11 Psychische Folgen erworbener Hirnschädigungen Flashcards
Was sind erworbene Hirnschädigungen?
Körperliche Erkrankungen, die das Gehirn direkt (z.B. durch Schädel-Hirn-Verletzungen) oder indirekt (z.B. als Folge einer Stoffwechselerkrankung) beeinflussen.
Was sind häufige Auswirkungen von erworbenen Hirnschädigungen?
- neuropsychologische Leistungseinbussen
- Beeinträchtigungen der emotional-motivationalen Verarbeitung (und dadurch Verhaltensauffälligkeiten und interpersonelle Schwierigkeiten)
Was sind die drei häufigsten Ursachen von erworbenen Hirnschädigungen?
- traumatische Hirnschädigungen (Schädel-Hirn-Trauma)
- Gefässerkrankungen (z.B. Schlaganfälle, Hirnblutungen)
- neurodegenerative Erkrankungen (z.B. demenz vom Alzheimer-Typ)
Welche weiteren Ursachen für erworbene Hirnschädigungen gibt es?
- Entzündliche Erkrankungen (z.B. MS)
- Neoplastische Veränderungen (Hirntumore)
- Sauerstoffmangel
- Intoxikationen
- Stoffwechsel- oder Ernährungsstörungen
Wie ist die Gesamtinzidenz erworbener Hirnschädigungen in Deutschland?
zirka 550’000 Patienten
Was sind die Symptome von erworbenen Hirnschädigungen?
- sensorische und motorische Ausfälle
- neuropsychologische Beeinträchtigungen (kognitive Leistungseinschränkungen)
- Veränderung der emotionalen Verarbeitung (z.B. erhöhte Reizbarkeit, Ängstlichkeit, Affektlabilität)
- Veränderung der motivationalen Verarbeitung (z.B. Apathie)
- Verhaltensauffälligkeiten (z.B. Enthemmung im Sozialverhalten)
Wie ist der Ablauf der Symptome bei erworbenen Hirnschädigungen?
Je nach Erkrankung unterschiedlich:
* sich verschlechternd bei demenziellen und einigen entzündlichen Erkrankungen
* sich verbessernd bei traumatischen Hirnschädigungen
Welche psychosozialen Erkrankungsfolgen gibt es?
- teilweise keine Berufstätigkeit mehr möglich
- Veränderung der Wahrnehmung sozialer Rollen und Aufgaben
- Angewiesenheit auf Unterstützung im Alltag oder auch der persönlichen Pflege
- Infragestellung des Selbstbildes und der Lebensziele
Um wie viel ist das Risiko für psychische Erkrankungen bei erworbenen Hirnschädigungen erhöht?
um 50%
Welche psychischen Erkrankungen treten bei erworbenen Hirnschädigungen am häufigsten auf?
- Angsterkrankungen (PTSD, Panikstörung)
- depressive Störungen
- Suchterkrankungen
-> Am häufigsten im ersten Jahr nach der Schädigung
Warum ist die Berücksichtigung psychischer Komorbiditäten für die Behandlung erworbener Hirnschädigungen so wichtig?
Weil diese auch den Rehabilitationserfolg und gesundheitsökonomische Aspekte (erhöhte Inanspruchnahme medizinischer Leistungen, Ausfalltage) beeinflussen.
Was sollte bei der Auswahl von Testverfahren bei erworbenen Hirnschädigungen (neben den Gütekriterien) berücksichtigt werden?
- Nicht zu lange Tests bei schwer beeinträchtigten (wegen Ermüdung)
- Boden- und Deckeneffekte der Testverfahren (für angemessene Differenzierung)
- Vergleich mit Normstichprobe (zur Abgrenzung normaler Alterungsprozess/pathologische Defizite)
- Beachtung motorischer und sensorischer Einschränkungen (wegen Verfälschung der Testergebnisse durch Wahrnehmungs- und Bewegungsdefizite)
Welche Testbatterien stehen zur Diagnostik zur Verfügung?
- Tests, die kognitive Leistungsfähigkeit in bestimmten Bereichen erfassen (z.b. Wechsler-Memory-Scale, WMS-R für Gedächtnisleistungen)
- Störungsspezifische Screening-Verfahren (z.B. Consortium to Establish a REgistry for Alzheimer’s Disease, CERad)
Was gehört auch noch zur Diagnostik?
- Eigen- und Fremdanamnese
- Problem- und Verhaltensanalysen (von überfordenden Situationen)
- Fragebogen und klinische Interviews
Was ist mit Problem- und Verhaltensanalysen überfordender Situationen gemeint?
Erfassung von
* Anforderungen der Situation an die kognitive Leistungsfähigkeit
* bisheriger Reaktion
gemeinsam mit dem Patienten
Wie ist die Klassifikation erworbener Hirnschädigungen im ICD-10?
Uneinheitlich:
- F0: Ursachenbezogene, syndromale einteilung (z.B. organisches Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma, F07.2)
- Diagnosen mit Bezug auf spezifisch betroffene Funktionsbereiche (z.B. organisch-amnestisches Syndrom (F04)
- Kapitel V: psychische Folgen im emotionalen- und Verhaltensbereich (z.B. als primäre Folge -> organische affektive Störung F06.3, ODER sekundäre Erscheinung des Umgangs mit der Erkrankung -> z.B. Anpassungsstörung f43.21)
Durch wen sollte die Behandlung erworbener Hirnschädigumgen erfolgen?
ein interdisziplinäres Team:
* medizin
* psychologie
* ergo- und physio
* logopädie
Welche zwei (Ziel-)ansätze gibt es für die psychologische Behandlung erworbener Hirnschhädigungen?
- Restitutionsorientierte Ansätze
- Kompensationsorientierte Ansätze
Was sind Restitutionsorientierte Ansätze?
Wiederherstellun geschädigter kognitiver Funktionen durch übungs- und trainingsbasierte Funktionstherapien.
Was sind kompensationsorientierte Ansätze?
Ausgleich der kognitiven Defizite durch Vermittlung von Ersatzstrategien oder Bezug auf unbeeinträchtigte Fähigkeiten.
In welchem Aspekt steht die Behandlung von erworbenen Hirnschädigungen noch am Beginn?
Berücksichtigung der psychosozialen-Folgen und dazu passende psychotherapeutische Interventionen.
(Bei Alzheimer mit Angehörigenarbeit, edukative Elemente, Realitäts-Orientierungstraining am besten ausgebaut)
Wann sind Therapieverfahren am wirksamsten?
Wenn sie holistisch sind (also z.B. nicht NUR restitutionsorientiertes Programm, sondern eingebunden in übergeordnetes Rehabilitationsprogramm)
Was ist im Bezug auf das Störungsbewusstsein zu beachten?
Einem Teil der Patienten mangelt es an diesem, was ein wesentliches Therapiehindernis darstellt.
Was kann im Bezug auf mangelndes Störungsbewusstsein unternommen werden?
- angeleitete Selbstbeobachtung der Alltagsperformanz
- gezielte Erprobung kognitiver Leistungsfähigkeit in Alltagssituationen
- Rückmeldung der kognitiven Leistungsfähigkeit (durch Therapeut, soziales Umfeld)
Was ist das Problem bei der Konfronation mit den Defiziten zum verbessern des Störungsbewusstseins und was ist deswegen wichtig?
Es kann zu Stimmungsverschlechterungen führen und stellt Therapeutische Allianz auf harte Probe:
Dies muss therapeutisch aufgefangen werden -> wiederholte Lenkung der Aufmerksamkeit auf verbleibende Ressourcen, persönliche Stärken und erreichte verbesserungen
Was ist in der Therapie wichtig, um die Enttäuschung über ausbleibenden Erfolg vorzubeugen?
Realistische Therapieziele
-> weil vollständige Wiederherstellung oft nicht möglich ist.
Was ist eine Herausforderung in der Therapie bei erworbenen Hirnschädigungen aufgrund von häufigen kognitiven Einschränkungen?
Klassische psychotherapeutische Interventionen sind nicht für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen gemacht
Was kann beachtet werden, damit die Behandlung auch bei Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung ein Erfolg wird?
- klare Strukturierung der Therapiesitzungen
- vermehrte Visualisierungen
- Verschriftlichung
- häufigere wiederholung von Inhalten
- Bahnung des Transfers der Sitzungen in den Alltag
Wie viele Hirnschlagopfer gibt es pro Jahr in der Schweiz?
12’500-14’000
Wie viele Menschen mit traumatischer Hirnverletzung gibt es pro Jahr in der Schweiz? (z.B. Schädel-Hirn.Trauma durch Unfall)
ca. 3’000-5’000
Was passiert mit dem Gehirn nach einem Infarkt?
Es gibt ein Kern, der irreversibel geschädicht ist.
Was sind die unmittelbaren Folgen von Hirnschlag nach 6 Monaten?
- 23% sind gestorben
- 40% sind abhängig von anderen, 20 im Pflegeheim
- 37% sind unabhängig
-> mehr als 1/3 könnte durch eine optimale therapie und prävention verhindert werden (Mattle, 1999)
Was war der Fall von Phineas Gage?
Bahnarbeiter, dem bei der Arbeit ein Stopfeisen durch den Schädel gejagt wurde
-> erholte sich schnell, Gedächtnis und Intelligenz waren unbeeinträchtig ABER psychisch veränderte sich seine Persönlichkeit total, er war unberechenbar und schwierig im Umgang
Was zeigt der Fall von Phineas Gage?
Verschiedene Teile des Gehirns sind für verschiedene Aspekte des Lebens zuständig.
Was sind typische Symptome nach Hirnverletzung?
- Verletzen sozialer Regeln
- Verändertes Kommunikationsverhalten (z.B. erhöhter Rededrang, Abschweifen, …)
- Mangelnde empatie
- reduzierte Wahrnehmung der Bedürfnisse anderer
- Reduzierte Impulskontrolle
- Schnelles reagieren (Handlung ohne zu überlegen)
- Antriebsminderung
- Ideenmangel, reduziertes Verhalten
Was sind mögliche neuropsychologische Interventionen bei erworbenen Hirnverletzungen?
- Entscheidungsbasis für psychotherapeutische interventionen
- Während Therapie: Immer beide Perspektiven im kopf haben (Neuropsychologische und Psychotherapeutische
- Bei somatischen Zeichen: braucht es medizinische Unterstützung?