§1004 Flashcards
Anspruch des Grundstückseigentümers auf Wiederherstellung bei unzulässigen Immissionen oder sonstigen rechtswidrigen Einwirkungen eines Dritten auf das Grundstück?
BGH: Theorie der negatorischen Kausalhaftung
Der Beseitigungsanspruch aus § 1004 I 1 BGB ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn der Anspruchssteller in seinem Eigentum gegenwärtig durch eine von außen kommende Einwirkung auf die Sache beeinträchtigt wird, der Anspruchsgegner als Störer dafür verantwortlich ist und er nicht gem. § 1004 II BGB zur Duldung verpflichtet ist. Eine fortdauernde Einwirkung auf das Eigentum ist auch dann gegeben, wenn der Einwirkungsvorgang beendet ist. Denn durch diesen Vorgang kann ein Umstand eintreten, der für die betreffende Sache eine fortdauernde Eigentumseinwirkung darstellt. Hierbei bleibt die Verantwortlichkeit des ursprünglichen Störers bestehen.
(+) Gefahr einer Schutzlücke; § 1004 I 1 BGB soll die Einmischung und Einwirkung von Dritten auf das Eigentum und damit die Behinderung des Sacheigentümers in seiner Sachherrschaft verhindern. Das zentrale Tatbestandsmerkmal des § 1004 I 1 BGB ist dabei die Eigentumsbeeinträchtigung. Es bestünde eine Schutzlücke, wenn der Eigentümer nur den Abbruch der die Beeinträchtigung erzeugenden Handlung verlangen kann, nicht aber die Beseitigung der durch die Einwirkungshandlung entstandenen nachteiligen Veränderungen, sofern der jetzige Zustand der Sache neue Eigentumsbeeinträchtigungen hervorruft.
(+) Kein Unterlaufen des Deliktsrechts; Es kommt nicht zur einem Unterlaufen des Deliktsrechts, da sich der negatorische Beseitigungsanspruch und die Frage des Verschuldens im Deliktsrecht nur in einem Punkt überschneiden: Im Vorhandensein einer neuen, selbstständigen Störungsquelle als Ergebnis der Einwirkungshandlung. Die Überschneidung ist unbedenklich, weil die niedrigen Voraussetzungen des negatorischen Beseitigungsanspruches im Verhältnis zum deliktischen Schadensersatzanspruch einen deutlich geringeren Anspruchsumfang haben.
(+) Inakzeptable Einschränkung des § 1004 I 1 BGB; Würde ein Anspruch aus § 1004 I 1 BGB verneint, wenn die störende Handlung beendet ist, so würde dies eine nicht zu akzeptierende Einschränkung des § 1004 I 1 BGB bedeuten. So hätte der Eigentümer keinen Anspruch auf Beseitigung, wenn der Störer die Einwirkungshandlung beendet hat, der Eigentümer aber mit den durch den Störer eingebrachten Sachen belastet ist. Denn der Eigentümer ist sodann in seiner Entscheidung welche Sachen und Stoffe auf seinem Eigentum sein sollen und welche nicht, beeinträchtigt.
hL: Moderne Usurpationstheorie
§ 1004 I 1 BGB gewährt keinen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Störer Sachen auf das Eigentum des Anspruchsstellers verbracht hat, die dieser nicht haben will. Nur wenn diese Sachen im Eigentum des Störers stehen, bietet § 1004 I 1 BGB eine entsprechende Anspruchsgrundlage.
(+) Interpretation des § 1004 BGB genau wie § 985 BGB; Der Beseitigungsanspruch aus § 1004 I 1 BGB ist genauso auszulegen wie der Vindikationsanspruch aus § 985 BGB. Während § 1004 BGB die Generalklausel beim dinglichen Schutzanspruch darstellt ,ist § 985 BGB eine Spezialregelung für eine besonders wichtige Beeinträchtigungsform. Jedoch reicht es für den Vindikationsanspruch nicht aus, dass dem Eigentümer der Besitz entzogen wurde, vielmehr muss der Anspruchsgegner auch weiterhin den Besitz inne haben und damit den Eigentümer in seiner Sachherrschaft stören.
(+) Rechtsunsicherheit durch deliktische Interpretation; Legt man den § 1004 I 1 BGB deliktisch aus, führt dies dazu, dass die Abgrenzung von einer reinen Eigentumsbeeinträchtigung und einer Beseitigung der Störung schwierig wird, da zwischen Schaden und Schadensersatz nicht unterschieden würde. Dies würde zu Rechtsunsicherheit führen.
(+) Keine Rechtsschutzlücken; Es gibt bei einer Nichtanwendung des § 1004 I 1 BGB keine Rechtsschutzlücke. Zur Beseitigung ist der Störer grundsätzlich nach den §§ 823 I, 249 I BGB verpflichtet. Dies ist auch systemkonform, wenn die Anwendung des § 985 BGB betrachtet wird. Zum Beispiel ist der Dieb nicht zur dinglichen Herausgabe der gestohlenen Sache verpflichtet, sondern zur Rückverschiffung der Sache aufgrund der Schadensersatznormen verpflichtet.
tvA: Die actus-contrarius Theorie
Der Störer schuldet nur die Entfernung oder Unschädlichmachung der Störungsquelle, sozusagen den actus-contrarius seiner störenden Tätigkeit.3
(+) Eine Abgrenzung von Eigentumsbeeinträchtigung und Schaden ist nicht möglich. Daher darf auch nicht mit Hilfe des § 1004 I 1 BGB das Verschuldenserfordernis des Deliktsrechts und der Grundsatz der Gefährderhaftung unterlaufen werden. Daher ist eine Auslegung der Rechtsfolgenseite des § 1004 I 1 BGB vorzunehmen. Der Störer muss nur die störende Handlung selbst rückgängig machen und dafür sorgen, dass diese in Zukunft nicht wieder aktiv wird. Der Störer muss aber nicht weitere Eingriffsfolgen beseitigen.
tvA: Theorie der Normenkonkurrenz
§ 823 I BGB ist in den Fällen, in denen der Eingriff aus einer Substanzverletzung besteht, lex specialis zu § 1004 I 1 BGB.4
(+) Gleichheit des Eingriffs: Jede Verletzung des Eigentums iSd § 823 I BGB lässt sich zugleich auch als Eigentumsbeeinträchtigung iSd § 1004 I 1 BGB interpretieren.
(+) Verletzung der Sachsubstanz eröffnet deliktischen Kernbereich; Liegt eine Verletzung der Sachsubstanz vor, ist damit auch der Kernbereich des deliktischen Eigentumsschutzes betroffen. Dementsprechend sollte auch nur dessen Anwendungsbereich eröffnet sein.
Abtretbar?
hM: nein
Abgrenzung des Beseitigungsanspruchs nach §1004 I 1 vom SE gem. §280 I
hM: Usurpationstheorie
- §1004 beseitigt gegenwärtige Rechtsanmaßungen (=Usurpationen)
- wer sich GEGENWÄRTIG Eigentümerbefugnisse anmaßt, muss diese Anmaßung beseitigen
- wer in der VERGANGENHEIT Eigentümer,merbefugnisse angemaßt hat, schuldet nur nach Maßgabe des SE- und Bereicherungsrechts Ausgleich
- -> Eigentumslage prüfen!
(-) Möglichkeit zur Dereliktion
BGH: Störerbegriff
- Handlungsstörer ist, wer eine Störung durch Tun oder Unterlassen verursacht hat
- Zustandsstörer ist, wer für die Störungsquelle “verantwortlich” ist, das soll aber nur für “zurechenbare” Störungen im Rahmen des “Vorhersehbaren gelten”
–> Begrenzung auf RF-Seite
(-) dadurch verkommt §1004 zum verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch
(-) Haftungsrisiken sind nicht vorhersehbar
quasiinegatorischer Unterlassungsanspruch (Prüfungsschema, Herleitung, etc.)
I. Störung eines geschützten Rechtsguts i. S. der §§ 823 ff BGB
II. Rechtswidrigkeit, keine Duldungspflicht nach § 1004 II BGB
- Ein Verschulden hinsichtlich der Störung ist hingegen nicht erforderlich.
- Rechtswidrigkeit wird in der Regel durch die Rechtsgutverletzung indiziert.
! gilt nicht für die sog. Rahmenrechte wie das
allgemeine Persönlichkeitsrecht und das
Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb!
Hierbei ist eine umfassende Güter- und Interessenabwägung erforderlich.
III. Weitere bevorstehende Beeinträchtigungen
schutzwürdiges Interessen besteht nur, wenn noch mit dem Eintritt weiterer Beeinträchtigungen zu rechnen ist. Allerdings kann der Unterlassungsanspruch auch vorbeugend für erstmalig unmittelbar bevorstehende Störungen geltend gemacht werden.
IV. Geltendmachung gegen den Störer
Hier kann auf die polizei- und ordnungsrechtlichen Grundsätze über den Handlungs- und Zustandsstörer zurückgegriffen werden. –> richtiger Adressat!
Gegen was richtet sich der negatorische Unterlassungsanspruch?
Der negatorische Unterlassungsanspruch richtet sich gegen die drohende Beeinträchtigung von Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum
Gegen was richtet sich der quasinegatorische Unterlassungsanspruch?
Der quasinegatorische Unterlassungsanspruch richtet sich gegen die drohende Beeinträchtigung „sonstiger Rechte“ und rechtlich geschützter Positionen.
Woher rühren der (quasi-)negatorische Unterlassungsanspruch
§ 1004 schützt unmittelbar nur das Eigentum. Da aber ein ähnlicher Rechtsschutz für andere absolute Rechte und Rechtsgüter und rechtlich geschützte Interessen nötig sind, ist § 1004 analog anwendbar