§ 28 StGB - besondere persönliche Merkmale Flashcards
Wann ist der Anwendungsbereich des 28 eröffnet?
Wenn es sich im ein besonderes persönliches täterbezogenes Merkmal handelt.
Wann findet 28 keine Anwendung?
Im Rahmen von tatbezognenen Merkmalen
Ist der Anwendungsbereich des 28 eröffnet?
Fall 1:
Täter A verwirklicht kein Mordmerkmal, Täter B handelt mit
gemeingefährlichen Mitteln, wovon A wusste.
A und B wollen gemeinsam den O töten. Nachdem A erfolglos auf O schoss, zündet B, nachdem sich beide in Sicherheit befanden, eine Bombe im Mehrfamilienhaus des O.
Isoliert betrachtet:
A: 212
B: 211 I, II
Aber: Gemeingefährliches Mittel (Bombe) ist tatbezogenes Merkmal und kann dem A nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gem. 25 II zugerechnet werden, wenn er von der Verwirklichung des Mordmerkmales in der Person des B wusste.
Hier (+), sodass A und B gem. 211, 25 II strafbar sind.
Der Anwendungsbereich des 28 ist nicht eröffnet.
Ist der Anwendugsbereich des 28 eröffnet?
Haupttäter handelt habgierig, Anstifter weiß dies, erfüllt aber selbst kein Mordmerkmal.
Frau F will an das Erbe der Mutter M gelangen, was ihr der Sohn S eingeredet hat. Deshalb beschließt sie, die M im Schlaf zu erschlagen. Während S ohne Aussicht auf das Erbe handelt, kam es F genau darauf an.
F: 212 I, 211
S:
Nach Lit.: 212 I, 26 iVm 28 II
S ist nur für Anstiftung zum Totschlag strafbar, da er kein Mordmerkmal aufweist, wohingegen die Tat für die F einen Mord darstellt.
Bezüglich S findet also eine Durchbrechung der limitierten Akzessorietät der Teilnahme statt, sodass S
wegen einer Anstiftung zum Totschlag gem. §§ 212 I, 26 StGB bestraft wird, obwohl die Haupttat ein
Mord darstellt.
Nach Rspr.: 211, 26 iVm 28 I, 49 I
Die Rechtsprechung würde aufgrund der Anwendung von § 28 I StGB dazu kommen, dass die F wegen
Mordes und der S wegen einer Anstiftung zum Mord gem. §§ 211, 26 StGB bestraft wird. Da dem S
allerdings das Mordmerkmal der Habgier fehlt, ist seine Strafe gem. § 49 I StGB zu mildern. Es bleibt
allerdings – entgegen der Literatur – bei dem Grundsatz der limitierten Akzessorietät
Wo ist der Prüfungsstandort des 28 II?
Unter 3. nach dem subjektiven Tatbestand als Tatannex “Tatbestandsverschiebung”
Wo ist der Prüfungsstandort des 28 I?
Nach der Schuld unter IV. als “Strafrahmenverschiebung”
Täter A handelt ohne Mordmerkmale, Anstifter B hingegen aus Habgier
Sachverhalt:
Ohne ein Mordmerkmal zu verwirklichen, erschießt A den Rechtsanwalt M, wozu ihn der B aus habgierigen Motiven angestiftet hat.
Strafbarkeit des A: § 212 I StGB
Täter A ist sowohl nach der Literatur als auch nach der Rechtsprechung wegen eines Totschlags gem.
§ 212 I StGB zu bestrafen.
Strafbarkeit des B:
Literatur: §§ 212 I, 211, 26 i.V.m. § 28 II StGB
Die Literatur bestraft den Anstifter B wegen einer Anstiftung zum Mord, obwohl die Haupttat nur ein
Totschlag ist. Insoweit führt die Anwendung von § 28 II StGB zur Durchbrechung des Grundsatzes der
limitierten Akzessorietät.
Rechtsprechung: §§ 212 I, 26 StGB
Die Rechtsprechung kann § 28 I StGB nicht anwenden, da der Fall, in dem beim Teilnehmer ein
besonderes persönliches Merkmal vorliegt, welches beim Haupttäter fehlt gerade nicht erfasst. Dies hat
zur Konsequenz, dass der Anstifter B wegen einer Anstiftung zum Totschlag zu bestrafen ist. Sein
Mordmerkmal der Habgier soll dann aber im Rahmen der Strafzumessung zu seinen Lasten
Berücksichtigung finden
Täter A handelt habgierig. Gehilfe B weiß dies, ohne selbst habgierig zu handeln, erfüllt aber selbst das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht – Gekreuzte Mordmerkmale
Sachverhalt:
A erschießt den Makler M aus Habgier. In Kenntnis dieses
Beweggrundes, ohne aber selbst habgierig zu handeln, hat B ihm die Tatwaffe überlassen, weil er eine von seinem Schwager S begangene Straftat zu verdecken sucht und den M als einzigen Zeugen dieser Tat beseitigt sehen möchte.
Strafbarkeit des A: § 211 StGB
Täter A ist strafbar wegen eines Mordes gem. § 211 II, 1. Gruppe StGB.
Strafbarkeit des B:
Literatur: §§ 212 I, 211, 27 i.V.m. § 28 II StGB
Die Literatur bestraft den B ebenfalls wegen einer Beihilfe zum Mord. Hierzu gelangt die Literatur
indem sie den § 28 II StGB anwendet, sog. „doppelte Tatbestandsverschiebung“.
Rechtsprechung: §§ 211, 26 StGB
Die Rechtsprechung bestraft den B wegen Beihilfe zum Mord.
Obwohl B die ihm bekannte Habgier des Haupttäters nicht teilt, soll ihm die in § 28 I StGB vorgesehene
Strafmilderung nicht zugutekommen, weil er selbst ein besonderes persönliches Merkmal, die
Verdeckungsabsicht, verwirklicht hat und diese den Mordmerkmalen der 1. Gruppe des § 211 II StGB
gleichsteht.
Liegen auch gekreuzte Mordmerkmale vor, wenn HT und TM dasselbe Mordmerkmal verwirklichen, beide aber eine unterschiedliche Motivation dsbzgl. aufweisen?
Ja. Die Täter müssen nicht zwingend verschiedene subjektive Mordmerkmale vorweisen.
§ 28 II StGB bei unechtem Amtsdelikt
Sachverhalt:
Studienrat T ohrfeigt den 17-jährigen Schüler O während des
Unterrichts aus niedrigem Anlass. Hierzu hatte ihn seine
Lebensgefährtin A angestiftet.
Strafbarkeit des T:
§§ 223 I i.V.m. 340 I StGB – Körperverletzung im Amt
Strafbarkeit des A: §§ 223 I, 340 I, 26 StGB an sich (+), aber Akzessorietätsdurchbrechung wegen § 28 II
StGB, da unechtes Amtsdelikt.
Daher: §§ 223 I, 26 i.V.m. 28 II StGB – Anstiftung zur Körperverletzung
§ 28 I StGB bei echtem Amtsdelikt
Sachverhalt:
A stiftet den Richter R dazu an, den B trotz seiner Unschuld zu verurteilen. R tut ihm wie geheißen, da er A noch einen „großen Gefallen“ schuldet.
Strafbarkeit des R: § 339 StGB – Rechtsbeugung
Strafbarkeit des A: §§ 339, 26 StGB i.V.m. §§ 28 I, 49 I StGB – Anstiftung zur Rechtsbeugung
M ist Geschäftsführer einer GmbH. Seine Frau F stiftet ihn an, von den Tageseinnahmen 500 EUR für eine gemeinsame Reise abzuzweigen, was M auch tut.
Strafbarkeit des M: § 266 I, 2. Var. StGB – Untreue; § 246 II StGB – veruntreuende Unterschlagung
Strafbarkeit der F: §§ 266 I, Var. 2, 26 i.V.m. §§ 28 I, 49 I StGB – Anstiftung zur Untreue; §§ 246 I, 26
i.V.m. § 28 II StGB – Anstiftung zur Unterschlagung
Polizist P sieht, wie T auf eine Demonstrantin einschlägt und ermuntert T (kein Amtsträger), damit fortzufahren.
Strafbarkeit des T: § 223 I StGB – Körperverletzung
Strafbarkeit des P: §§ 340 I, 27 I i.V.m. § 28 II StGB – Anstiftung zur Körperverletzung im Amt
Ärztin A erfüllt den Sterbewunsch des Patienten P mit Hilfe einer tödlich wirkenden Spritze. Die Spritze wurde durch den Krankenpfleger S in Kenntnis aller Umstände präpariert, um dem A zu gefallen.
Strafbarkeit der A: § 216 StGB
Strafbarkeit des S:
Literatur:
§§ 212 I, 27 I StGB i.V.m. § 28 II StGB – Beihilfe zum Totschlag
Rechtsprechung:
§§ 216 I, 27 I i.V.m. §§ 28 I, 49 I StGB – Beihilfe zur Tötung auf Verlangen
Nenne examensrelevante täterbezogene Merkmale.
- Mordmerkmale gem. § 211 II Gr. 1 und Gr. 3
- „ihm anvertraut“ in § 246 II
- Amtsträgereigenschaft z.B. in § 340
- Vermögensbetreuungspflicht in § 266
- Garantenstellung bei unechten
Unterlassungsdelikten, str. - Eigenschaft als Bandenmitglied z.B. bei § 244 I
Nr. 2 StGB - Eigenschaft als Arzt/RA bei § 203
- Gewerbsmäßigkeit z.B. bei § 260
- Täterqualifikation als Unfallbeteiligter, § 142
- Persönlicher Strafaufhebungsgrund, § 24