Elementare visuelle Leistungen Flashcards
Relevanz von cerebralen visuellen Wahrnehmungsstörungen
- etwa 20-40% aller hringeschädigten Pat. leiden unter zerebralen, visuellen Wahrnehmungsstörungen
- oft in Reha nicht beachtet (nicht erkannt, oder zu spät)
- schlechteres Reha-Ergebnis
- Probleme bei beruflicher Wiedereingliederung
Lokalisierung neurovisueller Störungen
a) Sehschärfe:
+ Primär: Bilateral o. unilaterale postchiasmatische Läsionen (unilateral: relativ unbbeinträchtigt)
+ sekundär: exzentrische Fixation bei zerebraler Hypoxie, visuelle Explorationsstörung, Fixationsstörung, Balint-Holmes-Syndrom
b) Kontrastsehen:
+ unilateral oder bilateral oder diffus posterior, auch degenerative Erkrankungen
c)Hell-Dunkel-Adaption:
+ posteriore/thalamische Läsion
+ zerebrale Hypoxie
+ selten nach SHT
d) Farbsehen (selten):
+ uni-/bilateral des okzipito-temporalem Kortex
e) Visual Discomfort
+ post. Läsionen, oft auch Einbußen Kontrastsehen und Hell-Dunkel-Adaption
f) Lokales Stereosehen: Okzipital
g) Globales Stereosehen: Temporal
h) 3D-Wahrnehmung: Parietal
i) konvergente Fusion
+ Mittelhirnläsion
+ okzipital, temporo-parietal
j) Homonyme Gesichtsfeldausfälle
+ Posteriore Läsion
+ Zerebrale Hypoxie
+ Tumore entlag der postchiasmatischen Sehban
k) Augenbewegungsstörungen
+ parieto-temporal
+ frontal
Sehschärfe, Kontrastsehen, Visual Discomfort, Adaption, Farbsehen / Klinik
a) Sehschärfe:
- unilateral meist nicht stark beeinträchtigt, bilateral deutlich bis hin zu kortikaler Blindheit
Dynamische Sehschärfe: parieto-okzipitale, Mittelhirn- oder Hirnstammläsionen (Ursache: beeinträchtigte Augenfolgebewegungen oder Blickparesen)
= Unfähigkeit, bewegte Objekte, oder Objekte, wenn man sich selbst in Bewegung befindet, wahrzunehmen
b) Kontrastsehen:
- Reduktion der räumlichen Kontrastsensitivität (ca.40 %)
- > Verschwommen oder unscharf, Pat. geben an, mehr Licht zu brauchen
c) Visual Discomfort: homogene Muster (Streifendichte) erzeugen Flimmererscheinungen und Kopfschmerzen
- > Ermüdung (beim Lesen durch Abdecken von benachbarten Linien verringerbar)
d) Hell und Dunkeladaption:
- Helladaptationsstörung: verstärktes Blendgefühl, ertragen Lichtwechsel schlechter
- Dunkeladationsstörung: Dunkelsehen, mehr Lichtbedarf
e) Farbsehen:
- vergleichsweise selten
- Farbhemianopsie (selektiver Verlust der Farbwahrnehmung in einem Halbfeld)
- foveale Farbunterscheidungsstörung (feine Differenzierung von untersch. Farbtönen)
- Achromatopsie (vollständiger Verlust der Farbwahrnehmung)
- -> für bestimmte Berufe relevant
Sehschärfe, Kontrastsehen, Visual Discomfort, Adaption, Farbsehen / Diagnostik
a) Sehschärfe:
- Sehschärfetafeln
b) Kontrastsehen:
- Cambridge Low Contrast Gratings, Regan Charts, Vistech Charts, Pelli-Robson-Charts
c) Hell &Dunkeladaption:
- Perimeter/Mesoptometer
- Foto-Stress-Test (Erholungszeit nach Blendung, bis Pat. wieder gleiche Visus- und Kontrastleistung hervorbringt)
d) Farbsehen:
- Farbperimetrie, Farbtonunterscheidungstests
Sehschärfe, Kontrastsehen, Visual Discomfort, Adaption, Farbsehen /Therapie
a) Sehschärfe:
- keine systemtatischen Therapieverfahren zur Steigerung der Sehschärfe bekannt
- Lesehilfen, Lupen, Fixationsübungen (Zeigebewegungen auf einzelne Punkte)
b) Kontrastsehen:
- Wiederholte Übung
- blendfreie Arbeitsplatzbeleuchtung
- rechtzeitig Pausen einlegen
- Kantenfilter: wie Brillenglas, zur Verbesserung Kontrastsehen
c) Hell/Dunkel-Adaption:
- Dimmer verwenden
- bei hell: getönte Gläser
- bei Dunkel: indirekte helle Beleuchtung
d) Visual Discomfort:
- Verwendung von Zeilenlineal, Vermeidung von Streifenmustern
e) Farbwahrnehmung:
- Keine Therapie bekannt
Fusion, Stereosehen, visuelle Belastbarkeit/Klinik
a) Fusion:
- Verschmelzung von Eindrücken beider Augen zu einem Bild (1. Konvergenz und Divergenz 2. sensorische Fusion)
- -> Störungen führt zu verminderter visueller Belastbarkeit (<30 min.)
- -> 30-50 % von SHT Patienten : Einbußen der konvergenten Fusion.
- -> Probleme beim Lesen, Schreiben, Bildschirmtätigkeit, handwerkliche Arbeit, Hausarbeit
b) Stereosehen:
- Empfindlichkeit, zwei hintereinander liegende Objekte als getrennt wahrzunehmen
- wichtig für Handeln im Nahbereich
Fusion, Stereosehen, visuelle Belastbarkeit/Diagnostik
a) Fusion:
- Bagolini-Brille: führt zu Trennung der Seheindrücke beider Augen
- Maddoxkreuz: Licht in 5 Meter Entfernung
- Prismenleiste: Platzierung immer stärkerer Prismen, bis fixierter Lichtpunkt doppelt gesehen wird = maximale konvergente Fusionsbreite
- -> alle drei zusammen!
b) visuelle Belastbarkeit
- visuelle Belastbarkeit: subjektive Angaben, objektive Lesezeiterfassung
- Aufmerksamkeitstests vor und nach visueller Anstrengung , visuell evozierte Potentiale
c) Stereosehen
- Titmus-Test zur Erfassung lokaler Stereosehschärfe
- TNO-Test zur Erfassung globaler Stereoskopie
Fusion, Stereosehen, visuelle Belastbarkeit/Therapie
a) Fusion:
- schrittweises Anbieten visueller Reize mit zunehmender Querdisparation
- -> Steigerung der Fusionsbreite
b) Stereosehen
- Fusionstherapie verbessert auch Stereosehen und visuelle Belastbarkeit
- Therapiedauer: 2x Woche, 50 min. für chronische Pat.
bei akuten: mehrmals täglich , kurz
- Transfer Therapie: längere Lesedauer, Verminderung Ermüdung, besseres Stereosehen, eher wieder berufliche Rehabilitation
Homonyme Gesichtsfeldausfälle /Grundlegendes
- Homonyme Gesichstfeldausfälle und Quadrantenausfälle : häufigste unilaterale Gesichtsfeldausfälle nach postchiasmatischen Läsionen (im Vergleich zu Farb-Form-Gesichtsfeld-Ausfällen (Amplyopie) , Skotome, zerebrale Blindheit)
- häufig durch Infarkte, Blutungen im Versorgungsgebiet der hinteren Arterien (A. cerebri post.), zererbale Hypoxie, SHT
- Probleme: Leseprobleme, Explorationsprobleme
- Spontane Rückbildung: in ersten 6 Monaten am größten
Homonyme Gesichtsfeldausfälle /Diagnostik
- Projektionsperimeter= systematische Vermessung des Gesichtsfeldes
- Bestimmung der Ausdehnung des Gesichtsfeldes für unterschiedliche Intensitäten weißen Lichts
- Vermessung des Farb- und Formgesichtsfelds
- Restgesichtsfeld für Formreize korreliert mit Schweregrad der häufig assoziierten hemianopen Lesestörung
- Kampimetrische Verfahren am Bildschirm geben nur orientierenden Eindruck über das zentrale Gesichtsfeld ( nicht über verlagerte Blickpositionen zum Skotom hin)
Homonyme Gesichtsfeldausfälle / Therapie: Kompensatorisches Gesichtsfeldtraining
=Methode erster Wahl
1. Visuelle Explorations- und Lesetrainings
- Symptome:
+ Hemianope Lesebeschwerden beruhen auf Wegfall foveanaher Gesichtsfeldareale (diese dienen als perzeptives Fenster für den Lesevorgang, deswegen rechtsseitige Hemianopsie: langsameres Lesen, linksseitige Hemianopsie: mehr Fehler)
+ bei 70 %: ungenügende oder unökonomische visuelle Exploration
+ zu kleine Suchbewegungen im blinden Suchfeld
+ räumlich desorganisierte , unzusammenhängende Suche
+ Auslassen relevanter Reize (v.a. im blinden Gesichtsfeld)
+ erhöhte Suchzeit
+ vermehrtes Wiederaufsuchen von bereits abgesuchten Raumpositionen
+verlängerte Fixationszeiten und insgesamt desorganisiertes Suchmuster
- -> Kombinationsbehandlung zur Verbesserung des sakkadischen Suchverhaltens im Skotom
- -> anschließendes Training visueller Suchstrategien auf großformatigen Suchvorlagen
- -> alltagrelevante, stabile Verbesserung bei 90%
- Sakkadisches Training:
- Zeitgleich zu visuellen Zielreizen auditive Reize darbieten, die über Mechanismen einer crossmodalen Integration der visuellen und akustischen Reize zu einer schnelleren Entdeckung und damit Kompensation im Alltag führen (sehr aufwändig!) - Hemianopses Lesetraining:
- Führt über Darbietung von Fließtext zu okulomotorischer Kompensation der Lesestörung
- Günstig: Restgesichtsfeld vorhanden, regelmäßige Selbsttherapie
- ungünstig: assoziierte Alexie und/oder Neglect
Homonyme Gesichtsfeldausfälle / Therapie: Restoratives Gesichtsfeldtraining
- bei 90 % trotz intensiver Therapie kein messbarer Gesichtsfeldzuwachs!
+ Verbesserung der sakkadischen Lokalisation an der Gesichtsfeldgrenze
+ Vermeiden von Kopfbewegungen
+ Erkennung von Farbe, Form, Kontrast, Helligkeit und Orientierung eines gezeigten Reizes
+ Anzahl Sitzungen 30-500 Stunden - Transfer im Alltag sehr gering
Homonyme Gesichtsfeldausfälle / Therapie: Lese- und Explorationstraining
Alltags- oder berufsrelevant sind folgende Fähigkeiten:
- Lesen und Eintippen von Telefonnummern
- überblickartiges Lesen
- Untersuchung von Textverständnis und - gedächtnis
- lesebezogene Listenvergleiche
- > READ-Programm: Therapiemodule zu speziellen Lesestörungen (Wort/Text wird statisch mit Blick mitbewegt, sequenzielle Einzelwortdarbietung, Darbietung im Zentrum des Gesichtsfeldes,…)
- ->EyeMOVE: Gesichtsfeld- und Sakkadentraining mit beliebigen Reizen (Wörter, Zahlen, Gesichter, Objekte), beliebige Kombi mit akustischen Reizen, Explorationstraining mit paralleler und serieller Suche / alltagsnahem Therapiematerial, optokinetische Stimulation
Neurovisuelle Frührehabilitation
a) Konjugierte Blickabweichung ( Zuwendung von Kopf und Augen zu einer Seite)
+ beeinträchtigt Alltagsaktivitäten wie Transfers, Blickkontakt und Essen
+ oft mit Neglect gekoppelt
+ Einteilung in 4 Schweregrade (normale Orientierungsreaktion, verzögerte kontraläsionale Zuwendebewegung, kontraläs. Zuwendebewegung nur nach Aufforderung, keine Zuwendebewegung)
+ Auslösen von Augenfolgebewegungen ist für Pat. mit konjugierter Blickabweichung leichter
–> Objekt von intaktem zu nicht beachteten Halbfeld bewegen
–> Aufmerksamkeit muss dabei nicht bewusst verlagert werden, Orientierung ist reflexartig (gegenüber sakkdischen Kompensationsstrategien)
b) Okulomotorik-Störung
- Symptome:
+ Doppelbilder, Fusionsstörungen , Verschwommensehen, reduzierte visuelle Belastbarkeit
- Behandlung:
+ Nystagmusberuhigung durch Prismenausgleich
+ vorübergehende Okklusionsbehandlung
+ Fusionstraining
+ Training von Augenbewegungen
Wirksamkeit der neurovisuellen Therapieverfahren/ Frührehabilitation
- Relevant ist das Ausmaß des Behandlungseffekts im klinischen Alltag (nur Verbesserung in neuropsychologischen Tests oder auch in Selbstständigkeit des Patienten?)
- Cochrane-Standard zu Beurteilung der Wirksamkeit