konkurrenz (Art. 261bis geht als Spezialtatbestand vor)

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