Skript 6 Chirurgie (Panaritium, Phlegmone, Kompartmentsyndrom, Haut und Lappentransplantation, Mammarekonstruktion) Flashcards
Panaritium und Paronychie
- Paronychie (Nagelwallentzündung): Entzündung des Nagelwalls, evtl. mit nachfolgender eitriger Einschmelzung (= Panaritium parunguale)
- Panaritium: Lokalisierte, eitrig-einschmelzende Entzündung im Bereich der Finger oder (seltener) Zehen
Ätiologie:
- durch Biss/Schnittverletzungen, Bagatellverletzungen eindringen von Staphylokokken aureus und/oder Streptokokken der Gruppe A, seltener Pilzen in die Nagelwall oder Nagelbett, Haut oder sogar Gelenk/Knochen (Panaritium articulare/ossare)
Klinik:
- Schwellung, Rötung und pochende Schmerzen der betroffenen Stelle
Therapie:
- Bei der Paronychie also nur Befall des Nagelwalls kann konservativ behandelt werden mittels Ruhigstellung, antiinflammatorischer Salben
- Bei Panaritium und Versagen der Therapie bei Paronychie muss operativ mittels Stichinzision behandelt werden sowie Spülung, Evtl. Probenentnahme und Laschdrainage
- Immer Inspektion des Wundgrundes, um Kragenknopfpanaritium nicht zu übersehen!
- Meist systemische Antibiose nötig, manchmal sogar Antimykotische
Phlegmone
- Phlegmone: Tiefe, bis zur Faszie oder Muskulatur reichende, diffuse !!!! , nicht-abszedierende, eitrige Infektion (chirurgische Versorgung i.d.R. notwendig)
Begrenzte Phlegmone: Begrenzte Infektion von Dermis und Subkutis (meist ohne notwendige chirurgische Versorgung) - Ätiologie:
Erreger
Meist Staphylococcus aureus und/oder hämolysierende Streptokokken der Gruppe A
Mischinfektionen häufig - Pathogenese: Durch Eintrittspforten breiten sich Bakterien im Bindegewebe aus und bewirken eine Entzündung
- Klinik:
Unscharf begrenzte, teigige, flächige, progredient dolente Rötung und Überwärmung mit Ödem
Bei der Phlegmone zusätzlich: Eiter
Ggf. Ulkus oder Wunde im Sinne einer Eintrittspforte
Keine oder geringe Allgemeinsymptome bei der begrenzten Phlegmone, ausgeprägte Allgemeinsymptome bei der Phlegmone
DD: Das Erysipel unterscheidet sich von der Phlegmone insb. durch seine scharfe Begrenzung.
Therapie:
- Systemische Antibiose mit Penicillinen, ggfs Fluxlocaxillin
- Zudem bei sehr schweren Fällen oder bei Versagen der Therapie operative Sanierung
Kompartmentsyndrom
Ätiologie:
- Kompression des Kompartments
Einengende (Gips‑)Verbände
Tourniquet-Syndrom mit ischämischem Reperfusionsödem
Druckbedingt bei Lagerung
- Inhaltszuwachs
Blutungen bei Gefäßverletzung oder Antikoagulation
Funktionelles Kompartmentsyndrom bei Überbeanspruchung
Erhöhte Kapillarpermeabilität z.B. im Schock
- Posttraumatisch
Frakturhämatom, posttraumatisches Muskelödem
Enger, ungespaltener Gips oder zirkuläre Verbände
Verbrennungsödem
Klinik:
- Irreversible Gewebeschädigung an Muskeln und Nerven nach vierstündiger Ischämie
- Leitsymptom: Stark progredienter (Druck‑)Schmerz und bretthart gespannte Muskulatur
Neurologische Defizite: Störung von Motorik und Sensibilität
Weichteilschwellung
Glänzende, überwärmte Haut mit Spannungsblasen
- Der arterielle Puls ist in der Regel noch erhalten und fehlt erst bei einem sehr schweren Kompartmentsyndrom!
- Tibialis-anterior-Syndrom
Symptome ergeben sich aus der Läsion des in der Extensorenloge verlaufenden N. peroneus profundus (N. fibularis profundus) als Ast des N. peroneus
Motorisch: Zehenheberschwäche
Sensibel: Sensibilitätsverlust/Parästhesien im Autonomiegebiet des Nerven → 1. Interdigitalraum der Zehen
Diagnostik:
- Messung des Gewebedrucks mit Messfühler
Normaldruck: <10 mmHg
Kompartmentdruck: 30–40 mmHg
Therapie:
- Operative Therapie bei manifestem Kompartment-Syndrom
Wiederherstellung der Perfusion durch Entlastung mittels konsequenter Gewebe- und Faszienspaltung (Dermatofasziotomie ) innerhalb der ersten sechs Stunden mit anschließend offener Wundbehandlung
Intraabdominelles Komptartmentsyndrom
- Diagnostik: Messung des intraabdominellen Druckes (5mmHg normal, >20mmHg Kompartmentsyndrom)
Goldstandard: Druckabnehmer in Harnblasenkatheter
Vorteil: Wenig invasiv, ein Harnblasenkatheter ist ohnehin in der Regel erforderlich
Haut- und Lappentransplantation
- Vollhauttransplantation
Transplantat: Epidermis und Dermis (unter Mitnahme der Hautanhangsgebilde) meist Entnahme aus Oberarminnenseite oder Leisten bzw. Gesäßregion
Indikation: Defekte in mechanisch beanspruchten (bspw. den Händen) und kosmetisch relevanten Bereichen (bspw. dem Gesicht)
Vorteile: Kosmetisch günstige Ergebnisse
Nachteile: Hohes Nekroserisiko da dicker als Spalthaut und somit schlechtere Heilung ; Sekundärdefekt im Entnahmebereich - Spalthauttransplantation
Transplantat: Epidermis und oberer Anteil (1/4–3/4) der Dermis (unter Belassen der Hautanhangsgebilde)
Indikation: Größere Defekte bei Verbrennungen oder chronischen Wunden in mechanisch weniger beanspruchten Bereichen
Vorteile: Gute Anheilungstendenz; nur oberflächlicher Sekundärdefekt im Entnahmebereich, der nicht gedeckt werden muss
Nachteile: Heilung unter Narbenbildung, Pigmentverschiebung, Kontraktionsneigung, verminderte Belastbarkeit
Sonderform: „Meshgraft“
Durch gitternetzartige Inzisionen Dehnung auf das 3- bis 6-fache der Ausgangsgröße
Gut geeignet für große Hautdefekte - Lappenplastik
Transplantat: Gesamte Haut, subkutanes Fettgewebe (ggf. weitere Strukturen wie Muskeln, Knochen, Knorpel), Stiel mit versorgendem Gefäßsystem (im Gegensatz zu Hauttransplantaten!!)
Indikation: Tiefe Defekte, freiliegende Strukturen, die nicht per Naht verschlossen werden können (bspw. Knochen oder Sehnen), schlechte Vaskularisierung, Kann auch bei infiziertem Gewebe erfolgen
- Mittels Random-Pattern Flap
Nahlappen: Z-Plastik (Narbenkontrakturen an Fingergelenken) oder W-Plastik (Störende Narben im Gesicht)
Fernlappen: Weit entferntes Gewebe zur Deckung verwendet z.b Leistenlappen bei Handverletzungen wo Hand an Leiste solange fixiert bleibt bis es zu einem ausreichenden Gefäßanschluss des Lappens gekommen ist - Oder Axial-Pattern Flap
- > entweder als gestielte Insellappen (lokal z.b bei Rekonstruktion im Gesicht nach Basaliom) (Lappen hat noch Gefäßverbindung zu seinem Ursprungsort)
- > oder als freie Lappen, komplette Entnahme des Lappens und freie Transplantation am Zielort mittels Mikrochirurgischem Gefäßanschluss (besonders geeignet bei frei liegendem Knochen oder Sehnen)
Mammarekonstruktion
- Meist mittels M.latissimus-dorsi-Lappen als gestielter (Insellappen) Axial-Pattern-Lappen wird dieser unterhalb der Haut hindurch zum Brustkorb geführt, besonders gut geeignet bei radikaler Mastektomie, ggfs zusätzliche Silikonprothese
- TRAM (Transversus rectus abdominis myocutaneus) Lappen, kontralateraler gestielter oder freier Axial-Pattern-Lappen
- DIEP (Deep inferior epigastric perforator) Lappen, Haut-Fett Lappen als freier Lappen aus dem Bauch, bei kleineren Defekten