Innere Fälle 41-60 Flashcards
Eine 46-jährige Patientin wird zur Abklärung seit 5 Monaten bestehender rezidivierender Bauchschmerzen vom Hausarzt zu Ihnen in die Klinik überwiesen. Die Patientin berichtet, sie neige seit Beginn der Bauchschmerzen zu Verstopfung und der Stuhl sei eher fest. Gelegentlich sei der Stuhl aber auch ungeformt und die Darmentleerung gehäuft. Die Schmerzen seien vor allem im Unterbauch lokalisiert, träten gehäuft ca. 1 – 2 Stunden nach dem Essen auf und ließen nach einer „erfolgreichen“ Darmentleerung nach. Die körperliche Untersuchung einschließlich rektaler Austastung
ergibt keinen pathologischen Befund. Die Labordiagnostik (inkl. Blutbild, BSG, Hämoccult-Test und Urinstatus) zeigt keine Auffälligkeiten. Die Abdomensonographie und Gastroskopie mit tiefer Duodenal-PE sind ebenfalls unauffällig. Sie führen daraufhin eine Koloskopie durch, die keinen pathologischen Befund vom Rektum bis zum terminalen Ileum zeigt. Stuhlkulturen und ein Laktose-H2- Atemtest sind unauffällig. Eine fachgynäkologische Untersuchung zeigte keinen pathologischen Befund.
41.1 Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie?
Reizdarmsyndrom (Colon irritabile), da eine organische Darmerkrankung durch die Vordiagnostik weitestgehend ausgeschlossen ist und das Reizdarmsyndrom bei passender Klinik (Stuhlunregelmäßigkeiten, diffuse Unterbauchbeschwerden, Erleichterung durch Defäkation) als Ausschlussdiagnose in Frage kommt.
Reizdarmsyndrom
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Erste therapeutische Maßnahme muss sein, dem Patienten das Gefühl zu geben, dass er mit seiner Erkrankung ernst genommen wird und ihn gleichzeitig über die Harmlosigkeit des Befundes (funktionelle Störung) und die Prognose (s. Frage 41.3) zu informieren. Darüber hinaus gibt es folgende Therapiemöglichkeiten:
– ggf. Psychotherapie (Gesprächstherapie, Hypnose)
– Ernährungstherapie: Vermeidung subjektiv unverträglicher Speisen
– bei starker Obstipation Gabe von Laxanzien
– bei ausgeprägten Darmkrämpfen Versuch mit Butylscopolamin.
Reizdarmsyndrom
Wie ist die Prognose der vermuteten Erkrankung?
Sehr gut, da es sich um eine funktionelle Störung handelt; allerdings ist bei den meisten Patienten mit dem Fortbestand der Beschwerden zu rechnen.
Ein 37-jähriger Patient stellt sich im Juni wegen eines am Vortag aufgetretenen Fiebers in Ihrer hausärztlichen Praxis vor. Vor 1 Woche sei ein erster Fieberschub mit Glieder- und Kopfschmerzen aufgetreten. Heute fühle er sich zudem ständig müde und benommen und sein Nacken sei steif. 3 Tage vor Beginn der Symptome sei er von einem Wanderurlaub in Bayern zurückgekehrt. Auf Nachfrage gibt der Patient an, während des Urlaubs zweimal von einer Zecke gebissen worden zu sein. Zeckenbisse bei früheren Reisen oder Hauterscheinungen sind ihm nicht erinnerlich. Die Meningismuszeichen sind positiv. Die Körpertemperatur beträgt 39,1 C (rektale Messung). Die übrige körperliche Untersuchung ist unauffällig.
Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose und was ist die Ursache der Erkrankung?
Verdachtsdiagnose: Frühsommermeningoenzephalitis (FSME)
Ursache: FSME-Virus, ein zu den Flaviviren zählendes Arbovirus (arthropod-borne virus).
Welche andere durch Zecken übertragene Erkrankung mit z. T. ähnlicher Symptomatik kennen Sie? Begründen Sie, weshalb diese Erkrankung bei diesem Patienten höchst- wahrscheinlich nicht vorliegt!
Meningitis, Enzephalitis oder Meningoenzephalitis im Rahmen einer Borreliose (Neuroborreliose)
Eine Neuroborreliose ist bei diesem Patienten unwahrscheinlich, denn
– Meningitis, Enzephalitis oder Meningoenzephalitis sind mögliche Manifestationen der Stadien II und III einer Borreliose und treten somit erst Monate bis Jahre und nicht bereits wenige Tage nach dem Zeckenbiss auf
– die Anamnese liefert keinen Hinweis auf eine Borrelieninfektion (in Form eines früheren Zeckenbisses oder eines Erythema migrans). Allerdings: Zeckenbiss wird oft nicht bemerkt, nicht jedes Stadium wird zwingend durchlaufen.
Nennen Sie mindestens 3 Meningismuszeichen!
- Lasègue-Zeichen: Schmerz im Bein, Rücken
oder in der Glutealregion bei passivem Anheben eines Beins durch den Untersucher; bei Meningitis beidseits positiv - Steifigkeit des Nackens bei passiver Beugung der Halswirbelsäule nach ventral
- Kernig-Zeichen: reflektorische Beugung im Kniegelenk bei passivem Anheben des Beins durch den Untersucher
- Brudzinski-Zeichen: reflektorische Kniebeugung bei passiver Beugung der Halswirbelsäule nach ventral.
Frühsommermeningoenzephalitis
Unter welchen Umständen ist eine Impfung zur Prophylaxe sinnvoll?
aktive Immunisierung: Indikation nur bei Risiko einer Exposition gegenüber Zeckenbissen, z. B. bei Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft, Jägern oder Wanderern in FSME-Risikogebieten (Süddeutschland, Österreich).
passive Immunisierung mit FSME-Immunglobulinen bis zu 96 Stunden nach einem Zeckenbiss in Risikogebieten.
Ein 67-jähriger Patient stellt sich aufgrund allgemeiner Abgeschlagenheit in Ihrer hausärztlichen Praxis vor. Bei der körperlichen Untersuchung fällt eine ausgeprägte Hepatosplenomegalie auf. Das Blutbild zeigt folgendes Resultat: Hämoglobin 9,4 g/dl, Leukozyten 2000/μl, Neutrophile 900/μl, Thrombozyten 102 000/μl. Bei der mikroskopischen Untersuchung des Blutausstrichs sehen Sie kleine lymphoide Zellen mit einem breiten Zytoplasmasaum, der kleine haarförmige Ausläufer aufweist. Mittels zytochemischer Untersuchung lässt sich saure Phosphatase nachweisen, auch noch nach Zusatz von Tartrat.
43.1 Welche Erkrankung liegt vor?
Haarzell-Leukämie, denn bei dem Patienten liegen erkrankungstypische Befunde vor: Splenomegalie, Panzytopenie und im peripheren Blut lymphoide Zellen mit haarförmigen Zytoplasmaausläufern, in denen sich auch nach Behandlung mit Tartrat saure Phosphatase nachweisen lässt (tartratresistente Saure-Phosphatase-Reaktion).
Haarzell-Leukämie
In welche Gruppe von Erkrankungen würden Sie die Erkrankung einordnen?
Non-Hodgkin-Lymphome.
Haarzell-Leukämie
Welche Erkrankungen kommen differenzialdiagnostisch noch in Betracht?
1- andere Non-Hodgkin-Lymphome (andere
Oberflächenexpressionsmarker der Zellen, Abgrenzung durch Immunzytologie)
2- chronische lymphatische Leukämie (Abgrenzung durch Immunphänotypisierung)
3- myelodysplastisches Syndrom (dysplastische Zellen im Knochenmark)
4- Osteomyelosklerose (Knochenmarkhistologie
und -zytologie).
Haarzell-Leukämie
Wie wird die Erkrankung typischerweise behandelt?
1- Interferon-α als Primärtherapie
2- Purinanaloga (z.B.Cladribin) bei unzureichendem Ansprechen auf Interferon-α.
Eine 36-jährige Patientin stellt sich wegen seit 12 Monaten zunehmender Mundtrockenheit, eines Fremdkörpergefühls in beiden Augen, allgemeiner Abgeschlagenheit sowie Gelenkschmerzen in Ihrer allgemeinmedizinischen Praxis vor. Zu den Mahlzeiten müsse sie vermehrt Wasser trinken, um überhaupt Nahrung zu sich nehmen zu können. Seit einigen Wochen bestehe zudem ein nichtproduktiver Reizhusten. Bei der körperlichen Untersuchung finden sich eine konjunktivale Injektion beidseits mit trockener Bindehaut sowie eine ausgeprägte Karies, Fissuren im Bereich der Zunge sowie eine auffällig trockene Mundschleimhaut. Die erste Labordiagnostik zeigt folgende auffällige Befunde: BSG 43 mm n.W., CRP 32 mg/l, (ANA) 1 : 1024, C3-Komplement und C4-Komplement vermindert, breitbasige Hypergammaglobulinämie (21,2 %). Eine Sputumdiagnostik ist wegen fehlender Sputumproduktion nicht möglich. Die Befunde der Thorax-Röntgenaufnahme und einer Breischluck-Untersuchung des Ösophagus sind unauffällig.
Welche Erkrankung könnte bei der Patientin vorliegen?
Sjögren-Syndrom, denn Mundtrockenheit und trockenes Auge (Sicca-Symptomatik) sind Leitsymptome dieses Syndroms. Die Mundtrockenheit führt zu vermehrter Karies und Zungenfissuren, das trockene Auge zu Rötung, Brennen und Fremdkörpergefühl. Der Reizhusten ist wahrscheinlich Folge der verminderten Schleimproduktion durch die Tracheobronchialdrüsen. Auch die Arthralgien und die Laborbefunde (BSG-, CRP- und γ-Globulinerhöhung, Autoantikörper) passen zu dieser Diagnose. Wahrscheinlich liegt ein primäres Sjögren-Syndrom vor, da antinukleäre Antikörper nachweisbar sind.
Nennen Sie eine einfache Untersuchungstechnik zur Objektivierung der verminderten Tränenproduktion!
Schirmer-Test: verminderte Tränenbenetzung
( < 5 mm/5 min) eines in den unteren Bindehautsack eingelegten Filterpapierstreifens.
Sjögren-Syndrom
Welche 3 weiteren diagnostischen Maßnahmen können zur weiteren Abklärung durchgeführt werden?
- Speicheldrüsenszintigraphie: Nachweis einer
verminderten Sekretion - Speicheldrüsenbiopsie: Nachweis einer Infiltration mit Lymphozyten und Plasmazellen
- Sonographie oder MRT der Speicheldrüsen:
Vergrößerung, Strukturveränderung.
Sjögren-Syndrom
Welche weiteren Autoantikörper sind für die vermutete Erkrankung besonders typisch?
1- Antikörper gegen La (SS-B)-Antigene: sehr spezifisch und typisch für das primäre Sjögren-Syndrom, bei bis zu 70% der Patienten vorhanden
2- Antikörper gegen Ro (SS-A)-Antigene: weniger
spezifisch, auch bei anderen Kollagenosen (z. B. SLE) nachweisbar, bei bis zu 70% der Patienten mit Sjögren-Syndrom vorhanden.
3- anti-α-Fodrin-Antikörper: sehr sensitiv
Sjögren-Syndrom
Wie kann die Erkrankung behandelt werden?
1- künstliche Tränen als Tropfen oder Gel
2- neuer Therapieansatz: Stimulation der Drüsensekretionsleistung durch Pilocarpin
3- Immunsuppressiva (Cyclophosphamid) nur bei schwerer sekundärer Vaskulitis oder Beteiligung innerer Organe (z. B. Pankreatitis, interstitielle Nephritis, primäre biliäre Zirrhose, interstitielle Lungenerkrankung); geringer Effekt auf die Sicca-Symptomatik
4- Antimalariamittel (z. B. Hydroxychloroquin) bei Arthralgien.
Ein 39-jähriger Patient stellt sich wegen Schüttelfrost, Husten und gelblich gefärbtem Auswurf in Ihrer hausärztlichen Praxis vor. Weitere Vorerkrankungen sind nicht bekannt. Bei der Auskultation der Lungen hören Sie ohrnahe klingende Rasselgeräusche über dem rechten Lungenunterfeld dorsal. Der Blutdruck beträgt 140/75 mmHg, die Herzfrequenz 87/min, die Körpertemperatur 39,6 C. Der übrige körperliche Untersuchungsbefund einschließlich der Auskultation des Herzens ist unauffällig.
45.1 Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
Pneumonie, da Fieber, Schüttelfrost und Husten bestehen und das Sputum eitrig ist. Wahrscheinlich liegt eine Lobärpneumonie im rechten Lungenunterlappen vor, da im Bereich dieses Lappens klingende Rasselgeräusche zu hören sind. Diese entstehen bei Infiltration des Lungengewebes (infiltriertes Gewebe leitet den Schall besonders gut), wie sie für die Pneumonie typisch ist.
Pneumonie
Welche 4 weiteren Untersuchungen würden Sie bei diesem Patienten durchführen? Begründen Sie Ihren Vorschlag!
- Röntgenaufnahme des Thorax zum Nachweis eines pneumonischen Infiltrates
- Blutkultur und Sputumkultur zwecks Erregernachweis
- Labordiagnostik zum Nachweis einer akuten
Entzündung, zur Kontrolle der Funktion wichtiger Organe (Niere, Leber) und zum Ausschluss einer parainfektiösen Gerinnungsstörung: CRP, BSG, Blutbild, Kreatinin, Harnstoff, Elektrolyte, Glukose, GOT,GPT, Quick bzw. INR, PTT - BGA zur Erfassung einer respiratorischen Insuffizienz.
Pneumonie
Was ist der häufigste „Auslöser“ der vermuteten Erkrankung?
Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae),
da die Pneumonie ambulant erworben wurde.
Pneumonie
Machen Sie einen Therapievorschlag!
- Antibiotikatherapie: zunächst blind, d. h. je nach vermutetem Erreger: Bei V. a. Pneumokokkenpneumonie ist Penicillin G Mittel der ersten Wahl. In Abhängigkeit vom Ergebnis der mikrobiologischen Untersuchung (Resistenz?) ggf. auf anderes Antibiotikum umsteigen.
- fiebersenkende Maßnahmen: Wadenwickel, Paracetamol
- Patienten anweisen, viel zu trinken (Fieber!), sonst erschwerte Mukolyse und Gefahr der prärenalen Niereninsuffizienz
- bei reduziertem Allgemeinzustand oder respiratorischer Insuffizienz Klinikeinweisung zur stationären Behandlung, dort parenterale Flüssigkeitszufuhr, Sauerstoffzufuhr, Thrombembolieprophylaxe, Atemtraining.
Eine 77-jährige Patientin ruft Sie, den Notarzt, wegen seit mehreren Stunden bestehender und zunehmender Luftnot. Schmerzen gibt sie nicht an. Aus der Vorgeschichte sind eine arterielle Hypertonie und ein Myokardinfarkt bekannt. Sie sehen eine Patientin mit deutlicher Ruhedyspnö und Zyanose. Bei der körperlichen Untersuchung im Sitzen – die Rückenlage toleriert die Patientin nicht – fallen Ihnen Rasselgeräusche über den basalen und mittleren Lungenabschnitten beidseits sowie ein
Galopprhythmus auf. Der Blutdruck beträgt 170/100 mmHg. Das Pulsoxymeter zeigt eine Sauerstoffsättigung von 81%. Abb. 46.1 zeigt einen Ausdruck des 1-Kanal-EKG-Monitors.
Was ist die wahrscheinlichste Ursache der Dyspnö? Begründen Sie Ihre Entscheidung!
Lungenödem bei dekompensierter Linksherzinsuffizienz. Für eine Linksherzinsuffizienz und gegen eine primär pulmonale Ursache der Dyspnö sprechen folgende Befunde bzw. Fakten:
– Orthopnö (Luftnot, die im Liegen auftritt und sich im Sitzen bessert)
– Rasselgeräusche über beiden Lungen
– kein Giemen, Brummen oder verlängertes Exspirium und somit kein Anhalt für eine höhergradige pulmonale Ventilationsstörung
– Galopprhythmus (entspricht dem sog. 3. Herzton, entsteht durch die schlagartige Füllung des dilatierten linken Ventrikels im Rahmen einer Tachykardie)
– Herzerkrankung in der Vorgeschichte.
Lungenödem bei dekompensierter Linksherzinsuffizienz.
Welche Maßnahmen (mindestens 4, in der Reihenfolge des praktischen Vorgehens) ergreifen Sie akut?
Begründen Sie Ihren Vorschlag!
- Sauerstoffgabe (4 – 8 l/min): lindert die Dyspnö 2. Glyceroltrinitrat (Nitro)-Spray: 2 Hübe sublingual, dann mittels Perfusor je nach Blutdruck: senkt die Vorlast, verbessert die myokardiale Durchblutung und senkt den myokardialen Sauerstoffverbrauch
- i.v.-Gabe von Schleifendiuretika (z.B. Furosemid 40 mg) zur akuten Diurese und Reduktion des intravasalen Volumens
- bei Unruhe und/oder Schmerzen i.v.-Gabe von Morphin (5 – 10 mg)
- Transport der Patientin in ein Krankenhaus, und zwar in Oberkörperhochlagerung (Beine tief lagern), um den venösen Rückstrom zum Herzen zu minimieren
- bei fehlendem Anstieg der Sauerstoffsättigung und Verschlechterung des Zustands der Patientin unter o. g. Therapie Intubation und Beatmung mit PEEP zur Beseitigung der respiratorischen Insuffizienz.
Lungenödem bei dekompensierter Linksherzinsuffizienz.
Nennen Sie die weltweit gebräuchliche klinische Stadieneinteilung dieses Krankheitszustandes! Welches Stadium liegt bei der Patientin vor?
Klinische Stadieneinteilung der Herzinsuffizienz nach der New York Heart Association (NYHA):
– Stadium I: normale Belastbarkeit ohne Beschwerden
– Stadium II: Beschwerden bei stärkerer Belastung
– Stadium III: Beschwerden bei geringer Belastung
– Stadium IV: Beschwerden in Ruhe. Dieses Stadium liegt bei der im Fallbeispiel beschriebenen Patientin vor.
Ein 69-jähriger Patient stellt sich zum alljährlichen „Routinecheck“ in Ihrer hausärztlichen Praxis vor. Er gibt an, dass wesentliche Beschwerden im vergangenen Jahr nicht aufgetreten seien, jedoch habe die allgemeine Belastbarkeit abgenommen. Die körperliche Untersuchung ergibt, abgesehen von einer reduzierten Vibrationsempfindung im Stimmgabeltest (3/8 beidseits) an beiden Fußknöcheln, keinen pathologischen Befund. Die Abdomensonographie und das EKG sind unauffällig. Die Routinelaboruntersuchung liefert folgendes Ergebnis: Kreatinin 0,8 mg/dl, Kalium 4,2 mmol/l, Hb 10,1 g/dl, MCV 108 fl, MCH 36 pg, Leukozyten 5400/μl, Thrombozyten 210 000/μl, CRP CRP < 5 mg/l, GOT 12 U/l, CK 14 U/l, INR 1,1, PTT 25 s.
Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
V.a. perniziöse Anämie, da eine makrozytäre
(megaloblastäre) Anämie sowie V. a. Polyneuropathie bestehen.
Nennen Sie die 2 „Auslöser“ einer makrozytären Anämie und deren Ursachen!
Vitamin-B12-Mangel:
– Mangel an Intrinsic-Faktor: bei perniziöser Anämie (Vorliegen von anti-Parietalzell-, evtl. auch anti-Intrinsic-Faktor-Antikörpern und Autoimmungastritis Typ A [=Korpusgastritis, atrophisch]) oder nach Magenresektion
– Malabsorptionssyndrom bei Dünndarmerkrankungen
– vermehrter Verbrauch: z. B. bei Bandwurmbefall oder bakterieller Überwucherung des Dünndarms
Folsäuremangel:
– unzureichende Folsäureaufnahme mit der Nahrung (z. B. Alkoholiker)
– Malabsorptionssyndrom bei Dünndarmerkrankungen
– erhöhter Bedarf: Schwangerschaft
– Dauerbehandlung mit Folsäureantagonisten
(z. B. Methotrexat) oder Phenytoin.
perniziöse Anämie
Welche diagnostischen Maßnahmen (mindestens 4, in der Reihenfolge des praktischen Vorgehens) veranlassen Sie zur Sicherung Ihrer Verdachtsdiagnose und zum Ausschluss der Differenzialdiagnosen?
- Laboruntersuchungen: Differenzialblutbild zum Ausschluss einer Leukämie, Bestimmung der Serumkonzentrationen von Vitamin B12 und Folsäure
- Untersuchung des Knochenmarks zum Nachweis von Megaloblasten bzw. zum Ausschluss eines myelodysplastischen Syndroms
- bei durch Konzentrationsbestimmung nachgewiesenem Vitamin-B12-Mangel
– Schilling-Test zur Differenzierung zwischen einem Malabsorptionssyndrom und einem Intrinsic-Faktor-Mangel
– Bestimmung der Antikörper gegen Parietalzellen (APCA) und gegen Intrinsic Faktor
– Magensaftanalyse zum Nachweis einer Anazidität infolge der Zerstörung von Parietalzellen - Gastroskopie mit Biopsie zum Nachweis einer Autoimmungastritis vom Typ A.
Beschreiben Sie den Ablauf des Schilling-Tests und nennen Sie mögliche Resultate!
Ablauf: orale Applikation von radioaktiv markiertem Vitamin B12 erst ohne, dann mit Intrinsic-Faktor (IF) und Bestimmung der Vitamin- B12-Konzentration im Urin
Ergebnisse:
– Vitamin-B12-Konzentration im Urin ohne und mit IF normal: Normalbefund
– Vitamin-B12-Konzentration im Urin ohne und mit IF erniedrigt: Resorptionsstörung im Dünndarm
– Vitamin-B12-Konzentration im Urin ohne IF erniedrigt, mit IF normal: Intrinsic-Faktor- Mangel.
Ein 74-jähriger Patient wird von seinem Hausarzt wegen seit Monaten zunehmender Neigung zu Verstopfung in Ihre internistische Fachpraxis überwiesen. Die vom Patienten mitgebrachten Befunde zeigen, dass eine mikrozytäre Anämie besteht und Blut im Stuhl ist (positiver Hämoccult-Test). Bei der Koloskopie finden Sie bei 10 cm ab ano im mittleren Rektumdrittel einen exulzerierten Tumor, der mit dem Koloskop kaum zu passieren ist. Die histologische Untersuchung von Biopsaten ergibt den Befund eines Adenokarzinoms.
Welche diagnostischen Maßnahmen (mindestens 4, in der Reihenfolge des praktischen Vorgehens) schlagen Sie zum Tumorstaging und zur Komplettierung der Diagnostik vor? Begründen Sie Ihren Vorschlag!
- Bestimmung des Tumormarkers CEA (karzinoembryonales Antigen), um einen prätherapeutischen Ausgangswert zwecks Vergleich mit Verlaufskontrollen zu erhalten
- Röntgenbild des Thorax zwecks Metastasensuche
- Sonographie und/oder CT des Abdomens (Abb. 48.1) und kleinen Beckens zur Erfassung der Tumorausdehnung und Metastasensuche
- rektale Endosonographie zur Erfassung der Tumorinfiltration der Darmwand und damit des Tumorstadiums.
Kolorektales Karzinom
In welchen Organen erwarten Sie zuerst Fernmetastasen?
Als erstes in der Leber, dann in der Lunge, später in anderen Organen.
Welche Wege der lymphogenen Metastasierung sind bei einem Rektumkarzinom zu erwarten? Welchen lymphogenen Metastasierungsweg erwarten Sie bei diesem Patienten?
1- proximales Rektumdrittel: Metastasierung in
die paraaortalen Lymphknoten
2- mittleres Rektumdrittel (Patient!): zusätzlich
Metastasierung in die Lymphknoten der Beckenwand
3- distales Rektumdrittel: zusätzlich Metastasierung in die inguinalen Lymphknoten und die Lymphknoten der Beckenwand.
Das Staging ergibt ein Tumorstadium T3 N0 M0 (= UICC II oder Dukes B). Machen Sie einen Therapievorschlag!
- operative Therapie mit kurativem Ansatz: totale Rektumresektion
- postoperative adjuvante Chemotherapie mit
5-Fluoruracil und Radiotherapie.
Ein 68-jähriger Patient stellt sich mit akuten starken Schmerzen im rechten Bein bei Ihnen in der Notaufnahme vor. Die Schmerzen seien plötzlich im Liegen aufgetreten und gingen mit einem Kältegefühl einher. Er könne das Bein kaum bewegen. Abgesehen von gelegentlichem „Herzstolpern“ gibt der Patient keine Beschwerden an. Medikamente nehme er keine ein. Der Umfang des rechten Oberschenkels und der Wade entspricht dem der Gegenseite, jedoch ist das rechte Bein distal des Oberrandes der Patella kalt und blass. Die Pulse der A. poplitea, A. dorsalis pedis und A. tibialis posterior sind nicht zu tasten. Die Notfall-Labordiagnostik zeigt folgendes Ergebnis: Hb 15,6 g/dl, Leukozyten 12 000/μl, Thrombozyten 213 000/μl. Abb. 49.1 zeigt das EKG bei Aufnahme.
Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
Akuter arterieller Verschluss der A.femoralis
communis, da im Versorgungsgebiet dieses Gefäßes klassische Leitsymptome dieses Krankheitsbildes vorliegen: Schmerzen, Kältegefühl, geringere Temperatur als am kontralateralen Bein, Blässe und Pulslosigkeit. Der Verschluss ist am ehesten embolischer Genese, da die Symptomatik plötzlich aufgetreten ist und das EKG Vorhofflimmern zeigt.
Akuter arterieller Verschluss
Nennen Sie die diagnostischen (mindestens 4) , die in dieser Situation erforderlich sind! Begründen Sie jede Maßnahme!
1– Blutentnahme: Kreatinin, Blutbild, Transaminasen (Organstatus vor Therapie), Quick, PTT (Status vor Einleitung einer Antikoagulation), CK (bereits Muskelschädigung?), Laktat (Hinweis auf anaerobe Energiegewinnung, Zeichen der Organischämie)
2– Farbduplexsonographie zur Lokalisation der Embolie
3– später: kardiologische Diagnostik zur Abklärung des Vorhofflimmerns (Belastungs-EKG, transösophageale Echokardiographie zur Suche nach intrakardialen Thromben)
4– Blutdruck-und Pulskontrolle zwecks Kontrolle der Kreislaufsituation bei Herzrhythmusstörung (Vorhofflimmern)
5– Monitorüberwachung bei absoluter Arrhythmie mit schneller Überleitung zwecks Rhythmusüberwachung
Akuter arterieller Verschluss
Nennen Sie die therapeutischen (mindestens 5) Maßnahmen, die in dieser Situation erforderlich sind! Begründen Sie jede Maßnahme!
therapeutischeMaßnahmen:
– Vollheparinisierung (initial etwa 25000 IE unfraktioniertes Heparin i. v./24 h, Ziel: PTT-Verlängerung auf das Doppelte bis Dreifache der Norm) zur Prophylaxe von Appositionsthromben und zur Antikoagulation bei Vorhofflimmern
– Tieflagerung der Extremität (verbessert Perfusion)
– Polsterung des Beins (schützt vor Druckschäden)
– Watteverband (schützt vor Auskühlung)
– Vorstellung in der chirurgischen Abteilung
zur Embolektomie mittels Ballonkatheter innerhalb der nächsten 6 Stunden, damit die kritische Ischämietoleranz des Gewebes nicht überschritten wird
– später: Versuch, den Sinusrhythmuswiederherzustellen (medikamentös oder durch Kardioversion), bei arterieller Embolie jedoch erst nach Ausschluss weiterer intrakardialer Thromben durch die transösophageale Echokardiographie und nach ausreichender Antikoagulation.