Nötigung § 240 StGB Flashcards
Geschütztes Rechtsgut
Freiheit der Willensentschließung und -betätigung
Gewalt
e. M. Ausübung von Zwang durch Einwirkung auf den Körper eines anderen unter Anwendung körperlicher Kraft um einen geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden
h. M. Körperlich wirkender Zwang beim Opfer zur Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstands
a. M. Psychischer Zwang von einigem Gewicht -> wegen Verstoß gegen § 103 II GG nicht vertretbar
Def: Gewalt ist jede körperliche Tätigkeit (unabhängig von der Intensität der vom Täter aufzubringenden Körperkraft) durch die körperlich wirkender Zwang ausgeübt wird, um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden.
z.B. Abgabe von Schreckschüssen (wenn zumindest Schreckwirkung oder ähnliche physische Zwangswirkung)
Wegschleppen eines Besinnungslosen (auf Empfinden der Gewalt durch das Opfer kommt es nicht an)
dichtes bedrängendes Auffahren auf den Vordermann im Straßenverkehr
-> Gewalt gegen Sachen genügt wenn dadurch eine körperliche Zwangswirkung beim Opfer erreicht wird (Bsp: Verstecken der Krücken eines Gehbehinderten
Problem Gewaltanwendung durch Sitzblockaden
BVerfGE 92,1: Sitzblockade fällt dann nicht mehr unter den Gewaltbegriff wenn die Zwangshandlung lediglich in der körperlichen Anwesenheit und die Zwangswirkung beim Opfer rein psychischer Natur ist
BGHSt 41, 182, 184: Die Zwangswirkung ist schon dann nicht mehr rein psychisch wenn durch die Sitzblockade ein PKW aufgehalten wird der wiederum die ihm nachfolgenden PKW zum Anhalten zwingt -> sog. Zweite Reihe Rechtsprechung -> Kein Verstoß gegen Art.103 II GG
Drohung
Drohung ist das Inaussichtstellen eines Zukunftigen Übels, auf dessen Eintritt der Täter Einfluss zu haben vorgibt.
-> bezieht sich immer auf Zukunft (Unterschied zur Gewalt Abgrenzung teilweise streitig, so beim Vorhalten einer geladenen Pistole
Abgrenzung zur Warnung-> bezieht sich auf Übel das unabhängig vom Willen des Täters eintreten soll/wird)
empfindliches Übel
Übel=jeder Nachteil für das Opfer
empfindlich-> wenn der in Aussicht gestellte Nachteil bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Opfers so erheblich ist dass vom Opfer nicht erwartet werden kann, dass es der Drohung in besonnener Selbstbehauptung standhält
Problem: Aktive Drohung mit einem Unterlassen
Bestehen einer Rechtspflicht zur Handlung: Trifft den Täter eine rechtliche Pflicht zur Handlung, so liegt in der Ankündigung das rechtlich gebotene Handeln zu Unterlassen nach allgemeiner Ansicht eine Drohung
Keine Rechtspflicht zur Handlung: str.
eA. BGH: Für den Tatbestand ist es unerheblich ob Inhalt der Drohung ein Tun oder Unterlassen ist. Die Entscheidung über die Strafbarkeit erfolgt im Wesentlichen bei der Frage der Verwerflichkeit.
aA. Die Drohung mit einem rechtmäßigen Unterlassen erfüllt den Tatbestand nicht -> Eine Rechtspflicht zu Handeln ist erforderlich.
dafür: Bei Drohung mit rechtmäßigem Unterlassen wird nur der Freiheitsraum des Opfers vergrößert indem ihm eine weitere Handlungsoption offeriert wird, so dass die Freiheit der Willensetschließung gar nicht beeinträchtigt ist.
Dreiecksnötigung
Gewalt wird ggü. einem Dritten angewandt, wird mitelbar vom eigentlichen Nötigungsopfer als körperlich wirkender Zwang empfunden
Vorr: die zu nötigende Person muss dem Opfer der Gewalt so nahestehen, dass sie sich dadurch beeinflussen lässt.
Drohung bezieht sich auf Dritten, mit der Folge dass das eigentliche Nötigungsopfer dies selbst als Übel empfindet und zu einem Handeln Dulden Unterlassen motiviert wird.
Vorr: Dritter muss keine Nahestehende Person sein
Nötigungserfolg
Handeln Dulden Unterlassen -> Opfer muss mit dem abgenötigtem Verhalten begonnen haben -> vorher Versuch § 240 III
ist Nötigungserfolg die Herbeiführung eines Vermögensschadens so wird § 240 von § 253 im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängt.
Vorsatz: Ist Eventualvorsatz ausreichend?
h.M. +
MM. bzgl. des Nötigungserfolges ist stets Absicht erforderlich (Arg: vgl § 240 II “angestrebter Zweck”)
RW
wird nicht durch Tatbestandsverwirklichung indiziert !!!-> offener Tatbestand
1. Greifen allgemeine RF Gründe ein?
2. ist dies nicht der Fall -> Verwerflichkeitsprüfung § 240 II
Nötigungsmittel ist in Verhältnis zu dem angestrebten Zweck zu setzen
Verwerflich ist was sozial unerträglich und wegen seines grob anstößigen Charakters sozialethisch in besonderem Maße zu missbilligen ist. -> Zweck: Tatbestandsbegrenzung durch Aussonderung sozialadequater Verhaltensweisen zur Ausübung willensbeugenden Zwangs
Indiz:
- rechtlich missbiligter Nötigungszweck (je stärker die Freiheitsbeeinträchtigung
- rechtlich missbilligtes Nötigungsmitel ( je intensiver)
- Mittel Zweck Relation: wenn weder Mittel noch Zweck per se sozial unerträglich sind sondern erst ihre Verknüpfung im konkreten Fall eine solche Bewertung erfordert (z.B. Drohung mit berechtigter Strafanzeige ggü Chef um eine versprochene Gehaltserhöhung durchzusetzen)