14 Traumatologie Flashcards
Was ist eine Baker-Zyste?
Eine Baker-Zyste ist eine von der dorsalen Gelenkkapsel ausgehende Kniegelenkzyste. Es handelt sich um eine Ausstülpung der hinteren Gelenkkapsel am Kniegelenk. Eine Baker-Zyste kann angeboren oder idiopathisch, aber auch im Rahmen eines Knietraumas oder bei systemischen und degenerativen Erkrankungen durch eine Vermehrung von Synovialflüssigkeit auftreten. Klinisch zeigt sich ein prallelastischer Tumor in der Kniekehle. Häufig treten Schmerzen im Bereich der Kniekehle besonders bei Streckung des Kniegelenks auf. Die Anamnese und die Klinik dienen als Wegweiser für die Diagnose einer Baker-Zyste. Die Zyste kann man sonografisch, per MRT oder arthroskopisch nachweisen. Sie bedarf nicht obligat einer operativen Entfernung. In den meisten Fällen bildet sie sich nach der arthroskopischen Sanierung des Kniegelenks spontan zurück.
Wie diagnostizieren Sie eine Patellaluxation und wie behandeln Sie sie?
Anamnese und der Untersuchungsbefund sind meist eindeutig. Typisch sind starke Schmerzen, ein Erguss sowie eine Deformität des Gelenks. Um das Geschehen radiologisch zu dokumentieren, sollte eine Defilee- Serie angefertigt werden. Dabei wird die Patella tangential in 30°-, 60°- und 90°-Beugung geröntgt. Die Patella ist in den meisten Fällen nach lateral luxiert. Die Reposition der Patella erfolgt unter Überstreckung im Kniegelenk. Bei persistierenden Beschwerden müssen Begleitverletzungen, wie Knorpelschäden an der Patellahinterfläche oder Ausrissfragmente mittels MRT oder einer Arthroskopie ausgeschlossen werden.
Bei rezidivierenden Luxationen sollte eine Operation durchgeführt wer- den. Dabei gibt es verschiedene Methoden:
• lateral release: Dabei wird das laterale Retinakulum gespalten und das mediale Retinakulum mit Nähten gerafft und proximal rekonstruiert.
• OP nach Ali Krogius: Ein gestielter Streifen vom medialen Retinakulum wird lateral angenäht. Die so entstandene Zügelung soll weitere Luxationen verhindern. Dieses Verfahren wird vor allem bei Jugendlichen angewendet.
• OP nach Elmslie-Trillat: Nach Wachstumsabschluss (geschlossene Epiphysenfuge!) wird die Tuberositas tibiae nach medial verlagert. Bei ausgeprägtem Genu valgum wird gleichzeitig eine Umstellungsosteotomie durchgeführt.
Die zurzeit favorisierte Methode ist die Rekonstruktion des lateralen patello- femoralen Ligaments mit der Gracilissehne.
Was versteht man unter einer Unterschenkelschaftfraktur und welcher Therapie geben Sie den Vorzug, der konservativen oder der operativen?
Bei einer Unterschenkelscha fraktur handelt es sich um eine kombinierte Verletzung der Tibia und der Fibula. Geeignet für eine konservative Behandlung sind nur nicht dislozierte, stabile Brüche ohne wesentliche Weichteilverletzung oder Brüche, die sich gut reponieren lassen. Es erfolgt eine Ruhigstellung in einem gespaltenen Oberschenkelgips oder einer Oberschenkelgipsschiene über 10 Tage, einem anschließenden Oberschenkelgips für 2–4 Wochen und danach einer Teilbelastung mit einem Sarmiento-Brace (Unterschenkelschale mit Beweglichkeit im Knie- und Fußgelenk) oder einem Gehgips für weitere 4 Wochen.
Eine OP-Indikation bei Unterschenkelfrakturen ist gegeben bei:
• instabilen und dislozierten Frakturen
• offenen Frakturen (zweit- bis drittgradig)
• Frakturen mit Gefäßverletzung
• Frakturen mit Kompartmentsyndrom und/oder schwerem Weichteilschaden
• Frakturen beim polytraumatisierten Patienten
• Mehr-Etagen-Frakturen
Meist wird nur die Tibia osteosynthetisch versorgt. Bei sehr instabilen und komplizierten Frakturen oder bei Beteiligung des oberen Sprunggelenks wird auch die Fibula mit einer Plattenosteosynthese fixiert. Die häufigsten OP- Verfahren sind:
• Tibia-Marknagelung gebohrt oder ungebohrt (UTN = unaufgebohrter Tibianagel, oft mit Verriegelung v. a. bei Etagenfrakturen)
• Plattenosteosynthese, evtl. auch in Kombination mit der Marknagelung
• Fixateur externe (bei Trümmerfrakturen und bei zweit- bis drittgradig offenen Frakturen); eine endgültige Versorgung der Fraktur mittels anderer
Osteosyntheseverfahren erfolgt sekundär nach etwa 1–2 Wochen. Zusätzlich müssen Begleitverletzungen, wie Weichteil-, Gefäß- und Nervenschäden versorgt werden. Bei drohendem oder manifestem Kompartmentsyndrom muss eine Faszienspaltung erfolgen. Manchmal sind autologe Knochentransplantationen zur Defektfüllung erforderlich. Nach einer operativen Versorgung ist das Risiko einer Pseudarthrosenbildung durch eine zuverlässige Ruhigstellung geringer als bei der konservativen Behandlung.
Was versteht man genau unter einer Pilon-Tibiale-Fraktur?
Bei der Pilon-Tibiale-Fraktur handelt es sich um eine distale Tibiametaphysenfraktur mit Gelenkbeteiligung, meist verursacht durch eine heftige axiale Gewalteinwirkung auf das distale Tibiaplateau.
Bei Kindern ist häufig die Epiphysenfuge in die Fraktur involviert. Stabile Tibiametaphysenfrakturen ohne Gelenkbeteiligung können konservativ therapiert werden. Dislozierte Tibiametaphysenfrakturen, offene Frakturen und Pilon-Tibiale- Frakturen werden operativ versorgt. Dabei wählt man zwischen speziell geformten Plattenosteosynthesen, einer dynamischen Kondylenplatte und einem Fixateur externe (Trümmerfrakturen).
Was meint der Begriff „Brückenkallus“?
Ein Kallus entsteht im Normalfall bei der sekundären Frakturheilung. Liegen zwei Knochen in sehr enger Nachbarschaft, wie das sowohl am Unterschenkel als auch am Unterarm vorliegt, kann es zur Ausbildung eines Kallus zwischen beiden Knochen (Tibia-Fibula bzw. Radius-Ulna) kommen. Die Knochen vewachsen quasi miteinander. Dieses Phänomen wird als Brückenkallus bezeichnet. Die daraus entstehenden Funktionsdefizite betreffen vor allem die Pro- und Supination.
Wie kommt es zur Pseudarthrose?
Eine Pseudarthrose ist definiert als Schein- oder Falschgelenk, wenn eine Fraktur 6 Monate nach dem Ereignis noch nicht verheilt ist. Die Grundlagen für die Ausbildung einer Pseudarthrose stellen ein unzureichender Fragmentkontakt, mangelnde Ruhigstellung, schlechte Durchblutung und Infektionen im Bereich einer Fraktur dar. Vitale Pseudarthrosen sind gut durchblutet und meist hypertroph. Sie besitzen bessere Heilungschancen als avitale Pseudarthrosen, deren Heilung durch nekrotische Fragmente und ausgedehnte Defekte behindert wird. Therapie der Wahl bei Pseudarthrosen ist eine Stabilisierung der Fraktur. Bei avitalen Pseudarthrosen müssen zudem Maßnahmen zur Revitalisierung (Anfrischung der Frakturenden, autologes Spongiosainterponat) getroffen werden.
Am ersten postoperativen Tag nach osteosynthetischer Versorgung einer dislozierten Tibiafraktur mit ausgedehntem Weichteiltrauma kommt es zu Durchblutungsstörungen, gepaart mit Sensibilitätsstörungen und Beweglichkeitsverlust. Was halten Sie davon?
Die Symptomatik ist charakteristisch für ein Kompartmentsyndrom. Bildet sich am Unterschenkel ein ausgedehntes Hämatom, so verhindern straffe Muskellogen am Unterschenkel eine notwendige Druckentlastung. Der Gewebedruck steigt, der venöse Abfluss wird behindert, die Durchblutung wird vermindert oder stagniert. Die daraus resultierenden Ernährungsstörungen der Muskulatur führen innerhalb von Stunden zu ausgedehnten ischämischen Muskelnekrosen. Bei Zerfall großer Muskelmassen (Rhabdomyolyse) kann es zur Crush-Niere kommen. Unbehandelt kann ein Kompartmentsyndrom zum Verlust der Extremität führen. Differenzialdiagnostisch müssen eine Phlebothrombose, ein arterieller Verschluss oder eine Phlegmasia coerulea dolens ausgeschlossen werden.
Ein 26-jähriger Dachdecker ist vom Dach eines dreistöckigen Hauses gestürzt. Er scheint großes Glück gehabt zu haben. Abgesehen von einer kleinen Platzwunde im Bereich der Stirn weist er keine äußerlichen Verletzungen auf. Er ist ansprechbar. Eine vitale Gefährdung scheint nicht vorzuliegen. Der rechte Fuß erscheint Ihnen im Bereich der Ferse merkwürdig deformiert. Ein Hämatom ist erkennbar. Die Bewegung ist schmerzhaft eingeschränkt.
Mit welcher Diagnose rechnen Sie nach einer Röntgenaufnahme des Fußes? Was sollten Sie vorsorglich sofort mitröntgen?
Da am Fuß die einzige schwerwiegendere Verletzung erkennbar ist, scheint der Patient mit den Füßen zuerst auf dem Boden aufgeschlagen zu sein. Folgen eines solchen Sturzes aus großer Höhe sind Kalkaneusfrakturen und Kompressionsfrakturen der Lenden- und Brustwirbelsäule als Folge der extremen axialen Krafteinwirkung.
Empfehlenswert sind auf jeden Fall Röntgenaufnahmen des gesamten Achsenskeletts mit besonderem Augenmerk auf Wirbelsäule und Becken. Auch an innere Verletzungen von großen Gefäßen (Aorta), Milz und Leber muss aufgrund der Schwere des Traumas gedacht werden. Blutungen können auch nach einer gewissen Latenz zum Unfallereignis noch auftreten (zweizeitiges Geschehen). Differenzialdiagnostisch muss am Fuß unter anderem eine Talusfraktur ausgeschlossen werden. Nicht dislozierte Talusfrakturen werden konservativ, dislozierte Talusfrakturen operativ versorgt.
Kalkaneusfrakturen werden nach Sanders in 4 Gruppen eingeteilt (› Tab. 10.11).
Tab. 10.11 Einteilung der Kalkaneusfrakturen nach Sanders
Typ I : nicht-disloziert
Typ II : disloziert, eine dislozierte Frakturlinie
Typ III : disloziert, zwei dislozierte Frakturlinien
Typ IV : disloziert, drei dislozierte Frakturlinien
Muss eine Kalkaneusfraktur immer operiert werden ?
Entscheidend bei der Therapiewahl einer Kalkaneusfraktur ist das Vorliegen einer Gelenkbeteiligung:
• funktionelle Therapie: Der Fuß wird unter krankengymnastischer Anleitung aktiv und passiv durchbewegt. Antiphlogistika und Analgetika, Hochlagern und lokales Kühlen helfen beim Abschwellen und bei der Mobilisation. Nach Abschwellen wird der Fuß mit einem Entlastungsapparat nach Allgöwer früh mobilisiert.
• semikonservative Therapie (Impressionsfrakturen): Unter Extension wird der Fuß geschlossen reponiert und das Ergebnis mit einem perkutanen Spickdraht fixiert.
• operative Therapie (Entenschnabelfrakturen, junge Patienten, intraartikuläre und dislozierte Frakturen, Trümmerfrakturen): Die Fraktur wird offen reponiert und mit Zugschrauben, Plattenosteosynthesen oder Fixateur externe stabilisiert.
Bei allen Verfahren besteht die Gefahr der Entwicklung eines Plattfußes oder eines CRPS (complex regional pain syndrome, früher Morbus Sudeck).
Sie werden als Notarzt zu einem Patienten gerufen, der versucht hat, mit dem Skate- board eine Treppe hinunterzufahren. Dabei ist er gestürzt. Plötzlich hatte er extreme Schmerzen im rechten Sprunggelenk und der gesamte Fuß war gegenüber dem Unterschenkel um fast 90° nach innen gebeugt. Ein Knochen scheint Ihnen am lateralen Sprunggelenk fast durch die Haut entgegenzuspießen.
Welche Verletzung liegt vor und was machen Sie ?
Es scheint sich um eine Talusluxation zu handeln. Dafür sprechen sowohl der Unfallhergang als auch der klinische Aspekt. Wegen der extremen Fehlstellung muss die Luxation dringend reponiert werden, um Gefäß- und Nervenschäden zu verhindern. Dies geschieht in der Regel unter Analgosedierung (z. B. Midazolam + Ketamin) oder Narkose.
Wie gehen Sie bei Verdacht auf eine Verletzung des oberen Sprunggelenks diagnostisch vor?
Verletzungen des oberen Sprunggelenks werden gewöhnlich durch Pro- oder Supinationstraumata verursacht. Abhängig vom Unfallmechanismus erwartet man bestimmte Verletzungsmuster (› Tab. 10.12).
Es werden Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen vom Fuß angefertigt. Wenn knöcherne Verletzungen ausgeschlossen sind und die Beschwerden über mehrere Tage mit gleichbleibender Intensität fortbestehen, empfiehlt es sich, ein MRT anzufertigen.
Tab. 10.12 Verletzungen des oberen Sprunggelenks
Supinationstrauma
• Innenknöchel-Abscherverletzung
• Weber-A-Fraktur
• Außenbandruptur oder -ausriss (am
häufigsten Lig. talofibulare anterius)
Pronationstrauma
• Innenbandrupturen (Lig. deltoideum) • Schrägfrakturen der Fibula (Weber B und C)
• Innenknöchel-Abrissverletzungen
Wie untersuchen Sie einen Patienten, bei dem Sie eine Außenbandruptur erwarten? Welche Behandlung schlagen Sie vor, wenn sich Ihre Diagnose bestätigt?
Unfallhergang (Supinationstrauma) und Klinik sind wegweisend für die Diagnose „Außenbandruptur“. Nach Ausschluss knöcherner Verletzungen werden klinisch der Talusvorschub und die seitliche Aufklappbarkeit geprüft. Gehaltene Röntgenaufnahmen zur Befunddokumentation werden heute nicht mehr routinemäßig durchgeführt. Ein MRT dient ggf. dem Ausschluss einer Syndesmosenruptur und knöcherner Verletzungen. Die primäre Therapie ist auf ein Abschwellen des Gelenks (Kühlung, Ruhigstellung, Hochlagern) gerichtet. Das Gelenk selbst wird danach mithilfe einer Aircast-Schiene für ca. 4 Wochen stabilisiert. Der Bandapparat wird im weiteren Verlauf narbig rekonstruiert. Bei weiterbestehender starker Instabilität und bei Leistungssportlern kann eine OSG-Bandplastik eine Verbesserung der Stabilität und Funktionalität im OSG (oberes Sprunggelenk) bewirken.
Sagt Ihnen die Einteilung von Frakturen des oberen Sprunggelenks nach Weber etwas?
Es handelt sich dabei um Fibulafrakturen. Die Einteilung nach Weber orientiert sich an der Lage der Fraktur in Bezug auf die Syndesmose wie folgt (› Abb. 10.14):
• Weber A: Die Fibulafraktur liegt unterhalb der Syndesmose. Die Sprunggelenksgabel ist stabil.
• Weber B: Die Fraktur der Fibula verläuft in Höhe der Syndesmose. In 50 % der Fälle ist diese verletzt, die Stabilität der Sprunggelenksgabel ist nicht mehr gewährleistet.
• Weber C: Die Fibula ist oberhalb der Syndesmose frakturiert. Diese ist dabei rupturiert.
Eine konservative Therapie kann bei nicht dislozierten Weber-A- und B- Frakturen erfolgen. Dislozierte Weber-A- und B-Frakturen und alle Weber- C-Frakturen werden operativ versorgt, da schon Fragmentdislokationen von nur 2 mm oder 2°-Drehfehler zu einer Arthrose oder Pseudarthrose führen können. Die Fraktur wird o en reponiert und mithilfe einer Zuggurtung (Weber A) oder Plattenosteosynthese (Weber B und C) fixiert. Der Bandapparat und die Syndesmose werden vernäht. Luxierte Malleolarfrakturen müssen wegen der Gefahr von Hautnekrosen oder -durchspießung und möglicher Nervenschäden zügig reponiert und operiert werden. Eine postoperative Immobilisation der Fraktur erfolgt heutzutage meist mithilfe von Vakuumschienen. Wichtig ist auf jeden Fall wie bei jeder anderen Immobilisation eine postoperative Thromboseprophylaxe (niedermolekulares Heparin).
Was ist eine Maisonneuve-Fraktur?
Eine Maisonneuve-Fraktur ist eine Sonderform der Weber-C- Fraktur. Es handelt sich um eine („hohe“) subkapitale Fibulafraktur in Kombination mit einem Längsriss der Membrana interossea und einer Ruptur der Syndesmosen, einer Innenknöchelfraktur oder einem Ausriss des Lig. deltoideum.
Wo findet man das Volkmann-Dreieck?
Bei Weber-B- und Weber-C-Frakturen, seltener auch bei Weber- A-Frakturen kann es durch den Zug der hinteren Syndesmose zu einer Abscher-/Abrissfraktur an der dorsalen Tibiakante kommen, die den hinteren Anteil des Innenknöchels bildet. Das meist nach vorne dislozierte Fragment nennt man nach dem Erstbeschreiber Volkmann-Dreieck. Das Outcome von OSG-Frakturen wird durch ein großes disloziertes Volkmann-Dreieck verschlechtert, daher ist eine millimetergenaue Reposition und Fixation enorm wichtig. Die osteosynthetische Versorgung erfolgt durch Zugschrauben.