01 Operation Flashcards

1
Q

In den letzten Jahren geht man aufgrund der enorm hohen Kosten im Gesundheitswesen immer mehr dazu über, Patienten ambulant auf eine Operation vorzubereiten und erst am OP-Tag stationär aufzunehmen. Wie sollte eine optimale OP-Vorbereitung in Ihren Augen aussehen?

A

Die präoperative Phase dient der Operationsvorbereitung des Patienten und soll das OP-Risiko minimieren. Zudem muss der Patient über den bevorstehenden Eingriff und die entsprechende Anästhesie informiert und aufgeklärt werden. Zu einer optimalen OP-Vorbereitung gehören je nach Patient und Eingriff:
• Anamnese und klinische Untersuchung
• Laboruntersuchungen (Blutbild, Gerinnung, Retentionswerte und Elektrolyte)
• Röntgen-Thorax (bei kardiopulmonalen Erkrankungen und/oder Patient > 60 Jahre)
• EKG (bei auffälliger kardiopulmonaler Anamnese und/oder ab dem 50. Lebensjahr)
• evtl. Optimierung der Dauermedikation
• Prämedikationsvisite und Aufklärung durch den Operateur und den Anästhesisten
• Lungenfunktionstest (LuFu) bei pulmonalen Erkrankungen und/oder als Risikoeinschätzung vor pulmonalen Eingriffen
• Antikörpersuchtest bei Operationen, bei denen mit einem größeren Blutverlust zu rechnen ist
Eingriffsspezifisch werden weitere Untersuchungen durchgeführt, z. B. Sonografie des Abdomens, CT, Koloskopie, Röntgenaufnahmen etc. Wenn spezielle präoperative Maßnahmen (z. B. Einstellung internistischer Krankheitsbilder, Darmspülung, Ureterschienung) notwendig sind, ist es besser, den Patienten schon vorher stationär aufzunehmen.

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2
Q

Wie gehen Sie mit der Dauermedikation perioperativ um?

A

Die Dauermedikation sollte der Patient nach Möglichkeit auch perioperativ verabreicht bekommen. Dies gilt insbesondere für herz- und kreislaufwirksame Medikamente sowie Statine.
Orale Antidiabetika werden spätestens am OP-Tag abgesetzt, da sie zu schwer beherrschbaren Hypoglykämien führen können. Blutzuckerschwankungen werden perioperativ durch Insulin bzw. Glukose behandelt.
Biguanide (Metformin) sollten wegen der Gefahr perioperativer Ketoazidosen nach Möglichkeit 3 Tage vor der OP abgesetzt werden. ASS und NSAID hemmen die Synthese von Prostaglandin, Prostazyklin und Thromboxan A2 und hemmen auf diesem Weg irreversibel die Thrombozytenaggregation. Clopidogrel und Ticlopidine hemmen die ADP-vermittelte Aggregation der Thrombozyten und besitzen ebenfalls eine irreversible Wirkung. Die zwei letztgenannten werden bei elektiven Eingriffen 7–10 Tage präoperativ abgesetzt, um intra-und perioperative Blutungsereignisse zu verhindern.
Kumarinderivate (Marcumar®, Sintrom®) werden je nach dem individuellen Thrombembolierisko auf High- oder Low-Dose-Heparin (meist niedermolekulares Heparin) umgestellt. Niedermolekulares Heparin besitzt im Vergleich zum unfraktionierten Heparin bessere pharmakokinetische Eigenschaften (z.B. bessere Bioverfügbarkeit und längere Halbwertszeit) und ist aufgrund der Ein- oder Zweimalgabe pro Tag für die Patienten besser zu handhaben.

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3
Q

Was ist Ziel der chirurgischen Anamnese?

A

Ziel einer chirurgischen Anamnese ist es, durch fokussierte und gezielte Fragen möglichst schnell zu einer Verdachtsdiagnose zu kommen. Dies verhindert sinnlose, zeitintensive und teure Untersuchungen. Basierend auf der Anamnese erfolgen die weitere Abklärung und der Ausschluss von Differenzialdiagnosen. Wichtig ist es, dass man sich auf das aktuelle Krankheitsbild beschränkt, dennoch aber das Gesamtbild des Patienten und evtl. vorhandene Begleitdiagnosen nicht außer Acht lässt. Akute lebensbedrohliche Zustände müssen rasch erkannt und therapiert werden. In diesen Fällen darf die Anamnese extrem kurzgehalten werden, um keine weitere Zeit zu verlieren.

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4
Q

Wie führen Sie ein Aufklärungsgespräch und welche Punkte besprechen Sie mit dem Patienten ?

A

Rechtlich gesehen ist jeder Eingriff am Patienten Körperverletzung. Erst durch die Aufklärung und das Einverständnis des Patienten bekommt man juristisch die Erlaubnis zur Operation. Die Aufklärung durch den Operateur sowie auch durch den Anästhesisten dient der Information und der Entscheidungsfindung des Patienten. Folgende Punkte müssen angesprochen werden:
• Art und Bedeutung der Krankheit für den Patienten
• Prognose bei Spontanverlauf und bei operativer Intervention
• Behandlungsalternativen (konservativ, verschiedene Operationstechniken)
• grober Operationsablauf und postoperativer Verlauf
• mögliche Notwendigkeit zur Erweiterung des Eingriffs
• allgemeine und spezielle Operationsrisiken
Die Aufklärung muss individuell dem Patienten, seinem Bildungsstand und Alter angepasst werden. Unmündige Patienten und Kinder werden in Anwesenheit des gesetzlichen Vormunds oder der Eltern aufgeklärt. Bei elektiven Eingriffen muss die Aufklärung spätestens am Vortag der Operation erfolgen, damit dem Patienten ausreichende Bedenkzeit bleibt. Wichtig ist die sorgfältige Dokumentation aus juristischen Gründen. Ist der Patient nicht in der Lage, zu unterschreiben (z.B. blinde Patienten oder Patienten mit einer Handverletzung), genügt auch ein mündliches Einverständnis unter Angabe von Zeugen.

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5
Q

Was versteht man unter allgemeinen OP-Risiken?

A

Allgemeine OP-Risiken sind Komplikationen, die nach jedem operativen Eingriff unabhängig von der Art der Operation auftreten können. Dazu zählen:
• Narben- oder Keloidbildung, Wundheilungsstörungen
• Blutung (intra- und postoperativ)
• Thrombose, Lungenembolie
• Verletzung von Gefäßen, Nerven und Lymphgefäßen
• Infektion
Spezielle Komplikationen sind von der Art und dem Ausmaß der Operation abhängig.

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6
Q

Bei einer adipösen 72-jährigen Patientin ist wegen eines diskret symptomatischen Gallensteinleidens eine laparoskopische Cholezystektomie geplant. Seit Jahren bestehen eine arterielle Hypertonie, eine koronare Herzkrankheit und eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Regelmäßige pektanginöse Beschwerden und ausgeprägte Dyspnoe schränken die Patientin im Alltag stark ein. Sie beschreibt eine Nykturie von 4- bis 5-mal pro Nacht und schläft immer mit erhöhtem Oberkörper. Aufgrund einer dekompensierten Linksherzinsuffizienz lag sie vor Jahr 1 Woche lang auf der Intensivstation. Bei der Untersuchung der Patientin stellen Sie eine mäßige Ruhedyspnoe fest. Auffallend sind ausgeprägte Unterschenkelödeme. Der Blutdruck liegt bei 190/100 mmHg. Die Medikation besteht aus einem Nitrat, einem Diuretikum und einem Kalziumantagonisten.
Welche Untersuchungen würden Sie präoperativ durchführen und was müssen Sie beachten?

A

Die Patientin ist aufgrund ihrer Vorerkrankungen im Allgemeinzustand stark eingeschränkt. Dies bedeutet ein deutlich erhöhtes OP- und Narkoserisiko. Aktuelle Laborwerte geben wertvolle Informationen über Retentionswerte, Elektrolyte und Blutbild. Ein Röntgen-Thorax liefert Informationen über die pulmonale Belüftung, Herzgröße und -form und dient dem Ausschluss einer pulmonalvenösen Stauung, einer Pneumonie oder eines Ergusses.
Das EKG informiert über Lagetyp, Rhythmus und über frühere oder aktuelle Myokardischämien. Es liefert jedoch keine Informationen über die kardiale Leistung. Um diese zu eruieren, muss eine kardiale Echokardiografie durchgeführt werden. Diese dient der Messung der kardialen Pumpleistung, der Myokardkontraktilität, der Füllung der Herzkammern und der Darstellung und Funktion der Herzklappen. Ein Belastungs-EKG liefert Informationen über die kardiale Perfusion, ist aber bei dieser Patientin aufgrund der schon bestehenden Symptomatik nicht durchführbar.
Je nach Häufigkeit der pektanginösen Beschwerden der Patientin sollte präoperativ in Anbetracht der eher moderaten Symptomatik bei Cholezystolithiasis eine Linksherz-Katheter-Untersuchung durchgeführt werden.
Die Dauermedikation bedarf sicher einer Optimierung. Eine medikamentöse Einstellung der Herzinsuffizienz erfolgt meist durch die Kombination eines Betablockers, eines ACE-Hemmers und eines Diuretikums. Diese Medikamente reduzieren vor allem den Sauerstoffverbrauch des Myokards und die kardiale Vor- und Nachlast. Zudem wirken sie vasodilatativ, sodass der Gefäßwiderstand gesenkt wird. Je nach OP- und Narkoseverlauf empfiehlt sich eine postoperative Betreuung der Patientin auf der Intensivstation.

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7
Q

Welche OP-Indikationen sind Ihnen bekannt?

A

Im Fachbereich Chirurgie nimmt die Indikationsstellung eine zentrale Rolle ein. Man unterscheidet je nach Dringlichkeit des Eingriffs folgende Indikationen:
• Notfallindikation: Ein akutes Krankheitsbild erfordert einen sofortigen Eingriff (z. B. bei akuter vital bedrohlicher Blutung, Spannungspneumothorax, akutem subduralem Hämatom, Notfallsectio etc.)
• dringliche Indikation: Eine Operation sollte so schnell wie möglich erfolgen (z. B. bei akutem Abdomen, Frakturen, Perforationen im Gastrointestinaltrakt etc.)
• elektive Operationen (z.B. asymptomatische Hernien, Cholezystektomie, Hemikolektomie)
Bei den elektiven Operationen unterscheidet man zudem absolute Indikationen, bei denen eine vital bedrohliche Erkrankung (z. B. Malignom) behoben werden muss und relative OP-Indikationen, bei denen alternative Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Absolute Kontraindikationen für eine Operation gibt es in der Regel nur bei elektiven Eingriffen.

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8
Q

Kennen Sie die ASA-Klassifikation?

A

Die ASA-Klassifikation orientiert sich am körperlichen Zustand und an den Vorerkrankungen eines Patienten. Es existieren fünf ASA-Klassen (› Tab. 1.1). Die Klassifikation ist hilfreich zur Abschätzung des OP- und Narkoserisikos und nimmt entscheidenden Einfluss auf die Wahl des Operations- und des Anästhesieverfahrens sowie die postoperative Betreuung. Sie zeigt eine Korrelation zur perioperativen Morbidität und Mortalität.
Tab. 1.1 Einstufung des Allgemeinzustands eines Patienten nach der American Society of Anaesthesiologists (ASA)
ASA-Klasse
Körperliches Befinden des Patienten
I : gesund
II : leichte Allgemeinerkrankung, keine Leistungseinschränkung
III : schwere Allgemeinerkrankung, Leistungseinschränkung
IV : schwere Allgemeinerkrankung, lebensbedrohlich mit und ohne Operation
V : moribunder Patient, Tod innerhalb der nächsten 24 Stunden mit oder ohne Operation wahrscheinlich

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9
Q

Als Assistent müssen Sie bei der Lagerung des Patienten auf dem OP-Tisch helfen. Worauf müssen Sie dabei achten?

A

Die Lagerung des Patienten muss für den Patienten, das Operationsteam und den Anästhesisten optimal gestaltet werden. Nach Möglichkeit sollte sie von speziell ausgebildeten Lagerungspflegern in Zusammenarbeit mit dem Operateur und dem Anästhesisten vorgenommen werden. Dabei übernimmt der Anästhesist normalerweise die Verantwortung für die Lagerung des Kopfes und der Extremität, an der venöse oder arterielle Zugänge liegen. Die Position des Patienten sollte folgende Aspekte erfüllen:
• guter Zugang zum OP-Gebiet
• stabile Lagerung (ggf. Fixierung durch Gurte und Stützen) • guter Zugriff des Anästhesisten zu Geräten und Zugängen
• Vermeiden von Kompressionsschäden (Nerven, Gefäße)

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10
Q

Bei einem 68-jährigen adipösen Patienten wird eine Rektumamputation in Steinschnittlage durchgeführt. Die Operation verläuft unerwartet schwierig und dauert etwa 4 Stunden. Am nächsten Tag klagt der Patient über starke Schmerzen im linken Unterschenkel. Die Fußpulse sind nicht mehr tastbar. Die Haut des betroffenen Unterschenkels ist glänzend und gespannt. Der Umfang des Beins ist deutlich größer als auf der Gegenseite.
An was denken Sie und was sind mögliche Differenzialdiagnosen?

A

Anamnese und Klinik sprechen für ein Kompartmentsyndrom infolge der Steinschnittlagerung. Durch längerfristige Kompression der Muskulatur kann es zu ausgeprägten Ödemen in diesen Arealen kommen. Bei engen Muskellogen, wie man sie bevorzugt am Unterschenkel und Unterarm findet, kommt es rasch zu einem Druckanstieg in den betroffenen Arealen. Die Perfusion stagniert. Das Muskelgewebe wird minderperfundiert. Unbehandelt kommt es zu ausgedehnten Muskelnekrosen. Der Untergang der Muskelzellen zeigt sich laborchemisch in einem massiven Anstieg der Kreatinkinase (CK). Therapie der Wahl ist die sofortige Faszienspaltung der entsprechenden Muskellogen. Wichtigste Differenzialdiagnose ist die tiefe Beinvenenthrombose, die mithilfe der Doppler-Sonografie und der klinischen Untersuchung ausgeschlossen werden kann.
Merke: Folge einer Steinschnittlagerung sind nicht selten schwerwiegende Lagerungsschäden bis hin zum Kompartmentsyndrom des Unterschenkels. Mit der Dauer der OP steigt das Risiko.

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11
Q

Wie können Sie den Druck in den Muskellogen messen und mit welchen Druckwerten rechnen Sie?

A

Die Klinik ist meist eindeutig, sodass eine sofortige Intervention erforderlich ist. Beim narkotisierten Patienten während der Operation kann man die Drücke in den Muskellogen mit der einfachen Nadelinjektionstechnik nach Whitside messen. Dabei wird eine Kanüle in die Muskellogen geschoben, die mit einem direkten Druckaufnehmer verbunden ist. Bei Patienten auf der Intensivstation können die Drücke kontinuierlich mit einem Verweilkatheter erfasst werden.
Der normale Muskellogendruck liegt bei 10 mmHg und tiefer. Bei Drücken zwischen 25 und 40 mmHg ist mit einer Perfusionsminderung und Nekrosen zu rechnen. Der normale Perfusionsdruck liegt zwischen 25 und 35 mmHg und ist vom Systemkreislauf weitgehend unabhängig. Die Empfehlungen sind daher, dass bei Drücken in den Muskellogen von mehr als 30–40 mmHg eine Spaltung des Kompartmentsyndroms erfolgen sollte.

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12
Q

Welche anderen Ursachen fallen Ihnen spontan ein, die zu einem Kompartmentsyndrom führen können?

A

Es gibt Kompartmentsyndrome, die durch Kompression von außen entstehen, wie es in dem von Ihnen erwähnten Beispiel durch die Lagerung der Fall war. Diese können auch durch komprimierende Verbände entstehen.
Andere Formen des Kompartmentsyndroms haben als Ursache eine Zunahme des Muskellogeninhalts. Ursächlich kämen dafür in Frage:
• Blutungen, Gefäßverletzungen und Hämatome
• erhöhte Kapillarpermeabilität (z. B. Reperfusionssyndrom nach Ischämie,
Gefäßbypässen, Embolektomie, Lyse-Therapie)
• erhöhte Muskelaktivität (Extremsport, Eklampsie, Tetanus)
• Verbrennungen und Erfrierungen
• verminderte Serumosmolarität (z. B. bei nephrotischem Syndrom)
• paravasale Injektionen
• postoperativ nach Osteosynthesen oder Reposition von Frakturen
• erhöhter Kapillardruck (Venenverschluss, Thrombosen)
• Rhabdomyolyse
• Phlegmone

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13
Q

Was müssen Sie bei der Betreuung von Patienten während der postoperativen Phase beachten?

A

Während der postoperativen Phase ist der Patient durch die Auswirkungen der Operation sowie durch die Nachwirkungen der Anästhesie besonders gefährdet. Die Betreuung durch ärztliches und pflegerisches Personal ist zudem nicht mehr so intensiv wie während der Operation. Dennoch sollten die folgenden Parameter engmaschig überwacht werden:
• Vitalfunktionen (Blutdruck, Herzfrequenz, Vigilanz, Atemfrequenz, Flüssigkeitsbilanz, Pupillenreaktionen)
• Temperatur
• Durchblutung der Extremitäten (v.a. nach Osteosynthesen und Gefäßoperationen)
• persönliches Befinden des Patienten (Schmerzen? Shivering [Muskelzittern]? Übelkeit? Ängste?)

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14
Q

Mit welchen Komplikationen müssen Sie nach einer Operation in Intubationsnarkose rechnen?

A

Man unterscheidet primär zwischen chirurgischen und anästhesiologischen Komplikationen. Zu den operativen Komplikationen zählen:
• Nachblutungen
• Wunddehiszenzen (extrem: Platzbauch)
• Durchblutungsstörungen nach Gefäßverschlüssen
Zu den typischen Narkoserisiken rechnet man vor allem Medikamentenüberhänge:
• Relaxanzien: Schwächung oder gar Lähmung der Atemmuskulatur führt zur respiratorischen Insuffizienz mit konsekutiver Hypoxie und Hyperkapnie. Klinisch fallen auf: Zyanose, Abfall der O2-Sättigung, Hypertonie, Tachykardie, übermäßiges Schwitzen.
• Opiate: Typisch sind Atemdepression, Übelkeit und Müdigkeit. Charakteristisch für eine „Opiatatmung“ sind tiefe, niederfrequente Atemzüge, stecknadelkopfgroße Pupillen, Abfall der O2-Sättigung, Zyanose.
• Inhalationsanästhetika: Sie wirken dämpfend auf das zentrale Nervensystem und bewirken in hohen Dosen eine Atemdepression. Sie werden fast komplett über die Lunge abgeatmet. Vor allem bei adipösen Patienten können sie kumulieren und zu einer verlängerten Wirkungszeit führen.
• Intravenöse Anästhetika (Barbiturate, Propofol) werden bei guter hepatischer und renaler Funktion relativ schnell metabolisiert, können aber v. a. bei längeren Eingriffen zu einer verlängerten Wirkungszeit führen.

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15
Q

Wie ernähren Sie den Patienten perioperativ?

A

Die perioperative Ernährung hat sich in den letzten Jahren komplett gewandelt. Heutzutage darf der Patient bis 6 Stunden vor der Operation essen und bis 2 Stunden präoperativ noch klare Flüssigkeiten (Wasser, Tee) zu sich nehmen. Ausnahmen werden teilweise bei größeren Darmeingriffen gemacht, wobei auch dort die präoperative Nahrungskarenz deutlich verkürzt wurde.
Nach kleineren und mittleren Eingriffen kann der Patient mit der Nahrungsaufnahme beginnen, sobald er wach ist, aber selbst bei ausgedehnteren Darmeingriffen darf der Patient postoperativ schon etwas trinken. Eine absolute Ausnahme stellen Operationen am Magen dar, bei denen in der Regel am 2. postoperativen Tag eine radiologische Darstellung der Magen-Darm-Passage mit Kontrastmittel (Gastrografin-Schluck) erfolgt. Wenn diese keine Leckage zeigt, darf der Patient mit der oralen Nahrungsaufnahme beginnen.

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16
Q

Sagt Ihnen der Ausdruck „Fast Tracking“ etwas?

A

Wörtlich übersetzt bedeutet es „schnelle Schiene“. Es handelt sich dabei um ein chirurgisches Therapiekonzept für Darmresektionen, durch das die Erholungsphase für den Patienten so kurz und angenehm wie möglich gestaltet werden soll. Der Grundgedanke der „Fast-Track“-Rehabilitation liegt darin, den Eingriff so wenig invasiv und die postoperative Hospitalisation so kurz wie möglich zu halten. Auf präoperative ausgedehnte Darmspülungen wird in der Regel verzichtet.
Zum „Fast Track“-Konzept gehören in der Regel:
• minimalinvasive Chirurgie (Laparoskopie, „Knopflochchirurgie“), keine Redons, keine Drainagen
• thorakaler Periduralkatheter (Th 6–10) Schmerztherapie, Steigerung der Darmmotilität
• restriktives parenterales Flüssigkeitsregiment intra- und postoperativ
• Einschränkung des invasiven Monitorings
• frühe Mobilisation (i. d. R. schon am OP-Tag)
• Beginn mit der Ernährung schon am OP-Tag mit gesüßtem Tee, am 2. Tag energiereiche Getränke und leichte Kost, ab dem 3. Tag normale Kost
• frühzeitiges Entfernen des Blasenkatheters (1. postoperativer Tag)
Das Fast-Track-Schema soll die selbstregulierenden Kräfte des Körpers mobilisieren, und dadurch Komplikationen reduzieren, die durch Angst, Stress, Abhängigkeit, Organfunktionsstörungen und Immobilisation verursacht werden können.

17
Q

Wann würden Sie einen Patienten parenteral ernähren?

A

Die Indikation für eine parenterale Ernährung ist unter folgenden Bedingungen gegeben:
• bei Hypermetabolismus und bei stark kataboler Stoffwechsellage, z. B. nach großen Eingriffen, Sepsis, schweren Intoxikationen und Tumoren
• längerfristige Transportstörungen des Gastrointestinaltrakts, z. B. postoperative Darmatonie, häufig als Folge ausgedehnter Darmoperationen
oder Ileus
• längere präoperative Hungerphase (z. B. durch Nahrungsunverträglichkeit)
• Anastomoseninsuffizienzen nach Darmeingriffen
• schwere akute Pankreatitis
• schwere Eiweißmangelzustände (z. B. durch Resorptionsstörungen, Tumore etc.)

18
Q

Welche Möglichkeiten haben Sie, den Patienten parenteral zu ernähren?

A
Es gibt verschiedene Mischinfusionen, die je nach Dauer der prä- und postoperativen Nahrungskarenz eingesetzt werden (› Tab. 1.2). In diesen parenteralen Nährlösungen befinden sich Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette. Zwei Liter dieser Mischung beinhalten etwa 2.000kcal. Ergänzend werden Glutamin, Spurenelemente und Vitamine verabreicht. Hochkalorische Nährlösungen können aufgrund ihres tiefen pH-Werts nur über einen zentralen Venenkatheter appliziert werden. Nährlösungen bis 1.000kcal/d können auch über periphere Venenkatheter gegeben werden.
Tab. 1.2 Parenterale Ernährung
Zusammensetzung
Nährmischlösung
2 l liefern ca. 2.000 kcal (z. B. Stuctocabiven®, Nutriflex®)
• Aminosäuren: ca. 100–120 g
• Fett: ca. 75 g
• Glukose: ca. 250 g
• Azetat, Phosphat, Stickstoff

Glutamin/Alanin
z. B. Dipeptiven®:
1 ml: 82 mg L-Alanin, 135 mg L-Glutamin

Spurenelemente
Selen, Mangan, Eisen, Zink, KCl, Chromchlorid, etc.

Vitamine
Vitamine A, D, E, K, B1, B2, B6, B12

19
Q

Wie kontrollieren Sie, ob Sie dem Patienten die richtige Flüssigkeitsmenge zuführen ?

A

Eine recht genaue Kontrolle über die Ein- und Ausfuhr des Patienten ermöglicht eine Flüssigkeitsbilanz über 24 Stunden. Ist die Ausfuhr größer als die Einfuhr, so handelt es sich um eine negative, umgekehrt um eine positive Flüssigkeitsbilanz. Beachtet werden müssen versteckte Flüssigkeitsverluste des Patienten, wie:
• Schwitzen (ca. 500ml/Tag)
• Flüssigkeitsverlust über die Lunge (ca. 400 ml/Tag)
Diese versteckten Flüssigkeitsverluste nennt man Perspiratio sensibilis.
Der Volumenbedarf eines kranken Menschen kann je nach Krankheit von dem eines gesunden Menschen extrem abweichen. So benötigt ein Patient, der an einer Sepsis leidet, deutlich mehr Flüssigkeit als normal, ein Patient, der kardial dekompensiert ist, weniger.
Der Flüssigkeitsbedarf eines gesunden Menschen kann anhand einer Formel berechnet werden (› Tab. 1.3).
Merke: Der Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen steigt bei erhöhter Körpertemperatur. Als Faustregel kann man sich merken: Etwa 500 ml/1 °C Körpertemperatur > 37 °C pro Tag zusätzlich.
Tab. 1.3 Flüssigkeitsbedarf des Menschen
kg Körpergewicht (KG) / Erhaltungsbedarf
0–10 → kg × 4 ml/h
10–20 → kg × 2 ml/h
ab 21 → kg × 1 ml/h
Beispiele:
• Ein 15 kg schweres Kind hat einen Flüssigkeitsbedarf von 50 ml/h (10 × 4 + 5 × 2 ml/h)
• Ein 77 kg schwerer Mann hat einen Flüssigkeitsbedarf von 117ml/h (10×4 + 10×2 + 57×1ml/h)

20
Q

Sie kennen kolloidale und kristalloide Infusionslösungen. Können Sie mir etwas über Vor- und Nachteile der jeweiligen Lösungen erzählen?

A

Die Meinungen bezüglich der Gabe von kristalloiden und kolloidalen Lösungen gehen stark auseinander. Kristalline Lösungen eignen sich vor allem zur einfachen intra- und postoperativen Infusionstherapie. Ihre Zusammensetzung hinsichtlich der Elektrolyte entspricht weitgehend der des Extrazellulärraums. Sie besitzen aus diesem Grund keine kolloidosmotische Potenz und treten schnell partiell aus dem Intravasalraum ins Interstitium über.
Kolloidale Infusionslösungen besitzen höher molekulare Stoffe, wie Hydroxyäthylstärke (HAES®) oder Gelatine (Gelifundin®). Diese Stoffe gelangen nicht durch das Gefäßendothel und steigern so den kolloidosmotischen Druck in den Gefäßen. Kolloidale Infusionen verbleiben aus diesem Grund länger im Intravasalraum und sind gut geeignet, akute Flüssigkeitsverluste, z. B. im Rahmen einer Blutung oder eines Ileus, zu substituieren. Von Nach- teil ist, dass sie Thrombozyten, Erythrozyten und die Gefäßintima mit einer monomolekularen Schicht überziehen. Die Adhäsionsneigung der Thrombozyten und die Aggregationsneigung der Erythrozyten werden vermindert. Dies kann negative Auswirkungen auf die Blutgerinnung haben. Diesen Effekt nutzt man zum Teil zu therapeutischen Zwecken (z. B. nach Apoplex, bei Durchblutungsstörungen, Hirndrucksenkung etc.). Beim Einsatz kolloidaler Infusionen besteht ein Risiko für anaphylaktische Reaktionen. Das Risiko liegt beim Einsatz von Hydroxyäthylstärke zwischen 0,07–1,1 %. Das bis vor wenigen Jahren noch regelmäßig eingesetzte Dextrane kommt mittlerweile wegen des Risikos tödlicher Zwischenfälle durch die Bildung von Dextranantikörpern in den westlichen Industrieländern kaum noch zum Einsatz. Hydroxyäthylstärke und Gelatine lösen eher leichtere anaphylaktische Reaktionen vom Typ I und II aus. Bei massiven Blutverlusten müssen zusätzlich Blutersatzkomponenten verabreicht werden.

21
Q

Erzählen Sie doch etwas über den postoperativen Stoffwechsel eines Patienten.

A

Jedes Trauma und jede Operation lösen im Organismus biologische Abwehrvorgänge und eine Modulation des Immunsystems aus. Man kennt zwei Hauptphasen:
• Eine sympathikotone Stoffwechsellage führt zum Postaggressionssyndrom.
• Die dem Postaggressionssyndrom folgende Parasympathikotonie, Trophotropie und Anabolie kennzeichnen die anabole Phase.
Während des Postaggressionssyndroms werden vermehrt adrenokortikotropes Hormon (ACTH), Wachstumshormon (STH), Aldosteron und antidiuretisches Hormon (ADH) freigesetzt. Dies begünstigt den Protein- und Aminosäureabbau, die Bereitstellung von Glukose durch Insulinantagonisten und eine Lipolyse. Ein Anstieg von ADH und Aldosteron führt zur Natrium- und Wasserretention, Hypokaliämie und Ödemen. Typische Symptome sind:
• Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Fieber
• Gerinnungsaktivierung (Gefahr von Thrombosen, Embolien und einer disseminierten intravasalen Gerinnung)
• Glukoseverwertungsstörung und kataboler Stoffwechsel
• Schwächung des Immunsystems durch erhöhte Katecholamin- und Kortikoidspiegel
• Vasokonstriktion, Zentralisierung (Schock)
• Multiorganversagen
• Pneumonie
4 bis 5 Tage nach einer Operation folgt in der Regel die anabole Phase. Es setzen reparative Vorgänge ein, um die im Postaggressionsstoffwechsel verbrauchten Material- und Energiereserven wieder aufzufüllen.

22
Q

Am 2. postoperativen Tag nach einer Ösophagektomie mit Rekonstruktion der Magen- Darm-Passage durch einen Magenhochzug kommt es im Labor zu einem Abfall der Thrombozyten auf 35.000/μl, das Fibrinogen fällt auf 1,2 μmol/l, die PTT beträgt 92 s und der Quick-Wert 45 %. Hohe Verluste aus den Drainagen und dauerndes Nachbluten aus der OP-Wunde führen zu einer schnellen Abnahme des Hb auf 7,2 g/dl. Klinisch ist der Patient kaltschweißig und blass, der systolische Blutdruck kann trotz ausgiebigem Volumenersatzes auf maximal 90 mmHg angehoben werden.
Woran denken Sie, wenn ich Ihnen dieses klinische Bild beschreibe?

A

Anamnese, Klinik und Labor sprechen für eine Verbrauchskoagulopathie, auch kurz DIC (= engl.: disseminated intravascular coagulation) genannt.
Es kommt zu Gefäßverschlüssen und Mikroembolien. Durch die Mikrozirkulationsstörung wird das nachgeschaltete Areal ischämisch. Der Stoffwechsel ist in diesem Bereich unterbrochen. Zudem werden Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren in exzessiven Mengen verbraucht. In fortgeschrittenem Stadium kann es zu massiven Blutungen kommen. Differenzialdiagnostisch muss zu Beginn ein Blutungsereignis ausgeschlossen werden.
Verschiedene Faktoren können zu einer generalisierten intravasalen Aktivierung des Gerinnungs- und Fibrinolysesystems führen. Die wichtigsten auslösenden Mechanismen sind:
• Einschwemmung von Phospholipiden bzw. thromboplastischem Material
in das Gefäßsystem
• schwere Hyperfibrinolyse durch die Freisetzung und das Einschwemmen von Fibrokinasen
• Störungen der Mikrozirkulation (Schock)
• Infektionen
Man unterteilt drei Krankheitsstadien (› Tab. 1.4).
Tab. 1.4 Stadien der Verbrauchskoagulopathie
Stadium : Phase : Definition
I : Aktivierungsphase
Aktivierung der Gerinnung, Störung der Mikrozirkulation
II : frühe Verbrauchsphase
Abfall von Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren, Anstieg der D-Dimere
III : späte Verbrauchsphase
manifeste hämorrhagische Diathese, akutes Nierenversagen, Schock

23
Q

Sie haben das Krankheitsbild gut erkannt (DIC) und auch richtig beschrieben. Wie würden Sie es behandeln?

A

Neben der Erkennung und der kausalen Therapie der Grunderkrankung steht bei akut dekompensierten DIC-Patienten die Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen im Vordergrund.
Die Hemmung der überschießenden Thrombinbildung durch Antikoagulanzien und Gerinnungsinhibitoren steht gleichberechtigt neben der Wiederherstellung eines ausreichenden Hämostasepotenzials (Gabe von Gerinnungsfaktoren, eventuell Fresh Frozen Plasma). Die Gabe von Heparin und Gerinnungsinhibitoren werden vor allem bei einer Verbrauchskoagulopathie im Rahmen einer schweren Sepsis empfohlen. Die Verabreichung von aktiviertem Protein C hat sich zudem als wirksames, mortalitätssenkendes und gleichzeitig sicheres Therapieprinzip erwiesen.

24
Q

Es gibt ein recht neues Verfahren, das für die Erkennung und den Verlauf der disseminierten intravasalen Gerinnung besonders geeignet ist. Können Sie mir dazu etwas mehr erzählen?

A

Neben der allgemeinen Kontrolle der Gerinnungsparameter hat sich in den letzten Jahren die ombelastometrie (ROTEM®) etabliert. Mithilfe der Thrombelastometrie lassen sich die Gerinnungseigenschaften (Hämostase) von Vollblut darstellen. Die Interaktionen von Gerinnungsfaktoren, Inhibitoren und Zellkomponenten werden graphisch dargestellt, während sich ein Gerinnsel bildet und später lysiert. So können über- und unterfunktionelle Phasen der Gerinnung schnell und sicher diagnostiziert und behandelt werden. Man kann differenzialdiagnostisch chirurgische Blutungen von Ge- rinnungsstörungen und Hyperfibrinolysen abgrenzen, das Ausmaß einer Verdünnungskoagulopathie messen und den Bedarf für Fibrinogen- oder Thrombozytenersatz eruieren. Zudem ermöglicht es eine optimale Überwachung einer Heparin- und Protamintherapie.

25
Q

Bleiben wir noch bei der Gerinnung. Was versteht man unter einer heparininduzierten Thrombozytopenie (HIT)

A

Heparininduzierte Thrombozytopenien sind Folge einer nichtimmunologisch (HIT Typ I) oder immunologisch (HIT Typ II) vermittelten Plättchenaggregation.
Die Häufigkeit einer HIT I kann bis zu 10 % betragen. Ausgelöst durch Heparin kommt es zu einer deutlich verkürzten Lebensdauer der Thrombozyten. Eine HIT Typ I ist klinisch meist irrelevant. Der Thrombozytenabfall ist in der Regel vorübergehend und ungefährlich. Die Thrombozyten fallen selten unter 100.000/μl.
Entscheidend ist ein schneller Ausschluss einer HIT Typ II. Dabei handelt es sich um eine lebensbedrohliche Komplikation der Heparinanwendung. Sie tritt in verschiedenen Patientenkollektiven in unterschiedlicher Häufigkeit auf. Vor allem nach großen orthopädischen oder unfallchirurgischen Eingriffen muss unter der Therapie mit unfraktioniertem Heparin in ca. 2–3 % der Fälle mit einer HIT Typ II gerechnet werden. Bei niedermolekularem Heparin tritt sie nur in ca. 0,3 % auf. Eine HIT Typ II beruht auf der Bildung von Antikörpern, die in Anwesenheit von Heparin Thrombozyten aktivieren, an Endothelzellen binden und zu einer massiven Thrombinbildung führen. Dies verursacht thrombembolische Komplikationen überwiegend in großen venösen Gefäßen der Extremitäten.
Wird eine HIT Typ II zu spät diagnostiziert, kommt es zu multiplen venösen und arteriellen Gefäßverschlüssen (periphere Arterien, viszerale Arterien, Zerebralgefäße). Bei einer HIT Typ II tritt der Thrombozytenabfall in der Regel zwischen dem 5. und 14. Tag nach Erstanwendung von Heparin auf. Bei sensibilisierten Patienten, die früher schon Heparin erhalten haben, können die Thrombozyten schon innerhalb weniger Stunden abfallen. Die Thrombozytenzahlen fallen meist unter 50 000/μl bzw. um mehr als 50 % des Ausgangswertes. Bei etwa 20 % der Patienten fehlt der Thrombozytenabfall oder es kommt zu einem paradoxen Thrombozytenanstieg.
Die Kontrolle der Thrombozytenzahlen sollte vor Beginn der Heparingabe, am 1. Tag nach Beginn der Therapie und während der ersten 3 Wochen regelmäßig alle 3–4 Tage erfolgen. Abschließend sollten die Thrombozyten am Ende der Heparintherapie bestimmt werden. Bei Verdacht auf eine heparin- induzierte Thrombozytopenie muss Heparin sofort abgesetzt werden. Zudem wird das Blut des Patienten auf eine HIT untersucht. Eine gute Alternative ist die Gabe von Fondaparinux. Dies ist ein synthetisches Heparin, das keine HIT auslöst.
Als Ersatzantikoagulanzien stehen neben Danaparoid auch Hirudin bzw. Lepirudin zur Verfügung.
Merke: Die heparininduzierte Thrombozytopenie tritt bei niedermolekularen Heparinen seltener auf.

26
Q

Welche Arten der Wundheilung unterscheidet man?

A

Der Begriff der Wundheilung umfasst die Fähigkeit eines Organismus, Defekte durch Gewebe zu decken. Man unterscheidet zwischen primärer und sekundärer Wundheilung. Bei der primären Wundheilung wachsen die Wundränder direkt zusammen. Es entsteht eine Gewebebrücke (Narbe).
Bei der sekundären Wundheilung wird der Defekt zunächst durch Granulationsgewebe aufgefüllt und heilt sekundär unter Ausbildung einer mehr oder weniger breiten Bindegewebsbrücke. Man unterscheidet hierbei vier Phasen:
• Exsudationsphase (2–3 Tage): Blut und Lymphe füllen den Defekt.
• Proliferationsphase (4.–7. Tag): In die Gewebelücke sprossen Kapillaren und Fibroblasten ein.
• Reparationsphase (2. Woche): Durch die Bildung kollagener Fasern erhält die Wunde Reißfestigkeit.
• Differenzierungsphase (>2 Wochen): Je nach Beanspruchung der Haut richten sich die Kollagenfasern aus.

27
Q

Nennen Sie die wichtigsten Ursachen für Wundheilungsstörungen.

A

Der Begriff „Wundheilungsstörungen“ beinhaltet Störungen, die die Wundheilung verhindern oder verzögern. Ätiopathogenetisch stehen folgende Ursachen im Vordergrund:
• Infektion, Hämatom, Ödem, Taschenbildung
• Minderperfusion, Ischämie
• Fremdkörper
• traumatisierende Operationstechnik
• erhöhte Spannung im Bereich der Wundränder
• mangelnde Immobilisation der Wunde
• Einnahme von Immunsuppressiva (Kortikosteroide, Zytostatika)
Auch Allgemeinerkrankungen wie Diabetes mellitus, Eiweißmangel (z.B. durch Nieren- oder Leberinsuffizienz), Vitamin-C-Mangel, Arteriosklerose, Tumoren, Anämien, Leukozytopenien und hohes Lebensalter können die Wundheilung negativ beeinflussen.

28
Q

Wann würden Sie eine Wunde als einfach, wann als kompliziert bezeichnen?

A

Einfache Wunden sind Wunden ohne große Gewebeverluste mit geraden Wundrändern und guter Durchblutung. Sie heilen in der Regel ohne größere Komplikationen schnell ab.
Komplizierte Wunden sind Verletzungen, die mit größeren Gewebeverlusten, schlechter Durchblutung, zerfetzten Wundrändern und starker Verschmutzung verbunden sind. Komplizierte Wunden neigen zur Infektion und Wundheilungsstörungen. Deshalb bedarf es eines gezielten Wundbehandlungskonzepts. Die Wunde wird debridiert und die Wundränder werden aufgefrischt. So wird nekrotisches Gewebe abgetragen und die Durchblutung optimiert. Bei größeren und infizierten Wunden wendet man seit einigen Jahren mit viel Erfolg Vakuumsysteme zur Wundbehandlung an.

29
Q

Was habe ich mir unter einem Vakuumsystem vorzustellen ?

A

Das Vakuumsystem dient der Beschleunigung des Heilungsprozesses. Es handelt sich um eine feuchte Wundbehandlung ohne Anstau von Wundsekret.
Durch eine Pumpe wird ein negativer Druck in einem Gewebedefekt erzeugt. Dazu wird ein genau auf die Wunde zugeschnittener Schwamm eingefügt. Danach wird das Ganze luftdicht mit einer Spezialfolie abgedeckt und die Pumpe aktiviert. So wird Wundsekret abgesaugt und die Wunde gesäubert. Das Wundödem wird reduziert und die Durchblutung optimiert. Die Bildung von Granulationsgewebe wird angeregt. Ist der Defekt nach einer gewissen Zeit sauber und kleiner geworden, kann eine Spalthauttransplantation erfolgen.

30
Q

Abgesehen von der spontanen Wundheilung haben wir chirurgisch die Möglichkeit, Wundränder optimal zusammenzufügen. Können Sie etwas zu verschiedenen Nahttechniken und deren Anwendungen berichten ?

A

Ein primärer Wundverschluss sollte nach Möglichkeit in den ersten 6–8 Stunden nach der Verletzung erfolgen. Verzögerte Primärnähte einer ansonsten sauberen Wunde kann man in der Proliferationsphase zwischen dem 4.–7. Tag anlegen. Zum Zusammenfügen der Wund- oder Schnittränder stehen uns verschiedene Nahttechniken und Nahtmaterialien zur Verfügung. Man unterscheidet zwischen Einzelknopf- und fortlaufenden Nähten (› Abb. 1.1).

31
Q

Welche Nahtmaterialien kommen zum Einsatz ?

A

Man verwendet resorbierbares und nichtresorbierbares Nahtmaterial.
• Resorbierbare Fäden bestehen aus Polyglykolsäurepolymeren oder Polydioxanon. Sie sind monofil aus Polyglukonat (Maxon®) oder polyfil (Vicryl®). Resorbierbare Fäden werden im OP-Gebiet eingesetzt, wobei polyfile geflochtene Fäden für Ligaturen und Umstechungen benötigt werden. Sie werden nach etwa 6 Wochen resorbiert.
• Nichtresorbierbare Fäden werden aus Polypropylen (Prolene®) oder Polyamid (Ethilon®) hergestellt, wobei Prolene® für Anastomosen und Gefäßnähte, Ethilon® zur Annaht von Drainagen und für die Hautnaht verwendet werden. Draht stellt eine Sonderform des nicht resorbierbaren Nahtmaterials dar. Er wird z. B. als Zerklage bei Sternotomien oder speziellen Frakturen verwendet.

32
Q

Können Sie uns etwas über Verbände und ihren Zwecken erzählen ?

A

Verbände werden zu verschiedenen Zwecken angelegt. Man unterscheidet:
• Wundauflagen (Schutz der Wunde vor Verschmutzung, Aufsaugen von Wundsekret)
• Pflaster bzw. Pflasterverbände (Befestigung von Wundauflagen, Adaptation von Wundrändern)
• Kompressionsverbände (Blutstillung)
• immobilisierende Verbände, z.B. Gipsverbände, Schienen

33
Q

Was müssen Sie bei der Anlage eines Gipsverbands beachten?

A

Die sicherste nichtinvasive Methode zur Ruhigstellung einer Extremität stellt der Gipsverband dar. Die weitgehend unelastische Hülle lässt nur minimale Bewegungen zu.
Beim Anlegen eines Gipses gelten einige Regeln, die beachtet werden müssen:
• Abpolsterung druckexponierter Stellen (cave: Nervenläsionen!)
• suffiziente Ruhigstellung in achsengerechter Neutralstellung (cave: Kontrakturen!)
• ggf. Ruhigstellung der angrenzenden Gelenke
• Prüfung der peripheren Durchblutung, Motorik und Sensibilität (DMS)
• radiologische Kontrolle der Fraktur im Gips
• Frage nach der Bequemlichkeit
• Gipskontrolle am nächsten Tag (DMS, Stellung der Fraktur)
• Low-Dose-Heparinisierung bei Gipsverbänden der unteren Extremität
(z. B. Enoxaparin = Clexane®, Nadroparin = Fraxiparin® 1× tgl. subkutan in gewichtsadaptierter Dosierung)
Eine längerfristige Immobilisierung durch einen Gipsverband beinhaltet die Gefahr einer Inaktivitätsatrophie von Knochen und Muskeln, Gelenkversteifungen durch Kapselschrumpfung und Knorpelatrophie sowie einer Bewegungseinschränkung durch Verklebungen des Sehnengleitgewebes.
Merke: Jeder Gipsverband muss am nächsten Tag kontrolliert werden! Klagt der Patient über Schmerzen, gilt die Regel: „Der Patient hat immer recht!“

34
Q

Nach frischen Verletzungen schneiden Sie den Gips in voller Länge wieder auf. Warum?

A

Frische Verletzungen können in den ersten Stunden zu enormen Weichteilschwellungen führen. Ein zirkulärer Gips ist unnachgiebig und würde bei einer Zunahme des Umfangs der Extremität das Weichteilgewebe komprimieren. Es entstünde ein „exogenes Kompartmentsyndrom“ mit Perfusionsstörungen und Nervenschäden. Ein gespaltener Gips gibt dem Druck nach.