Skript 2 Erythrozytenmorphologi/ Eisenmangel-Hämolytische-Megaloblastäre-Renale Anämien/ Flashcards
Erythrozytenmorphologie
- Dakryozyten (Tränenzellen)
-> Extramedulläre Blutbildung, Osteomyelofibrose, Thalassämie
Splenomegalie, Artefakte - Drepanozyten (Sichelzellen)
- > Sichelzellanämie
- Fragmentozyten (Schistozyten) (bei >1 Promille pathologisch)
- > Intravasale Hämolyse: Thrombotische Mikroangiopathie (z.B. bei HUS), Mechanische Schädigung: Künstlicher Herzklappenersatz, extrakorporale Blutzirkulation
- Megalozyten (Gigantozyten) (Große, kugelförmige Erythrozyten)
- > Megaloblastäre Anämie (Folsäuremangel, Vitamin-B12-Mangel)
- Sphärozyten (Kugelzellen)
-> Hämolytische Anämien
Sphärozytose
AIHA
AB0-Inkompatibilität bei Neugeborenen
-> Wasserintoxikation - Echinozyten (Stechapfelzellen)
-> Oxidativer oder kolloidosmotischer Stress bei bestehenden dysmorphen Erythrozyten (z.B. Sphärozyten)
Artefakte - Targetzellen (Schießscheibenzellen) (Hämoglobin im Randbereich des Erythrozyten, aber im Zentrum farbstoffarm)
- > Thalassämie, Hämolytische Anämien, Eisenmangelanämie, Lebererkrankungen
- Akanthozyten (Stachelzellen) (Spitze unregelmäßige Ausziehungen des Zellkörpers von unterschiedlicher Länge und Dicke, durch Missmatch von Zellvolumen und Zellmembran) (immer pathologisch)
-> Im Blut (Beispiele)
Degenerative neurologische Erkrankungen
Hämolytische Anämie bei Lebererkrankungen (z.B. alkoholische Leberzirrhose)
Myelodysplastische Syndrome
Nach Splenektomie
Hereditäre A-Beta-Lipoproteinämie (Bassen-Kornzweig-Syndrom)
Im Urin:
Schädigung der Glomeruli (z.B. Glomerulonephritis) !! - Stomatozyten (Erythrozyten mit spaltförmiger Aufhellung im Zentrum)
- > Lebererkrankungen vor allem Alkohol bedingt , Hämolytische Anämien, Hereditäre Stomatozytose
- Veränderungen im Blutaufstrich
- Anisozytose (ab >3% pathologisch)
Definition: Auftreten von unterschiedlich großen Erythrozyten im Blutausstrich (größerer RDW)
Vorkommen: Bei vielen Anämieformen (z.B. bei Eisenmangelanämie, AIHA) - Poikilozytose (ab >3% pathologisch)
Definition: Auftreten unterschiedlich geformter Erythrozyten im Blutausstrich (z.B. keulenförmig, tränenförmig, ringförmig)
Vorkommen: Bei Störungen der Erythropoese (z.B. bei Eisenmangelanämie)
- Veränderungen im Erythrozyt
- Heinz-Innenkörperchen (oder Heinz’sche Innenkörper)
Histomorphologisches Korrelat: Denaturiertes Hämoglobin
Vorkommen:
Methämoglobinämie (siehe Hämoglobinvarianten)
Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel
Thalassämie - Basophile Tüpfelung (immer pathologisch)
Histomorphologisches Korrelat: Multiple, kleine basophile Granula in Erythrozyten, die RNA-haltige Bestandteile bei ungenügender Zellteilung widerspiegeln
Vorkommen: Unspezifisch bei zahlreichen Zellteilungsstörungen
Bleiintoxikation
Thalassämie
Schwere Anämien unterschiedlicher Genese - Howell-Jolly-Körperchen
Histomorphologisches Korrelat: DNA-Reste in jungen Erythrozyten, die normalerweise in der Milz abgebaut werden
Vorkommen: Asplenie
Hämoglobinvarianten und Intoxikationen
- Desoxyhämoglobin und Oxyhämoglobin
Oxyhämoglobin: Hämoglobin, das Sauerstoff gebunden hat (oxygeniert) → Rote Farbe
Desoxyhämoglobin: Hämoglobin, das keinen Sauerstoff gebunden hat (desoxygeniert) → Dunkelrote, violette Farbe → Stichwort “Zyanose”
- Carboxyhämoglobin (CO-Hämoglobin)
Hämoglobin, dessen Sauerstoffbindungsstelle von Kohlenmonoxid besetzt wird (200mal höhere Affinität als Sauerstoff!) und daher nicht zur Sauerstoffversorgung des Organismus zur Verfügung steht (→ Kohlenmonoxidintoxikation)
-> Eigenschaften: Farb-, geruch- und geschmackloses, giftiges Gas
-> Vorkommen:
Entstehung bei unvollständiger Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Stoffen
Unzureichend gelüftete Feuerstellen, Hochofenarbeit, Wohnungsbrand, Autoabgase, Kohleöfen, Methangasbildung
-> Wirkung:
Bildung von Carboxyhämoglobin (CO-Hämoglobin): CO bindet mit ca. 250-fach stärkerer Affinität an Hämoglobin als Sauerstoff → Mit CO besetztes Hämoglobin ist für Sauerstofftransport blockiert, zusätzlich Verschiebung der Sauerstoffbindungskurve nach links → Gewebehypoxie → Anaerober Stoffwechsel mit Laktatanstieg → Azidose und Zelluntergang
-> Entscheidend ist neben der Umgebungskonzentration die Expositionsdauer!!
-> Diagnostik:
CO-Messung und O2-Partialdruckbestimmung in der BGA
Bestimmung von CO-Hb
CO-Bestimmung in der Ausatemluft
EKG-Veränderungen (koronare Mangelversorgung)
Differentialdiagnose bei erhöhten CO-Hb-Werten: Inhalatives Rauchen (z.B. Tabak)
-> Bei Kohlenmonoxidvergiftung zeigt das Pulsoxymeter falsch-hohe Werte an, da es das CO-Hämoglobin nicht vom oxygenierten Hämoglobin unterscheiden kann!!!!!!!
-> Folgen:
Symptome der verminderten Sauerstoffversorgung
Ab ca. 30% CO-Hämoglobin
Kirschrote Hautfarbe (klassisch), kardiale Beschwerden, ZNS-Störungen bis Bewusstlosigkeit
Ab ca. 60% CO-Hämoglobin
Rasche Bewusstlosigkeit und Tod innerhalb von Stunden
-> Therapie: Gabe von 100%igem Sauerstoff, am besten unter hyperbaren Bedingungen, HWZ des COHb von 4-6 Stunden
-> Post mortem:
Hellrote Totenflecken, lachsrote Färbung der Muskulatur
Bei Verdacht auf CO-Vergiftung sollten bei der Leichenschau zum Selbstschutz alle Fenster geöffnet werden
- Methämoglobin und Methämoglobinämie
Methämoglobin enthält III-wertiges statt II-wertiges Eisen, das keinen Sauerstoff binden kann
Menge und Folge:
<1,5% des Gesamthämoglobins physiologisch
>10% sichtbar durch Methämoglobinzyanose (schiefergraue/blaugraue Hautfarbe)
Ab >30% Symptome des Sauerstoffmangels, braunes Blut
Ab 60-70% tödlich
Ursache einer Methämoglobinzyanose:
- Exposition gegenüber Methämoglobinbildnern
- Erhöhte Zufuhr von Nitrat bzw. Nitrit -> Nitrit kann im Blut das zweiwertige Eisen zu dreiwertigem Eisen und somit Hämoglobin zu Methämoglobin oxidieren
- Medikamente (Nitroglycerin, Sulfonamide, Prilocain)
- Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols
- Angeborener Mangel an Methämoglobin-Reduktase
- > Neugeborene besitzen eine geringe Aktivität der Reduktase → Vergiftungsgefahr durch Trinkwasser mit erhöhtem Nitratgehalt (Grenzwert 50mg/L Trinkwasser)
- Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel -> Geht mit einer verminderten Reduktion von Methämoglobin zu Hämoglobin einher
Diagnostik:
Dunkelbraune Blutfarbe die bei Luftbeimischung auch nicht oxygenated wird (DD zu einfach venösem desoxygenierten Blut)
Heinz-Innenkörperchen
Spektroskopische Met-Hb-Bestimmung
Therapie:
Methylenblau i.v → Eigentlich selbst ein Methämoglobinbildner, der allerdings durch rasche Rückbildung ein Gleichgewicht bei ca. 10% bewirkt
Ultima ratio: Austauschtransfusion
Die Sauerstoffsättigung bei der Pulsoxymetrie zeigt selbst bei sehr hohen Methämoglobinkonzentrationen keine Werte unter 80%!!
Anämie
- Verminderung der Hb-Konzentration, des Hämatokrits oder der Erythrozytenzahl unter die Norm
Hämoglobin
Männlich:136-172 g/L Weiblich: 120-150 g/L
Erythrozytenzahl
Männlich: 4,3-5,9/pL Weiblich: 3,5-5,0/pL
Hämatokrit
Männlich: 0,39-0,49 Weiblich: 0,33-0,43
Hb und Hkt korrelieren miteinander und sind die entscheidenden Parameter für die Diagnose, Ery-Zahl korreliert nicht immer mit dem Hb und kann z.b bei einer Eisenmangelanämie sogar erhöht sein)
Einteilung:
- Anämien durch Bildungsstörung (Aplastische, Renale, Myelodysplastische, Vitamin B12 oder Folsäuremangel, Eisenmangel, Anämien bei chronischen Erkrankungen)
- > Störung der erythropoetischen Stammezelle
- > Störung der DNA-Bildung
- > Störung der Hb-Bildung
- > Störung der Erythropoetienbildung - Anämien durch gesteigerten Erythrozytenabbau
- > Defekt der Erythrozyten (Korpuskuläre hämolytische Anämien -> Kugelzell/Sichelzell/Thalassämien/Paroxysomale nächtliche Hämoglobinurie/G-6P-DH
- > Extraerythorzytäre Faktoren (Extrakorpuskuläre hämolytische Anämien -> Autoantikörper, Alloantikörper, Infektionen, Arzneimittel etc.) - Anämien durch Erythrozytenverlust
- > Blutungen - Anämien durch Verteilungsstörung
- > Hyperspleniesyndrom
Pathophysio:
- Kann nicht genügend Hämoglobin hergestellt werden , werden die ausreichend vorhandenen Erythrozyten weniger beladen → mikrozytär, hypochrom
- Können nicht genügend Zellen gebildet werden , werden die wenigen Erythrozyten stärker beladen → makrozytär, hyperchrom
- Liegen zwar ausreichend Substrate zur Bildung von Hämoglobin und Zellen vor, aber die Synthese wird nicht initiiert oder durchgeführt , zeigen sich meist zu wenig “normale” Erythrozyten → normozytär, normochrom
- Liegt dagegen eine Blutung vor, kann der Verlauf der Laborparameter in drei Stadien unterteilt werden
- Bei hochakutem Blutverlust sind Hb-, Hämatokrit- und Erythrozytenwerte normal, da die Konzentration im “verbleibenden” Blut zunächst gleich bleibt - eine Anämie kann laborchemisch noch nicht festgestellt werden
- Durch Einstrom von Gewebsflüssigkeit entwickelt sich anschließend auch laborchemisch eine Anämie (Verdünnung ohne Veränderung der Erythrozytenzusammensetzung) → normozytär, normochrom
- Im Verlauf (bei chronischer Blutung) kommt es meist zu einem relevanten Eisenverlust, sodass nicht genügend Hämoglobin hergestellt werden kann → mikrozytär, hypochrom
Allgemeinsymptome:
Belastungs‑)Dyspnoe, Müdigkeit
Blässe (gut an den Schleimhäuten zu erkennen)
Evtl. Tachykardie
Begünstigtes Auftreten von Angina pectoris
Diagnsotik:
Hb/Hkt/Eryzahl -> MCV/MCH
MCV/MCH erniedrigt
- > Als Nächstes Ferritin und ggfs. Transferrin etc. bestimmen, falls normal dann Frage nach Hämolysezeichen oder BSG/CRP erhöht für die anderen Ursachen
- > Eisenmangel, Anämie of chronic disease (aber häufiger normochrom/normozytär, Thalassämie
MCV/MCH normal
- > Als Nächstes Retikulozytenzahl bestimmen, falls erniedrigt dann EPo bestimmen (Renale Anämie) und anderen Zellreihen (Aplastische Anämie); falls normal oder erhöht dann Frag nach Hämolysezeichen (Hämolytische Anämie ja Zeichen oder Blutung keine Zeichen )
- > Anämie of chronic disease, Akute Blutung, Hämolytische Anämie (+Hämolysezeichen), Renale Anämie, Aplastische Anämie
MCV/MCH erhöht -> Vitamin B12-Mängel/Folsäuremangel, Myelodysplastisches Syndrom
Eisenmangelanämie (Epi/Ätiologie/Einteilung/Pathophysio)
- Eisenmangel ist weltweit die häufigste Mangelerkrankung des Menschen. Die Ursachen für den Mangelzustand können sehr unterschiedlich sein, wobei verstärkte Menstruationsblutungen und Mangelernährung die häufigsten Gründe darstellen. Da die Resorption von Eisen im Darm im Mangelzustand nur minimal gesteigert werden kann, ist auch nach Diagnosestellung ein chronischer langwieriger Verlauf nicht selten.
- Differentialdiagnostisch ist die Bestimmung von Ferritin entscheidend, da ein vermindertes Ferritin praktisch beweisend für einen Eisenmangel ist. Ein erhöhtes Ferritin schließt aber eine Eisenmangelanämie nicht aus, da es als Akute-Phase-Protein bei Entzündungsprozessen erhöht sein kann und einen Mangel dadurch kaschiert.
Definition:
- Eisenmangel: Verminderung des Gesamtkörpereisens
- Eisendefizitäre Erythropoese (funktioneller Eisenmangel): Minderversorgung der Erythrozytenvorläufer im Knochenmark bei noch normwertigen Hämoglobinwerten
- Eisenmangelanämie: Anämie aufgrund eines verminderten Gesamtkörpereisens
Epidemiologie:
Geschlecht: ♀ > ♂ (5:1)
Häufigste Anämieform (80%)
Prävalenz bei Frauen im gebärfähigen Alter: 20%
Zwei Milliarden(!) Menschen weltweit
Ätiologie:
- Mangelhafte Eisenaufnahme
1. Mangelhafte Zufuhr: Mangelernährung oder vegane bzw. vegetarische Ernährungsweise ohne ausreichende Zufuhr eisenhaltiger Lebensmittel
2. Mangelnde Resorption: - Bei Achlorhydrie: Bspw. nach Magenresektion, bei atrophischer Gastritis, nach Vagotomie, ggf. auch durch fortwährende und hochdosierte PPI-Therapie
- Bei Ausschaltung oder Umgehung des Jejunums: Nach Y-Roux-Rekonstruktionen bzw. Billroth-II-Operation
- Bei Malabsorptionssyndromen: Insb. bei Morbus Crohn und Zöliakie
3. Physiologisch erhöhter Eisenbedarf
Schwangerschaft und Stillzeit - Eisenverluste durch Blutungen (80% d. Fälle)
Weibliches Geschlecht: Menstruation, Hypermenorrhö und Menorrhagie
Gastrointestinale Blutungen: Bspw. bei gastroduodenaler Ulkuskrankheit (Risikofaktor NSAR), Kolonkarzinom, Refluxösophagitis, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Maligne Erkrankungen: Bspw. Urothelkarzinom, Kolonkarzinom
Häufiges Blutspenden
Hämodialyse
Hämorrhagische Diathesen - Eisenverwertungsstörung (Anämie des chronisch Kranken)
Insb. bei komplexeren Formen der Eisenmangelanämie spielen Hepcidin-vermittelte Prozesse eine Rolle, die durch eine Verwertungsstörung des Speichereisens bzw. eine gehemmte Eisenresorption charakterisiert sind.
Hepcidin (hemmt die Eisenresorption im Darm und Freisetzung des Eisen aus dem RES): Akute-Phase-Protein, das vermehrt bei chronischen Entzündung- und Erkrankungszuständen freigesetzt wird
Chronisch-entzündliche Erkrankungen: z.B. rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn
Chronische Herzinsuffizienz
Chronische Niereninsuffizienz
Malignome, insb. im Verlauf onkologischer Therapien
Neben einer Eisenbilanzstörung spielen insb. bei chronisch Kranken Eisenverwertungsstörungen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Eisenmangelanämien!!!
Generelles zu Eisen:
Täglicher Eisenverlust -> Mann (1mg), Menstruierende Frau (2mg), Schwangere (3mg)
Eisenmenge -> Mann 50mg/kg, Frau 35mg/kg
Eiteilung des Eisen -> Hämeisen (70%), Depoteisen in Ferritin (18%), Funktionseisen (12%), Transporteisen in Transferrin (0,1%)
Ferritin ist ein Akute-Phase Protein und falls erniedrigt beweisend für eine Eisenmangelanämie, kann aber bei Entzündung/Tumor etc mit zusätzlicher Eisenmangelanämie auch normal oder erhöht sein !!! Deshalb schließt ein normales Ferritin eine Eisenmangelanämie. Ich aus !!!
Pathophysio:
- Enterale Eisenaufnahme
Eisen kommt sowohl zweiwertig (Fe2+) als auch dreiwertig (Fe3+) vor
Resorption fast ausschließlich in Form von zweiwertigem Eisen (Fe2+)
Gleichzeitige orale Aufnahme von Vitamin C (Antioxidans) → Fe2+-Resorption↑ -> Milch vermindert Eisenaufnahme !
Ein Großteil des oral aufgenommen Eisens wird daher unverändert über den Stuhl ausgeschieden - Regulation des Eisenhaushaltes
Vornehmlich über die Menge der Eisenresorption
Regulatorprotein: Hepcidin -> vermindert die Eisenresoprtion und Eisenfreisetzung aus Leber (erhöht bei Chronischen Erkrankungen !) - Eisenresorption
Bei gefüllten Eisenspeichern: Resorption von 5–10%
Bei Eisenmangel: Resorptionssteigerung nur auf 20–30% möglich
Eisenmangelanämie
Verminderte Hämoglobinsynthese → Abnahme der Werte von Hämoglobinkonzentration, MCH, MCV , Hämatokrit und im Verlauf auch Abnahme der Erythrozytenzahlen → Mikrozytäre, hypochrome Anämie
Eisenmangelanämie (Klinik/Diagnostik/Therapie)
Klinik: Symptome eines Eisenmangels vor Anämie werden als Sideropenie oder latenter Eisenmangel bezeichnet
- Spezifische Symptome der Eisenmangelanämie
- Mundwinkelrhagaden (DD:Infektionen,Irritation)
- Rezidivierende Aphten der Mundschleimhaut
- Plummer-Vinson-Syndrom: Atrophie der Mundschleimhaut (auch Pharynx und Ösophagus) mit brennender Zunge und Dysphagie
- Nagel- und Haarveränderungen: Koilonychie (Hohlnägel), Nagelbrüchigkeit und Haarausfall
Kognitive Defizite und Konzentrationsstörungen
Schlafstörungen, ggf. Restless-Legs-Syndrom - Allgemeine Symptome der Anämie: Bei Auftreten einer manifesten Eisenmangelanämie
- Blässe der Haut (unsicher) und Schleimhäute (sicherer)
- Schnellere Ermüdbarkeit bzw. abnehmende Leistungsfähigkeit, Verschlechterung einer Herzinsuffizienz
- Belastungsdyspnoe
- Tachykardie um den Sauerstoffmangel zu kompensieren
Diagnostik:
Labor:
- Mikrozytäre, hypochrome Anämie: Hämoglobin↓, MCV↓, MCH↓
- Ferritin↓
Differentialdiagnostisch entscheidender Parameter: Korreliert bei ansonsten gesunden Patienten mit dem Speichereisen(!)
Deutlich sensitiver als das Serumeisen
Erlaubt eine Unterscheidung zwischen einer Eisenmangelanämie (Ferritin↓) und einer Anämie des chronisch Kranken (Ferritin↑)!
Bei gleichzeitiger chronischer Entzündung und Eisenmangelanämie kann Ferritin als Akute-Phase-Protein erhöht sein und den Eisenmangel kaschieren → Bestimmung des Parameters löslicher Transferrinrezeptor (sTfR) welcher unabhängig von Entzündungsprozessen ist ! (Nimmt den Transferrineisenkomplex über die Zellmembran in den Erythroblast im KM auf)
- Transferrinsättigung↓: Gibt an, wieviel Prozent des Transferrins im Serum mit Eisen beladen sind, bei Eisenmangel entspr. erniedrigt
CAVE: Die Transferrin-Konzentration ist bei Eisenmangel erhöht!
- sTfR↑ (löslicher Transferrinrezeptor)
Bruchstück des zellulären Transferrinrezeptors, der bei Unterversorgung der Zellen mit Eisen vermehrt exprimiert wird
sTfR-Ferritin-Index: sTfR [mg/L] / log Ferritin [μg/L]
Erhöht die Sensitivität und Spezifität des Parameters
Retikulozytenzahl↓ (Eine reaktiv gesteigerte Erythropoese bleibt aus, da Eisen als Substrat für die Hämoglobinsynthese fehlt)
Retikulozytenhämoglobin
Blutausstrich: Poikilozytose, Anisozytose, Anulozyten
Im Anfangsstadium einer Eisenmangelanämie können die Erythrozytenzahlen noch normwertig sein!
Eine Erhöhung des Ferritins schließt eine Eisenmangelanämie nicht aus. Bei gleichzeitiger chronischer Entzündung kann der Parameter erhöht sein!
Das Serumeisen ist ein wenig spezifischer Marker und unterliegt zirkadianen Schwankungen. Seine Bestimmung ist in der Diagnostik der Eisenmangelanämie obsolet!
Eine Ferritin-Erniedrigung bei erniedrigter Hämoglobinkonzentration ist für eine Eisenmangelanämie praktisch beweisend!
Therapie:
Abklärung der Ursache des Eisenverlustes
- Anamnese, Regelblutunganamnese bei Frauen, Ernährung, Operationen, Vorerkrankungen, Blutungseriegnisse, DRU, ggfs ÖGD, Koloskopie, Urinstix, Stuhltest nach Blut, Medikaemneteneinnahme ?, Hämolysezeichen/labor
Indikationen zur Eisensubstitution:
Jeder gesicherte Eisenmangel (Ferritin↓, Transferrinsättigung↓, sTfR↑, Retikulozyten-Hämoglobin↓)
- Eisensubstitution per os
- Zweiwertiges Eisen (Fe2+) als Tabletten, Kapseln oder Tropfen zubereitet
- Durchführung: 100mg verteilt auf 2 Tagesdosen
Nüchterneinnahme oder Einnahme mit ausreichendem Abstand zur Mahlzeit empfohlen (größere Bioverfügbarkeit)
- Nebenwirkungen:
Gastrointestinale Beschwerden, insb. Bauchschmerzen und Übelkeit
Obstipation oder Diarrhoen (seltener), Schwarzfärbung des Stuhls
- Wechselwirkungen: Verringerte Resorption bei gleichzeitiger Einnahme Bestimmter Nahrungsmittel, z.B. Kaffee, Tee, Milch, bestimmte Gemüse und Getreideprodukte, Medikamente, insb. Antazida, PPI !!! , Tetrazykline u.a.
- Dauer der Einnahme: Nach Normalisierung des Hb-Wertes Fortführung der Einnahme für 3–6 Monate (zum Auffüllen des Eisenspeichers ) - Parenterale Eisensubstitution
- Dreiwertiges Eisen (Fe3+)
- Indikation zur parenteralen Therapie bei
Unverträglichkeit oder Ablehnung oraler Eisenpräparate, Eisenresorptionsstörung, Insuffizienz der Substitution p.o.
Vorliegen einer chronischen bzw. entzündlichen Erkrankung mit Anämie des chronisch Kranken (gestörte Resorption!)
EPO-Gabe bei Tumoranämie
- Durchführung:
Als i.v. Infusion – möglichst in der am besten verträglichen Zubereitungsform Eisencarboxymaltose
- Probleme der intravenösen Eisengabe:
Bei Eisencarboxymaltose (Ferinject®) erheblich seltener, dennoch möglich -> Mögliche Nebenwirkungen (auszugsweise)
Thrombophlebitis, Flush-Symptomatik, Hypotonie, Schwindel, Übelkeit
Gefahr von Überempfindlichkeits- und anaphylaktischen Reaktionen mit tödlichem Ausgang
- Die intravenöse Eisenapplikation birgt die Gefahr einer anaphylaktischen Reaktion bis hin zum Tod!
Eisensubstitution - Therapiekontrolle und Therapieziele
Nach 2 Wochen: Bestimmung von Retikulozyten und Hb
Hämolytische Anämien (Einteilung/Pathophysio/Diagnostik)
- Alle Anämieformen, bei denen es zu einer Zerstörung oder einem verfrühten Abbau (<100Tagen) von Erythrozyten kommt, werden als hämolytische Anämien bezeichnet. Dabei muss zwischen den korpuskulären und den extrakorpuskulären hämolytischen Anämien unterschieden werden.
- wird durch gesteigerte Erythropoese der Hb-Gehalt noch aufrechterhalten spricht man von kompensierter Hämolyse
Pathophysio:
- Normalerweiße werden Erythrozyten nach ca. 120 Tagen physiologische in hauptsächlich der Milz (Teil des retikulohistozytärem System) abgebaut -> wenn zunehmend pathologische Hämolyse stattfindet wird das RHS ausgeschöpft und die Erythrozyten werden dann auch in Leber und Knochenmark abgebaut und schließlich intravasale Hämolyse ! Hier wird dann Hämoglobin an Haptoglobin im Blut gebunden -> daher ist es bei intravasaler Hämolyse erniedrigt (empfindlichster Parameter !) -> ist Haptoglobinkapazität erschöpft tritt freies Hb im Blut auf und wird durch Hämopexin zum RHS transportiert
- freies Hämoglobin bei Hämolytische Krisen färbt das Blut gelbrötlich, brauner Urin durch die Hämoglobinurie und reduziert die NO-Verfügbarkeit -> Dysregulation der glattem Muskulatur (Dysphagie, abdominelle Beschwerden, erektile Dysfunktion, Vasokonstriktion, pulmonale Hypertonie
- erst bei sehr starker extravasaler Hämolyse (Hämolytische Krise) wenn das RHS erschöpft ist und intravasale Hämolyse beginnt fällt das Haptoglobin ab, ansonsten normale Haptoglobinwerte !
Bei den korpuskulären hämolytischen Anämien führen veränderte Hämoglobinmoleküle, Membran- oder Enzymdefekte zu einem verfrühten Erythrozytenabbau und in hämolytischen Krisen zu einer Zerstörung der Erythrozyten.
Bei den extrakorpuskulären hämolytischen Anämien bewirken Mikroangiopathien (HUS/TTP), mechanische Schädigungen (Mech. Herzklappen) , Infektionen oder gegen Erythrozyten gerichtete Antikörper, die mit verschiedenen Krankheitsbildern assoziiert sein können, eine Hämolyse.
Diagnostik:
- Hämolysezeichen
1. Haptoglobin↓: - Es wird nur das freie ungebundene Haptoglobin gemessen; dieser empfindliche Parameter ist bei intravasaler Hämolyse erniedrigt, weil Haptoglobin frei gewordenes Hämoglobin bindet
- Die Erniedrigung tritt i.d.R. nur bei intravasaler Hämolyse auf!
- Erkrankungen, bei denen die Anämie auf einem Abbau der Erythrozyten in der Milz beruht (extravasale Hämolyse), gehen nur bei hämolytischen Krisen mit einer Erniedrigung des Haptoglobins einher
Extravasale Hämolyse: Überwiegend immunhämolytische Anämien, einige korpuskuläre Anämien wie Thalassämie, Kugelzell/Sichelzell
Intravasale Hämolyse: Mikroangiopathische hämolytische Anämien wie HUS, TTP, einige korpuskuläre Anämien wie G-6-PD-Mangel, PNH
- CAVE! Erhöhte bzw. “falsch-normale” Haptoglobinwerte bei Vorliegen einer Entzündungsreaktion da dies ein Akute-Phase-Protein ist.
2. LDH↑: Unspezifischer Parameter, der einen erhöhten Zelluntergang (wie z.B. bei der Hämolyse) widerspiegelt
- Indirektes Bilirubin↑: Das bei der Hämolyse frei werdende Hämoglobin wird zu (indirektem) Bilirubin abgebaut, welches in der Leber (zu direktem Bilirubin) konjugiert werden muss
Durch die erhöhten Spiegel kann es zum hämolytischen Ikterus kommen - Urobilinogenurie -> Das bei einer Hämolyse vermehrt anfallende Bilirubin kann zwar oftmals nicht ausreichend, aber trotzdem in größerem Umfang verstoffwechselt und über die Gallenflüssigkeit in den Darm geleitet werden. Hier wird aus Bilirubin durch die Darmbakterien Urobilinogen gebildet, das zu einem gewissen Prozentsatz wieder in den Portalkreislauf aufgenommen wird (enterohepatischer Kreislauf) und aufgrund seiner Wasserlöslichkeit in den Urin gelangt. Durch diese Vorgänge findet sich bei einer Hämolyse i.d.R. vermehrt Urobilinogen im Urin, das allerdings anders als Bilirubin oder Hämoglobin kaum zu einer Dunkelfärbung des Urins führt
- Retikulozyten↑: Unreife Erythrozyten, die aufgrund einer kompensatorischen Erythropoese reaktiv vermehrt im Blut zu finden sind
- Ggf. freies Hämoglobin↑
Brauner Urin aufgrund einer Hämoglobinurie (bei sehr starker intravasaler Hämolyse wenn die Kapazität der Bindungsproteine ausgeschöpft ist !)
Hämolytische Anämie (Blutausstrich)
Diagnostik bei extrakorpuskulären Anämien:
- Coombs-Test
Der Coombs-Test dient bei extrakorpuskulären Anämien dem Nachweis von Antikörpern (IgG und IgM) und/oder Komplementfaktoren gegen Erythrozyten. Dabei werden Antikörper gegen Humanglobuline und/oder Komplement genutzt (Coombs-Serum). - Durchführung
1. Direkter Coombs-Test: Nachweis von an Erythrozyten gebundene Antikörper und/oder Komplementfaktoren
Dem Patienten wird eine Blutprobe entnommen; diese wird gereinigt, so dass nur noch die ggf. mit Antikörpern und/oder Komplement beladenen Erythrozyten vorhanden sind
Dieser Blutprobe wird Coombs-Serum hinzugefügt, das Antikörper gegen Humanglobuline und/oder Komplementfaktoren beinhaltet
Kommt es zur Agglutination der Erythrozyten, gilt der Test als positiv
- Indirekter Coombs-Test: Nachweis von frei zirkulierenden Antikörpern und/oder Komplementfaktoren gegen Erythrozyten
Dem Patienten wird eine Serumprobe entnommen, die seine Antikörper und/oder Komplementfaktoren enthält
Serumprobe des Patienten wird zu einer Spenderblutprobe mit Erythrozyten gegeben
Antikörper aus der Serumprobe binden an die Oberfläche der Spendererythrozyten
Zu der Blutprobe wird Coombs-Serum gegeben, das Antikörper gegen Humanglobuline und/oder Komplementfaktoren beinhaltet
Kommt es zur Agglutination der Erythrozyten, gilt der Test als positiv
Korpuskuläre Hämolytische Anämien (Kugelzellanämie)
- Die Kugelzellanämie (hereditäre Sphärozytose) bezeichnet eine heterogene Gruppe genetisch bedingter Erkrankungen, die mit einer Störung des Zellskeletts der Erythrozyten einhergehen.
- Bei diesen Erkrankungen kommt es neben den allgemeinen Anämiesymptomen und Hämolysezeichen bereits im Kindesalter zu einem prähepatischen Ikterus (vermehrtes indirektes Bilirubin).
- Der vermehrte Anfall des Bilirubins kann wiederum das Auftreten von Gallensteinen zur Folge haben. Da der Abbau der veränderten Erythrozyten vor allem in der Milz stattfindet, sollte bei rezidivierenden hämolytischen Krisen eine subtotale Splenektomie überlegt werden.
Epi/Ätiologie:
- Häufigste angeborene hämolytische Anämieform in Nordeuropa (weltweit ist es die Sichelzellanämie)
- meist autosomal-dominante Veerbung mit Mutation des Ankyrin oder Spektrin
Pathophysio:
- Genetisch bedingter Defekt von Proteinen (zumeist Ankyrin) an der Innenseite der Erythrozytenmembran → verminderte Membranstabilität und Störung der Ionenpermeabikität → erhöhter Verlust von Membranbestandteilen (in Form von Mikrovesikeln) → Abnahme der Erythrozytenoberfläche im Verhältnis zum Volumen → dadurch Einnahme einer Kugelform und verminderte Verformbarkeit der Erythrozyten → erhöhter Abbau in der Milz → extravasale hämolytische Anämie und Splenomegalie
Klinik: (Leitend ist Ikterus, Splenomegalie und Gallensteine)
- Allgemeine Anämiesymptome wie Blässe, Schwäche, Tachykardie
- Hämolysezeichen
Prähepatischer (hämolytischer) Ikterus
Möglicher Subikterus der Haut
- Splenomegalie mit linksseitigen Oberbauchschmerzen
- Cholezystolithiasis mit erhöhtem Risiko einer Choledocholithiasis
Schmerzen, posthepatischer Ikterus
- Typisch ist das Auftreten aller Symptome bereits im Kindesalter!!!
Diagnostik:
- Familienanamnese: Erhöhte Bilirubinwerte und die damit einhergehenden Krankheitsbilder (z.B. Choledocholithiasis) bei Verwandten 1.Grades
- Labordiagnostik:
Anämie (Hämoglobin↓, MCH normal aber MCV oft erniedrigt )
MCHC oftmals erhöht
Retikulozyten↑
Hämolysezeichen (LDH und indirektes Bilirubin erhöht) (Haptoglobin in Hämolytischer Krise erniedrigt)
Verminderte osmotische Resistenz der Erythrozyten (wichtiger Diagnostisches Kriterium)
- EMA-Test: Verminderte Bindung des Farbstoffes Eosin-5-Maleimid an die Erythrozytenmembran (hohe Sensitivität und Spezifität)
- Blutausstrich:
Nachweis der charakteristischen Kugelzellen
Ggf. Anisozytose -> erhöhte Größenverteilungsbreite der Erythrozyten
- Sonographie: Splenomegalie, Gallensteine
- Bei gemeinsamen Auftreten von Gallensteinen und einer Splenomegalie sollte an eine Sphärozytose gedacht werden!
Komplikationen:
- Hämolytische Krise vor allem bei Infekten
- Aplastische Krise nach Parvovirus B19-Infektion (Ringelröteln)
- Megaloblastäre Krise bei Folsäure- und Vitamin-B12-Mangel
Therapie:
- Subtotale Splenektomie indiziert bei rezidivierenden hämolytischen Krisen -> dadurch normalisiert sich die verkürzte Lebenszeit der Erys, wobei der Membrandefekt noch weiterhin bestehen bleibt.
Aufgrund des lebenslang erhöhten Risikos einer schweren Sepsis und der zunehmenden Antibiotika-Resistenz von Pneumokokken nach einer vollständigen Milzentfernung wird laut Leitlinien die subtotale Milzresektion bevorzugt. Hierbei wird ein Milzrestgewebe von ca. 10 ml belassen. Sollte nicht bei Kindern <5Jahren gemachte werden da hohe Sepsisgefahr.
- Vor Splenektomie Milzszinitgraphie um mögliche Nebenmilz zu erfassen und Imfpung gegen Pneumokokken und Menigokokken sowie Haemophilus influenzae
Korpuskuläre Hämolytische Anämie (Sichelzellanämie)
Epi:
- Verbreitung: Weltweit ist die Sichelzellanämie die häufigste korpuskuläre Anämieform. Eine Häufung findet sich wahrscheinlich aufgrund des Selektionsvorteils bei Malaria insbesondere in Afrika.
Deutschland: Betroffene sind zumeist Migranten aus Afrika und dem östlichen Mittelmeerraum
Ätiologie:
- Autosomal-rezessiv mit Punktmutation und Austausch von Glutaminsäure durch Valin mit Folge einer anomalen Hämoglobins
Pathophysio:
- Die Punktmutation (Glutamat → Valin) führt zu defekten β-Ketten des Hämoglobins, wodurch veränderte Hämoglobinmoleküle (HbS) entstehen
- Bei heterozygoten Trägern verändern diese HbS-Hämoglobinmoleküle nur unter starkem Sauerstoffmangel ihre Struktur → Erythrozyten gehen in ihre charakteristische Sichelform über
- Bei homozygoten Trägern sind bis zu 100% der Hämoglobinmoleküle verändert und es reichen bereits minimale Sauerstoffveränderungen aus
-> Reaktiv wird fetales Hämoglobin gebildet (HbF) → Hämoglobinmoleküle bestehen zu 20% aus HbF und zu 80% aus HbS
Sichelzellen sind unelastisch und führen über Mikrozirkulationsstörungen zu Organinfarkten
- Nach Umwandlung in die Sichelzellform hämolysieren die Erythrozyten in den Kapillaren und der Milz (Extravasale Hämolyse)
Klinik:
- Homozygote Träger
Bereits im Kindesalter im 2.LM nach Umstellung des HbF zum Adulten Hänoglobin kommt es zu hämolytischen Krisen und durch die Mikrozirkulationsstörungen zu Organinfarkten (zerebrale Insulte, Koncheninfarkte etc.)
Bei geringem Sauerstoffmangel: Hämolytische Krise
- Heterozygote Träger (“Überträgerstatus”)
Meist asymptomatisch
Symptome bzw. Komplikationen können aber in Einzelfällen bei extremen körperlichen Ausnahmesituationen und unter Hypoxiesituationen und Infekten auftreten
Diagnostik:
- Sichelzelltest: Nachweis von Sichelzellen im Blutausstrich unter Luftabschluss -> Durch den Luftabschluss (min. 24h) kann die Formveränderung der Erythrozyten erreicht werden
- Hämoglobinelektrophorese oder HPLC : Nachweis der veränderten Hämoglobinmoleküle
- Blutausstrich:
Sichelzellen (Drepanozyten): Erythrozyten, die unter Sauerstoffmangel in eine dysmorphe sichelförmige Form übergehen
Schießscheibenzellen (Target-cells): Erythrozyten mit deutlicher zentraler Rotfärbung (Auch bei Thalassämie)
Differentialdiagnosen: Andere hämolytische Anämien
Komplikationen:
- Organschäden & erhöhte Infektanfälligkeit
Durch die Sichelzellform der Erythrozyten kann es bei homozygoten Trägern zu disseminierten Gefäßverschlüssen mit potentiell lebensbedrohlichen Organinfarkten kommen. Heterozygote Träger hingegen sind meist asymptomatisch und es kommt nur in seltenen Fällen zu Komplikationen.
- Aplastische Krise nach Parvovirus B19-Infektion (Ringelröteln)
Milz: Funktionelle Asplenie durch multiple Milzinfarkte
Niere: Chronische Glomerulonephritis
Knochen: Aseptische Nekrosen
ZNS: Ischämischer Schlaganfall (häufig stumm)
Knochenmark: Insuffizienz → Panzytopenie
Aufgrund der multiplen Infarkte ist die Milz bei der Sichelzellanämie häufig nicht vergrößert, sondern verkleinert!
Therapie:
- Symptomatisch: Vermeidung von Sauerstoffmangelzuständen, adäquate Therapie bei hämolytischen Krisen (Intensivmedizinische Betreuung, Flüssigkeits- und Transfusionstherapie)
Schutz vor Infekten -> Penicillinprophylaxe ab dem 3.LM-mind. 5.LJ (Herold)
Bei schweren Fällen -> Hydroxycarbamidtherapie (senkt Mortalität stark)
- Kausal: Allogene Stammzelltransplantation
Indikation: Homozygote Betroffene (aktuell nur bei Geschwisterspendern und sehr schweren Fällen empfohlen)
Prognose:
Bei Homozygoten verstirbt ein kleiner Teil früh im Kindesalter durch Infekte etc., die meisten haben eine Lebenserwartung von bis zu 60 Jahren
Vorteile:
- Träger des Sichelzellanämie-Allels erkranken seltener an Malaria. Die genauen Ursachen dafür sind noch nicht bekannt. Die Plasmodien können sich aber in den Erythrozyten nicht ausreichend vermehren, um eine Malariaerkrankung zu verursachen.
Korpuskuläre Hämolytische Anämie (Thalassämie)
- Thalassämien bilden eine heterogene Gruppe genetisch bedingter Erkrankungen, bei denen aufgrund einer Störung der Synthese der Globinketten defekte Hämoglobine entstehen.
- Quantitative nicht qualitative Störung der Hämoglobinsynthese
- Bei der in Europa vorherrschenden β-Thalassämie ist die Produktion der β-Ketten des Hämoglobins gestört.
- Klinisch wird die heterozygote Minorform (kaum Hämolysen) von der homozygoten Majorform unterschieden. Diese geht bereits im Kindesalter mit schweren transfusionsbedürftigen Anämien (mit sekundärer Eisenüberladung) und Wachstumsstörungen einher.
- Durch die insuffiziente Erythropoese kommt es zu extramedullärer Blutbildung, die sich unter anderem röntgenologisch als Bürstenschädel präsentieren kann.
- Therapeutisch ist die Eisenüberladung bei wiederholten Transfusionen zu bedenken und mit Eisenchelatbildnern (z.B. Deferoxamin) zu behandeln.
Epi: β-Thalassämie: Häufigste Form der Thalassämien Verbreitung: Vor allem im Mittelmeerraum α-Thalassämie Verbreitung: Vor allem in Südostasien
Pathphysio/Klinik:
- beim Erwachsenen besteht 97% des Hämoglobins aus HbA (zwei Alpha und zwei Beta Ketten)
Alpha-Thalassämie
- bei der alpha-Thalassämie kommt es zur verminderten a-Kettenproduktion durch partielle oder totale Deletion eines oder mehrerer der 4 a-Globin-Gene, es gibt 4 Genkopien und daher vier verschiedene Krankheitsformen
-> 3 Kopien intakt (Minima) -> Klinisch und hämatologisch unauffällig
-> 2 Kopien intakt (Minor) -> Klinisch unauffällig, evtl leichte Anämie
-> 1 Kopie intakt (Major) -> Hämolytische Anämie mit Splenomegalie, Sekundäre Eisenüberladung durch Transfusionen
-> Alle defekt -> nicht lebensfähig
Vermehrte Bildung von instabilen HbH-Zellen aus vier Beta-Ketten !!!
Beta-Thalassämie
- > 250 bekannte Mutationen des b-Globin-Gens mit mangelhafter oder fehlender Produktion der B-Globinketten
-> Minorform (Heterozygotie)
Unaufällig: Kaum Hämolysen, nur selten Splenomegalie, Hypochrome, mikrozytäre Anämie möglich
-> Majorform (Homozygotie)
Schwere transfusionsbedürftige extravasale hämolytische Anämie (hypochrom,mikrozytär) → sekundäre Eisenüberladung (transfusionsbedingt)
Wachstumsstörungen
Gesteigerte Erythropoese mit extramedullärer Blutbildung
Hepatosplenomegalie bereits im Kindesalter
Skelettveränderungen (Bürstenschädel, Facies thalassaemica)
Hämolytischer Ikterus
- Vermehrte Prdouktion von fetalem Hämoglobin ohne Beta-Ketten und HbA2 (auch ohne Beta-Ketten)
Diagnostik:
- Hämoglobinanalyse:
Quantitative Veränderungen der verschiedenen Hämoglobine
-> Erhöhtes HbH spricht für A-Thalassämie, erhöhtes HbA2 und HbF für B-Thalassämie - Blutuntersuchung:
Hypo- bis normochrome Anämie, Hämolysezeichen (Haptoglobin↓ bei akuter hämolytischer Krise, LDH↑, Indirektes Bilirubin↑, Retikulozyten↑)
Targetzellen im Blutausstrich
Knochenmark: Reaktive Hyperplasie
Diagnosesicherung durch Hb-Elektrophorese: Nachweis von vermehrten γ- und δ-Globinketten - Radiologie:
Skelettveränderungen durch erythropoetische Hyperplasie mit Erweiterung der Markräume, die zu charakteristischen Veränderungen des Schädels und des Gesichts führen
Bürstenschädel
Hohe Stirn, Prominenz von Jochbein und Oberkiefer → Facies thalassaemica
Therapie:
- Minorformen
Die Minorformen bedürfen in der Regel keiner Therapie.
- Majorformen
Kurativ: Allogene Stammzelltherapie bisher nur im Kidesalter empfohlen
Symptomatisch: Transfusion mit Erythrozytenkonzentraten (alle 3 Wochen)
Indikation: Hb<8 g/dl oder klinisch ausgeprägte Symptome
Sekundäre Eisenüberladung: Eisenchelatbildner (z.B. Deferoxamin) ab Serumferritin-Konzentrationen von mehr als 1000μg/l um eine Kardiomyopathie z.b vorzubeugen !
Prognose:
Majorform mit Stammzelltransplantation im Kindesalter (Heilung >90%) Ohne Transplantation unter optimaler Therapie (Mittlere Lebensdauer > 40Jahre) .
Korpuskuläre Hämolytische Anämie (Paroxysomale nächtliche Hämoglobinurie)
- Kurzbeschreibung: Erworbene Monoklonale Störung der hämatopoetischen Stammzellen aller Zellreihen mit Beeinträchtigung der Membranstabilität
Epi: <1:100.000/Jahr
Ätiologie: Seltene erworbene Mutation auf dem X-Chromosom → Veränderter GPI-Anker → Weniger oder fehlende Oberflächenproteine → Vorzeitige Komplement-vermittelte Hämolyse der Erythrozyten
Klinik: Die Klinik tritt bei ca. 30% der Patienten nachts und plötzlich auf; dieser Umstand war namensgebend für die Störung
- Hämolytische Krisen, ggf. mit braunem Urin durch Hämoglobinurie
- Thromboembolien (Das freigesetzte Hämoglobin bindet vermehrt NO, das so nicht mehr vasodilatativ wirksam sein kann. In der Folge kommt es zu einer vermehrten Vasokonstriktion sowie zu einer Förderung der Thrombozytenaggregation. Außerdem bewirken die Erythrozytenfragmente eine Aktivierung der Thrombozyten)
- Vasokonstriktion: Kopfschmerzen, Hypertonie
- Panzytopenie: Infekte, Blutungen, Anämie
Diagnostik:
Hämolysezeichen (intravasale Hämolyse -> Haptoglobin erniedrigt, LDH erhöht, indirektes Bilirubin erhöht)
Differentialblutbild für Nachweis der Panzytopenie
Hämoglobinurie
Coombs-Test: Negativ
Durchflusszytometrie: Nachweis der gestörten Expression des GPI-Ankers
Ausschluss von thrombembolien mittels Sono, Thrombophiliescreening
Therapie:
- Eculizumab: Anti-C5-Antikörper -> Bei gestörtem GPI-Anker wird die Hämolyse über die Aktivierung von C5–C9 des Komplementsystems forciert. Eculizumab bindet an C5 und hemmt dadurch die komplementvermittelte Hämolyse
- Allogene Stammzelltransplantation als einzige kurative Therapiemöglichkeit nur bi schweren Fällen
- Antikoagulation mit Cumarinen oder Heparinen
- Therapie der Hämolytische Krisen mit Volumengabe, Glucos, Transfusionen von Erys und Thrombose, Infektionsprophylaxe und Eculizumab
Komplikationen:
Übergang in ein Myelodysplastisches Syndrom oder in eine aplastische Anämie
Komplikationen der Vasokonstriktion und der Thrombembolien (Niereninsuffizienz, Infarkte, etc.)
Korpuskuläre Hämolytische Anämie ( Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel=Favismus)
- Der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel (G6PD-Mangel) ist der weltweit häufigste Enzymdefekt.
- Durch den X-chromosomal vererbten Defekt besteht eine Prädisposition für eine Schädigung der Erythrozytenmembran durch reaktive Sauerstoffspezies. Träger des mutierten Allels haben ein geringeres Risiko an Malaria zu erkranken, was im Sinne eines Selektionsvorteils zur weiten Verbreitung mutierter Allele beigetragen hat.
- In den meisten Fällen sind die Betroffenen lebenslang asymptomatisch. Erhöhter oxidativer Stress, etwa durch den Konsum von Saubohnen (das resultierende Krankheitsbild wird historisch dann als Favismus bezeichnet, der Begriff wird gelegentlich allerdings auch für Folgezustände des G6PD-Mangels aus anderer Ursache verwendet) oder die Einnahme verschiedener Medikamente, kann jedoch zu hämolytischen Krisen führen.
- Eine kausale Therapie existiert nicht. Auslösende Substanzen sollten von Betroffenen gemieden werden.
Epi:
- Verbreitung: Insb. Bewohner Afrikas, des Nahen Ostens und Südasiens betroffen, durch Migration in anderen Teilen der Welt zunehmend
- Merkmalsträger: Über 400 Millionen Menschen
Ätiologie:
X-chromosomal-rezessive Erbkrankheit mit Mutation im für die Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase kodierenden Gen (über 240 daher sehr heterogene Krankheitssymptomatik mit unterschiedlicher Restwirkung des Gens
- Genotyp
Hemizygote Männer: Hauptsächlich betroffen
Heterozygote Frauen: In der Regel nicht oder kaum betroffen
Homozygote Frauen: Selten
Pathophysio:
- Das Peptid Glutathion schützt die Erythrozytenmembran vor oxidativem Stress durch reaktive Sauerstoffspezies, indem es selbst oxidiert wird. Anschließend ist eine Regeneration (Reduktion) durch das Enzym Glutathionreduktase notwendig, welches NADPH+H+ benötigt. Dieses NADPH+H+ entsteht im Hexosemonophosphatweg u.a. durch die Oxidation von Glucose-6-Phosphat (Enzym: Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase) . Bei Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel kann erhöhter oxidativer Stress (z.B. durch Saubohnen oder Medikamente) zur unzureichenden Bildung von NADPH+H+ und damit zu einem Versagen des Glutathion-Systems führen. Reaktive Sauerstoffspezies schädigen die Erythrozyten-Membran, es kommt zur Hämolyse.
Risikofaktoren für erhöhten oxidativen Stress
Ernährung: Bohnen, insb. Saubohnen (Favabohnen), Erbsen
Medikamente: U.a. Anti-Malariamedikamente (Dapson, Primaquin), Nitrofurantoin, ASS, Sulfonamide etc.
Immunaktivität: Bakterielle und virale Infekte
Klinik:
Großteil der Betroffenen: Lebenslang asymptomatisch
Manifestationsformen:
Neugeborenenikterus
Akute hämolytische Anämie: Meist 1–3 Tage nach Konsum von relevanten Lebensmitteln oder Medikamenten (siehe Risikofaktoren für erhöhten oxidativen Stress)
Abgeschlagenheit, Anämie, Ikterus
Diagnostik:
- Hinweisend auf die Diagnose ist die Anamnese, zur Bestätigung wird die reduzierte Enzymaktivität spektrophotometrisch nachgewiesen.
- Anämiediagnostik
Großes Blutbild: Meist normochrome und normozytäre Anämie, ggf. Retikulozytose (im Verlauf)
Blutausstrich: Heinz’sche Innenkörper (DD: Methämoglobinämie)
Hämolysezeichen (LDH↑, indirektes Bilirubin↑, Haptoglobin↓)
Spektrophotometrische Messung der Enzymaktivität: pathologisch: Verminderte Aktivität <60 % (Diagnosebestätigung) !!!
Selektionsvorteil in Malariagebieten:
Die weltweite Verbreitung von defekten G6PD-Allelen entspricht weitestgehend dem endemischen Auftreten von Malaria . Wie bei der Sichelzellanämie erkranken auch Betroffene eines Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangels seltener an Malaria. Die Plasmodien sind von dem erhöhten oxidativen Stress ebenso betroffen wie die Erythrozyten, sodass deren intraerythrozytäre Vermehrung beeinträchtigt ist.
Therapie:
Keine kausale Therapie
Meidung auslösender Substanzen
Bei schweren hämolytischen Krisen ggf. intensivmedizinische Behandlung notwendig
Korpuskuläre Hämolytische Anämie (Pyruvatkinasemangel)
- Kurzbeschreibung: Autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung mit einer Störung der Pyruvatkinaseaktivität der Erythrozyten, die zu einer chronischen hämolytischen Anämie führt, der reife Erythrozyt hat keine Mitochondrien -> Energiequelle daher Glykolyse
Klinik: Im Gegensatz zum G6PD-Mangel zeigt sich bei der Mehrzahl der Patienten mit Pyruvatkinasemangel eine klinisch manifeste hämolytische Anämie mit typischen Symptomen
Splenomegalie, Ikterus, Blässe
Diagnose:
- Hämolysezeichen
- Messung der Enzymaktivität
- Nachweis der PKLR-Genmutation
- Akantozyten im Blutausstrich
Therapie:
Transfusionen
Evtl. Splenektomie
Allogene Stammzelltransplantation
Extrakorpuskuläre Anämie (Autoimmunolytische Anämie)
- Autoantikörper können in der Blutserologie in Hämolysine (Zellauflösung) und Agglutinine (Zellverklumpung) aufgeteilt werden
- Allergische Typ-II Reaktion (zytotoxischer Typ)
- Erythrozytenantikörper
- > IgM-Ak können aufgrund ihrer Größe den Abstand zwischen zwei Erythrozyten überbrücken und sind deshalb komplette Antikörper (Kälteagglutinine)
- > IgG-Ak können den Abstand von zwei Erythrozyten nicht überbrücken und sind deshalb inkomplette Antikörper (Wärmeagglutinine)
Medikamenten-induzierte Antikörper: Bspw. durch NSAR, Penicillin oder α-Methyldopa
- Kälteantikörper (Kälteagglutinin-Syndrom) (15% der AIHA)
Definition: Kälteantikörper IgM binden bei niedrigen Temperaturen an den Akren an der Erythrozytenoberfläche und bewirken eine zusätzliche Bindung von Komplementprotein C1. Wenn diese Komplexe die wärmeren Gebiete des Körpers erreichen und IgM abkoppelt kommt es zur Hämolyse durch das verbleibende Komplement C1 !
Ätiologie: Meist Antikörper vom IgM-Typ, die eine intravasal !!!verlaufende Hämolyse verursachen
Idiopathisch oder Sekundär -> 2-3 Wochen Nach Mykoplasmen- oder EBV-Infektion, heilt dann meist spontan nach 3-4 Wochen aus
Im Rahmen eines malignen Geschehens (z.B. B-Zell-Lymphome)
Klinik:
- Anämiesyptomatik etc.
- Kälte-induzierte Akrozyanose im Rahmen eines sekundären Raynaud-Syndroms meist bei chronischen Verläufen durch v.a Malignomen
Diagnostik:
- Direkter Coombs-Test: Positiv
- Hämolysezeichen
- BSG bei Raumtemperatur massiv erhöht, bei Körpertemperatur normal
- Bestimmung des Kälteagglutinintiter bei 4Grad Celcius
Erythrozytenaggregate, Sphärozyten, Polychromasie
Kälte-induzierte Hämoglobinurie
- Evtl. Nachweis einer Infektion (EBV, Mykoplasmen)
Prognose: Eine Spontanremission innerhalb weniger Wochen ist üblich
Therapie:
- Bei ausgeprägter Anämie (Hb <6-7g/dl: Erythrozytenkonzentrate auf Körpertemperatur erwärmen und Patient warm halten
- Spezifische Therapie
Vermeidung von Kälteexposition
Ggf. Immunsuppressiva oder Chemotherapeutika: 1. Wahl Rituximab, bei fehlender Wirkung bspw. Cyclophosphamid oder Fludarabin
Ggf. Plasmapherese
Ggf. Eculizumab
Kortikosteroide und Splenektomie unwirksam da intravasale Hämolyse (Herold; Amboss sagt auch extravasale Hämolyse hier)
- Wärmeantikörper ( 70% der AIHA)
Definition: Wärmeantikörper binden bei Körpertemperatur (Temperaturoptimum: 37°C) an der Erythrozytenoberfläche und werden dann in Milz und Leber phagotiziert -> bewirken eine Extravasale Hämolyse
Ätiologie: Meist Antikörper vom IgG-Typ, die zu einer extravasalen !!!!Hämolyse durch das retikuloendotheliale System in Milz und Leber führen
- Idiopathisch (55%)
- Sekundär (45%) : Infolge eines malignen Lymphoms (NHL), eines systemischen Lupus erythematodes, Virusinfekts oder einer
Medikamentenreaktion mit Bildung von Immunkomplexen/Autoantikörper -> Pencillin, Cephalosporine etc.
Klinik:
Hämolytische Anämie wenn Erythrozytenverbrauch nicht kompensiert werden kann
Diagnostik: Direkter Coombs-Test: Positiv Hämolysezeichen BSG erhöht Ausschluss einer sekundären AIHA
Therapie:
- Auslösendes Medikament absetzen wenn dies die Ursache
- Bei ausgeprägter Anämie ab <6-7g/dl : Erythrozytenkonzentrate
- Spezifische Therapie
1. Wahl: Prednisolon -> Wirkeintritt nach 3 Tagen (80% temporäre Remission) (Dann Erhaltungstherapie notwendig)
Immunsuppressiva, z.B. Rituximab, Azathioprin, Mycophenolatmofetil oder Cyclophosphamid
Ultima Ratio: Splenektomie, Stammzelltransplantation
i.v. Immunglobuline -> bei Hämolytischen Krisen und bei Infektassozierten AIHA bei Kindern
- AIHA durch bithermische Hämolysine (Donath-Landsteinertyp)
- meist akut nach Virusinfektion im Kindesalter
- rasch eintwicklende intravasale Hämolyse mit Hb <5g/dl
- Donath-Landsteiner-Test -> Ak binden bei Kälte und bewirken Hämolyse bei Körpertemperatur
Extrakorpuskuläre Hämolytische Anämie (Alloimmunhämolytische Anämie)
- Unverträglichkeit von Spenderblutprodukten (insb. Erythrozyten, Plasma) und Empfängerblut bezüglich des AB0-Systems. Dies kann bei Transfusionen zur hämolytischen Transfusionsreaktion vom Soforttyp (v.a durch Fehltranfusionen des AB0-Systems) auftreten oder verzögerte Hämolytische Transfusionsreaktion weil die Immunisierung länger zurückliegt und der Antikörpertiter unter die Nachweisgrenze gefallen ist
Klinik:
- Fieber, Schüttelforst, Dyspnoe, Tachypnoe, RR-Abfall, Flush, Urtikaria, Übelkeit, Erbrechen, Hämoglobinurie, Ikterus
- Komplikation ist Schock und AKI
Labor:
- freies Hb im Urin und Plasma (Rotfärbung)
- Haptoglobin erniedrigt und im Verlauf auch Hämopexin, LDH und indirektes Bilirubin erhöht
Therapie:
- Transfusion sofort stoppen, venösen Zugang belassen
- > Konserve steril abklemmen und an serologische Diagnostik schicken
- Gabe von Eculizumab als C5-Antikörper zu sofortigen Komplementblockade
- Transfusionsreaktion verläuft in Narkose abgeschwächter -> Narkose fortsetzen bis Situation beherrscht
Morbus haemolyticus neonatorum (siehe Tag 29)
Aplastische Anämie
Definition: Panzytopenie bei Insuffizienz des Knochenmarks (Anämie, Thrombo- und Leukozytopenie)
Ätiologie:
Idiopathisch (in >50%)
Medikamentös/Toxisch
NSAR, Sulfonamide , Thyreostatika
Zytostatika, Benzol, ionisierende Strahlen
Parainfektiös: Parvovirus B19, Hepatitisviren, EBV
Selten angeboren (z.B. Fanconi-Anämie )
Diagnostik:
Panzytopenie, Normochrome, normozytäre Anämie, keine Hämolysezeichen
Knochemarkszytologie und aspiration -> zellarmes bis leeres KM
Viruserologie und Medikamentenanamnese
Therapie:
Allogene Stammzelltransplantation
Supportive Erythrozyten und Thrombozytensubstitutionen
Differentialdiagnosen (mit möglicher Panzytopenie)
Auf Ebene des Knochenmarks: Maligne Erkrankungen des Blutes, myelodysplastisches Syndrom, megaloblastäre Anämie
Periphere Zellzerstörung (häufig nicht alle Zellreihen betroffen): Hypersplenie-Syndrom, Autoimmunerkrankung mit Antikörperbildung, Agranulozytose
PNH, Aplasien nach Chemo und Strahlentherapie