Strafrecht BT (22.05.17) Flashcards
Diebstahl
II.Tathandlung: Wegnahme
Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams.
Gewahrsam
Tatsächliches Herrschaftsverhältnis über eine Sache, das von einem Sachherrschaftswillen getragen ist. Maßgeblich ist jeweils die Verkehrsanschauung.
Entscheidend ist nicht die faktische Zugriffsmöglichkeit, sondern die soziale Zuordnung.
Herrschaftswille muss nicht auf konkrete Gegenstände bezogen sein, sondern kann als genereller Herrschaftswille alle Gegenstände umfassen.
Auch ein bloß potentieller Herrschaftswille ist ausreichend: Auch Schlaf und Bewusstlosigkeit heben den Gewahrsam nicht auf. Herrschaftswille wird sehr weit verstanden.
BGH JR 1986, 294
Fremdes Gewahrsam trotz Bewusstlosigkeit (Ohnmacht)?
Im Gegensatz zum Schläfer wacht das Opfer nicht mehr auf.
Abgrenzung zu Eigentum und Besitz
Gewahrsam ist unabhängig vom Besitz. Eigentum ist eine rechtliche Zuordnung.
Auch nicht identisch mit Gewahrsam. Dann wenn der Besitz sehr rechtsähnlich ist.
Mittelbarere Besitz (Vermieter), dafür aber keine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf die Sache, damit kein Gewahrsam.
Beim Erbfall geht gem. § 857 der Besitz, nicht aber das Gewahrsam über.
Besitzdiener (übt Besitz für einen Anderen aus) haben dagegen häufig Gewahrsam.
Gewahrsam an vergessenen/ verlorenen Gegenständen
Vergessene Gegenstände bleiben Gras. im Gewahrsam, wenn ich weiß wo sie sind und jederzeit wiedererlangen kann
Wer einen Gegenstand verliert, verliert auch den Gewahrsam.
Gegenstände, die in einer fremden Gewahrsamsspähre (Restaurant, Ladenräume) verloren gehen, stehen nun in Gewahrsam des Inhabers der betreffenden Herrschaftssphäre.
Bei Verlust außerhalb einer fremden Gewahrsamssphäre werden die Gegenstände gewahrsamslos, eine Wegnahme ist dann nicht möglich.
Gewahrsam bei mehreren potentiellen Gewahrsamsinhabern (symmetrisch)
Haben mehrere Personen nur gemeinsam Zugriff auf eine Sache, besteht Mitgewahrsam.
Sind die Personen dabei gleichwertig vom Allgemeingewahrsam entfernt, ist der Mitgewahrsam gleichrangig.
Gewahrsam bei mehreren potentiellen Gewahrsamsinhabern (asymmetrisch)
Eine Person hat eine überlegene faktische Zugriffsmöglichkeit, die andere Person jedoch die bessere rechtliche Befugnis.
1.Lösung
Konstruktion von über- und untergeordnetem Gewahrsam
2.Lösung
Alleingewahrsam des übergeordneten Gewahrsamsinhabers
-> Ergebnisse weitgehend identisch.
Hausangestellte, Ladenangestellte und Fabrikarbeiter:
Arbeitgeber hat idR. übergeordneten (oder Allein-)Gewahrsam an den Arbeitsgegenständen bzw. Waren
BGH NStZ-RR 2001, 268
Wegnahme einer fremden beweglichen Sache?
Haben wir hier einen Gewahrsamswechsel? Wer hatte zum Zeitpunkt des Zugriffs auf die Kasse Gewahrsamsinhaber?
Gewahrsam des Vorgesetzten gebrochen.
ABER: Ladenangestellter hat den einen Kassenschlüssel. Derjenige, der das Alleingewahrsam hat ist Alleingewahrsamsinhabers (bei den Kassenangestellten).
Kein Diebstahl, da kein Gewahrsamswechsel. Aber eventuell nach § 246 II.
Gewahrsam an Betriebsfahrzeugen
Arbeitgeber hat ein gewisses Maß an tatsächlicher Kontrolle = gleichrangiges Mitgewahrsam
Bei Fernfahrten oder in größere Städte entfällt der (Mit-)Gewahrsam des Arbeitgebers: Sachen sind außerhalb der federzeitigen Zugriffsmöglichkeit des Dienstherren (ggf. § 246 II).
Verschlossenes Behältnis
Jemand anderes als der Inhaber des Schlüssels hat ein verschlossenes Behältnis in seiner tatsächlichen Gewalt.
Bei ortsfesten Behältnissen hat der Schlüsselinhaber wegen seiner faktischen Kontrolle über den Inhalt (mindestens) gleichrangigen Mitgewahrsam.
Bei den beweglichen Behältnissen dagegen hat der Verwahren des Behältnisses den Alleingewahrsam. (Arg: Sache kann der Kontrolle des Schlüsselinhabers unschwer entzogen werden).
OLG Braunschweig, StrFO 2016, 167 (11jähriger Sohn (Spardose) und A (klaut seinem Kind Geld))
Gewahrsamsstellung des A
Hat A übergeordneten Gewahrsam?
Hatte der Vater nicht, denn das Kind hatte unmittelbare räumliche Einwirkunsmöglichkeit.
Begründung neuen Gewahrsams
Definition
Gewahrsamswechsel durch Schaffung einer Gewahrsamsenklave?
Nur kurzfristiger Bruch fremden Gewahrsams? Oder in der Gewahrsamsspähre des Kaufhauses geblieben?
Damals war der versuchte Diebstahl nicht strafbar. Kulturelles Tabu (Welzel) -> Persönliche Körpersphäre, soziale Tabuzone.
Unabhängig von einer etwaigen Beobachtung. Mittel, die den Diebstahl nur aufdecken, etwa Sicherungsetiketten, hindern die Wegnahme nicht.
HammelBeispiel: Gegenständen, die sich wegen ihrer Beschaffenheit oder ihres Gewichts nur schwer transportieren lassen -> Allein durch Eingreifen keine Überführung in die eigene Tabusphäre.