Chirurgie Fälle 61-80 Flashcards
Fall 61 Panaritium
Nennen und erläutern Sie verschiedene Formen des Panaritiums!
Oberflächliche Formen:
– Paronychie (Umlauf): Entzündung des Nagelwalls
– Panaritium peri- und subunguale: Entzündung des gesamten Nagelbetts bzw. Nagelwalls bei Fortschreiten einer Paronychie
– Panaritium subcutaneum: eitrige Entzündung des Unterhautgewebes
– Panaritium cutaneum: blasenförmige Abhebung der Epidermis
Tiefe Formen:
– Panaritium ossale: Knochenbeteiligung infolge eines Panaritium subcutaneum
– Panaritium tendinosum: Sehnenbeteiligung infolge eines Panaritium subcutaneum oder
nach sekundär infizierten Verletzungen
– Panaritium articulare: Gelenkbeteiligung infolge eines Panaritium subcutaneum
Panaritium
Sie eröffnen die Schwellung. Es entleert sich Eiter und sie sehen noch einen kleinen Verbindungsgang in die Tiefe. Wie heißt diese spezielle Form des Panaritiums?
Kragenknopfpanaritium: intra- oder subkutanes Panaritium mit einem Verbindungsgang in die Tiefe zu einem Panaritium ossale, tendinosum oder articulare
Panaritium
Nennen Sie mögliche Komplikationen!
Sehnenscheidennekrose, Hohlhandphlegmone (Sonderform: V-Phlegmone mit Entzündung der Sehnenscheide des 1. und 5. Fingers), Unterarmphlegmone, Lymphangitis, Kontrakturen, Bewegungseinschränkungen bei Verklebung der Sehnen, Gelenksinfektion
Panaritium
Beschreiben Sie das therapeutische Vorgehen bei Panaritien!
- Inzision, Entfernung der Nekrosen, offene
Wundbehandlung, ggf. Ruhigstellung mittels Gipsschiene, ggf. Antibiotikatherapie (z. B. mit Clindamycin oder Cephalosporin der 3. Generation), feuchte Umschläge (z. B. Rivanol) - Bei tiefen Formen zusätzlich ausgiebige Spülung, stationäre Aufnahme, intravenöse Antibiotikagabe, Ruhigstellung
- Tetanusschutz überprüfen!
Eine 40-jährige Frau stellt sich in den Abendstunden in Ihrer Ambulanz vor, da sie seit einigen Stunden Schmerzen im rechten Oberbauch habe. Die Schmerzen verstärken sich in unregelmäßigen Abständen und nehmen dann wieder ab. Die Patientin empfindet ein Völlegefühl und hat in der vorangehenden Stunde zweimal erbrochen. Fieber habe sie nicht.
Bei der klinischen Untersuchung lässt sich bis auf einen Druckschmerz im rechten Oberbauch kein pathologischer Befund nachweisen.
Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie?
Choledocholithiasis bei Cholezystolithiasis: Anamnese (Gallenkoliken, Übelkeit, Erbrechen), Diagnostik (Druckschmerz im rechten Oberbauch)
Cholezystolithiasis und Choledocholithiasis
Nennen Sie Untersuchungen zur Bestätigung Ihrer Diagnose! Welche Ergebnisse erwarten Sie?
- Labor: Erhöhung von aP/γ-GT/direktem Bilirubin, evtl. auch GOT/GPT; bei Begleitpankreatitis auch Lipase- und Amylaseerhöhung
- Sonographie des Abdomens (s. Abb.): evtl. Nachweis einer Cholezystolithiasis (Schallschatten durch Steine ab einer Größe von 3 mm), keine Wandveränderungen (Abgrenzung zur Cholezystitis), dilatierte Gallenwege (D. choledochus > 8 mm) ⇒ Nachweis eines Steines in den Gallengängen oft nicht möglich
- ERCP: Nachweis von Steinen im Gallengang, gleichzeitig therapeutische Intervention möglich (Papillotomie und Extraktion von Gallensteinen aus den Gallengängen) wenn ERCP nicht möglich auch PTC (perkutane transhepatische Cholangiographie) oder MRCP
- Gastroskopie: Ausschluss einer anderen Ursache für die Beschwerden (z. B. Ulcus ventriculi)
Cholezystolithiasis und Choledocholithiasis
Welche Maßnahmen leiten Sie nach der Diagnostik ein?
- Stationäre Aufnahme, Infusionstherapie und
Nahrungskarenz - Spasmolytika, z. B. Butyscopolamin (Buscopan 20 mg i.v.)
- Bei stärkeren Schmerzen Pethidin (Dolantin 25 – 50 mg i. v.) oder Tramadol (Tramal 50 – 100 mg i. v.) oder Metamizol (Novalgin 500 – 1000 mg i. v.); Cave: keine anderen Morphinderivate, da spasmogene Wirkung!
- Cholezystektomie: laparoskopisch oder konventionell
Cholezystolithiasis und Choledocholithiasis
Erläutern Sie die Pathophysiologie dieser Erkrankung!
Lösungsungleichgewicht zwischen Gallensäuren und Phospholipiden im Vergleich zu Cholesterin, Bilirubin oder Kalzium führt zur Steinbildung
Ursache ist entweder ein erhöhter Verlust von Gallensäuren im enterohepatischen Kreislauf (z. B. Erkrankung des terminalen Ileums oder Resektion des Ileums mit verminderter Rückresorption) oder ein Überangebot von Cholesterin, Bilirubin, Kalzium (z. B. vermehrte Hämolyse, chronische Lebererkrankungen)
Weitere Ursachen können Funktionsstörungen, Abflussstörungen und Entzündungen der Gallenwege sein
Eine 50-jährige Frau stolpert beim Aussteigen aus der Straßenbahn und stürzt dabei auf die rechte Hand. Da daraufhin das Handgelenk angeschwollen ist und stark schmerzte, hat sie die Notfallambulanz des Krankenhauses aufgesucht.
Bei der klinischen Untersuchung finden Sie eine Schwellung am rechten distalen Unterarm sowie eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks.
Sie fertigen eine Röntgenaufnahmen des rechten Handgelenks in 2 Ebenen an (s. Abb.).
Welche Diagnose stellen Sie anhand der Anamnese, Klinik und Röntgenaufnahme?
Distale Radiusfraktur vom Extensionstyp (Colles- Fraktur): Anamnese (Sturz auf die rechte Hand), Klinik (schmerzhafte Gelenkschwellung und Bewegungseinschränkung) und Röntgenaufnahme (Fraktur des Radius distal)
Distale Radiusfraktur
Erklären Sie anhand dieses Röntgenbildes die sog. Fourchette- und Bajonett-Stellung!
Fourchette-Stellung: Gabelstellung durch Dorsalluxation des Fragments in der seitlichen Projektion
Bajonett-Stellung: aufgrund einer Radialluxation des Fragments durch die starke radialseitige Muskulatur sitzt die Hand mit dem Knochenfragment wie ein Bajonett auf einem Gewehrlauf, sichtbar in der a.p.-Projektion
Distale Radiusfraktur
Nennen Sie die Prinzipien der Behandlung der distalen Radiusfraktur! Was ist der Böhler-Gelenkwinkel?
Ziel der Therapie: Wiederherstellung der Radiuslänge und der Gelenkwinkel nach Böhler (s. Abb.) sowie der Gelenkflächen
Konservative Therapie:
– Indikationen: stabile extraartikuläre Frakturen, gering dislozierte intraartikuläre Frakturen
– Prinzipien: Reposition des dislozierten Fraktur unter Narkose, Plexusanästhesie oder Bruchspaltanästhesie; Fixation in Gipsschiene für 4 – 6 Wochen, Bandage
Operative Therapie:
– Indikationen: offene Frakturen, instabile
Frakturen, Flexionsfrakturen (Smith-Fraktur), dislozierte intraartikuläre Frakturen, irreponible Frakturen, Trümmerfrakturen, akute Durchblutungsstörungen nach Reposition, sekundär dislozierte Frakturen
Prinzipien: perkutane Kirschner-Drähte, Schrauben- oder Plattenosteosynthese, Fixateur externe, Zuggurtung (z. B. bei Abriss des Proc. styloideus)
Distale Radiusfraktur
Welche Therapie schlagen Sie der Patientin vor?
Da es sich hierbei um eine intraartikuläre Fraktur handelt, sollte bei der noch (relativ) jungen Patientin zur Wiederherstellung der Radiuslänge und des Gelenkwinkels eine operative Reposition und Osteosynthese mittels Kirschnerdrähten oder Plattenosteosynthese durchgeführt werden.
Nabelhernie
Nennen Sie weitere Hernien, die an der vorderen Bauchwand auftreten können!
- Epigastrische Hernie: zwischen Xiphoid und Nabel in der Linea alba
- Spieghel-Hernie (Hernia linea semilunaris):
zwischen Linea semilunaris und lateraler Rektusscheide, meist in Höhe der Linea arcuata - Rektusdiastase: Auseinanderweichen der Rektusmuskulatur im Bereich der Linea alba (eigentlich keine echte Hernie, da keine Bruchpforte)
Nabelhernie
Was versteht man unter einer sog. Richter-Littré-Hernie?
Bei der Richter-Littré-Hernie handelt es sich um die Einklemmung von Darmwandanteilen bei erhaltener Darmpassage. Hierdurch kommt es zu einer lokalen Darmwandnekrose (Meckel-Divertikel im Bruchsack = Littré-Hernie).
Nabelhernie
Beschreiben Sie die Therapie der Nabelhernie!
Operation nach Spitzy: Abtragung des Bruchsackes vom Bauchnabel, Reposition des Bruchinhaltes und Verschluss der Bruchpforte durch Einzelknopfnähte
Nabelhernie
Wie würden Sie bei einer Nabelhernie eines 1- jährigen Kindes therapeutisch vorgehen?
Zuwarten, da sich angeborene Nabelhernien
bis zum 2. Lebensjahr fast immer spontan verschließen, es besteht nur eine geringe Inkarzerationsgefahr
Operation nur bei großem Bruchsack, Größenzunahme oder ausbleibendem Verschluss nach dem 2. Lebensjahr
Eine 33-jährige Frau wird mit dem Rettungswagen in die Notaufnahme gebracht. Sie war in einen Auffahrunfall auf der Autobahn verwickelt. Sie musste wegen eines Staus anhalten, das nachfolgende Auto prallte auf ihres auf.
Die Patientin berichtet Ihnen, dass sie anfänglich beschwerdefrei gewesen sei, nach einigen
Minuten jedoch Schmerzen in der Halswirbelsäule und ein Kribbeln in beiden Armen aufgetreten seien. Die Rettungssanitäter haben ihr darauf eine starre Halskrawatte (Stiff-neck) angelegt. Mittlerweile sei das Kribbeln in den Armen wieder rückläufig, jedoch verspüre sie eine zunehmende Übelkeit.
Welche Diagnose stellen Sie?
(HWS-Trauma): Anamnese (Unfallhergang, Auffahrunfall von hinten) und Klinik (Schmerzen in der Halswirbelsäule, passagere Kribbelparästhesien in den Händen)
Halswirbelsäulen-Trauma
Welchem Grad nach der Einteilung nach Erdmann entspricht diese Verletzung?
Bei der Einteilung nach Erdmann handelt es sich um eine Einteilung nach den Schweregraden der HWS-verletzungen. Bei der Patientin handelt es sich entsprechend der Klinik um eine Verletzung vom Schweregrad II (vgl. Tab.).
Grad I : HWS-Distorsion ohne neurologische Ausfälle, beschwerdefreies Intervall > 1 h; Röntgen: unauffällig
Grad II : Gelenkkapselrisse, Muskelzerrungen, retropharyngeales Hämatom ohne neurologische Ausfälle, beschwerdefreies Intervall < 1 h; Röntgen: Steilstellung
Grad III : Frakturen, Luxationen, Bandscheibenrisse, Bandrupturen, neurologische Defizite, kein beschwerdefreies Intervall; Röntgen: Fehlstellung
Halswirbelsäulen-Trauma
Worauf müssen Sie besonders bei der klinischen Untersuchung achten?
- Druckschmerz im Bereich der gesamten Wirbelsäule, insbesondere der HWS: Ausschluss von Kettenfrakturen (Wirbelsäule, Becken, Bein, Fuß)
- Motorische oder sensible Ausfälle an den Extremitäten: Rückenmarksverletzung
- Gurtprellmarken am Thorax und Abdomen: Contusio cordis, Sternumfraktur
- Druckschmerz im Bereich des Abdomens: Milzverletzung
Halswirbelsäulen-Trauma
Sie füllen einen Schein für die Radiologie aus. Was möchten Sie alles untersuchen lassen?
- Röntgen: obligat HWS in 2 Ebenen einschließlich Dens-Zielaufnahme, ggf. BWS und LWS in 2 Ebenen
- Ggf. CT: HWS mit zervikothorakalem Übergang
- Ggf. Sonographie des Abdomens: Freie Flüssigkeit im Douglas oder im Morrisonpouch (Raum zwischen Leber und rechter Niere), Organstatus
Halswirbelsäulen-Trauma
Wie gehen Sie therapeutisch bei der Patientin vor?
- Anlage einer weichen Halskrawatte (2–3d)
- Medikamentöse Therapie: nichtsteroidale Antiphlogistika (z. B. Diclofenac), Muskelrelaxanzien (z. B. Tetrazepam) s. Kommentar
- Klinische Kontrolle nach 3 – 4 d, bei Beschwerden: Funktionsaufnahmen der HWS in Inklination und Reklination, ggf. CT, MRT
Wundheilung
Nennen Sie die 5 Kardinalsymptome einer Infektion!
Die 5 Kardinalsymptome der Entzündung sind: Rötung (rubor), Überwärmung (calor), Schwellung (tumor), Schmerz (dolor) und Funktionseinschränkung (functio laesa).
Wundheilung
Auf die Intaktheit welcher Struktur sollten Sie bei diesem Patienten achten?
Die Faszie muss intakt sein! Andernfalls besteht eine offene Verbindung zur Bauchhöhle („Platzbauch“), und es muss eine Revision der Wunde erfolgen.
Wundheilung
Beschreiben Sie kurz den Ablauf der Wundheilung!
Exsudationsphase (ca.1.–4.Tag):
– Blutstillung durch Gerinnungsaktivierung und Vasokonstriktion
– Verklebung der Wunde durch Fibrin
– Infektabwehr durch Granulozyten und Histiozyten
Proliferationsphase (ca. 4. – 6. Tag):
– Proliferation von Fibroblasten und Produktion von Proteoglykanen und Kollagenfasern
– Umwandlung von Fibroblasten zu Myofibroblasten und Kontraktion der Wunde
– Einsprossung von Kapillaren
Regenerationsphase (ab 7. Tag):
– Vernetzung von Kollagenfasern zu Bündeln, hierdurch zunehmende Reißfestigkeit der Wunde
– Epithelialisierung der Wunde
Wundheilung
Nennen Sie mindestens 3 Faktoren, die zu einer schlechten Wundheilung beitragen!
- Fremdkörper, Infektion
- Begleiterkrankungen, z. B. Diabetes mellitus,
Arteriosklerose, chronische Veneninsuffizienz,
konsumierende Erkrankungen - Schlechter EZ des Patienten (z. B. Hypoproteinämie, Vitaminmangel, Adipositas, Mangel an Mineralstoffen)
- Medikamente, z. B. Immunsuppressiva, Zytostatika, Glukokortikoide, Antikoagulanzien
Wundheilung
Beschreiben Sie den Unterschied zwischen einer hypertrophen Narbe und einem Narbenkeloid!
Hypertrophe Narbe: Bindegewebsproliferation
ist auf Narbe begrenzt, Narbe blasst nach ca. 1 Jahr ab
Narbenkeloid: Übergreifen des Narbengewebes auf das umgebende gesunde Gewebe, Narbe erblasst nicht, ständiger Juckreiz
Ein 51-jähriger Mann sucht Sie in Ihrer proktologischen Sprechstunde auf, da er seit längerem unter Schmerzen und Juckreiz am After leide. Er vermutet, dass es sich hierbei um Hämorrhoiden handele, da er auch ab und zu Blut am Toilettenpapier bemerkt habe. Da die Beschwer- den sich einfach nicht bessern, hätte ihn seine Frau überredet, sich doch endlich beim Arzt vorzustellen.
Nennen Sie mindestens 5 Differenzialdiagnosen, die Sie in Betracht ziehen müssen!
- Analfissur: meist bei 6 Uhr Steinschnittlage
(SSL) längsverlaufender Hauteinriss - Hämorrhoiden: meist bei 4/7/11 Uhr SSL Knoten
- Hypertrophe Analpapillen: gutartige, mit Plattenepithel überzogene Fibrome ohne Entartungstendenz, von Linea dentata ausgehend; derbe Konsistenz, aber glatte Oberfläche
- Basaliom: infiltrierend wachsender, exulzerierender Prozess, keine Metastasierung (semimaligner Tumor); histologische Untersuchung
- Morbus Bowen: chronisch-entzündliches, intraepidermal gelegenes Carcinoma in situ; histologische Untersuchung
- Condyloma accuminata: spitze papillomatöse Wucherungen v. a. im Anogenitalbereich; klinisches Bild und HPV-Nachweis
- Condyloma lata: breite, oberflächlich erodierte, nässende Papeln im Anogenitalbereich, Sekundärstadium der Lues; klinisches Bild und Luesserologie
Analkarzinom
Welcher Schritt zur Diagnosesicherung ist als nächstes indiziert?
Biopsie im Rahmen einer Rektoskopie, histopathologische Untersuchung
Analkarzinom
Welche weiteren Untersuchungen sind zum Staging notwendig?
1- Endosonographie: Bestimmung der Tiefeninfiltration
2- Koloskopie oder Kolon-Kontrasteinlauf: Suche
nach Zweittumoren
3- CT von Abdomen und Becken: Nachweis von
Fernmetastasen, lokale Tumorausdehnung
4- Röntgen Thorax, ggf. CT Thorax: Nachweis einer pulmonalen Metastasierung
Analkarzinom
Wie therapiert man ein Plattenepithelkarzinom des Analkanals im Gegensatz zum Adenokarzinom des Analkanals?
Plattenepithelkarzinom des Analkanals:
– Kombinierte Radio-Chemotherapie (5-FU und Mitomycin-C), ggf. im Afterloading-Verfahren
– Abdominoperineale Rektumamputation mit Anlage eines Anus praternaturalis bei Rezidivtumoren oder mangelndem Ansprechen auf Radio-Chemotherapie
Adenokarzinom des Analkanals: primär chirurgische Therapie (abdominoperineale Rektumamputation mit Anlage eines Anus praternaturalis)
Eine 80-jährige Patientin ist auf Glatteis ausgerutscht und auf die linke Hüfte gestürzt. Die Beweglichkeit im linken Hüftgelenk ist schmerzhaft eingeschränkt, das linke Bein ist leicht verkürzt und außenrotiert. Die angefertigte Röntgenaufnahme zeigt das folgende Bild.
Welche Diagnose stellen Sie anhand der Klinik, Anamnese und Röntgenaufnahme?
Mediale Schenkelhalsfraktur: Anamnese (Sturz auf Hüfte), Klinik (schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Beins, Bein verkürzt und außenrotiert) und Röntgenaufnahme (nach kranial dislozierte Schenkelhalsfraktur links mit steil verlaufender und direkt unterhalb des Femurkopfes beginnender Frakturlinie)
Schenkelhalsfraktur
Nennen Sie eine Einteilung dieser Frakturen! Wie würden Sie die vorliegende Fraktur bei der Patientin hierbei einordnen?
Man unterscheidet zwischen medialen und lateralen Schenkelhalsfrakturen. Mediale Schenkelhalsfrakturen liegen innerhalb der Gelenkkapsel und sind sehr häufig. Eine Einteilung der medialen Schenkelhalsfrakturen erfolgt nach Pauwels aufgrund des Winkels zwischen einer Horizontalen und der Frakturlinie im a.p. Röntgenbild (s. Abb.). Bei der Patientin handelt es sich um eine mediale Schenkelhalsfraktur vom Adduktionstyp (Pauwels III), da der Winkel zwischen Horizontaler und dem Bruchlinienverlauf über 70% beträgt.
Typ I (Abduktionsfraktur): Winkel < 30 Typ II: Winkel zwischen 30 und 70 Typ III (Adduktionsfraktur): Winkel > 70
Schenkelhalsfraktur
Beschreiben Sie Ihr weiteres Vorgehen bei dieser Patientin!
Stationäre Aufnahme zur Versorgung der Fraktur: Lagerung des Beines auf Schiene, Legen eines venösen Zugangs, Infusionstherapie, evtl. Schmerztropf, Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin, bei starken Schmerzen auch Extension
OP-Vorbereitung: Blutentnahme, Blutkonserven anfordern, Röntgen-Thorax, chirurgische und anästhesiologische Aufklärung
Schenkelhalsfraktur
Wie muss diese Patientin behandelt werden?
Bei dem Frakturtyp Pauwels III wirken sehr starke Schub- und Scherkräfte, die zu einer Instabilität der Fraktur führen, so dass eine Heilung ohne Operation nicht möglich ist. Im vorliegenden Fallbeispiel ist die Operation bei der 80-jährigen Patientin möglicherweise sogar lebensrettend, da eine längere Immobilisation mit möglichen Komplikationen (Pneumonie, Thrombembolie) sowie Pseudarthrose vermieden werden kann. Die Patientin sollte mit einer Teilendoprothese (Duokopfendoprothese) versorgt und sofort wieder mobilisiert werden. Alternativ kann bei vorbestehender Hüftgelenksarthrose auch eine Totalendoprothese (TEP) mit Ersatz der Pfanne und des Femurkopfes erfolgen.