Industriestandorttheorie von Alfred Weber Flashcards
Fragestellung
Suche nach dem ökonomisch optimalen Standort für einen Industriebetrieb
- geringste Transportkosten
Grundansatz
- Anknüpfen an die deduktive Methodik und die Transportkosten-überlegungen der Thünen‘schen Theorie (Transportkosten sind proportional zur Entfernung)
- Analyse/Bestimmung der optimalen Standortwahl in zwei Stufen:
1. Ermittlung des transportkostenminimalen Standorts
2. Erweiterungen durch Berücksichtigung der Arbeitskosten und von Agglomerationseffekten [Erweiterungen führen ggf. zur Verlagerung des optimalen Standorts] - deduktive Methode
Homogenisierende Grundannahmen bei Weber
- Ein-Betriebs-Unternehmen, das nur ein homogenes Gut unter Verwendung zweier Rohmaterialien produziert
- Rohstofffundorte und Standort eines einzigen Absatzmarktes sind vorgegeben und bekannt
- Nachfrage und Erlöse sind unabhängig von der Standortwahl konstant
- Neben Transportkosten (sowie in der Erweiterung Arbeitskosten und Agglomerations-wirkungen) keine lageabhängigen Kostengrößen
- Transportkosten sind direkt proportional zur zurückgelegten Entfernung (konstante Frachtrate)
=> Der Gewinn hängt ausschließlich von den standortabhängigen Kosten ab!
Beispiel I
- Hochzeit der Industrialisierung war sehr durch Kohle und Stahl geprägt
- Stahlproduktion:
1. Kohle um den Ofen zu heizen (spezielle Fundorte)
2. Eisenerz um daraus den Stahl zu gewinnen (spezielle Fundorte)
3. Luft/Sauerstoff, damit der Ofen auch brennt (Standort unabhängig)
=> Wo ist bester Standort für Ein-Betrieb-Unternehmen?
Ubiquitäten
an jedem Standort frei verfügbar (z.B. Luft
Lokalisierte Materialien
- treten nur an bestimmten Fundorten auf
Reingewichtsmaterialien/Totalgewichtsverlust Material: gehen mit vollem Gewicht in das Endprodukt ein (z.B. Edelmetalle) - Gewichtsverlustmaterialien gehen infolge eines Gewichtsverlustes während des Produktionsprozesses nur zum Teil in das Endprodukt ein (z.B. Steinkohle, viele Erze)
Tonnenkilometrischer Minimalpunkt
gewinnmaximaler Standort; hängt ab von der Art der im Produktionsprozess eingesetzten Materialien und deren Standortverteilung
Vorgehen
- Konstruktion geometrischer „Standortdreiecke“ unter der Annahme von einem Konsumort (K) und zwei Materialfundorten (M1, M2)
- Suche nach tonnenkilometrischem Minimalpunkt (Transportkostenminimalpunkt, optimaler Produktionsstandort P)
Unterschiedliche Konstellationen
- M1 und M2 sind Ubiquitäten: P = K, weil dann keine Transportkosten
- M1 und M2 Reingewichtsmaterialien: P = K, weil die Summe an Transportwegen dann am geringsten
- M1 und M2 Gewichtsverlustmaterialien: P ungleich K, je größer der Anteil der Gewichtsverlustmaterialien, desto mehr verlagert sich P in Richtung M1 bzw. M2 , weil der Transport des Fertigprodukts günstiger ist als der Transport der Rohmaterialien
Beispiel II
- Produktionsstandort beim Einsatz von zwei Gewichtsverlustmaterialien
- Bei zwei an verschiedenen Orten zu findenden Gewichtsverlustmaterialien ist ein vermittelnder Produktionsstandort zwischen den Materialfundorten am transportkostengünstigsten, wobei der genaue Standort von dem Gewichtsverlustanteil der Mengenrelationen der Materialien abhängt
- Grundsätzlich rückt der tonnenkilometrische Minimalpunkt bei hohen Gewichtsverlusten in Richtung der Materialfundorte (um die Tonnen zu minimieren) und bei geringen Gewichtsverlusten in Richtung Konsumort (um die Kilometer zu minimieren, denn die Wege werden dann direkter)
Bsp.: Tee
Abbildung
Kritik
Limitierung der Aussagekraft durch starke Restriktionen
- Transportkosten sind in der Realität nicht ausschließlich eine Funktion von Gewicht und Entfernung
- unbegrenzte Verfügbarkeit von Arbeitskräften wirklichkeitsfremd
- Agglomerationswirkungen werden unterschätzt, weil Urbanisierungsvorteile unberücksichtigt bleiben
- Unzureichende Einbindung in Wirtschaftstheorie, deshalb eher
technische als wirtschaftliche Standortbestimmung (konstante Faktorpreise, konstante Güterpreise, konstante Produktionstechnik usw.)
=> limitierter Erklärungswert durch einseitige Orientierung auf Kostenminimierung der Produktion
- statisches Modell
- Durch wirtschaftlichen und technischen Wandel Bedeutungsverlust der Transportkosten für die betriebliche Kostenkalkulation und für die Gesamtwirtschaft
(so genannte footloose industries)