Motorische Rehabilitation Flashcards
Grundlage von motorischer Rehabilitation
- Willkürmotorik ist adaptives, lernfähiges, problemlösendes System
- Netzwerk aus kooperativen Arealen (motorische Exekutive, prämotorische und supplementärmotorische Areale) und subkortikale Strukturen
- Physiotherapie ist wirksam
- motorische Aktivitäts- und Teilhabeebende werden via ICF beurteilt (Teilhabe als wichtigster Zielpunkt in der Reha: Ziele: sicher fortbewegen, selbst versorgen, Gegenstände tragen und manipulieren)
Kategorien motorischer Leistungen
- Posturale Kontrolle: Stabilisation des Massenmittelpunkts über der Unterstützungsfläche unter statischen und dynamischen Bedingungen und Beibehaltung der korrekten Relation der Körpersegmente
- Lokomotion: Fortbewegung des Individuums im Raum( unter Wahrung der posturalen Stabilität)
- Greifmotorik: Aneignung von Objekten im Raum (unter Wahrung der post.Stabilität
- Manipulation: Instrumenteller Einsatz der Hand zur Objektuntersuchung und -nutzung
- Emotionale Motorik: Kommunikation des emotionalen Status
- Blickmotorik: Visuelle Orientierung im Raum und Erfassung von Objekten
Funktionell-anatomische Organisation des kortikospinalen Systems
- präzentrale Hirnwindung als Sitz der Willkürmotorik und Ursprung der Pyramidenbahn (primär motorischer Kortex , Area 4)
- anterior: prämotorische Hirnrinde
- -> jedes der Areale weist eine mehr oder weniger vollständig somatotop gegliederte Repräsentation von Muskeln und Bewegungen auf, d.h. Homunkulus
Gehirnareale, die an motorischen Aktionen beteiligt sind
a) Motorische Exekutive:
1. primär motorischer Kortex
2. primär somato-sensorischer Kortex
3. supplementär-motorisches Areal
4. prämotorischer Kortex
5. zingulär motorische Areale
b) Planung und Kontrolle der motorischen Aktion
1. superiorer und inferiorer parietaler Kortex
2. Sekundärer somato-sensorischer Kortex
3. Insulärer Kortex
Subkortikal deszendierende Bahnsysteme der motorischen Kontrolle
- an Koordinierung, Exekution und Kontrolle von Bewegungen beteiligt
- Kerngebiete werden von motorischer Hirnrinde über Axonkollaterale kortikospinaler Bahnen innerviert
- Ncl. ruber: Afferenzen aus motorischer Hirnrinde und zerebellären Kernen, beteiligt an Innervation der distalen Muskulatur
- colliculus superior: Afferenzen aus Retina, visueller Kortex und motorischer Hinrinde: Steuerung visuell ausgelöster Greifbewegungen
- formatio reticularis: Verbindung zu kollateralen Pyramidenbahn, colliculus sup., Zerebellum, Vestibulariskerne , innerviert proximale Rumpfmuskulatur
- ncl. vestibularis: nicht direkt unter Kontrolle des motorischen Kortex, Afferenzen aus Innenohr, Sicherung der Körperstellung im Raum
Nach einer Schädigung der motorischen Kortexareale oder kortikospinalen Axonen resultiert:
Upper Motor Neuron Syndrom
Motorisches Lernen
= Summe von Prozessen, die durch Übung und Erfahrung zu relativ stabilen, neuronalen Veränderungen und als Folge davon zu geschickten motorischen Handlungen auch unter wechselnden Kontextbedingungen führen.
- implizites Lernen umfasst Bewegungsprogrammierung, Durchführung und Kontrolle zielgerichteter motorischer Aktivität
- parallel zum ausgeführten Bewegungsprogramm wird Efferenzkopie angefertigt -> mit Afferenz abgeglichen -> instrinsisches Feedback an ZNS : ggf. Modifikation/Optimierung von Bewegung
- wichtigste Faktoren beim Bewegungelernen:
Motivation, Wiederholung und Feedback
- Kognitive Phase (Erwerb), assoziative Phase (Restitution), autonome Phase (Transfer)
Grundlagen der motorischen Funktionsrestitution
- neuronale Regeneration, neuronale Reorganisation & neuronale Plastizität
1. intra-areale Plastizität: Fingerrepräsentation, Reorganisation der betroffenen Areale
2. inter-areale Plastizität: funktionierende Areale können die Funktionen der geschädigten Areal oder ihrer efferenten Bahnen mitübernehmen (Stellvertretertheorie) - Aktivierung ipsilateraler Strukturen: ehemals paretische Hand -> bei Bewegungsinitiierung erhebliche bilaterale Aktivierung => Ausdruck ipsilateraler Übernahme der Steuerung und Kontrolle von Bewegungen (Pyramidenbahnfasern und kortikospinale Bahnen laufen im geringen Teil auch ungekreuzt oder doppelt gekreuzt)
- fMRT und PET-Studien zeigen, dass prämotorische Areale, temporale Areale und kontralaterale Gebiete die Funktionen mitübernehmen können.
Läsion des ersten motorischen Neurons (Upper Motor Neuron Syndrome)
a) Ursache:
- Schädigung motorischer Kortex und kortikospnaler Axone
- komplexes Störungsbild erklärt sich durch die Konvergenz kortikaler und subkortikaler deszendierender Bahnsystemeund der segmentalen peripheren und intraspinalen Afferenzen auf das spinale Alphamotoneuron.
b) Lokalisation:
Aktivität der extrapyramidalen Bahnen (tractus vestibulospinalis, rubrospinalis, reticulospinalis) überwiegt durch Läsion: Spastik!
- Media Infarkt: laterale Hemissphäre, kontralaterale obere Extermitäten und distale Muskulatur betroffen
- A. cerebri ant.: medialer Frontallappen, kontralaterale Beinmuskulatur betroffen.
c) Klinisches Bild: spastische Bewegungsstörung gekennzeichnet durch langsame und kleinräumige Willkürbewegungen mit einer sgn. Massentendenz (=spastisches Bewegungsmuster oder assoziierte Reaktion, überschießende synergistische Aktivierung, bei Versuch Dorsalflexion Fuß bewegt sich Hüfte, Knie und Arme auch)
d) weitere Symptome:
- verzögerter Bewegungsbeginn, schlechte räumliche und zeitliche Organisation des Bewegungsablaufs, vermehrte Kokontraktion während Bewegungsablauf
Definition Spastik
geschwindigkeitsabhängige Steigerung tonischer und phasischer Dehnungsreflexe und gesteigerter Sehnenreflexe (schließt gestörte Willkürbewegung und abnorme Haltung nicht mit ein)
Zustand der gesteigerten Empfindlichkeit der Muskelspindeln auf schnelle Dehnreize, zählt zu den Plussymptomen
Plussymptome / Minussymptome bei UMNS
= Ausmaß ergibt sich aus Kombination der erhaltenen deszendierenden Bahnen und segmentalen Strukturen a) Plussymptome Afferent: disinhibierte spinale Reflexe: - Hyperreflexie - Klonus -Spastik -Flexorreflexe -Enthemmung vestibulospinaler Aktivität Efferent: veränderter supraspinaler Output: - Erhöhter Muskeltonus - Massentendenz -Kokontraktionen -Synkinesien, Mirror Movements
b) Minussymptome
- Parese durch verminderten exzitatorischen Antrieb auf den spinalen Alphamotoneuronen
- Kraftminderung
- Verminderte Geschwindigkeit der Kraftentwicklung
- Verminderte Dekontraktionsgeschwindigkeit
- Verminderte Geschicklichkeit (dexterity)(auch ipsilateral möglich /ispilaterale Hand)
- Hohe Ermüdbarkeit
Adaptive Phänomene des UMNS
Intrinsische Veränderung des Muskels:
- Änderung der Muskelfasertypen
- Viskositätsänderung
- Sarkomerverlust
- Verkürzung der Muskel-Sehnen-Einheit
- Elastizitätsänderung der Muskelfaszie
- -> therapeutische Muskeldehnung nötig
Ataktische Hemiparese
=gleichezeitiges Auftreten von Parese und Ataxie
- sehr selten
Ursache: kleine ischämische Infarkte der Capsula interna oder Pons
- verwandt: Dysarthri-clumsy-Hand-Syndrom mit lakunären Infarkten im Kapselknie
Dystone Hemiparese
= motorische Funktionsstörung kombiniert mit dystoner Bewegungsstörung
Alien-Hand-Syndrom
- kontralateral zur Läsion
- Alien-Hand führt zielgerichtete Bewegungen und Handlungen aus, die vom Pat. nicht willentlich initiiert wurden
- nicht vom Pat. unterdrückbar
- Pat. versuchen durch Festhalten mit gesunder Hand Bewegungen zu unterbrechen
- keine Anosognosie, da die Hand als eigene erkannt wird, aber Intentionalität ist gestört
Ursache: Kombination aus Läsion Corpus Callosum und mediales prämotorisches Areal
Verlauf und Prognose von motorischer Rehabilitation
- nach Schlaganfall mind. 63 % Hemiparese und 80% motorische Beeinträchtigung
- initialer Schweregrad als bester Prädiktor für den Verlauf
- schlechtere Prognose mit zunehmendem Alter (z.B. höhere Mortalität, höhere Komorbidität) und für Frauen (hinsichtlich häusliche Selbstständigkeit und Lebensqualität
- bessere Prognose, wenn Lebenspartner ist zuhause anwesend
a) Lokalisation und Größe der Läsion - -> kein sicherer Zusammenhang zwischen Volumen und Ort der Läsion bzw. betroffene Hemissphäre und Ausmaß der motorischen Funktionsstörung
- -> Schädigung von somato-sensiblem afferentem Schenkel (z.B. Thalamus und capsula-interna-Infarkt) oder Läsion der deszendierenden Bahnen der motorischen Rindenfelder schränkt Funktionserholung stark ein
b) Chronizität - -> Metaanalyse: 6 Monate nach Schlaganfall mit Hemiplegie: 62 % ohne Funktion, 11 % komplette motorische Erholung
- -> Aussagen, dass nach einem halben Jahr oder einem Jahr nach Schlaganfall keine Funktionsbesserungen mehr auftreten, entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage
- -> ungünstigerer Verlauf bei Komorbität mit Hemianopsie, Neglect, Anosognosie, manchmal Apraxie und somato-sensiblen Defiziten
c) Depression - -> Prävalenz nach Schlaganfall mit funktionell motorischer Störung: 35 % (Antidepressive Behandlung ist bei Schlaganfall indiziert)