§ 253 Erpressung Flashcards
Problem: Ist § 253 (§ 255) ein Selbstschädigungsdelikt ? -> Folge: Setzt § 253 (§ 255) eine Vermögensverfügung voraus?
h. L. Selbstschädigungsdelikt
- >Nötigungsziel muss eine Vermögensverfügung des Genötigten sein.
Rspr: kein Selbstschädigungsdelikt
-> jedes abgenötigte Verhalten genügt; eine Vermögensverfügung ist nicht erforderlich. Auch Gewalt in Form der vis absoluta ist erfasst.
Problem: Muss das abgenötigte Verhalten den Charakter einer Vermögensverfügung haben?
hL: Vermögensverfügung erforderlich -> vis aboluta kommt als Gewalt nicht in Betracht da diese die Willensbildung ausschaltet (z.B. Betäubung) oder eine Willensbetätigung unmöglich macht (z.B. Fesselung, Errichtung unüberwindlicher Hindernisse) und damit eine Vermögensverfügung ausschließt.
-> Allerdings keine wirklich freiwillige Vermögensverfügung wie bei § 263 erforderlich s.u.
-Dafür: Auch bei § 263 ist VV ein ungeschriebenes TBM der Wortlaut steht also nicht entgegen.
Ohne Erfordernis der VV bei §§ 253,255 wäre § 249 ggü. § 253, 255 praktisch überflüssig, da beide bei jedem Verhalten auf Opferseite (Tun Dulden UNterlassen) eigreifen und dem Raub eigenständige Bedeutung daher nur zukäme wenn der Täter zwar Zueignungsabsicht tätte gleichzeitig aber keine Bereicherungsabsicht vorläge was nur bei einem wertlosen Tatobjekt (z.B. Liebhaberstück) oder unmittelbarem Wertausgleich der Fall wäre. Das kann der Gesetzgeber angesichts der herausragenden Stellung von § 249 kaum gewollt haben.
Ohne das Erfordernis der VV wird die Priveligierung der Gebrauchsanmaßung (vgl.§ 248 b) unterlaufen: Auch ohne Zueignungsabsicht könnte jemand über § 255 “gleich einem Räuber bestraft werden obwohl das Gesetz in § 249 gerade zeigt dass derjenige der mit qualifizierten Nötigungsmitteln eine Sache wegnimmt nur unter dieser besonderen subj. Vorraussetzung (Zueignungsabsicht ) als Räuber bestraft werden soll.
Mit der Vermögensverfügung kann eine klare Trennlinie zwischen Eigentums- und Vermögensdelikten gezogen werden.
Rspr: Jedes Verhalten auf Opferseite genügt (auch das Dulden der zwangsweisen Wegnahme) -> Allerdings ist § 249 auf Konkurenzebene spezieller, wenn es sich nach dem äußerlichen Erscheinungsbild um ein “Nehmen” des Täters handelt.
-dafür: Wortlaut entspricht hinsichtlich der Nötigungsmittel dem des § 240, daher kein Anhaltspunkt für anderen engeren Gewaltbegriff.
Bei fehlender Zueignungssicht würde sonst brutalerer Täter der zu vis absoluta greift bevorzugt da er weder unter § 249 noch unter § 253 fallen würde während der nur drohende Täter ohne Zueignungsabsicht nach § 253 bestraft werden könnte.
dagegen: Gesetzessystematisch lässt es sich nicht erklären dass die Rspr § 249 als lex specialis gegenüber § 255 ansehen will da dann die Folge des allgemeineren Tatbestands auf den spezielleren verweisen würde (s. § 255: gleich einem Räuber zu bestrafen” Verweis auf §§ 249 ff.
Gegen Privilegierungsargument hinsichtlich “brutalerem” Täter: Nicht immer ist derjenige der vis compulsiva einsetzt gefährlicher so dass von einer allgemeinen ungerechtfertigten Priveligierung nicht gesprochen werden kann.
Problem: Wann liegt eine Vermögensverfügung bei § 253 vor?
Unstreitig ist dass ein willensgetragenes Verhalten erforderlich ist, so dass vis absoluta eine Vermögensverfügung ausschließt. -> Im übrigen str.
hM. Abgrenzung nach der inneren Willensrichtung des Genötigten wobei überwiegend darauf abgestellt wird ob sich der Genötigte subjektiv in einer Schlüsselposition sieht.
-> Test: Ist meine Mitwirkung notwendig damit der Gewahrsamsverlust eintritt (dann § 253) oder erlangt der Täter unabhängig von meiner Mitwirkung ohnehin Zugriff auf den Gegenstand (dann § 249)?
-> Folgeproblem der hM:
Muss diese Verfügung unmittelbar zur Gewahrsamsverschiebung führen (Parallele zum Betrug) ?
e.A. Nein es genügt wenn der Täter sich letztlich Gewahrsam verschafft.
-dafür: Erpresserisch herbeigeführtes Einverständnis mit Gewahrsamslockerung enthält (anders als beim Betrug ) regelmäßig zugleich das Einverständnis in Gewahrsamsverlust.
aA: Ja Unmittelbarkeitskriterium gilt auch bei Erpressung.
- dafür: Ohne Aushändigung durch das Opfer ist Schädigung des Vermögens noch nicht definitiv.
- dagegen: Gedanke der konkreten Vermögensgefährdung kann bereits vorher einen Schaden begründen.
MM: Entscheidend für eine Vermögensverfügung ist allein dass das Opfer willentlich verfügt wobei nur danach zu fragen ist ob es zu einer Gewahrsamsübertragung mit -wenn auch erzwungenem - faktischem Einverständnis kommt.
-> In einem äußerlichem Nehmen liegt Anhaltspunkt für ein fehlendes Einverständnis (§ 249) in einem Geben liegt Anhaltspunkt für ein fehlendes Einverständnis (§ 249) in einem Geben liegt Anhaltspunkt für ein faktisches Einverständnis (§ 253)
Sonderfall Dreieckserpressung
Verfügender und Genötigter müssen personengleich sein nicht aber Geschädigter und Verfügender
Bsp: A schickt Sohn S zum Bäcker um Brötchen zu holen. Dazu gibt er ihm seine Brieftasche. Auf dem Weg zum Bäcker wird der S von X aufgehalten der ihn auffordert ihm die Brieftasche zu übergeben sonst gäbe es Schläge. Der dadurch eingeschüchterte S übergibt X die Brieftasche und läuft weinend nach Hause.
Vorr: Näheverhältnis des Genötigten zum Vermögen des Geschädigten
hL: entsprechende Heranziehung der Beim Betrug geltenden Grundsätze: Befugnis, Nähe, oder Lagertheorie
Rspr: auch bei Mitwirkung Dritter ist für die Abgrenzung Raub - Erpressung das äußere Erscheinungsbild maßgeblich
-> Für Näheverhältnis genügt es, wenn das Nötigungsopfer auf Seite des Vermögensinhabers steht weil es zu dessen Schutz bereit ist -> anders wenn der Dritte den Vermögensinteressen des Geschädigten gleichgültig ggü. steht
Vermögensnachteil
Vermögenschaden iSv. §263
-> Sog. Sicherungserpressung ist häufig bereits tatbestandlich keine Erpressung mangels eines (zusätzlichen Vermögensschadens (ansonsten mitbestrafte Nachtat)
Ist keine tatbestandliche Erpressung gegeben sondern erfolgt die Nötigung nur im Anschluss an ein vorangegangenes Vermögensdelikt um das Opfer durch Nötigung davon abzuhalten den bereits eingetretenen Vermögensverlust wieder rückgängig zu machen so liegt keine tatbestandliche Erpressung vor da das Opfer nicht über sein Vermögen verfügt.
-> Eine Erpressung kann auch dadurch begangen werden dass der Täter das Tatopfer durch Drohung oder Gewalt dazu veranlasst auf die Geltendmachung seiner Forderung zu verzichten
Ist der bloße Besitz einer Sache ien Vermögensvorteil?
Bloßer Besitz einer Sache bildet einen Vermögensvorteil iSd. § 253 StGB nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder ein Dritter für sich nutzen will.
NStZ 2012, 627, beck-online