Innere Fälle 61-80 Flashcards
Eine 59-jährige Patientin kommt wegen eines grippalen Infektes in Ihre hausärztliche Praxis. Aus der Vorgeschichte sind eine Divertikulose und ein Myokardinfarkt bekannt. Außer Aspirin 100 mg besteht keine regelmäßige Medikation. Die körperliche Untersuchung der Patientin (Größe 170 cm, Gewicht 62 kg) ist bis auf einen Blutdruck von 150/90 mmHg unauffällig. Die Labordiagnostik zeigt neben einer erhöhten BSG (35 mm n.W.) eine Hypercholesterinämie (Cholesterin 280mg/dl, HDL 29 mg/dl, LDL 170 mg/dl) und Hypertriglyceridämie (Triglyceride 290mg/dl). Das EKG zeigt einen regelmäßigen Sinusrhythmus und Zeichen eines alten Hinterwandinfarktes.
Nennen Sie 3 Medikamente, die Sie dieser Patientin verordnen würden! Begründen Sie Ihren Vorschlag!
1- Cholesterinsynthesehemmer (z.B. Simvastatin,
Pravastatin) zur Senkung der Konzentration von LDL-Cholesterin (und sekundär auch der Gesamtcholesterinkonzentration)
2- ß -Blocker(z.B. Metoprolol, Bisoprolol), da sie den Blutdruck senken und die Prognose bei Z. n. Myokardinfarkt günstig beeinflussen
3- ACE-Hemmer (z.B. Ramipril, Enalapril), da sie den Blutdruck senken und die Prognose bei Z. n. Myokardinfarkt günstig beeinflussen.
Welche Zielwerte für Gesamtcholesterin, HDL-, LDL-Cholesterin und Triglyzeride streben Sie bei dieser Patientin an?
Gesamtcholesterin < 180 mg/dl
Triglyzeride < 150 mg/dl
LDL-Cholesterin < 100 mg/dl
HDL-Cholesterin > 40 mg/dl
Eine 59-jährige Patientin kommt wegen eines grippalen Infektes in Ihre hausärztliche Praxis. Aus der Vorgeschichte sind eine Divertikulose und ein Myokardinfarkt bekannt. Außer Aspirin 100 mg besteht keine regelmäßige Medikation. Die körperliche Untersuchung der Patientin (Größe 170 cm, Gewicht 62 kg) ist bis auf einen Blutdruck von 150/90 mmHg unauffällig. Die Labordiagnostik zeigt neben einer erhöhten BSG (35 mm n.W.) eine Hypercholesterinämie (Cholesterin 280mg/dl, HDL 29 mg/dl, LDL 170 mg/dl) und Hypertriglyceridämie (Triglyceride 290mg/dl). Das EKG zeigt einen regelmäßigen Sinusrhythmus und Zeichen eines alten Hinterwandinfarktes.
Nennen Sie mindestens 2 weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren, zu denen diese Fallbeschreibung keine Informationen aufweist!
- Nikotinkonsum
- Diabetesmellitus
- Hyperhomocysteinämie
- Stress.
Als diensthabender Internist werden Sie im Wochenenddienst in die gynäkologische Abteilung zu einer 51-jährigen Patientin gerufen, die seit dem Morgen eine zunehmende, schmerzhafte Schwellung des linken Beins beklagt. Schwellungen der Beine seien bisher niemals aufgetreten. Von der 4 Tage zurückliegenden Operation (Hysterektomie) habe sie sich sonst gut erholt. Bei der klinischen Untersuchung fällt Ihnen eine Schwellung des linken Ober- und Unterschenkels mit gespannter glänzender Haut und livider Vefärbung auf. Sie messen am Oberschenkel eine Umfangsdifferenz von 4 cm gegenüber rechts. Ein Wadenkompressionsschmerz lässt sich nicht auslösen.
62.1 Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
Phlebothrombose, da eine deutliche Schwellung des linken Beins mit livider Verfärbung (Zyanose) besteht und eine Operation vorausging (Risikofaktor!). Da diese im Bereich des Beckens stattfand, ist der Thrombus möglicherweise in der Beckenvene lokalisiert.
Phlebothrombose
Welche Diagnostik schlagen Sie – in der Reihenfolge des praktischen Vorgehens – zur Sicherung der Diagnose vor?
- Kompressionssonographie und Farbduplexsonographie der Beinvenen.
- Angio-CT oder MRT: nur bei V.a. Beckenvenenthrombose und unklarem oder negativem Sonographiebefund.
- Phlebographie: falls eine Befundklärung durch Sonographie und/oder CT bzw. MRT nicht möglich ist.
- D-Dimer-Bestimmung (Serum): ein negativer Test schließt eine frische Phlebothrombose i. d. R. aus, ein positiver Test ist aber eher unspezifisch (jedoch positiver Test bei Entzündung, Malignomen etc. möglich).
Phlebothrombose
Welche Risikofaktoren für diese Erkrankung kennen Sie?
1- angeborene Gerinnungsstörung (bei ca. jedem 2. Patienten):
– Faktor-V-Leiden-Mutation (APC-Resistenz):
Eine Punktmutation im Faktor-V-Gen führt zu mangelnder Inaktivierung des Faktors durch aktiviertes Protein C (APC).– Hyperhomocysteinämie (Mutation des Methyltetrahydrofolatreduktase [MTFHR]- Gens): Ursache der Hyperkoagulabilität unbekannt.
– Protein-C-Mangel: Protein C ist das Proenzym des APC (s. o.); Mangel führt zu Hyperkoagulabilität.
– Protein-S-Mangel: Protein S ist der Kofaktor von APC; Mangel führt zu Hyperkoagulabilität.
– AT-III-Mangel: AT III ist der wichtigste Thrombininhibitor; Mangel führt zu Hyperkoagulabilität.
2. Rauchen
3. Exsikkose (Hyperkoagulabilität).
Phlebothrombose
Welche Risikofaktoren für diese Erkrankung kennen Sie? Teil 2
- operative Eingriffe: Insbesondere Operationen im Hüft- bzw. Beckenbereich bewirken Hyperkoagulabilität, vor allem, wenn keine prophylaktische Heparinisierung erfolgte.
- fehlende Bewegung und Immobilisierung, z. B. postoperativ oder bei Schwerkranken
- Abknicken der V. poplitea bei langem Sitzen, z. B. im Bus oder Flugzeug
- Therapie mit Östrogenen und oralen Kontrazeptiva
- maligne Tumorerkrankungen (Hyperkoagulabilität)
- Antiphospholipid-Syndrom (Antikörperbildung
gegen Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren,
s. Fall 19)
Phlebothrombose
Machen Sie einen Therapievorschlag! Nennen Sie, wo möglich, „Zielwerte“ für Ihre Therapie!
1- in der Akutphase
– therapeutische („Voll“-) Heparinisierung mit unfraktioniertem oder fraktioniertem (niedermolekularem) Heparin:
unfraktioniertes Heparin (z. B. Calciparin): zunächst i. v.-Bolus mit 70 IE/kg KG, dann 20 000 – 35 000 IE Heparin kontinuierlich i. v. pro 24 h; Ziel ist eine Verlängerung der aPTT um das 1,5- bis 2,5fache des Normwertes (dieser variiert von Labor zu Labor) fraktioniertes Heparin: Dosis an das Körpergewicht adaptiert; keine Laborparameter als Zielwert, da Gerinnungsparameter wie die aPTT bei therapeutischer Dosierung nicht auf die Gabe von fraktioniertem Heparin reagieren.
Phlebothrombose
Machen Sie einen Therapievorschlag! Nennen Sie, wo möglich, „Zielwerte“ für Ihre Therapie! Teil 2
– lokale Kompressionsbehandlung: initial mit elastischen Wickeln, später mit Kompressionsstrümpfen.
2- im Anschluss an die Akutphase orale Antikoagulation z. B. mit Phenprocoumon (Marcumar) zur Rezidivprophylaxe: nach vorheriger Heparinisierung überlappend; Zielwert INR 2,0 – 3,0; Therapiedauer bei Erstthrombose 6 Monate, bei permanent bestehenden Risikofaktoren oder Zweitthrombose lebenslang
3- systemische Fibrinolyse (s. u.)
4- Thrombektomie mit dem Fogarty-Katheter.
Phlebothrombose
Nennen Sie mindestens 3 Indikationen für eine systemische Fibrinolysetherapie bei der vermuteten Erkrankung!
- hämodynamisch relevante Lungenembolie (RR-
Abfall und/oder erhöhter pulmonalarterieller Druck) - akute tiefe Beinvenenthrombose im Oberschenkel- oder Beckenbereich (Symptome seit weniger als 10 Tagen) mit massiver Schwellung und Gefahr eines postthrombotischen Syndroms
- Phlegmasia coerulea dolens: Minderung der arteriellen Perfusion der Extremität durch die massive Weichteilschwellung
- zeitgleich akuter Myokardinfarkt.
Ein 46-jähriger Patient stellt sich wegen diffuser Bauchschmerzen und Übelkeit bei Ihnen in der Notaufnahme vor. Zudem habe er in den letzten 3 Monaten 5 kg an Gewicht zugenommen, ohne besonders fette Speisen bevorzugt zu haben. Vorerkrankungen sind nicht bekannt. Die Anamnese ergibt, dass der Patient seit Jahren täglich 1 Flasche Schnaps und 8Flaschen Bier konsumiert. Bei der körperlichen Untersuchung fallen Ihnen ein Ikterus, Spider-Nävi und ein Palmarerythem auf. Das Abdomen ist gewölbt und diffus druckschmerzhaft, die Bauchdecken sind leicht verhärtet. Die Leber ist vergrößert und grobknotig verhärtet. Die Körpertemperatur beträgt 38,0 C. Sonographisch zeigt sich perihepatisch eine große Menge an Flüssigkeit. Sie führen eine transabdominelle Punktion durch und lassen die gewonnene trüb-seröse Flüssigkeit (41/2 l) im Labor untersuchen. Folgendes Ergebnis wird Ihnen mitgeteilt: spezifisches Gewicht 1037 g/l, Eiweiß 4,1 g/dl, Leukozyten 2000/μl, Erythrozyten negativ, pH 7,2, bakteriologische Untersuchung steht noch aus. In der Gastroskopie zeigen sich Ösophagusvarizen Grad II ohne Blutungszeichen.
Was ist sehr wahrscheinlich die Ursache der abdominellen Beschwerden?
Eine spontane bakterielle Peritonitis bei äthyltoxischer Leberzirrhose mit Aszites: Hinweise auf eine Leberzirrhose sind der Ikterus, die Spider-Nävi, das Palmarerythem, die vergrößerte, grobknotig verhärtete Leber, der Aszites und die Ösophagusvarizen. Für das Vorliegen einer spontanen bakteriellen Peritonitis, einer Komplikation des Aszites, sprechen die diffusen Bauchschmerzen mit Übelkeit, reflektorischer Anspannung der Bauchdecken und Fieber.
Sie führen eine transabdominelle Punktion durch und lassen die gewonnene trüb-seröse Flüssigkeit (41/2 l) im Labor untersuchen. Folgendes Ergebnis wird Ihnen mitgeteilt: spezifisches Gewicht 1037 g/l, Eiweiß 4,1 g/dl, Leukozyten 2000/μl,
Handelt es sich bei dem Aszites-Punktat um ein Transsudat oder ein Exsudat? Begründen Sie Ihre Aussage!
Es handelt sich um ein Exsudat, da das spezifische Gewicht der Flüssigkeit > 1016 g/l, der Eiweißgehalt > 3,0 g/dl beträgt und die Flüssigkeit außerdem zellreich (Leukozyten > 500/μl) ist.
Leberzirrhose mit Aszites und bakterieller Peritonitis
Machen Sie einen Therapievorschlag!
- Therapie der spontanen bakteriellen Peritonitis: wegen der hohen Letalität der Peritonitis (bis zu 90%!) schon bei V.a. Peritonitis einen Gyrasehemmer (z. B. Ciprofloxacin) oder ein Cephalosporin der 3. Generation (z. B. Cefotaxim), am besten i. v., verabreichen!
- Therapie der portalen Hypertension: Indikation zur Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts (TIPS) prüfen
- Therapie der Leberzirrhose: Alkoholverbot, Meiden hepatotoxischer Medikamente
- ggf. Vitamin-B-Komplex (Vitamin B1, B6, B12), da bei Alkoholikern diesbezüglich oft Mangel herrscht.
Leberzirrhose mit Aszites und bakterieller Peritonitis
Machen Sie einen Therapievorschlag! Teil 2
- Therapie des Aszites:
– Kochsalzrestriktion ( < 3 g/d durch salzarme Kost, natriumarme Mineralwässer)
– Flüssigkeitsrestriktion (1 l/d)
– Diuretika: Spironolacton (Aldosteronantagonist, Beginn mit 25 mg/d, bei guter Nierenfunktion steigern auf 50 mg/d), evtl. zusätzlich Schleifendiuretikum (z. B. Furosemid)
– Wiederholung der Aszitespunktion im Verlauf, falls erforderlich
– Achtung: Aszites langsam ausschwemmen (tägliche Gewichtsabnahme < 500 g), da es bei schneller Ausschwemmung aufgrund der raschen Veränderung des intraabdominellen Druckes zu Kreislaufinstabilität kommt!(
Leberzirrhose mit Aszites und bakterieller Peritonitis
Was ist die Erklärung für den bevorzugten Einsatz von Spironolacton bei Leberzirrhose mit Aszites?
Leberzirrhose induziert einen sekundären Hyperaldosteronismus, dem der Aldosteronantagonist Spironolacton entgegenwirkt. Pathomechanismen des sekundären Hyperaldosteronismus:
– Aszites führt zu Natrium- und Flüssigkeitsverlust in die Bauchhöhle, der das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System stimuliert und eine vermehrte Aldosteronsynthese bewirkt.
– reduzierter Aldosteronabbau in der zirrhotischen Leber.
Welche Folgen und Komplikationen (mindestens 4) einer Leberzirrhose kennen Sie?
1- portale Hypertension und ihre Folgen:
– Ösophagus-, Korpus- und Fundusvarizen, bei ca. 30% der Patienten Blutung aus Varizen
– Aszites und seine Komplikationen: spontane bakterielle Peritonitis, Refluxösophagitis (erhöhter intraabdomineller Druck), respiratorische Insuffizienz (Druck des Aszites auf das Diaphragma)
– hepatorenales Syndrom = Niereninsuffizienz bei Leberversagen, Ursachen: Volumenverlust durch Aszites und Blutungen aus Varizen
– Splenomegalie mit Hypersplenismus = übermäßiger Abbau von Blutzellen in der Milz mit Leukopenie und Thrombopenie ➔ Fall 63 Seite 64
2- hepatische Enzephalopathie
3- hepatozelluläres Karzinom (s.Fall143).
Ein 34-jähriger Patient stellt sich wegen einer seit mehreren Tagen bestehenden Abgeschlagenheit und Schwäche bei Ihnen in der Notaufnahme vor. Er kann kaum stehen und gehen. Zuvor sei er immer gesund gewesen. Sie bemerken einen urinartigen Foetor ex ore. Bei der klinischen Untersuchung fällt eine generalisierte Muskelschwäche auf. Eine Muskelatrophie liegt nicht vor. Der Patient wirkt müde und unkonzentriert. Das Notfall-Labor zeigt folgende Befunde: Kreatinin 6,8mg/dl, Kalium 7,6mmol/l, Hb 10,2g/dl, Leukozyten 82000/μl, Thrombozyten 87 000/μl. Abb. 64.1 zeigt das EKG des Patienten bei Aufnahme.
Was ist die Ursache der Muskelschwäche ?
Schwere Hyperkaliämie (Serumkalium > 7 mmol/l) bei akuter Niereninsuffizienz (Hinweis: Urinartiger Foetor ex ore, Kreatinin > 1,2 mg/dl), wahrscheinlich prärenal auf dem Boden einer akuten Leukämie (Hinweis: massive Leukozytose bei Anämie und Thrombozytopenie). Das EKG (s. Abb. 64.1) zeigt den typischen Befund der Hyperkaliämie, das spitze hochpositive T.
Welche 6 anderen Ursachen einer Hyperkaliämie kennen Sie?
- Gewebstraumatisierung mit Freisetzung von
Kalium aus dem Gewebe (Crush-Syndrom) - schwere metabolische oder respiratorische Azidose (intrazelluläre Akkumulation von H+ führt zu Verschiebung von Kalium aus dem Intrazellularin den Extrazellularraum)
- Hypoaldosteronismus bei Nebenniereninsuffizienz (Morbus Addison)
- chronische Niereninsuffizienz (reduzierte Kaliumexkretion)
- Medikamente:
– kaliumsparende Diuretika (Amilorid, Triamteren, Spironolacton: Hemmung des RAA-Systems)
– Digitoxin, Digoxin (Hemmung der Na+-K+- ATPase!)
– ACE-Hemmer (Hemmung des RAA-Systems)
– kaliumsalzhaltige Antibiotikalösungen
– Kaliumchlorid in Infusionen (perioperativ, parenterale Ernährung) - „Pseudohyperkaliämie“ aufgrund von Hämolyse bei der Blutentnahme durch erhöhte Erythrozytenfragilität oder falsche Abnahmetechnik (zu viel Sog).
Wie kann eine Hyperkaliämie medikamentös behandelt werden?
1- Glukose-Insulin-Infusion (z. B. 30 IE Normalinsulin + 500 ml Glukose 10 % über 30 min): wirkt nach etwa 20 Minuten (s. Kommentar)
2- Kalziumglukonat 10% 10–20 ml über 3 min i. v.: Die Wirkung tritt schneller ein als bei der Glukose-Insulin-Infusion, hält aber nur ca. 1 Stunde an. Achtung: Kalziumglukonat ist bei Hyperkalzämie und bei digitalisierten Patienten kontraindiziert!
3- forcierte Diurese: parenterale Gabe von Furosemid (40 – 80 mg) und 0,9 %iger NaCl-lösung (bei akutem Nierenversagen nur wirksam, wenn die Urinausscheidung wieder einsetzt)
4- Ionenaustauscher (Resonium A oder Sorbisterit): nur bei nicht lebensbedrohlicher Hyperkaliämie, da die Wirkung erst 8 Stunden nach Applikation einsetzt.
Hyperkaliämie Welche weitere(n) Maßnahme(n) müssen Sie jetzt ergreifen, um das Leben des Patienten zu retten?
- Anlage eines Sheldon-Katheters (großlumiger zentralvenöser Katheter zur Dialyse) und Beginn einer Notfalldialyse mit kaliumarmem Dialysat
- falls erforderlich, Fortsetzung der kardiopulmonalen Reanimation, bis die Serumkaliumkonzentration durch die Dialyse deutlich abgenommen hat und eine Hyperkaliämie als Ursache der Asystolie nicht mehr in Betracht kommt
- ggf. Versuch mit passagerem Herzschrittmacher, bis die Maßnahmen zur Kaliumsenkung greifen; Herzschrittmacher ineffektiv bei elektromechanischer Entkopplung.
Ein 66-jähriger Patient stellt sich wegen Luftnot und Schwindel bei Belastung in Ihrer hausärztlichen Praxis vor. Während die Beschwerden früher nur bei starker Anstrengung aufgetreten seien, träten sie seit mehreren Monaten bereits bei geringer Anstrengung auf, z.B. beim Steigen von mehr als 5Treppenstufen. Gelegentlich verspüre er dann auch ein Druckgefühl in der Brust. Vor 2 Tagen sei er bei der Gartenarbeit für wenige Sekunden ohnmächtig geworden, habe sich aber nicht verletzt. Bei der körperlichen Untersuchung auskultieren Sie ein raues, spindelförmiges systolisches Geräusch mit Punctum maximum im 2. Interkostalraum rechts, das in die Karotiden fortgeleitet wird. Sie fertigen Röntgenaufnahmen des Thorax an; Abb. 65.1 zeigt die p.a.-Aufnahme.
Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie?
Aortenklappenstenose, da
– Dyspnö, Schwindel, Synkopen und retrosternaler Druckschmerz bei Belastung typische Symptome einer höhergradigen Aortenklappenstenose sind,
– ein raues, spindelförmiges Systolikum mit Punctum maximum im 2. Interkostalraum (ICR) rechts und Fortleitung in die Karotiden ist der für diese Erkrankung typische Auskultationsbefund
– das Röntgenbild den für die Aortenklappenstenose typischen Befund zeigt (s. Abb. 65.1): abgerundete Spitze und Verbreiterung des linken Ventrikels, Dilatation und Elongation der Aorta ascendens mit prominentem Aortenknopf, Verkalkung der Aortenklappe.
Aortenklappenstenose
Welche 3 weiteren diagnostischen Maßnahmen (in der Reihenfolge des praktischen Vorgehens) schlagen Sie vor? Begründen Sie Ihren Vorschlag!
- EKG zwecks Suche nach Ischämiezeichen, da der Patient Druckgefühl in der Brust und damit ein Anginapectoris-Äquivalent angibt
- Echokardiographie zur Darstellung des Vitiums, Abschätzung des Gradienten und zur Beurteilung der Pumpfunktion des linken Ventrikels
- Linksherzkatheteruntersuchung zur Beurteilung des Schweregrades der Aortenklappenstenose durch invasive Druckmessung und zum Ausschluss einer begleitenden koronaren Herzerkrankung.
Aortenklappenstenose
Nennen Sie die Therapieoptionen! Unter welchen Umständen kommen die einzelnen Optionen bevorzugt zum Einsatz?
- Diuretika: bei asymptomatischen Patienten mit leicht- oder mittelgradiger Aortenklappenstenose
- operativer Klappenersatz: bei
– allen symptomatischen Patienten
– Zeichen der linksventrikulären Schädigung
– einem mittleren Druckgradienten über der Aortenklappe von > 50 mmHg - Kommisurotomie: bei Kindern und Jugendlichen
- körperliche Schonung: bei symptomatischen
Patienten - Prophylaxe einer bakteriellen Endokarditis (z. B. bei zahnärztlichen Eingriffen, vor Koloskopien): bei allen Patienten.
Aortenklappenstenose
Erläutern Sie kurz die 2 Mechanismen, die bei dieser Erkrankung zur Entstehung der thorakalen Beschwerden führen!
- Aortenklappenstenose → erhöhte Druckbelastung des linken Ventrikels → konzentrische Hypertrophie des linken Ventrikels und erhöhter linksventrikulärer enddiastolischer Druck → erhöhter Koronarwiderstand im subendokardialen Myokard → relative Koronarinsuffizienz
- bei höhergradiger Aortenstenose Abfall des Drucks in der Aorta (hinter der Klappe) → Abfall des Perfusionsdrucks in den Koronargefäßen → relative Koronarinsuffizienz.
Eine 68-jährige Patientin kommt wegen einer seit Monaten zunehmenden Luftnot bei Belastung in Ihre allgemeinmedizinische Praxis. Seit einigen Wochen bestehe die Luftnot auch in Ruhe, unabhängig von der Körperlage. Zudem leide sie unter einem trockenen Husten. Sie auskultieren über beiden Lungen ein Knisterrasseln bei Inspiration. Die übrige körperliche Untersuchung ist unauffällig. Die Ergebnisse der Blutgasanalyse lauten: pO2 58mmHg, pCO2 34mmHg, pH 7,43, Sauerstoffsättigung 90%. Sie fertigen ein Röntgenbild an (Ausschnitt s. Abb. 66.1). Die Lungenfunktionsanalyse ergibt eine Reduktion von Vitalkapazität, Lungencompliance und Diffusionskapazität (DLCO 59 %).
Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
Interstitielle Lungenerkrankung, da
– eine langsam progrediente, von der Körperlage unabhängige Dyspnö (also keine Orthopnö = Hinweis auf dekompensierte Links- herzinsuffizienz), trockener Reizhusten und Knisterrasseln und somit typische Symptome einer interstitiellen Lungenerkrankung vorliegen,
– die BGA eine respiratorische Partialinsuffizienz (Hypoxie) mit Zeichen der Hyperventilation (Hypokapnie) zeigt,
– der Röntgen-Thorax streifige, scharfbegrenzte Verschattungen in der Lungenperipherie bei normal konfiguriertem, nicht vergrößertem Herzen, d. h. die Zeichen einer Lungenfibrose zeigt (s. Abb. 66.1),
– die Lungenfunktionsanalyse eine restriktive Ventilationsstörung (Vitalkapazität und Lungencompliance vermindert) mit höhergradiger Einschränkung der Diffusionskapazität ergibt.
– sich keine Anhaltspunkte für eine zugrunde liegende systemische Erkrankung (z. B. Kollagenose) oder Exposition gegenüber bekannten Ursachen (s. u.) ergeben, so dass möglicherweise eine idiopathische interstitielle Pneumonitis (IIP) vorliegt.
Interstitielle Lungenerkrankung
Nennen Sie die typische Komplikation dieser Erkrankung!
Cor pulmonale (s. Fall 11).
Interstitielle Lungenerkrankung
Nennen Sie 7 Ursachen dieser Erkrankung, die Sie bei der weiteren Abklärung berücksichtigensollten!
- anorganische Stäube, z. B. Quarzstaub, Asbeststaub, Nikotin
- organische Stäube, z. B. Aktinomyzeten- oder Vogelkot-haltiger Staub
- Sarkoidose
- Histiozytosis X
- chronische Lungenstauung bei Linksherzinsuffizienz
- entzündlich-rheumatische Systemerkrankungen: Kollagenosen, rheumatoide Arthritis
- Medikamente: z. B. Amiodaron, Busulfan, Bleomycin.
Interstitielle Lungenerkrankung
Nennen Sie mindestens 2 Untersuchungen, die zur weiteren Abklärung der Erkrankungsursache hilfreich sind!
- hoch auflösendes (HR-) CT der Lunge: Verteilungsmuster der Veränderungen hinweisend auf Subtypen der Lungenfibrose, Milchglasinfiltrate als Aktivitätshinweis
- Bronchoskopie mit Lungenbiopsie und bronchoalveolärer Lavage (BAL): Differenzialzytologie in der BAL hinweisend auf Subtypen
- offene Lungenbiopsie: Goldstandard zur Differenzierung von Subtypen der idiopathischen Lungenfibrose.
Interstitielle Lungenerkrankung
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es, sofern keine Ursache zu finden ist?
1- Glukokortikoide und Azathioprin
2- Behandlung des Cor pulmonale: Sauerstoff-
Langzeittherapie (s. Fall 11), Diuretika und ACE-Hemmer (s. Fall 92) zur Therapie der Rechtsherzinsuffizienz, Endothelinrezeptor-Antagonist Bosentan zur Reduktion des pulmonalarteriellen Druckes bei pulmonalarterieller Hypertonie
3- bei terminaler respiratorischer Insuffizienz Lungentransplantation oder, falls bereits ein dekompensiertes Cor pulmonale vorliegt, Herz- Lungen-Transplantation.
Ein 55-jähriger Patient wird vom Hausarzt wegen eines akut aufgetretenen hohen Fiebers (39,2 C) zur stationären Behandlung eingewiesen und kommt zu Ihnen in die Notaufnahme. Er klagt über ausgeprägte Schwäche. Schmerzen und Husten oder andere Beschwerden werden verneint. An Vorerkrankungen ist lediglich ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus bekannt. Bei der Untersuchung von Herz und Lunge zeigt sich eine Ruhetachykardie (Frequenz ca. 100/min). Die Haut ist warm und trocken. An der rechten Fußsohle finden Sie ein etwa 3 cm großes und etwa 1 cm in die Tiefe sondierbares Ulkus im Bereich des 1. Metatarsophalangealgelenks mit Rötung und Schwellung des Fußballens. Die übrige körperliche Untersuchung, das Röntgenbild des Thorax und der Urinstatus sind unauffällig. Das Labor zeigt folgende Befunde: CRP 347 mg/l, Hb 12,1 g/dl, Leukozyten 19 000/μl, Thrombozyten 123/μl. Wenige Stunden später werden Sie erneut zu dem Patienten gerufen. Dieser ist nun somnolent und kaum ansprechbar. Sie stellen eine Zunahme der Tachykardie (Herzfrequenz 130/min) und eine Tachypnö fest. Der Blutdruck beträgt 80/40 mmHg.
Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
Septischer Schock bei infiziertem neuropathischen Ulkus bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus. Für eine Sepsis sprechen die Rötung und Schwellung des Fußballens in der Umgebung des Ulkus, das Fieber, die warme, trockene Haut, die CRP-Erhöhung und Leukozytose. Das Verhältnis von Herzfrequenz zu systolischem arteriellem Blutdruck (Schockindex) beträgt weniger als 1, so dass ein Schockzustand besteht.
Sepsis (septischer Schock) bei infiziertem diabetischen Ulkus
Welche diagnostischen Maßnahmen (mindestens 6) schlagen Sie vor? Begründen Sie Ihren Vorschlag!
- Verlegung des Patienten auf die Intensivstation
zwecks kontinuierlicher Überwachung von EKG, Puls, Sauerstoffsättigung, Urinausscheidung und Blutdruck - Anlage eines ZVK zur Messung des zentralvenösen Drucks (ZVD) zwecks ZVD-gesteuerter Volumenzufuhr. Bei Zunahme der Schocksymptomatik ggf. Anlage eines Pulmonalarterienkatheters zum hämodynamischen Monitoring.
- wiederholte Abnahme von Blutkulturen (aerob und anaerob), vor allem im Fieberanstieg, zum Erregernachweis und zur Resistenztestung
Sepsis (septischer Schock) bei infiziertem diabetischen Ulkus
Welche diagnostischen Maßnahmen (mindestens 6) schlagen Sie vor? Begründen Sie Ihren Vorschlag!
Teil 2
- regelmäßige Laborkontrollen im Verlauf:
– Gerinnungsparameter (Thrombozyten, Quick, PTT, AT III, Fibrinogen), um eine Verbrauchskoagulopathie frühzeitig zu diagnostizieren (Thrombozyten sind bereits erniedrigt = Warnsignal!)
– Nierenretentionsparameter und Elektrolyte, um ein akutes Nierenversagen, das bei septischem Schock häufig auftritt, frühzeitig zu diagnostizieren
– Serumglukose, um eine Hyperglykämie frühzeitig zu diagnostizieren und durch Insulinzufuhr beheben zu können (bei einer schweren Infektion ist der Insulinbedarf durch Überwiegen kontrainsulinärer Hormone erhöht)
– Laktat, um eine anaerobe Stoffwechsellage, wie sie in der Spätphase des septischen Schocks auftritt, diagnostizieren zu können - BGA zur Erfassung einer respiratorischen Insuffizienz. Möglicherweise liegt bereits eine metabolische Azidose vor, da der Patient hyperventiliert.
- Röntgen des rechten Vorfußes zum Ausschluss bzw. Nachweis einer knöchernen Mitbeteiligung (Osteomyelitis).
Sepsis (septischer Schock) bei infiziertem diabetischen Ulkus
Welche therapeutischen Maßnahmen (mindestens 6) schlagen Sie vor? Begründen Sie Ihren Vorschlag!
- parenterale Volumenzufuhr mit kristalloiden
Lösungen (z. B. Ringer-Lösung) und kolloidalen Lösungen (z. B. HAES) – unter Kontrolle des ZVD (normal 4 – 8 mmHg) – , um das intravasale Flüssigkeitsvolumen zu steigern - falls der Blutdruck unter Flüssigkeitsgabe nicht ansteigt, Gabe von Katecholaminen parenteral als Perfusor (Noradrenalin, Dosis abhängig vom Effekt auf den Blutdruck), um den Blutdruck zu normalisieren
- Antibiotika zur Elimination der Erreger: Initialtherapie z. B. mit Aminopenicillin + Aminoglykosid (z. B. Amoxicillin + Gentamycin), nach Erhalt der Blutkulturergebnisse bzw. der Resistenztestung ggf. Anpassung
- Heparinisierung zur Prophylaxe der disseminierten intravasalen Gerinnung (DIC, s. Fall 59), bei DIC mit Blutungen Substitution von Gerinnungsfaktoren
- Stressulkusprophylaxe mit PPI, z. B. Omeprazol.
- frühzeitige Sanierung des Infektionsherdes (hier antibiotische Therapie, ggf. operative Sanierung)
- parenterale Ernährung (falls der Patient nicht ausreichend Nahrung zu sich nehmen kann, z. B. bei Koma)
- bei respiratorischer Insuffizienz Beatmung.
Welche 4 Formen des Schocks kennen Sie?
1 Volumenmangelschock
2 kardiogener Schock
3 septischer Schock
4 anaphylaktischer Schock.
Wie verhalten sich Herzzeitvolumen, peripherer Gefäßwiderstand und pulmonalkapillärer Verschlussdruck (PCWP) bei diesen 4 Schockformen?
- Volumenmangelschock: Herzzeitvolumen und PCWP vermindert, peripherer Gefäßwiderstand erhöht
- kardiogener Schock: Herzzeitvolumen stark vermindert, PCWP und peripherer Gefäßwiderstand stark erhöht
- septischer Schock:
– Frühphase (hyperdynam): Herzzeitvolumen
normal bis erhöht, PCWP noch normal, peripherer Gefäßwiderstand vermindert
– Spätphase (hypodynam): Herzzeitvolumen vermindert, PCWP normal bis erhöht, peripherer Gefäßwiderstand normal bis erhöht - anaphylaktischer Schock: Herzzeitvolumen und peripherer Gefäßwiderstand vermindert, PCWP normal.