Innere Fälle 119-134 Flashcards
Eine 34-jährige Patientin stellt sich wegen seit Monaten bestehender Abgeschlagenheit und Müdigkeit in Ihrer hausärztlichen Praxis vor. In den vergangenen Wochen sei sie mehrfach kollabiert. Vorerkrankungen sind nicht bekannt. Eine regelmäßige Medikation besteht nicht. Bei der körperlichen Untersuchung fällt Ihnen eine bräunliche Hyperpigmentierung am gesamten Integument einschließlich Wangenschleimhaut und Handlinie auf. Eine längere Sonnenexposition oder ein Solariumsbesuch hat aber nach Angaben der Patientin nicht stattgefunden. Der Blutdruck beträgt 85/45 mmHg, die Herzfrequenz 68/min. Der übrige kardiopulmonale Befund ist unauffällig. Die Labordiagnostik ergibt folgende Auffälligkeiten: Natrium und Chlorid i.S.vermindert, Kalium gering erhöht. Glukose 49mg/dl, Aldosteron i.S.mäßig erniedrigt. Das basale TSH, das Blutbild und die BSG sind normwertig. Im EKG zeigt sich ein normofrequenter Sinusrhythmus bei sonst unauffälligem Stromkurvenverlauf.
Welche Erkrankung könnte hier vorliegen? Welche Symptome und Befunde sprechen für Ihre Verdachtsdiagnose?
Verdachtsdiagnose: chronische primäre Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison)
Begründung:
– Abgeschlagenheit, Hypotonie mit Kollapsneigung und Hyperpigmentierung sind die klassischen Symptome des Morbus Addison.
– Hyponatriämie und Hyperkaliämie sind die Folgen des Hypoaldosteronismus. Der Hypoaldosteronismus ist Ausdruck der mineralokortikoiden Insuffizienz und wird in diesem Fall sogar schon durch den niedrigen Serumaldosteronspiegel angedeutet.
– Der sonst unauffällige Befund der körperlichen Untersuchung, das normale EKG, das normale Blutbild und das normale TSH machen andere häufige Ursachen (z. B. Herzinsuffizienz, Hypothyreose, Leukämie) einer Hypotonie und Abgeschlagenheit unwahrscheinlich.
Morbus Addison
Mit welchen 5 Untersuchungen können Sie Ihre Verdachtsdiagnose sichern?
- Bestimmung des basalen ACTH: Dieses ist bei Hypokortisolismus immer erhöht (indirekter Hinweis)
- ACTH-Kurztest: Ein fehlender oder verminderter Anstieg des Kortisols nach ACTH-Gabe bei vermindertem ACTH-Ausgangswert beweist die Endorganinsuffizienz der Nebennierenrinde und erlaubt somit die Diagnose „Morbus Addison“.
- Bestimmung der Plasmareninaktivität: Diese ist erhöht – empfindlichster Test für den Mineralokortikoidmangel
- Bestimmung der Kortisol- und Aldosteron- konzentration im 24-Stunden-Sammelurin: Nachweis eines Hypokortisolismus und Hypoaldosteronismus
- Bestimmung der Kortisol- und Aldosteron- konzentration im Serum: zu ungenau, da starke Schwankungen im Tagesverlauf (vor allem bei Kortisol) und unter Orthostase (bei Aldosteron) auftreten. Einzelwerte sind deshalb niemals aussagekräftig.
Morbus Addison
Wie wird die Erkrankung behandelt?
- Substitution der Glukokortikoide: Hydrokortison p. o.
2. Substitution der Mineralokortikoide: Fludrokortison p. o.
Was ist ein Schmidt-Syndrom?
Kombination aus primärer Nebennierenrindeninsuffizienz und Hypothyreose.
Ein 78-jähriger Patient wird vom Hausarzt zur Abklärung von seit mehreren Tagen bestehenden Schmerzen im linken Unterbauch in Ihre Klinik überwiesen und kommt zu Ihnen auf Station. Außer den Schmerzen gibt der Patient einen Wechsel von Obstipationsneigung und Durchfällen an. Bei der körperlichen Untersuchung tasten Sie eine walzenartige, erheblich druckschmerzhafte Resistenz im linken Unterbauch. Die rektale Untersuchung ist unauffällig. Die Körpertemperatur beträgt 38,7 C. Die Labordiagnostik zeigt folgende Werte: Kreatinin 1,0 mg/dl, Kalium 4,6 mmol/l, CRP 124 mg/l, Hämoglobin 11,2 g/dl, Leukozyten 14 000/μl, Thrombozyten 367000/μl. Der Urinstatus ist unauffällig. Sonographisch zeigt sich an Nieren, Leber und den abdominellen Gefäßen ein unauffälliger Befund, jedoch scheint ein längerer Abschnitt des Sigmas und des Colon descendens zirkulär wandverdickt zu sein.
Nennen Sie die 3 Ihrer Ansicht nach wahrscheinlichsten Differenzialdiagnosen!
- Divertikulitis: am wahrscheinlichsten, da ein
entzündliches Krankheitsbild vorliegt und die Schmerzlokalisation im linken Unterbauch in Verbindung mit den Stuhlunregelmäßigkeiten auf eine Erkrankung des Kolons hindeutet - Kolonkarzinom: weniger wahrscheinlich, da die Beschwerden akut begonnen haben und die entzündliche Symptomatik mit Fieber und CRP- Erhöhung für ein Kolonkarzinom eher ungewöhnlich ist
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankung (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa): weniger wahrscheinlich, da das Alter des Patienten für eine Erstmanifestation einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung ungewöhnlich ist und die Erkrankungen chronisch verlaufen.
Divertikulitis
Welche Untersuchung hat Ihrer Ansicht nach die höchste Priorität bei der weiteren Abklärung?
Begründen Sie Ihre Aussage!
Ein CT des Abdomens, da der Verdacht auf das Vorliegen einer Divertikulitis besteht. Solange eine Divertikulitis bei verdächtiger Klinik nicht durch ein CT ausgeschlossen ist, ist die Durchführung einer Koloskopie relativ kontraindiziert, da durch die Luftinsufflation die Gefahr der Perforation besteht. Die Röntgenuntersuchung des Darms mit (wasserlöslichem) Kontrastmittel ist im Vergleich zum CT weniger spezifisch für Divertikulitis, da zwar die Divertikel dargestellt werden können, nicht aber die entzündliche Wandverdickung.
Nennen Sie mindestens 5 Komplikationen einer Divertikulitis!
1- Gedeckte oder offene Perforation des Darms
2- Abszessbildung
3- Fisteln in andere Darmabschnitte oder in die Blase
4- Entzündliche Stenosen
5- Blutung (auch bei Divertikulose)
6- seltener: Pyoderma gangraenosum (ulzerierende Hautmanifestation, vor allem an der unteren Extremität).
Welche Therapieoptionen gibt es bei Divertikulitis?
konservativ:
– Breitbandantibiotika parenteral, z. B. Piperacillin/Tazobactam, Ciprofloxacin, bis zur klinischen Besserung und Normalisierung des CRP
– Nahrungskarenz und parenterale Ernährung, bei leichten Verläufen ist eine ballaststofffreie Elementardiät ausreichend
operativ:
– notfallmäßig bei Komplikationen (Perforation, Blutung)
– elektiv bei rezdivierender Divertikulitis.
Sie werden als Notarzt zu einer 19-jährigen Patientin in die Umkleidekabine einer Sporthalle gerufen. Die Patientin berichtet, ihr sei beim Aufstehen von der Bank schwarz vor Augen geworden, dann könne sie sich an nichts mehr erinnern. Sie sei auf dem Boden liegend wieder zu sich gekommen. Augenzeugen berichten, die Patientin habe für einen Zeitraum von etwa 5 Sekunden nicht auf Ansprache reagiert. Vorerkrankungen sind nicht bekannt, jedoch gibt die Patientin gelegentlichen Schwindel und Herzklopfen beim morgendlichen Aufstehen an. Der Blutdruck beträgt 90/50 mmHg, die Herzfrequenz 95/min. Die übrige körperliche Untersuchung ist unauffällig.
121.1 Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
Synkope bei Hypotonie und V.a. orthostatische Dysregulation: Das Auftreten der Bewusstlosigkeit im Stehen nach sportlicher Tätigkeit (Schwitzen, Hypovolämie), die in der Anamnese angegebene Neigung zu Schwindel und Palpitationen bei orthostatischem Reiz sowie der erniedrigte Blutdruck sprechen für eine orthostatische Dysregulation als Ursache der Synkope.
Synkope
Welche Differenzialdiagnosen müssen Sie berücksichtigen? Nennen Sie zu jeder Differenzialdiagnose die wichtigste weiterführende Untersuchung!
- Vaskuläre Synkope:
– orthostatische Dysregulation: Diagnose und Differenzierung (sympathikoton, hyposympathikoton, asympathikoton) durch Schellong-Test
– vasovagale Synkope (neurokardiogene Dysregulation): Diagnose durch Kipptischuntersuchung
– Hypotonie, z.B. durch Medikamente (z.B. Antihypertonika) bedingt
– Karotissinussyndrom: Diagnose durch Karotis-Druckversuch
– pressorisch-postpressorische Synkope (bei Husten, Heben schwerer Lasten, Defäkation): Diagnose durch Anamnese und Provokationstest
– (TIA): bei junger Patientin ungewöhnlich, aber nicht unmöglich (z. B. bei Takayasu-Arteriitis oder Embolie bei Vitium). Abklärung durch Duplexsonographie.
– Subclavian-steal-Syndrom: Diagnose durch
Duplexsonographie (Strömungsumkehr in der A. vertebralis) - Kardiogene Synkope:
– Herzrhythmusstörung (bradykard oder tachykard): Abklärung durch Langzeit-EKG
– Vitium (Aorten- oder Mitralklappenstenose):
hier eher unpassend, da unauffälliger Auskultationsbefund. Diagnose durch Echokardiographie. - Zerebrale Synkope (z.B.Epilepsie): Diagnose durch Anamnese, Klinik und EEG
- Psychogene Synkope: Hyperventilationssyndrom (typische Anamnese, BGA), hysterischer Anfall
- Andere:
– Intoxikation (Drogen, Medikamente): Anamnese, bei Verdacht Drogenscreening
– Hypoglykämie: bei Verdacht Blutzucker-Bestimmung
Ein 57-jähriger Patient wird wegen seit 1 Woche bestehenden Fieberschüben vom HA zur Abklärung in Ihre Klinik überwiesen und kommt zu Ihnen auf Station. Die Beschwerdesymptomatik habe 10 Tage zuvor mit allgemeiner Abgeschlagenheit, Gelenk- und Muskelschmerzen begonnen. Seit 1 Woche träten zudem an jedem 2. Tag Schüttelfrost und hohes Fieber bis 40,2 C auf, welches dann im Laufe der Nacht abklinge. Aktuell kein Husten, keine Miktionsbeschwerden, keine abdominellen Beschwerden. Der Patient ist Rechtsanwalt und in seiner Freizeit leidenschaftlicher Jäger (3Wochen zuvor Rückkehr von der Büffeljagd in Kenia). Nennenswerte Vorerkrankungen sind nicht bekannt. Außer einem Multivitaminpräparat nimmt der Pat. keine Medikamente ein. Abgesehen von einer Ruhetachykardie um 90 Schläge/min ist der körperliche Untersuchungsbefund unauffällig. Die Labordiagnostik zeigt folgende Befunde: BSG 78mm n.W., CRP 56 mg/l, Hb 9,7 g/dl, Leukozyten 6700/μl, Thrombozyten 123000/μl, LDH 380U/l.
122.1 Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
Malaria, da Fieber unklarer Ursache (kein eindeutiges Organsymptom) mit zirkadianer
Rhythmik besteht, welches in zeitlichem Zusammenhang mit der Rückkehr aus einem Malariaendemiegebiet aufgetreten ist. Zudem spricht die Erniedrigung des Hb bei Erhöhung der LDH für eine hämolytische Anämie, die bei einer Malaria typisch ist. Wahrscheinlich Malaria tertiana, denn das Fieber tritt regelmäßig an jedem 2. Tag auf.
Malaria
Welche Formen der Erkrankung kennen Sie, wodurch werden diese ausgelöst und wie unterscheiden sie sich klinisch?
Malaria tertiana:
– Auslöser: Plasmodium vivax oder Plasmodi- umovale
– Klinik: regelmäßig auftretendes Fiebermit einem fieberfreien Intervall von jeweils 1 Tag
Malaria quartana:
– Auslöser: Plasmodium malariae
– Klinik: regelmäßig auftretendes Fieber mit
einem fieberfreien Intervall von jeweils 2 Tagen
Malaria tropica:
– Auslöser: Plasmodium falciparum
– Klinik: schwankend hohes Fieber ohneerkennbare Rhythmik, häufiger schwere Verläufe mit Bewusstseinstrübung, zerebralen Krampfanfällen (zerebrale Malaria), Hypoglykämie, Thrombozytopenie, akutem Nierenversagen, Hypotonie oder Vebrauchskoagulopathie.
Malaria
Wie kann die Diagnose gesichert werden?
Durch mikroskopischen Nachweis der Plasmodien im Blutausstrich (dicker Tropfen).
Malaria
Nennen Sie mindestens 3 Medikamente, die zur Therapie der Erkrankung geeignet sind!
- Mefloquin (z.B. Lariam)
- Atovaquon+Proguanil (z.B. Malarone )
- Halofantrin (z.B. Halfan)
- Pyrimethamin-Sulfadoxin (z.B. Fansidar)
- Chinin (kombiniert mit Doxycyclin wegen zunehmender Resistenz).
Bei Vorliegen welcher Begleiterkrankungen tritt Malaria weniger häufig auf?
- Glukose-6-Phosphatdehydrogenase-Mangel (Favismus)
2. Sichelzellanämie (Hämoglobinopathie).
Ein 50-jähriger Patient kommt wegen rezidivierender „brennender“ retrosternaler Schmerzen in Ihre hausärztliche Praxis. Auf Nachfrage gibt er an, dass die Beschwerden vor allem nachts und gegen Mittag auftreten, nur selten bei körperlicher Anstrengung. Teilweise gehe der Schmerz auch mit nicht- produktivem Husten einher. Außer einer Adipositas (Body-Mass-Index 33 kg/m2) sind keine weiteren
Erkrankungen bekannt. Der Patient konsumiert regelmäßig Alkohol und raucht täglich 1 Schachtel Zigaretten. Der körperliche Untersuchungsbefund ist unauffällig. Das Ruhe-EKG zeigt keinen pathologischen Befund. Im Belastungs-EKG ist der Patient bis zu einer maximalen Herzfrequenz von 145/min bei 100 Watt belastbar. Unter dieser Belastung finden sich keine Ischämiezeichen.
Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
Refluxkrankheit, denn auch wenn der beschriebene Patientin der Ergometrie formal nicht vollständig ausbelastet wurde (maximale Herzfrequenz = 220 – Lebensalter), so erscheint eine hochgradige koronare Herzkrankheit, welche thorakale Beschwerden in Ruhe (= Angina pectorisStadiumIV)erklärenkönnte,alsun- wahrscheinlich. Vielmehr liegt die typische Anamnese einer gastroösophagealen Reflux- krankheit vor: retrosternaler Schmerz von brennendem Charakter (KHK: Druck), Auftreten der Beschwerden im Liegen, vor allem nachts (KHK: Beschwerden bei Belastung, die in Ruhe sistieren) und Reizhusten durch ösophagotrachealen Reflux.
Refluxkrankheit
Welche 2 diagnostischen Maßnahmen schlagen Sie zur weiteren Abklärung vor? Begründen Sie Ihren Vorschlag und nennen Sie typische Befunde bei der vermuteten Erkrankung!
Ösophagogastroduodenoskopie:
– Begründung: Nachweis einer Ösophagitis,
Beurteilung des Schweregrades (Erosionen, Ulzera?), Ausschluss von Differenzial- oder Begleitdiagnosen (Ösophaguskarzinom, peptische Stenose, sekundäre Achalasie) – typische Befunde: Stadieneinteilung der Refluxösophagitis nach Savary und Miller
Stadium 0 : normale Mukosa
Stadium I : vereinzelte Schleimhautläsionen, nicht konfluierend
Stadium II : konfluierende, aber nicht zirkuläre (= nicht die gesamte Zirkumferenz einnehmende) Erosionen
Stadium III : zirkulär konfluierende Schleimhautläsionen
Stadium IV : Strikturen, Ulzera, Barrett-Ösophagus
24-Stunden-Langzeit-pH-Metrie:
– Begründung: Nachweis, dass die Ösophagitis durch Reflux bedingt ist (vor allem bei atypischem Befund), Diagnose der Refluxkrankheit im Stadium 0
– typischer Befund: pH-Abfall unter 4,0 während > 3 % der Aufzeichnungszeit im Liegen und > 3 % der Aufzeichnungszeit in aufrechter Haltung.
Refluxkrankheit
Wie lautet Ihre Therapieempfehlung, falls die Verdachtsdiagnose zutrifft?
- Protonenpumpeninhibitor (z.B. Omeprazol,
alternativ Pantoprazol) für 4 – 6 Wochen - Allgemeinmaßnahmen:
– Beendigung des Alkohol- und Nikotinkonsums
– Gewichtsreduktion
– Vermeiden voluminöser Speisen
– keine Mahlzeiten unmittelbar vor dem Schlafengehen bzw. Hinlegen
– Schlafen mit leicht erhöhtem Oberkörper.
Was ist ein Barrett-Syndrom und was ist bei der Betreuung der Patienten zu beachten?
Barrett-Syndrom = Barrett- oder Endobrachyösophagus: Ersatz des Plattenepithels im Ösophagus durch Zylinderepithel bei chronischer Refluxkrankheit
Problematik:
Barrett-Ösophagus ist eine Präkanzerose des Adenokarzinoms bei histologisch gesichertem Befund daher mindestens 1 X pro Jahr endoskopische Kontrolle (Stufenbiopsien), Langzeittherapie mit PPI
Ein 76-jähriger Patient stellt sich wegen zunehmender Luftnot bei Belastung, Schwäche und einer vermehrten Neigung zu Kopfschmerzen und Schwindel im Ihrer hausärztlichen Praxis vor. Als Basisdiagnostik veranlassen Sie eine Röntgenaufnahme des Thorax, eine Echokardiographie, eine BGA und ein kleines Blutbild. Die Röntgenaufnahme
des Thorax und die Echokardiographie erscheinen unauffällig. Die BGA zeigt folgendes Resultat: pH 7,40, pO2 79 mmHg, pCO2 36 mmHg, Sauerstoffsättigung 96 %. Das Blutbild liefert folgendes Ergebnis: Hb 19,8 g/dl, Hämatokrit 55 %, Leukozyten 12 500/μl, Thrombozyten 450 000/μl.
Welche Erkrankung liegt wahrscheinlich vor?
Polycythaemia vera, da eine erhebliche Polyglobulie und Thrombozytose vorliegen ohne Hinweis auf eine chronische Herz- oder Lungenerkrankung.
Polycythaemia vera
Nennen Sie mindestens 4 Differenzialdiagnosen!
- Reaktive Polyglobulie bei chronischer Herz-
oder Lungenerkrankung oder Hämoglobinopathie (z. B. Methämoglobinämie) - Paraneoplastische Produktion von Erythropoetin, z. B. bei Nierenzellkarzinom
- Langdauernder Aufenthalt in Höhenregionen
- Körperliches Ausdauertraining
- Endokrine Erkrankungen, z.B. Cushing-Syndrom.
Polycythaemia vera
Nennen Sie 4 weitere typische Befunde bei dieser Erkrankung!
1- Knochenmark:
– hyperzellulär, Proliferation der Erythropoese, Thrombopoese und Granulopoese
– Überwiegender Erythropoese, Verhältnis Erythropoese zu Granulopoese ≥ 1
– Eisenverarmung
2- Index der (ALP) erhöht ( > 100)
3- Hyperurikämie
4- Erythropoetin vermindert (bei reaktiver Polyglobulie erhöht!).
Polycythaemia vera
Welche Therapieverfahren kennen Sie? Was ist die Therapie der ersten Wahl?
- Wiederholte Aderlässe = Therapie der ersten Wahl
- Interferon-α; Therapie der ersten Wahl bei
Thrombozytose von > 800 000/μl - Hydroxyurea; vor allem bei nicht ausreichendem Effekt von Aderlass und/oder Interferon-α.
Eine 77-jährige Patientin stellt sich erstmals wegen einer seit längerem bestehenden Luftnot bei körperlicher Anstrengung in Ihrer hausärztlichen Praxis vor. In letzter Zeit trete die Luftnot auch gelegentlich nachts auf. Vorerkrankungen sind der Patientin nicht erinnerlich. Bei der Auskultation des Herzens hören Sie ein Decrescendogeräusch in der
Diastole mit Punctum maximum über der Herzspitze und Fortleitung in die linke Axilla sowie einen paukenden 1. Herzton. Der Auskultationsbefund über der Lunge ist unauffällig. Der Blutdruck beträgt 150/85 mmHg, die Herzfrequenz 96/min, es besteht eine Arrhythmie. Abb. 125.1 zeigt die Thorax-Röntgenaufnahme dieser Patientin.
Stellen Sie eine Verdachtsdiagnose und begründen Sie Ihre Vermutung!
Verdachtsdiagnose: Mitralklappenstenose Begründung:
– typischer Auskultationsbefund (s. Fall)
– im dorsoventralen Röntgenbild Mitralkonfiguration des Herzens („stehende Eiform“) mit Vergrößerung des linken Vorhofs (Doppelkontur des rechten Herzrandes, verstrichene Herztaille, im Seitenbild Kontakt des Vorhofs zum Sternum), Verkalkungsstrukturen in Projektion auf die Mitralklappe und diskreten Zeichen der rechtsventrikulären Hypertrophie (Betonung des rechten Herzrandes)
– typische Kombination aus Belastungsdyspnö und Orthopnö als Hinweis auf kardiale Erkrankung
– Arrhythmie als Hinweis auf das bei einer höhergradigen Mitralklappenstenose typische Vorhofflimmern.
Mitralklappenstenose
Welche weiteren Untersuchungen (mindestens 3) sind bei dieser Patientin erforderlich? Begründen Sie, weshalb Sie die jeweilige Untersuchung veranlassen!
- EKG zur Überprüfung der Arrhythmie. Bei Vorhofflimmern Indikation zur Antikoagulation.
- Echokardiographie zur Darstellung des Vitiums und Quantifizierung des Druckgradienten über der Mitralklappe zur Abschätzung des Stenosegrades. Information über Vorhof- und Ventrikeldurchmesser, Beurteilung der Kontraktilität.
- Einschwemmkatheteruntersuchung (Pulmonaliskatheter = Swan-Ganz-Katheter) zur direkten Messung der hämodynamischen Parameter. Bei der Mitralstenose ist besonders der linksventrikuläre Füllungsdruck (pulmonalkapillärer Verschlussdruck) interessant, da dieser den funktionellen Schweregrad der Mitralstenose widerspiegelt.
- Linksherzkatheteruntersuchung, wenn aufgrund der Ergebnisse der o. g. Untersuchungen eine operative Therapie diskutiert wird. Ziel: invasive Messung des Druckgradienten über der Mitralklappe und Berechnung der Mitralöffnungsfläche, präoperativer Ausschluss oder Nachweis einer koronaren Herzerkrankung, die bei einem eventuellen operativen Eingriff ggf. mitbehandelt werden kann.
Mitralklappenstenose
Welche Therapieverfahren kommen bei den verschiedenen Manifestationen und Schweregraden der Erkrankung bevorzugt zur Anwendung?
1- Mitralklappen-Valvuloplastie („Sprengung“ der Klappenstenose, meist mit Ballonkatheter): Indikation schon in frühen Krankheitsstadien, um Vorhofflimmern und pulmonalarterielle Hypertonie zu verhindern
2- bei Herzinsuffizienz Therapie mit Diuretika (Thiazide, Schleifendiuretika). ACE-Hemmer sind kontraindiziert, weil eine zu starke Vorlastsenkung zu Hypotonien führen kann. Bei symptomatischen Patienten ab NYHA-Stadium II und mindestens mittelgradiger Mitralstenose mit nur wenig verkalkter Mitralklappe operative Mitralklappenrekonstruktion, bei symptomatischen Patienten ab NYHA-Stadium II und mindestens mittelgradiger Mitralstenose sowie allen Patienten ab NYHA-Stadium III operativer Mitralklappenersatz.
3- bei Vorhofflimmern medikamentöse Frequenzreduktion (Digitalis, Verapamil oder ß- Blocker) und Antikoagulation