Gewalt und Drohung gegen Behörden oder Beamte (Art. 285) Flashcards
Welchen gemeinsamen Ausgangspunkt haben die Strafbaren Handlungen gegen Behörden und Beamte (Art. 285)?
Handlung, die innerhalb der Amtsbefugnisse einer Behörde, eines Mitglieds einer Behörde oder eines Beamten liegt (Amtshandlung).
Was ist eine Amtshandlung?
> Handlung eines Beamten, einer Behörde oder eines Behördenmitglieds im Rahmen der jeweiligen Amtsbefugnisse.
> «Beamte»
- Gemäss Art. 110 Abs. 3
- Erfüllt weisungsgebunden öffentlich-rechtliche Aufgaben in einem Unterordnungsverhältnis.
> «Behörde»
- Organ der Exekutive, Legislative oder der Justiz, dessen Mitglieder nicht
Beamte sind
> «Handlung»
- Auch Vorbereitungs- und Begleithandlungen der eigentlichen Amtshandlung.
> Die Amtshandlung ist nur bei einem schweren und offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsmangel nicht schutzwürdig.
Was ist die Tathandlung nummer 1?
(1 + 3P)
Durch Gewalt oder Drohung eine Amtshandlung hindern.
> «Gewalt»
- Jede physische Einwirkung auf den Amtsträger
- Gegen den Amtsträger selber oder Sachen, die in unmittelbarer Beziehung zum Beamten stehen (BGE 103 IV 245).
- Blosse Abwehr genügt nicht (BGE 74 IV 63)
> «Drohung»
- Kann auch als Warnung verklausuliert sein.
> «hindern»
- Die nicht unerhebliche Erschwerung oder Verzögerung der
Amtshandlung ist ausreichend.
- Grundsätzlich nur durch aktives Tun.
Blosse Nichtbefolgung amtlicher Anweisungen reicht nicht aus.
Ausnahme: Bei Rechtspflicht zur Förderung der Amtstätigkeit
Was ist die Tathandlung nummer 2?
(1 + 2P)
Durch Gewalt oder Drohung zu einer Amtshandlung nötigen.
> «Gewalt oder Drohung»
- Vgl. Art. 285 Ziff. 1 Variante 1
> «nötigen»
- Amtsperson gegen deren Willen zur Vornahme einer Amtshandlung
zwingen.
x: Die Variante der «anderen Beschränkung der Handlungsfreiheit» von
Art. 181 ist in Art. 285 Ziff. 1 Var. 2 nicht enthalten
> Auch das Erzwingen einer rechtmässigen Amtshandlung ist erfasst
> Spezifische Begründung der Rechtswidrigkeit ist erforderlich.
- Rechtswidrigkeit ist nicht bereits durch Tatbestandsmässigkeit indiziert
• Analog zur Nötigung gemäss Art. 181
Was ist die Tathandlung nummer 3?
Während einer Amtshandlung tätlich angreifen.
> «tätlich»
- Entspricht der Tätlichkeit gemäss Art. 126.
> Angriff muss sich nicht gegen die Amtshandlung als solche richten - Es genügt, wenn der Angriff während einer Amtshandlung erfolgt.
Welche Anforderungen werden auf der Subjektiven Tatseite vorausgesetzt?
Vorsatz
> Wissen und Wollen bzgl. aller objektiven Tatbestandsmerkmale
> Eventualvorsatz ausreichend
Welche Qualifikationen bestehen?
(2P)
Abs. 1: Tatbegehung durch einen zusammengerotteten Haufen
> Aufruhr
> «zusammengerotteter Haufen»
- Gruppe, die nach aussen als vereinte Macht erscheint und von einer für die öffentliche Gewalt bedrohlichen Grundstimmung getragen wird.
- Objektive Strafbarkeitsbedingung
• Aus der Zusammenrottung heraus wird eine Straftat gemäss Art. 285
Ziff. 1 verübt.
Abs. 2: Als Teilnehmer der Zusammenrottung Gewalt an Personen oder Sachen verüben (aktive Teilnahme)
> Gewalt des Einzelnen braucht nicht zur kollektiven Widersetzung zu gehören.
- Auch Einzelaktionen aus der Gruppe heraus werden erfasst.
Welche Konkurrenzen bestehen?
Verhältnis zu Straftaten gegen Leib und Leben
> Grundsätzlich echte Konkurrenz
> Unechte Konkurrenz im Verhältnis zur Tätlichkeit gemäss Art. 126
- Art. 285 Ziff. 1 Var. 3 geht als Spezialtatbestand vor
Verhältnis zu Ehrverletzungsstraftaten (Art. 173 ff.)
> Grundsätzlich echte Konkurrenz
> Unechte Konkurrenz im Verhältnis zur Beschimpfung gemäss Art. 177 bei tätlicher Beleidigung.
- Art. 285 Ziff. 1 Abs. 3 geht als Spezialtatbestand vor
Verhältnis zur Nötigung (Art. 181)
> Art. 285 Ziff. 1 Abs. 2 geht als Spezialtatbestand vor
Verhältnis zur Hinderung einer Amtshandlung (Art. 286)
> Art. 285 geht vor (Subsidiarität von Art. 286)