Einheit 2.1 - 2.2: Erziehungsbegriff Flashcards
Technizismus vs. Naturalismus
Alle Bilder lassen sich auf zwei Grundverständnisse von Erziehung zurückführen (Treml, 1991):
- Erziehung als ein herstellendes Machen (Technizismus)
- Erzieher als Handwerker
- Erziehung als begleitendes Wachsenlassen (Naturalismus)
- Das Kind besitzt von Natur aus die Anlagen und Tendenzen, sich auf wünschenswerte Art und Weise
zu entwickeln (vgl. wie eine Pflanze)
Theodor Litt (1927) verbindet beide Konzepte in seiner berühmten Arbeit „Führen oder Wachsenlassen“
=> Verschränkung des Gegesatzpaares
Differenzierung in funktionale und intentionale Erziehung
- Die Konzeptualisierung des Erziehungsbegriffs in funktionale und intentionale Erziehung ist pädagogisch
kontrovers diskutiert (Weber, 2009) - entspricht weitgehend Brezinkas (1999) Unterscheidungen zwischen dem Handlungs- und Geschehensbegriff
bzw. dem Absichts- und Wirkungsbegriff der Erziehung
Intentionale Erziehung (Direkte, bewusste Erziehung) (Stein, 2017)
Definition
„Die Bezeichnung intentionale Erziehung umfasst die von Erziehern intendierten, d. h. zweck- bzw.
zielgerichteten erzieherischen Aktivitäten, die als absichtliches und planmäßiges z. T. sogar als methodisiertes
und institutionalisiertes pädagogisches Handeln konzipiert und realisiert werden“ (Weber, 2009)
Beispiel: Frau Müller fragt ihre Kinder die Englischvokabeln ab, um die Sprache zu festigen und stellt
Belohnungen für eine gute Zeugnisnote in Aussicht (Stein, 2017)
Intentionale Erziehung
Aktuell
pädagogisches Handeln erfolgt stets mehr oder weniger bewusst und absichtlich mit erzieherischen
Intentionen (Weber, 2009)
Intentionale Erziehung
Kritik
nach (Weber, 2009)
- Erziehung ist kein isolierbares Phänomen, sondern eingebettet in zahlreiche und komplexe, für den
Menschen einflussreiche Lebens- und Lernfelder - Fehlende Berücksichtigung der makrogesellschaftlichen soziokulturellen Lebensverhältnisse und
deren Einflüsse auf die zu Erziehenden und die Erzieher - Gefahr, dass die Erzieher als „die Macher“ und die Zu-Erziehenden nur die „Objekte“ und „Produkte“ der
pädagogischen Behandlung sind
Funktionale Erziehung (Indirekte, Implizite Erziehung) (Stein,2017)
Geschichte
Der Begriff und das Konzept der „funktionalen Erziehung“ wurde in die Erziehungstheorie durch Krieck (1922)
als Gegenposition zu der damals dominanten, einseitig idealistisch orientierten und vorrangig an
intentionaler Erziehung interessierten Pädagogik, eingeführt
Funktionale Erziehung
Definition
„Der Ausdruck funktionale Erziehung bezeichnet das Ergebnis der erzieherisch unbeabsichtigten, nicht
intendierten, sondern sich beiläufig einstellenden, aber in pädagogischer Hinsicht relevanten
Beeinflussungen und Formungen der Menschen durch Verhältnisse und Ereignisse ihrer Umwelt und die
durch sie funktional zustande kommenden Lernprozesse“ (Weber, 2009)
KURZ: Erzieherische Effekte, die als ungeplantes Nebenprodukt einer anderen nicht primär erzieherischen
Tätigkeit erreicht werden
- Die funktionalen Lern- bzw. Erziehungsprozesse können auch den funktionalen Entkulturations- und
Sozialisationsprozessen zugeordnet werden (Weber, 2009) - Teilweise mit Sozialisation gleichgesetzt (Stein, 2017)
Funktionale Erziehung
Begriffe
„geheime Miterzieher“ (Schneider, 1953)
“Heimlicher Lehrplan” (Geulen, 1994)
Funktionale Erziehung
Kritik
nach Weber 2009
- Die Verwendung des Terminus funktionale Erziehung trägt zur Ausuferung und (soziologistischen)
Überfremdung der pädagogischen Sprache bei - Mit dem Begriff funktionale Erziehung wird unterstellt, dass es auch eine Erziehung ohne Erzieher und
ohne erzieherische Absicht gibt
Intentionale vs Funktionale Erziehung
Fazit (Weber 2009)
- Erziehung wird überwiegend als intendierte Einflussnahme verstanden, kann aber auch als funktionales
Geschehen betrachtet werden - Laut Brezinka (1964) muss man am Merkmal der Intentionalität festhalten, um der uferlosen Ausweitung des
Erziehungsbegriffs zu entgehen