Anfechtung Flashcards
Wo ist der Prüfungsstandort der Anfechtung?
Entweder als Wirksamkeitshindernis im Punkt Anspruch entstanden, oder später unter Anspruch erloschen.
Sinnvoller ist letzterer Standort, da man dann immer auch die zweite Willenserklärung prüfen kann.
Wie wirkt sich der Prüfungsstandort auf das Verhältnis der Anfechtung zum Bereicherungsrecht aus?
Prüft man die Anfechtung unter “Anspruch entstanden > Wirksamkeitshindernis”, so hat, da die Anfechtung ex tunc wirkt, nie ein Rechtsgrund bestanden, sodass dann 812 I 1 Fall 1 BGB zu prüfen ist.
Prüft man die Anfechtung jedoch unter “Anspruch erloschen”, so ist sie als rechtsvernichtende Einwendung anzusehen, wodurch zeitweilig ein Rechtsgrund vorlag, welcher nachträglich erloschen ist, sodass eine Prüfung nach 812 I 1 Fall 2 BGB notwendig ist.
Was sind die Voraussetzungen der Anfechtung?
I. Anspruch erloschen, 142 I BGB
2. Anfechtungsgrund
3. Anfechtungserklärung, 143 BGB
4. Anfechtungsfrist, 121 I o. 124 I
5. Kein Ausschluss der Anfechtung
6. Rechtsfolge
Was für Anfechtungsgründe kommen in Betracht?
- Inhaltsirrtum, 119 I Fall 1
- Erklärungsirrtum, 119 I Fall 2
- Eigenschaftsirrtum, 119 II
- Anfechtbarkeit wg. falscher Übermittlung, 120
- Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung, 123 I Fall 1
- Anfechtbarkeit wegen widerrechtlicher Drohung, 123 I Fall 2
Was ist unter einem Inhaltsirrtum zu verstehen und wann ist dieser beachtlich?
Ein Inhaltsirrtum iSd 119 I Fall 1 BGB lieg vor, wenn der Wille und die Vorstellung des Erklärenden über das Erklärte und die rechtlich maßgebliche Bedeutung des Erklärten auseinanderfallen.
Es wird kein Irrtum über das inhaltlich Erklärte erfässt, sondern der Fall, dass dem Inhalt der konkret gewollten Erklärung subjektiv eine andere Bedeutung beigemessen wurde, als dieser tatsächlich zukommt.
Ein Motivirrtum (bsp.: Kalkulationsirrtum) ist somit als Beweggrund, der die erklärende Person zur Abgabe der konkreten Willensbildung veranlasst hat, unbeachtlich und gewährt damit keinen Anfechtungsgrund.
Gib Beispiele für einen beachtlichen Inhaltsirrtum!
zB. die unbewusste unrichtige Verwendung von:
1. Fachausdrücken
2. Fremdworten
3. Gewichts-, Maß- oder Währungsbezeichnungen
Bedeutende Fälle dazu: Hakjöringsköd- oder Toilettenpapierfall
Was erfasst der Erklärungsirrtum, 119 I Fall 2?
Den Irrtum bei der Vornahme der Erklärungshandlung. Der Erklärende äußert objektiv etwas anderes als subjekiv gewollt.
Bsp.: Vertippen, Verschreiben, Versprechen
Führt fehlendes Erklärungsbewusstsein zu einer Anfechtbarkeit der Willenserklärung und wie wird ein Fehlen des Erklärungsbewusstsein behandelt?
Ja, ein fehlendes Erklärungsbewusstsein führt zu einer Anfechtbarkeit der Willenserklärung. Allerdings lässt es sich nicht unter eine der Irrtumsmölichkeiten des 119 BGB subsumieren, da der Erklärende gerade gar nicht weiß, dass er etwas erklärt hat.
Gerade in dem Fall ist der Erklärende dann besonders schutzwürdig, sodass ein Anfechtungsrecht analog nach 119 BGB (alle Absätze u. Fälle) zuzubilligen ist.
Was versteht man unter einem Eigenschaftsirrtum, 119 II BGB?
Unter einem Eigenschaftsirrtum werden ausnahmsweise beachtliche Motivirrtümer erfasst, da der Wille des Erklärenden und der inhalt der Erklärung übereinstimmt, jedoch der Erklärende über eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Sache oder Person irrt.
Was bedeuten die verkehrswesentlichen Eigenschaften einer Person? Bzw. was umfasst sie?
Sie umfassen die natürlichen Persönlichkeitsmerkmale und die tatsächlichen Rechtsverhältnisse, die nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf die Wertschätzung der Person in dem bestimmten Rechtsverhältnis ausüben. Da die Eigenschaft einer Person für eine gewisse Dauer anhaften muss, zählt eine Schwangerschaft zB. nicht zu den verkehrswesentlichen Eigenschaften einer Person und damit keine Eigenschaft iSd 119 II darstellt.
Was sind verkehrswesentliche Eigenschaften einer Sache?
Alle wertbildenden Faktoren, die der Sache unmittelbar anhaften und diese kennzeichnen.
Ist der Preis einer Sache eine verkehrswesentliche Eigenschaft?
Nein, da sich der Preis erst aus den verkehrswesentlichen Eigenschaften zusammensetzt.
Was ist der Anwendungsbereich des 120 BGB, Anfechtung wegen falscher Übermittlung? Und was schützt die Norm?
Er erfasst die Fälle der empfangsbedürftigen Willenserklärung unter Abwesenden im Sinne des 130 BGB.
Sie schützt den Empfänger in seinem Vertrauen auf die Richtigkeit und Wirksamkei der ihm zugegangenen Erklärung, da der Erklärende das Risiko der Falschübermittlung trägt.
Was sind die Voraussetzungen, damit eine Anfechtbarkeit wegen falscher Übermittlung in Betracht kommt?
- Person oder Einrichtung zur Übermittlung der Willenserkärung
- Unbewusste Falschübermittlung
- Unkenntnis des Empfängers
Was versteht man unter Person oder Einrichtung zur Übermittlung der Willenserklärung?
Der Erklärende bedient sich zur Übermittlung der Willenserklärung einer Person oder Einrichtung und der Übermittler muss die fremde Erklärung des Absenders überbringen.
Beispiele: Bote, Post-/ Telefondienste
Wann liegt eine unbewusste Falschübermittlung vor?
Liegt dann vor, wenn der Übermittler eine Willenserklärung überbringt, die nicht mit derjenigen übereinstimmt, die überbracht werden soll.
Bsp.: Der Bote verhört sich und übermittelt fälschlicherweise eine andere Erklärung
Was sind die Voraussetzungen für die Unkenntnis des Empfängers?
Der Empfänger muss gutgläubig sein, er darf also keine positive Kenntnis vom tatsächlichen Willen des Erklärenden haben. ist der Empfänger der wirkliche Wille des Erklärenden bekannt, gilt dieser ungeachtet der falschen Übermittlung (falsa demonstratio non nocet)
Wie ist die Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung, 123 I Fal 1 BGB, zu prüfen?
- Objektiver Tatbestand: Täuschung
- Subjektiver Tatbestand: Arglist
Wie wird die Täuschung im objektiven Tatbestand definiert?
Die Täuschung ist die Erregung oder Aufrechterhalten eines Irrtums durch Vorspiegeln falscher Tatsachen.
Kann sich die Täuschung auf innere Tatsachen beziehen und konkludent erfolgen?
Ja
Kann ein Verschweigen von Tatsache eine Täuschung im Sinne der Norm darstellen? Nenne Beispiele.
Ja, allerdings nur, wenn eine Offenbarungspflicht bestand. Entscheidend ist nach den konkreten Einzelfallumständen, ob eine Aufklärung über den verschwiegenden Umstand billigerweise erwartet werden durfte.
Bsp.:
1. Verschweigen eines Unfallschadens bei gebrauchtem PKW
2. Verschweigen von Altlasten auf einem Grundstück