Höhere Visuelle Funktionen Flashcards
Neglect /Klinik
= Nichtbeachten von Reizen (in allen Sinneskanälen) in der Raum- oder Körperhälfte, die der geschädigten Seite gegenüberliegt sowie verminderter Einsatz der Extremitäten dieser Körperhälften
-> Multimodale Störung, primär motorische oder primär sensorische Beeinträchtigung reicht zur Erklärung nicht aus.
--> schwer behandelbar, wegen Unawareness und ausgedehnten Läsionen in zahlreichen neuronalen Netzwerken, begünstig das Auftreten von assoziativen Störungen: \+ Hemiparese \+ Hemianopsie \+räumlich-perzeptive Störungen \+ Aufmerksamkeitsstörungen \+emotionale Veränderung
Visueller Neglect
Augen und Kopfbewegungen zur ipsiläsionalen Seite.
- nach ipsiläsional verlagerte subjektive Geradeausrichtung
- Übersehen Objekte, Personen und Hindernisse auf kontraläsionaler Seite oder reagieren zu spät auf sie
- suchen Objekte vorwiegend ipsiläsional und perserverieren dort
a) Raumbezogener Neglect:
- betreffen Raumsektoren: kontraläsionale Seite wird nicht beachtet
- häufiger
b) Objektbezogener Neglect:
- betreffen jeweils linke Seite perzeptueller Objekte, und nur eine Seite des Objekts, egal ob Objekt links oder rechts präsentiert wird
–> häufig Neglectdyslexie
Akustischer Neglect
- dorsaler (Wo?) und ventraler (Was?) Weg
- -> keine sichtbare Orientierungsreaktion auf statische oder dynamische Reize, oft Wenden an ipsiläsionale Seite.
2 Subtypen:
- Parietale Läsion: Drehung des gesamten akustischen Raums
- Basalganglienläsion : akustische Extinktion
Olfaktorischer Neglect
Im Alltag nicht relevant, da Gerüche sich schnell ausbreiten
Somato-sensibler Neglect und taktiles Explorieren
Relevant für Alltag:
- Taktiles Explorieren mit gesunder Hand (im Dunkeln) vorwiegend im ipsiläsionalen Raum
- keine Reaktion auf kontraläsionale Berührungsreize
- -> personaler Neglect
Neglect des eigenen Körpers
- nicht beachten der eigenen kontraläsionalen Körperseite (Essen im Mundwinkel, Schlüssel in Hosentasche,…)
- häufig bei akuten Neglectpatienten
Neglect in der Vorstellung (Repräsentationaler Neglect)
- Vernachlässigung von Reizen beim mentalen Absuchen innerer Vorstellungsbilder
Bsp. Beschreiben des Krankenzimmers aus der Vorstellung - 25 % der visuellen Neglect Pat. weisen auch repräsentationalen Neglect auf
Extinktion bei Neglect
= unter DSS (doppelte simultane Stimulation) der linken und rechten Körper-, Raum- und Gesichtsfeldhälfte wird der weiter kontraläsionale Reiz nicht mehr beachtet, bei einseitiger Darbietung wird er jedoch dort richtig wahrgenommen (einzelne Darbietung des Reiz um elementares, sensorisches Defizit ausschließen zu können, z.B. Hemianopsie)
Diagnostik von Neglect
a) Kölner-Neglect-Test (NET):
- 1. Bereich: konventionelle Neglecttests: Linien durchsstreichen, Zahlen halbieren, etc.
- 2. Bereich: Alltagsrelevante Neglecttests: Uhr ablesen, Telefonnummer wählen, Adresse kopieren, Stadtplan lesen, essen, schreiben,etc.)
b) Doppel-Simultan-Stimulation: Extinktionsphänomene
c) Fremdbeurteilungsverfahren:
- spontan sichtbares Alltagsverhalten
- Beurteilung der Awareness (Beobachtungsbogen fürn räumliche Störungen: Einschätzung der 7 Alltagsbereiche durch Fremdbeurteilung)
- auch gut für Verlaufsdiagnostik
Differentialdiagnostik zum Neglect
- Homonymer Gesichtsfeldausfall:
+ Diagnostik via visuell-evozierten Potenzialen
Frage: normale P100-Latenzen und Amplituden?
–> Wenn ja, Gesichtsfeld intakt.
+ Spezielle Perimetrie
Frage: Differenz > 10 ° ?
–> Wenn ja, weitgehend normales Gesichtsfeld, aber neglectbedingte Scheinskotome - Hemianästhesie:
+ Somato-sensorisch evozierte Potentiale
–> falls normale Latenzen: normale Sensibilität
Wenn Aufmerksamkeitszuwendung Sensitivität verbessert: Verdacht somatosensibler Neglect - einseitige Hörstörung:
+ Reinton-Audiometrie
–> Normales Audiogramm = Nichtbeachtung von akustischen Reizen wegen Neglect!
–> Wird Hörverlust durch Aufmerksamkeitszuwendung verursacht? -> Neglect - Hemiplegie/Hemiparese:
+ Transkranielle Magnetstimulation (TMS) im mot. Kortex
–> “silent periods” im EMG = Verdacht auf motorischen Neglect
Kann Pat. vermeintlich gelähmten Arm nach Aufforderung oder Anblick besser bewegen als ohne Aufforderung –> motorischer Neglect
Therapie Neglect
- top-down-Suchstrategien (klassische visuelle Explorationstrainings):
= Erlernen einer kognitiv gesteuerten systematischen Suchstrategie (in Akutphase noch nicht sinnvoll)
- READ-Programm
- visuelles Explorationstraining - bottom-up
=fehlerhafte räumliche Orientierung durch gezielte Stimulation von afferenten Kanälen (z.B. Nackenmuskeln) zu verbessern (in Akutphase anwendbar):
- Optokinetische Stimulation mit Blickfolgebewegungen
- visomotorische Prismenadaption (Ausnutzung des sensomotorischen Rekalibrierungseffekts)
–> “Hyperneglect” durch Prismenbrille (10-15° nach rechts)
- Aufmerksamkeitstraining
- Nackenmuskelvibration
- Periphere Magnetstimulation (gut bei taktiler Extinktion und körperbezogenem Neglect)
Raumorientierungsstörungen/Klinik
Klinik= nach Schädigung von extrastriatären kortikalen und subkortikalen Strukturen , besonders nach Schädigung der rechten Großhirnhemissphäre
Visuelle Raumwahrnehmungsleistungen: elementare, perzeptive Leistungen (z.B. subjektiv visuelle Vertikale), die für das Verhalten des Individuums im Raum grundlegend sind!
Zusätzlich sind aber auch räumlich- kognitive Operationen wichtig (für Persepektivenwechsel z.B.)
Raumorientierungsstörungen/Diagnostik
Diagnostik:
- VOSP-Programm
- BORB
- VS-Programm (Computerprogramm zur quantitativen Erfassung visuell-räumlicher Wahrnehmungsleistungen):
+ deckt die Therapie und Diagnostik von räumlich-perzeptiven und räumlich kognitiven Störungen ab
–> Keine Diagnostik oder Therapie von räumlich-konstruktiven oder räumlich-topographischen Störungen möglich
Raumorientierungsstörungen/ Therapie
a) Feedbackbasiertes Training:
- Training mit verbalem oder grafischem Feedback (Idee: Neukalibrierung der räumlichen Wahrnehmung)
b) Optokinetische Stimulation (OKS):
- Verbesserung der Aufmerksamkeit für räumliche Ausdehnung und Raumorientierung durch wiederholte Stimulation
c) räumlich-konstruktives Training:
- gestuftes Training mit räumlich-konstruktivem Material( z. B. Mosaiktest-Training)
d) Alltagsorientierte Therapie:
- direktes Üben von problematischen, räumlichen Alltagshandlungen
e) Reaktionsverkettung und mnemonische Strategien:
- Neuerlernen von Wegen in häuslicher Umgebung (durch Kettenkonditionierung und Gedächtnisstrategien)
Balint-Holmes-Syndrom/Klinik
= Symptomkomplex aus: Simultanagnosie, optischer Ataxie, Raumverarbeitungsstörungen und Blickbewegungsstörungen
- -> bilaterale, posterior-okzipital, selten frontal oder Basalganglien
- -> nach A.media-Grenzzoneninfarkten, Tumoren, zerebrale Hypoxie, Morbus Alzheimer, SHT
+ Simultanwahrnehmung gestört ( deutliche Einschränkung des visuellen Überblicks in beiden Halbfeldern)
+ Optische Ataxie ( Vorbeizeigen- und Greifen nach Objekten)
+ Spasmodische, unruhige Fixationen und visuelle Suche im Raum gestört
+ Raumwahrnehmung, räumliches Gedächtnis, Raumrepräsentation: (Gestörte Wahrnehmung von Distanzen, Richtung, Position im Raum )
+ Sehschärfe, Kontrastsehen, Gesichtsfeld, Stereosehen und Fusion können zusätzlich gestört sein
+ Lesen, Zeichnen, visuelle Orientierung und Selbsthilfe oft stark gestört
–> klassisches Balint-Holmes-Syndrom nach bilateralen parietalen Läsionen ist selten, die minor-Form häufiger, besonders bei Alzheimer Pat.