Skript 11 Neurogene Blasenentleerungsstörungen, Harninkontinenz, Erektile Dysfunktion, Vasektomie, Akutes Skrotum Flashcards
Neurogene Blasenentleerungsstörungen
Ätiologie:
- Angeborene Fehlbildungen z.b Spina bifida
- ZNS-Erkrankungen wie Parkinson, MS, Demenz, Tumore, Traumata, vaskuläre Erkrankungen
- Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes
- Medikamente wie Antihypertonika, Psychopharmaka
- Neurogene Reflexblase: Läsion des oberen motorischen Neurons (oberhalb S2) mit typischen Symptomen
- > Detrusorhyperreflexie mit hohen Drücken in der Blase, hochdruckinduzierter Reflux uns Schädigung des oberen Harntraktes
- > geringer Blasenkapazität
- > Destrusor-Sphincter-Dyssynergie
- > Drang/Urge/Reflexinkontinenz - Areflexive, schlaffe, autonome Blase bei Läsion des unteren motorischen Neurons unterhalb S2 mit typischen Symptomen:
- > Detrusorhyporeflexie (Überlaufsitutation)
- > fehlender Harndrang und Restharnbildung bis hin zur Überlaufinkontinenz
- > späterer Schädigung des oberen Harntraktes
Diagnostik: Miktionsanamnese, Neurologischer Status, Urodynamische Verfahren zum Nachweis der Blasenentleerungsstörung mittels Uroflowmetrie, Zystometrie, Miktionszystometrie
Therapie:
Blasentraining mittels Triggern-> Beklopfen eines sensiblen Areals suprapubisch
Intermittierender Einmalkatheter
Suprapubischer Katheter
Medikamentös in Kombi mit intermittierender Einmalkatheterisierung
-> Anticholingerika oder Botulinum Toxin lokal hemmen die Destrusorhyperreflexie bei Reflexinkontinenz durch neurogene Blase und verhindern die ungewollte Miktion, dennoch muss katheterisiert werden
Operative Therapie:
- > Spinkterotomie: Inzision des M.sphincter urethrae externus bei nicht beherrschbarer Sphinkterhyperreflexie
- > Blasenaugmentation bei Schrumpfblase
- > Implantation eines sakralen Schrittmachers
- > Implantation eines artifiziellen Sphinktersystems bei nicht behrrschbarer Belastungsinkontinez, KI bei Hyperreflexie
Harninkontinenz
Formen:
- Belastungsinkontinenz v.a Frauen bei Beckenbodeninsuffizienz durch posttraumatal/partal, Descensus uteri, Zysto oder Rektozele (Stressinkontinenz) -> z.b bei Lachen, Niesen, Berg abgehen
- Dranginkontinenz (Urgeinkontinenz) v.a Männer
- > Motorische unwillkürliche Kontraktion bei Harndrang (Schlaganfall, M.Parkinson, Demenz -> Neurogene Reflexblase)
- > Sensorisch unwillkürliche Relaxation der Urethra (HWI, Konkremente oder Tumore) - Überlaufinkontinenz bei mechanischen Abflussbehinderungen (BPH, Tumore) oder bei areflexiven Blase bei Schädigung des motorischen Neurons
Klinik:
- Belastungs: ungewollter, tröpfchenweiser oder spritzartiger abgehender Harn beim Lachen, Niesen oder sogar Gehen und Liegen OHNE Harndrang
- Drang: starker Harndrang, entweder strahlartiger oder tröpfelnder Urinverlust mit Dysurie teilweise
- Überlauf: Harnträufeln mit Restharnbildung, Urin geht bei Palpation des Abdomens ab, OHNE Harndrang
- Reflex: unkontrollierbarer Harnabgang
Therapie:
- Belastung -> Beckenbodentraining, SNRI-Hemmer wie Duloxetin zur Erhöhung des Tonus des M.spincter ureathrae, Operative Verfahren
- Drang und Reflex -> Anticholinergika wie Oxybuticin, Darifenacin oder Tolterodin, Spinkterektomie oder Blasenschrittmacher
- Überlauf -> sterile Einmalkatheterismus
Erektile Dysfunktion
- chronische Erektionsstörung mit unzureichender Volumenzunahme und/oder Rigidität (Steifigkeit) des Penis, die zu subjektiv nichtzufriedenstellenden sexuellen Interaktionen führt
- Prävalenz steigt mit dem Alter
- Erektion: Parasymphatikus verantwortlich
Ursachen:
- Vaskuläre -> Atherosklerose, Insuffizienz der Penisvenen, Beckenvenenthrombose
- Metabolisch und Endokrin -> Diabetes, Testosteronmangel, Hyperprolaktinämie, Hypophyseninsuffzienz
- Neurogen -> Multiple Sklerose, M.Parkinson, PNP, Rückenmarksverletzungen (S2-S4)
- Posttraumatisch -> z.n radikaler Prostatektomie, weitere Eingriffe
- Penisdeviation, Priapismus, Phimose, Peniskarzinom, BPH
- Toxisch-Medikamentös -> Nikotin, Alkohol, Drogen, B-Blocker etc.
- Psychisch Ursachen
Diagnostik:
- Anamnese, Labor (Hormone, Blutbild, Schildrüsenhormome, Cholsterin, Blutzucker), etc.
- Nokturnale Tumeszenzmessung: Messen von spontanen nächtlichen Erektionen -> bei organischen Ursachen nicht vorhanden, bei psychischen schon
Therapie: Bei kausaler Ursache diese therapieren !
- Orale Pharmakotherapie:
Sildenafil (PDE-5-Hemmer) mit Relaxierung der glatten Schwellkörper-muskulatur -> Ansprechrate 90% !!!!
Testosteron bei Hormonmangel als Ursache
- Lokale Pharmakotherapie:
Schwellkörperautoinjektionstherapie: Injektion von Prostaglandin E1 in den Schwellkörper (Indiziert bei KI für Sildenafil)
Medical Urethral System for Erection: Applikation einer PGE1-haltigen Pellets in die Harnröhre
Vakuumtherapie: passive Blutfüllung und Erektion durch Unterdruck und anschließende Abstreifung eines Gummiringes auf die Penisbasis zur Aufrechterhaltung der Erektion
Penisimplantat: Ultima ratio mit Schwellkörperimplantaten, intraabdominellen Flüssigkeitsreservoir und skrotaler Pumpe
Ejaculatio praecox
- sexuelle Funktionsstörung die mit vorzeitigem Samenerguss verbunden ist (<1 Minute)
- Ätiologie: Weitgehend unbekannt, wobei folgende Faktoren diskutiert werden
- Organische Faktoren: Hypersensibilität des Penis, übererregbarer Reflexbogen
- Psychogene Faktoren: Angst, Probleme in der Partnerschaft, unregelmäßiger Geschlechtsverkehr
- Klinik und Diagnostik: Entscheidend sind anamnestische Angaben
Hoher Leidensdruck!
Verkürzte Ejakulationslatenzzeit - Therapie: Die Indikation hängt maßgeblich vom Leidensdruck der betroffenen Person ab
Verhaltenstherapie
Medikamentöse Therapie
Lokal: Anwendung von Lokalanästhetika
Systemisch: Dapoxetin (kurzwirksames SSRI) als Bedarfsmedikation 1-3 Stunden vor Geschlechtsverkehr
Therapie der Infertilität beim Mann
Therapie:
- Mikrochirrugische Vasovasostomie bei Verschlussazoospermie
- Varikozelensklerosierung
- Artifizielle Insemination (Einbringen des Spermiums mittels Katheter in den Uterus zum Zeitpunkt der Ovulation, Erfolgsrate:15-20%)
- In-vitro-Fertilisation (Erfolgsrate: 25-30%)
- Intrazytoplasmatische Spermieninjektion ( indiziert bei Azoospermie)
Vasektomie
- Unterbinden beider Samenleiter im Hodensack
- wird nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen
- Libido, Hormonproduktion und Erektionsfähigkeit bleiben unbeeinflusst
- Refertilisierung durch beidseitige Vasovasostomie ist möglich aber nicht absolut gewiss
Induratio penis plastica
Induratio penis plastica
Vernarbung der Tunica albuginea mit Ausbildung von fibrotischen Plaques
Schmerzhafte Penisverkrümmung (meist nach dorsal) bei Erektion
Gefahr der progredienten erektilen Dysfunktion
Nur bei ca. 15% spontane Rückbildung, keine etablierte kausale Therapie vorhanden
Interstitielle Zystitis
- Definition: Seltene, abakterielle und schmerzhafte Zystitis mit Drangsymptomatik und chronischem Verlauf und Fibrosierung der Harnblasenwand
- Ätiologie: Unklar, zunehmende Firbosierung der Blasenwand
- Klinik:
Chronische Pollakisurie
Suprapubische Schmerzen
Verringerte Blasenkapazität - Diagnostik:
Zystoskopie: Als pathologisches Korrelat gilt eine Mastzellinfiltration !! in zystoskopischen Harnblasenprobebiopsien als wegweisend
Urodynamik, Zytoskopie - Therapie:
Keine kausale Therapie bekannt, Anticholinergika, Spasmolytika, Antideppresiva
Interdisziplinäres Konzept mit Behandlung der chronischen Schmerzen (z.B. durch Antidepressiva und intravesikale Injektionen)
Akuter Harnverhalt
- Unfähigkeit, die prall gefüllte Harnblase spontan zu leeren
- Ätiologie:
Mechanisch -> BPH, Prostatakarzinom, Prostatitis, Blasentumor, Blutkoagel, Harnröhrenstriktur, Phimose, Penisfraktur, Peniskarzinom
Neurologisch, Medikamentös (Abticholinergika, Beckenbodenspastik, iatrogen nach Spinalanästhesie - Therapie: Sofortige Harnableitung über einen transurethralen oder suprapubischen Blasenkatheter (Letzteres KI bei Harnblasenkarzinom oder Gerinnungstörung)
Akutes Skrotum
- Symptomkomplex unterscheidlicher Ätiologie mit
- > Akut einsetzenden, starken Schmerzen des Hodens und/oder Nebenhodens
- > Schwellung und Rötung des Skrotums
- > Hodenhochstand
- > evtl. Übelkeit, Erbrechen und Kreislaufkollaps
Ätiologie:
- Epididymitis -> Prehn-Zeichen positiv (Besserung durch Anheben des Skrotums
- Hodentorsion -> druckdolentes, gerötetes, geschwollenes Skrotum, negatives Prehn-Zeichen (Schmerzen verstärken sich sogar bei Anheben des Hodens)
- Hydatidentorsion -> livide, erbsengroße hämorrhagische durch die Skrotalhaut durchscheinende Hydatide (Blue dot sign)
Hydatide (bzw. Appendix testis): Anhangsgebilde am oberen Pol des Hodens (Überrest des Müller’schen Ganges), am Samenstrang oder am Nebenhoden (Überrest des Wolff’schen Gangs)
Therapie der Hodentorsion:
- Operative Freilegung selbst bei schon geringem Verdacht mit anschließender Retorquierung und Orchidopexie (bis zu 6h beste Chancen auf Organerhalt, später weitaus schlechter)
- Prophylaktisch immer Orchidopexie der Gegenseite !!!!
Therapie der Hydatidentorsion:
- Bei gesicherter Diagnose und mittlerer Schmerzen -> NSAIDs
- Bei unsicherer Diagnose -> Operative Freilegung und operative Entfernung der Hydatide
Priapismus
- Schmerzhafte Dauererektion über mehrere Stunden ohne Lustgefühl
- Ätiologie: Durch venöse Stase und erhöhter Blutzufuhr
- > Idiopathisch (Am häufigsten)
- > Medikamentös-Toxisch
- > Hämatologisch (Leukämien, Sichelzellanämie)
- > Trauma, Neurologisch
- High-Flow (Günstig) mit erhöhter Blutzufuhr und pulsatiler Erektion ohne Stase oder Low-Flow (Ungünstig) mit kompletter venöser Stase
- Falls zu spät behandelt >12h mit Entwicklung einer irreversiblen Schwellkörperfibrose mit konsekutiver erektiler Dysfunktion
Diagnostik: Anamnese, BGA
Therapie: Punktion und Aspiration des Schwellkörpersblutes und Injektion eines alpha-Symphatomimetikums (Etilefrin, Achtung systemische Wirkung Kreislauf beobachten)
Fournier-Gangrän
- Definition: Nekrotisierende Fasziitis des äußeren Genitals
- Epidemiologie: Sehr seltene Erkrankung, betroffen sind meist Männer im Alter zwischen 30–70 Jahren
- Verlauf: Schnelles Fortschreiten der Infektion trotz verhältnismäßig unauffälligem Lokalbefund möglich, typisch ist aber fulminanter Verlauf mit Fieber, Rötung, Schwellung, Blasenbildung, Nekrosen
- Komplikation: Urosepsis
- Therapie:
Sofortige, radikale Exzision des betroffenen Gewebes bis ins Gesunde → sekundäre Wundheilung → spätere plastische Deckung
Dreifache Antibiotika-Therapie mit Cephalosporinen, Gentamicin und Metronidazol
Intensivmedizinische Überwachung
Nierenverletzungen
Gradeinteilung:
I Nierenkontusion mit subkapsulärem Hämatom
II Nierenparenchymeinriss <1 cm mit retroperitonealem Hämatom
III Nierenparenchymeinriss >1 cm mit retroperitonealem Hämatom ohne Urinom
IV Parenchymeinriss bis in die Tiefe des Nierenbeckens mit segmentalem Funktionsausfall und Urinom
V Komplett zerrissene Niere mit Hilusgefäßdissektion und vollständigem Funktionsausfall
Therapie:
Prinzipiell wenn Kreislauf stabil immer konservativer Versuch mit Erhalt der Niere bei Grad I-III
Ab Grad IV oder instabiler Hämodynamik -> Interventionelle Gefäßstillung oder Nierenteil bzw. ganzresektiom
Bei Verletzungen des Nierenbeckenkelchsystems immer Harnableitung nach außen mittels Mono-J-Ureterkatheter
Harnblasenruptur und Harnröhrenverletzungen
- Harnblasenrupturen
- meist im Rahmen von komplexen Beckenfrakturen
- aber auch durch stumpfes Anpralltrauma bei z.b Autounfall möglich
- Imperativer Harndrang ohne Miktion !!
- Durch Blasenruptur kann sich ggfs eine Peritonitis entwicklen
- Zystografie zur Diagnosesicherung
- Bei intra oder größeren extraperitonealen Verletzungen operative Therapie mit Blasenwandrekonstruktion sowie 14Tägiger suprapubischer Harnblasenkatheter und Antibiose mittels Fluorchinolone oder Cephalosporine - Harnröhrenverletzungen
- Verletzungen distal des Diaphragmas
- > häufig iatrogen, straddle injury (perineales Aufpralltrauma) oder Masturbationsverletzungen
- Verletzungen proximal des Diaphragmas
- > Begleitverletzungen bei komplexen Beckenfrakturen
- > perineales Pfählungstrauma
Klinik: Blutungs aus der Harnröhrem Harndrang ohne Miktion und volle Blase, bei infradiaphragamlen zusätzlcih Hämatome des Penis, Skrotums und Perineums, bei supradiaphragmalen Hämatome im kleinen Becken, Dislokation der Prostata nach kranial
Diagnostik: Retrograde Urethrografie !!!!!
Therapie: Leichte nur konservativ mittels Sicherung der Harnableitung durch einen suprapubischen oder transurethralen Katheter, bei kompletter Ruptur oder schweren Begleitverletzungen operative Rekonstruktion
Penisfraktur
- Zerreißung eines oder beider Corpora cavernosa bzw. Der sie umgebenden Tunica albuginea
- massive Penishämatome, Schmerzen, sofortige Abnahme der Erektion, Penisdeviation
- Palpation, Sono und retrograde Urethrografie zum Ausschluss einer Harnröhrenverletzung
- Therapie: Operative Freilegung und Rekonstruktion der Corpora cavernosa