Strafrecht (einzelne Mordmerkmale) Flashcards

1
Q

Arglos (Heimtücke = Definition)

A

wer, bei vorhandener Fähigkeit zum Argwohn - einen Angriff auf sein Leben oder einen erheblichen Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit nicht erwartet

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2
Q

Wehrlos (Heimtücke)

A

ist, wer infolge seiner Arglosigkeit in seiner Abwehrbereitschaft/-fähigkeit zumindest erheblich eingeschränkt ist

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3
Q

Heimtücke

A

Bewusste Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers in feindseliger Willensrichtung

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4
Q

Zeitpunkt der Arglosigkeit

A

Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (Eintritt der Tat in das Versuchsstadium)
Problem: Arglosigkeit bei vorangegangener Auseinandersetzung (sich hochschaukelnde Streitereien)

Früher (teilweise), keine Arglosigkeit dann, wenn Täter dem Opfer in offener Feindschaft gegenübertritt.
Dagegen: tötungswilliger Täter braucht sein Opfer nur mit einem verbalen Streit reizen, damit Heimtücke ausscheidet.
Heute, Arglosigkeit, wenn das Opfer beim ersten mit Tötungsvorsatz ausgeführten Akt des Täters keinen tätlichen Angriff (massiven Angriff auf sein Leben/ seine körperliche Unversehrtheit) erwartet.
Dafür spricht, dass es wertungsmäßig vernünftig ist. Nicht durch Provokation soll der Freibrief erworben werden, vom Mordparagraph freigesprochen zu werden.

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5
Q

BGHSt 32, 382 (Heimtücke) (Tuch-Erstickung)

A

wann ist die Täterin in das Stadium des Versuchs eingetreten? (tendenziell eher später anzunehmen, eng zu interpretieren; Formel von: kein wesentlicher Zwischenschritt mehr).
War das Opfer zu dem Zeitpunkt als die Täterin ihr das Halstuch um den Hals legte noch arglos? (Zu dem Zeitpunkt nicht mehr, Wehrlosigkeit zu bejahen, beruhte aber nicht auf der Arglosigkeit, sie wusste was sie erwartete). Auf das vorangegangene Wehrlos-Machen kann nicht abgestellt werden, da die Täterin zu diesem Zeitpunkt noch keinen Tötungsvorsatz hatte.

Entscheidend ist, dass beim Eintritt in das Versuchsstadium das Opfer nicht mehr arglos war.

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6
Q

Feindselige Willensrichtung (BGH NStZ-RR 2000, 327) –> “töte sie zu ihrem eigenen Besten”

A

Entscheidend: hatte der Täter feindselige Willensrichtung?
Arglosigkeit ist nicht ausgeschlossen, wenn ein genereller Verdacht vorliegt, dass ein Anschlag vorbereitet wird (Fairness: ein Täter, der im Vorhinein eine Atmosphäre des Schreckens verbreitet, soll nicht privilegiert werden).

Der Täter hat nicht zu entscheiden, was der erklärte Wille des Opfers ist. Also keine rein subjektive Bestimmung der “feindseligen Haltung”. Täter muss aufgrund einer obj. nachvollziehbaren Wertung der Vermeidung schwersten Leidens den Vorrang haben. (Frage: was wenn es ihr gleichgültig wäre?).

Wenn der Täter sich über den erklärten Willen des Opfers hinwegsetzt, scheidet feindliche Willensrichtung nur dann aus, wenn er in krankhafter Verblendung (keine Privilegierung bei eigenständiger Verfügung über fremdes Leben (Patientenfälle, Leben gefährden, um reanimieren zu können).

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7
Q

Grundsatz der Arglosigkeit

A

Arglos kann nur sein, wer Gras. die Fähigkeit hat, Argwohn zu hegen (Kleinkinder, Bewusstlose, Schlafende) = Kontraintuitives Ergebnis (besonders verwerflich sich an einem schwachen, wehrlosen Menschen zu vergreifen).

Ausnahmen = 1.Täter schaltet (z.B. durch wohlschmeckendes Gift) die natürlichen Abwehrinstinkte des Kindes aus (wird der Begriff der Arglosigkeit nicht verfälscht? Arglos ist das Kind bei bitterem Brei nicht, denn es spuckt diesen nicht aus Angst um sein Leben aus, 2.Täter nutzt die von ihm erkannte Arglosigkeit eines schutzbereiten Dritten zur Tatbegehung aus (z.B. Babysitter, Eltern).

Zur Ausnahme Schlafender: Schlafende werden grundsätzlich als taugliche Opfer eines Heimtückemordes angesehen (das Opfer nimmt seine Arglosigkeit mit in den Schlaf). Ausnahme: Schlafender wurde entgegen seinem Willen vom Schlaf übermannt.

Bewusstlosigkeit aus Vollrausch: auch er trinkt im Glauben, das die Gesamtsituation ungefährlich ist.

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8
Q

BGH, NStZ 2013, 158 (Kindestötung aus Überforderung)

A

Handelt es sich um einen Fall der Heimtücke? Ausnutzung von Arg- und Wehrlosigkeit.
Entscheidung des Landgerichts: Nein, Tötungsvorsatz im Moment des Wegschickens noch nicht gegeben, das Kind schläft. (auch kein Tötungsvorsatz beim Ausschalten des Monitors).
Entscheidung des BGH: Heimtücke bejaht, potentiell schutzbereiter Dritter muss nicht physisch zugegen sein. Es reicht aus, dass er bei Verdacht aufgrund räumlicher Nähe den Schutz wirksam erbringen könnte. Genügt , dass der Täter die von ihm erkannte Arglosigkeit des Dritten bewusst zur Tatbegehung ausnutzt.
Kritik: Täterin fehlen jegliche Merkmale, die eine “tückische” bzw. extrem verwerfliche Vorgehensweise Kennzeichen (kein Irreführen o. Ä.).
Evtl. niedrige Beweggründe? Dies Fallgruppe ist besonders restriktiv auszulegen (Überforderung ist ein Zeichen von Schwäche und fällt darum nicht darunter).
Hier könnte zusätzlich eine fahrlässige Tötung (Abschalten des Monitors –> Vorverhalten, das einen gefahrspezifischen Zusammenhang begründet, zurücktretend).

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9
Q

Restriktionsversuche (BGHSt [GrS] 30, 105) (Erschießung in einer Gaststätte, Vergewaltigung vorausgegangen)

A

Restriktive Auslegung. Zum Zeitpunkt des Angriffs liegen keine verdichtenden Verdachtsmomente auf Seiten des Opfers vor.
Von der Höchststrafe kann abgesehen werden (§ 49 I), in Fällen (Verbotsirrtum, Vermeidbarkeit), in denen das Handeln nicht so niedrig und schlechthin unentschuldbar einzustufen ist (vorangegangene Vergewaltigung).
Teilweise: Wir brauchen die Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit in einem Vertrauensverhältnis (hat sich aber nicht durchgesetzt) und weitere Lösungen (zunächst unter den Heimtückebegriff subsumieren, danach aber eine Gesamtwürdigung, verwerflich genug?)
BGH -> Rechtsfolgenlösung: Strafmilderung nach § 49 I Nr. 1 (Modmerkmale sind nur Indizien) bei außergewöhnlichen Umständen (Motivation durch notstandsähnliche Situation, große Verzweiflung, tiefes Mitleid, aufgrund schwerer Provokation durch das Opfer).
§ 243 = Strafzumessungsregel. Wenn der Täter eine der No. 1-7 erfüllt, ist er in der Regel nach dem schweren Maßstab zu bestrafen. Die Heimtücke soll demnach auch nur eine Strafzumessungsregel sein. Tatbestandsmerkmal als Regelbeispiel auch nicht überzeugend. Über den Tatbestand kann dies nicht zu lösen sein, sondern nur bei der Rechtsfolge. Direkt zu § 49 I springen (unter ganz engen Voraussetzungen) -> Strafmilderung nur bei außergewöhnlichen Umständen: s.o (Verzweiflung…).

Kritik: richterliche Rechtsfortbildung contra legem. Von kaum praktischer Bedeutung.

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10
Q

Grausamkeit

A

Grausam handelt, wer dem Opfer aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung Schmerzen oder Qualen zufügt, die über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen.
Problem: Konstellation der vorbereitenden Grausamkeit.
BGH: Grausamkeit kann sich auch aus den Umständen ergeben, unter denen die Tötung eingeleitet und vollzogen wurde.
Kritik: Wortlaut des § 211 (“grausam tötet”). Grausamkeit bezieht sich auf die Tötung. Vorbereitende Handlungen zu werten geht deshalb über den Wortlaut des Gesetzes hinaus.

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11
Q

Gemeingefährliche Mittel

A

Mittel, das eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat.
Die abstrakte Gefährdung reicht nicht aus, sondern es geht um die Eignung und Wirkung in der konkreten Tatsituation.
Bspw. Steinwürfe von Autobahnbrücken (auch Heimtücke, wenn Insassen getroffen werden). Entscheidend ist nach dem BGH, ob nur die konkret anvisierten Insassen gefährdet sind oder Folgeunfälle mit tödlichem Ausgang drohen. Wenn die Autobahn leer ist und keine Folgeunfälle zu befürchten sind dann kein gemeingefährliches Mittel (restriktive Auslegung).

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12
Q

Zu den gemeingefährlichen Mittel (BGH NStZ 2010, 87)

A

Gemeingefährliches Mittel. Beim Auslassen des Gases hatte er keinen Fremdtötungsvorsatz. Mord durch Unterlassen (Garantenpflicht aus Ingerenz).
Zusätzlich muss die Entsprechungsklausel erfüllt sein. Eigentlich müsste das gemeingefährliche Mittel eingesetzt worden sein (gemeingefährliches Mittel darf nicht allein ausgenutzt worden sein, reicht nicht, dass er die Situation zuvor fahrlässig geschaffen hat (so der BGH), dagegen: Weder Wortlaut noch Normzweck gebieten/ verlangen dies. Die besondere Rücksichtslosigkeit, die sich aus der Gefährdung unbeteiligter Personen ergibt, liegt ebenso beim garantenpflichtigen Täter vor).

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