10 Missbrauch und Abhängigkeit von Substanzen Flashcards
Was ist schädlicher Gebrauch/Missbrauch?
Wiederkehrender Gebrauch einer psychotropen Substanz, welche trotz des Wissens über durch den Konsum verursachte soziale, berufliche, psychologische oder körperliche Probleme wieder konsumiert wird.
Was ist Abhängigkeit?
Wiederkehrender, schädlicher und durch ein übermächtiges Konsumverlangen bedingter Gebrauch einer psychotropen Substanz:
- Kontrollverlust bei etwaigen Abstinenzbemühungen.
- Körperliche oder psychische Entzugserscheinungen bei Abstinenz.
- Menge muss immer weiter gesteigert werden, um Wirkung zu erzielen
- Konsum und Beschaffung dominieren den Alltag
Welche Abhängigkeitserzeugende Substanzen werden im ICD-10 codiert?
- Störungen durch Alkohol (F10)
- Störungen durch Opioide (F11)
- Störungen durch cAnnabinoide (F12)
- Störungen durch Sedativa oder Hypnotika (F13)
- Störungen durch Kokain (oder Crack)(F14)
- Störungen durch andere Stimulanzien (F15)
- Störungen durch Halluzinogene (F16)
- Störungen durch Tabak (F17)
- Störungen durch flüchtige Lösungsmittel (F18)
- Multipler Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen (F19)
Wie wird innerhalb der Abhängigkeitserzeugenden Substanzen im ICD-10 weiter klassifiziert?
- x.1 schädlicher Gebrauch
- x.2 Abhängigkeitssyndrom
Welche Substanzen wirken dämpfend, hallizunogen bzw. aktivierend?
dämpfend:
* Opioide
* Hypnotika
* Sedativa
* Alkohol
* Cannabinoide
halluzinogen:
* LSD
* Psilocybin
* Meskalin
* (Cannabinoide)
aktivierend:
* Koffein
* Nikotin
* Stimulanzien
* Amphetamine
* Kokain
Welche nicht abhängig machenden Substanzen werden im ICD-10 separat klassifiziert?
- Antidepressiva
- Laxanzien
- gewisse Analgetika (z.B. Aspirin)
- Steroide und Hormone
- bestimmte Pflanzen- und Naturheilmittel
Welche Stoffungebundenen Süchte (Verhaltenssüchte) werden im Buch aufgezählt?
- Spielsucht (bei 0,3-1% der deutschen problematisch, 0,2-0,5% pathologisch)
- Kaufsucht (6% pathologisch)
- Arbeitssucht (inkl. Angst vor Misserfolgen & Perfektionismus)(200.000 Betroffene in DE)
- Internet- und Computersucht (6-20% der Kinder- und Jugendlichen)
- Sexsucht (3-6%, häufiger Männer)
- Sportsucht
Welche Subtypen der Substanzstörung werden im ICD-10 klassifiziert?
- akute Intoxikation (F1x.0) (z.B. F11.0 bei Alkohol)
- schädlicher Gebrauch (F1x.1)
- Abhängigkeit (F1x.2)
- Entzugssyndrom (F1x.3)
- Entzugssyndrom mit Delir (F1x.4)
- substanzinduzierte psychotische Störung (F1x.5)
Was sind die ICD-10-Kriterien für akute Intoxikation?
- deutlicher Nachweis kürzlich erfolgten Konsums
- Symptome vereinbar mit wirkweise der Substanz
Was sind die ICD-10-Kriterien für schädlicher Gebrauch (Missbrauch)?
- Nachweis für körperliche oder psychische Schäden durch Substanzgebrauch
- mind. ein Monat oder wiederholt in den letzten 12 Monaten
Was sind die ICD-10-Kriterien für Abhängigkeit?
Mind. 3 Kriterien im letzten Monat oder wiederholt in den letzten 12 Monaten:
* Starkes Verlangen oder Art Zwang nach dem Konsum
* Verminderte Kontrolle über Gebrauch
* Körperliches Entzugssyndrom
* Toleranzentwicklung
* Vernachlässigung anderer Aktivitäten und Lebensbereiche
* Anhaltender Gebrauch trotz eindeutig schädlicher Folgen
Was sind die ICD-10-Kriterien für Entzugssyndrom?
- Nachweis des Absetzens oder Reduzierens
- Symptome entsprechen entsprechender Substanz
Was sind die ICD-10-Kriterien für Entzugssyndrom mit Delir?
- Symptome des Entzugssyndroms (F1x.3)
- Symptome des Delirs (F05)
Was sind die ICD-10-Kriterien für die substanzinduzierte psychotische Störung?
- psychotische Symptome innerhalb von 2 Wochen nach Substanzgebrauch
- Dauer länger als 48 Stunden
- Dauer nicht länger als 6 Monate
Was empfehlen die deutsche Hauptstelle für Suchtfragen und die British Medical Association zusätzlich zur Klassifikation des ICD-10?
Klassifikation nach Risikoarmem Konsum und riskantem Konsum.
vor “schädlicher Gebrauch” und “Abhängigkeit”. Damit gäbe es 4 Abstufungen.
Wie ist risikoarmer Konsum zu definieren?
Konsum unterhalb einer statistisch definierten “Harmlosigkeitsgrenze”
(z.B. bei Alkohol 30g bei Männern/20g bei Frauen)
Wie ist riskanter Konsum zu definieren?
Konsum oberhalb einer Gefährduchgsgrenzen (Risiko der Entwicklung einer Substanzbezogenen Störung)
(z.B. bei Männern über 40g Akohol / 30g bei Frauen)
Was ist die Problematik bei der Diagnostik von Missbrauch und Abhängigkeit?
- Betroffene sind sich häufig nicht bewusst (daher evtl. nicht als Missbrauch geltend)
- Schamgefühl führt zu Verheimlichung, Verleugnung under Bagatellisierung
- Bewegung im Illegalen Millieu (z.B. Beschaffungskriminalität) führt zu unwahren Aussagen (-> alternative Informationsquellen hinzuziehen!
Welche Hilfsmittel stehen für die Diagnostik zur Verfügung?
Klinische Interviews:
* SKID-I
* DIPS
* CIDI
* Addiction severity Index (Gsellhofer, 1999)
Fragebögen:
* Alcohol Use disorders Identification (AUDIT, 2003)
* Skala zur Erfassung der Schwere der Alkoholabhängigkeit (SESA, 2001)
* CAGE-Screening-Fragebogen (1996)
* Münchner Alkoholismustest (MALT; 1977)
* Drug Abuse Screening Test (DAST, 1989)
* Basler Drogen- und Alkoholfragebogen (BDA, 2003)
* Fagerstrom Test for Nicotine Dependence (FTND, 1991)
* Trier Inventar für Medikamentenabhängige (TIM, 2001)
Welche Substanzen werden in Deutschland am häufigsten eingenommen?
Nikotin- und Alkohol
Wie ist die Prävalenz von schädlichem Alkoholkonsum, Missbrauch und Abhängigkeit in Deutschland? Wie von anderen Substanzen?
- 12-Monat Punktprävalenz von schädlicher Konsum: 29,7%
- Missbrauch: 3,8%
- Abhängigkeit: 2,4%
Was sind Folgen von Alkoholabhängigkeit?
- psychische folgestörungen
- Soziale Folgen (Unfälle, Arbeitslosigkeit, Gewalt, Finanzielle Probleme)
- Somatische folgen (Leber-Zirrhose, Wernicke-Enzephalopathie, Korsakow-syndrom, Koronare Herzerkrankungen, Alkoholembryopathie)
Was ist die meistgebrauchte Substanz bei Jugendlichen?
Cannabis
Wie ist die Prävalenz von dämpfenden Substanzen in der Schweiz?
Im Alter nehmen sie deutlich zu!
Wie ist die Prävalenz von Stimulantien in der Schweiz?
- Lebenszeit: 4%
- Männer mehr als Frauen
Wie ist die Prävalenz von Halluzinogenen / Psychedelika in der Schweiz?
- Lebenzeit: 3%
- Männer mehr als Frauen
Wie ist die Prävalenz von Cannabis in der Schweiz?
- 1-1,2% bei 15-39-Jährigen
- Männer mehr als Frauen
Welche Substanzen haben das höchste Schädigungpotenzial?
- Alkohol
- Heroin
- Crack/Cocaine
Welche drei Phasen von Substanzkonsum unterscheidet Schumann et al (2000)?
- Beginn des Drogenkonsums in der Einstiegsphase
- regelmässiger Konsum in der Gewöhngungsphase
- Abhängigkeitsphase
Welche Substanzen gelten als “Einstiegsdrogen”?
Alkohol und Nikotin
Welche Faktoren beeinflussen den Erstkonsum von Substanzen?
- Geschlecht
- genetische Faktoren
- perinatale Faktoren
- Entwicklungsfaktoren
- ungüstige soziale Erfahrungen/Bedingungen
- Temperament/Persönlichkeit
- frühkindliche Erfahrungen
- neuropsychologische Faktoren
Welche Faktoren beeinflussen den Verlauf von Substanzkonsum?
- Psychopathologie
- familiäres Klima
- Selbstachtung/Selbstwirksamkeit/Selbstkontrolle
- kogn./neuropsychologische Funktion
- Lebensereignisse und ungünstige soz. Bedingungen
- Drogenverfügbarkeit/gleichzeitiger Gebrauch
- soziale Unterstützung/peer group
Wie lange dauert es durchschnittlich vom Auftauchen der ersten Schwierigkeiten durch Alkohol bis zur ersten stationären Behandlung?
11,8 Jahre
Durch welches Modell wird die Entwicklung einer Suchterkrankung erklärt?
Durch das Vulnerabilitäts-Stress-Modell
In welche drei Unterfaktoren sind die Hauptfaktoren des Vulnerabilitäts-Stress-Modells einzuteilen?
- Bedingungsfaktoren der Person
- Umweltfaktoren
- Merkmale der Substanz
Was sind die Bedingungsfaktoren der Person?
- genetische Faktoren
- Persönlichkeitsfaktoren (niedriges Selbstwertgefühl, sensation seeking, Impulsivität, antisoziales Verhalten)
- Traumatisierung (körperlich/sexuell/emotional)
- komorbide Störungen (Angst, Depression, ADHD, Persönlichkeitsstörungen)
Was sind die Umweltfaktoren?
- Struktur und Bindung in der Familie (Rollen, Regeln, Kommunikation)
- Konsumverhalten udn Einstellung bzgl. Konsum in der Familie
- Konsumverhalten und Einstellung bzgl. Konsum in der Peer Group
- Substanzverfügbarkeit
- soziales Milieu und soziale Schicht
Was sind die Merkmale der Substanz?
- Wirkung (dämpfend/sedierend; aktivierend/stimulierend; hallizunogen)
- Entwicklung der wirkung und Nebenwirkungen bei längerfristigem/regelmässigem Konsum
- Anflutungsgeschwindigkeit und Dauer der Wirkung
- Abhängigkeitsentwicklung (körperliche und/oder psychische)
Welche lerntheoretischen Prozesse spielen für Substanzmissbrauch eine wichtige Rolle?
- klassische Konditionierung
- operante Konditionierung (zur Aufrechterhaltung und bei Rückfällen)
Nenne Beispiele für die operante Konditionierung bei Substanzmissbrauch
- Erwartete angenehme Wirkung -> positive Verstärkung
- Vermeidung von unangenehmen Situationen durch Einnahme -> negativ verstärkend
Welche substanzübergreifenden Zielsetzungen zur Behandlung von Substanzkonsum gibt es?
- Prävention des ERstkonsums
- Prävention nach Erstkonsum als Frühintervention vor Entwicklung einer Abhängigkeit
- möglichst frühzeitiger und kompletter Ausstieg aus etabliertem Konsum
- Motivationserhöhung für eine Verhaltensänderung, solange der Betroffene nicht zur Reduktion/Abstinenz bereit ist.
- Reduktion der negativen Folgen des Konsums (z.B. Beschaffungskriminalität)
- Vermittlung von Strategien zum Umgang mit “ausrutschern” -> Vermeidung von Rückfällen
Was sind die Schritte einer erfolgreichen Suchtbehandlung (mit dem Ziel Abstinenz)?
- Entgiftung im stationären Setting
- Motivations- und Rückfallbehandlung (Einsicht, bewusstsein der negativen Konsequenzen)
- Rückfallprävention (Hauptbestandteil; Coping, Emotionsregulation, …)
Warum sind Selbsthilfegruppen neben der psychotherapeutischen Behandlung von grosser Bedeutung?
Rückfälle können auch nach langer Zeit auftreten, das Gesundheitssystem kann keine langfristig professionelle Betreuung anbieten
Wie sind die Rückfallraten in professionellen Behandlungseinrichtungen?
Zwischen 40% (Alkohol) und 80% (harte Drogen)
Wie sind die Abstinenzraten bei ambulanten Ansätzen?
- 76% bei Alkohol
- 36% bei Opiaten
- 32% bei Kokain
- 26% bei Cannabis
Welche biologischen Therapien gibt es?
- Entgiftung (Medizinisch überwachter Entzug)
- Drogenantagonisten (Blockieren die Wirkung der Substsanz)
- Drogensubstitution (Binden an dieselben Rezeptoren, z.B. Methadon)
-> müssen aber in Kombination mit psychologischen Verfahren angewandt werden, um wirksam zu sein.
Welche Verhaltenstherapien gibt es?
- Aversionstherapie (Klassische Konditionierung, z.B. Antabus bei Alkoholgebrauchsstörung)
- verdeckte Sensibilisierung (Klassische konditionierung, …)
- Kontingenzmanagement (operante Konditionierung)
- alternativen finden (Entspannungsverfahren für Spannungsreduktion)
Was wird in der kognitiven verhaltenstherapie gemacht?
- Selbstkontrolltraining (Selbstbeobachtung, Grenzen setzen und erkennen, Alternatives Verhalten trainieren)
- Rückfallprävention (Coping, Erkennen von Gefahrsituation, Mindfulness)
- Psychoanalyse (aber wenig Evidenz für Wirksamkeit)
- Einsichtstherapie
Was ist das Modell von Prochaska und Di Clemente?
- wurde an Raucherentwöhnungsprogrammen entwickelt
- geht von verschiedenen Stadien des Bewusstseins aus (von Sorglosigkeit über Bewusstwerdung bis Stabilisierung)