Betrug III (Art. 146) Flashcards
Was ist der Motivationszusammenhang? Wo muss er vorliegen?
> Zwischen Täuschung, Irrtum und Vermögensdisposition muss ein Motivationszusammenhang bestehen (Kausalzusammenhang genügt nicht; vgl. BGE 119 IV 214)
> Diese Anforderung fehlt etwa bei der Benutzung einer Kredit- oder Checkkarte durch ihren insolventen Inhaber (BGE 112 IV 81 f.)
– weil die Insolvenz für das Vertragsunternehmen gleich- gültig ist; es muss nur die vertraglichen Obliegenheiten ggü. dem Kartenaussteller erfüllen;
– damit fehlt Motivationszusammenhang
Was ist der Vermögensbestand?
5P
—alle subjektiven (dinglichen, obligatorischen und immateriellen) Vermögenswerte, Naturalobligationen
—Gesetzliche Pfandrechte
—Arbeitsleistung (als versachlichtes Substrat der Arbeitskraft)
—Nutzungsmöglichkeiten (z.B. Besitz)
—handelbare Berufs- und Geschäftsgeheimnisse
In welchen drei Schritten geht die Praxis bei der Berechnung eines Vermögensschadens vor?
- Feststellung, ob Verminderung der Aktiven bzw. Vermehrung der Passiven; wenn ja
- Feststellung, ob voller Ausgleich durch unmittelbaren Wertzuwachs; wenn nein
- Existenz vollwertiger Kompensationsansprüche (gesetzl. oder vertragl. Rücktrittsrecht, Bauhandwerkerpfandrecht, Bürgschaft, Sicherungsübereignung – nicht blosse Anfechtungs- [z.B. OR 28] oder Gewährleistungsrechte).
Was ist die subjektive und die objektive Konzession gemäss Bundesgericht?
> Subjektive Konzeption (Bundesgericht)
Vermögensschaden liegt vor, wenn die Leistung und die Gegenleistung in einem ungünstigeren Verhältnis stehen als vorgespiegelt; d.h. wenn die Leistung
- den subjektiven Erwartungen des Opponenten (BSK-Arzt, Art. 146
N 172);
oder - den vertraglichen Zusicherungen;
oder - den individuellen Bedürfnissen widerspricht
Objektive Konzeption
Vermögensschaden liegt vor, wenn kein objektives Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung besteht
Was ist die objektiv-individuelle Konzeption?
> Gegenstände eröffnen dem Individuum Verwendungsmöglichkeiten
> Deshalb individ. Schadenseinschlag (Aufgabe des Saldierungsprinzips): Vermögensschaden, wenn die Gegenleistung objektiv zwar gleichwertig ist,
— aber für die zumutbaren individuellen (vertragl.) Zwecke des Betroffenen unbrauchbar ist: objektive Drittperspektive und (still-schweigend) vorausgesetzter Vertragszweck (BGHSt 16, 321: Melkmaschinen; 23, 300: Fachzeitschrift an Laien)
oder
— zu weiteren vermögensschädigenden Massnahmen zwingt
oder
— die Aufrechterhaltung einer angemessenen Lebensführung verunmöglicht
Welcher Zeitpunkt ist ausschlaggebend für die Berechnung des Vermögensschadens?
(2P)
> Wertvergleich des Vermögens durch „Gesamtsaldierung“
vor und nach einem Zug um Zug-Geschäft = ein Zeitpunkt! ( bzw.)
der eingegangenen Verpflichtung (Eingehungsbetrug) und der erfolgten Verfügung (Erfüllungsbetrug) = zwei Zeitpunkte!
> Ausreichend, wenn Schaden in einem der beiden Zeitpunkte eingetreten ist!
Erkläre Eingehungsbetrug.
> Eingehungsbetrug:
Täuschungsbedingte Übernahme einer Verbindlichkeit: Schadensermittlung durch Vergleich der einander gegenübertretenden Ansprüche.
Was ist ein Erfüllungsbetrug?
2P
Zu- oder Abgang von stofflichen Vermögensbestandteilen:
– echter = Vergleich zw. Anspruch und Leistung
– unechter = strittig, ob Schadensermittlung durch Vergleich zw. den erbrachten/empfangenen Leistungen (vorzugswürdig) oder zw. Anspruch und Leistung
Was ist der Unterschied eines echten bzw. unechten Erfüllungsbetrugs?
> „echter“ Erfüllungsbetrug (Erwerb einer Exspektanz):
Verplichtungsgeschäft ausgeglichen; Täter entschliesst sich erst nachträglich zur vertragswidrigen Leistung.
> „unechter“ Erfüllungsbetrug:
Täter ist von Anbeginn an hinsichtlich im Verpflichtungsge-schäft vertraglich zugesicherter Eigenschaften nicht erfüll-ungswillig bzw. -fähig – nur unselbständiges Fortwirken der Täuschung (sog. «Einheitslösung»: Behandlung wie Zug um Zug-Geschäft.
Welche Anforderungen werden an die Vermögensgefährdung gestellt?
(3P)
> Vermögensgefährdung genügt nicht
> Vorübergehender Schaden reicht dagegen aus
> Schadensgleiche Vermögensgefährdung: Gefährdungsschaden
—bei erheblicher Gefährdung gilt das Vermögen – aus wirtschaft-licher Sicht – als gegenwärtig bereits vermindert; da
—buchhalterische Wertberichtigung bzw. Rückstellung erforder-lich (Bger 6B_173/2014 mit Bemerk. FACINCANI/WYSS, FP 2015, S. 328 ff.
Welche Konkurrenzen bestehen?
4P
> Verhältnis der Exklusivität zw. Art. 146 und Diebstahl (s. LPK-Kindhäuser, § 263 N 137 ff.)
> nach h.L. stets echte Konkurrenz mit Urkundenfälschung (probl.; vgl. bei Art. 251)
> Sicherungsbetrug nach Aneignungsdelikt mitbestrafte Nach-tat, da/soweit er sich g. das Vermögen des Erstgeschädigten richtet.
> Verwertungsbetrug: echte Konkurrenz, sofern er sich g. das Vermögen einer Drittperson richtet, so z.B. bei Verkauf einer gestohlenen Sache; sonst mitbestrafte Nachtat (z.B. Abhe-bung von gestohlenem Sparheft).