Lernsheet 5 - Sexuelle Orientierung Flashcards
Operationalisierung Sexueller Orientierungen – vier Zugänge zur sexuellen Orientierung
(Brian Mustanski et al. 2014) !!
Sexuelle
Anziehung
Selbst-
Identifikation
Sexuelles
Verhalten
Romantische
Orientierung
Welche Operationalisierungen verwenden Studien? Kinsey-Skala
(Alfred Kinsey)
➢Viele Studien bewerten nur die Anziehung gegenüber
Frauen/Männer (ACHTUNG: Alltagstheorie der
Zweigeschlechtlichkeit)
➢Alfred Kinsey (1948/1953) bewertete sexuelles Verhalten
- Konzept der Kinsey-Skala
Die Skala reicht von 0 (exklusiv heterosexuell) bis 6 (exklusiv homosexuell).
Sie bietet auch eine Zwischenkategorie: X für Personen, die keine sexuelle Anziehung verspüren (vergleichbar mit Asexualität).
Sie misst sexuelle Orientierung als ein Kontinuum statt als binäre Kategorie. - Operationalisierung in Studien
Studien nutzen die Kinsey-Skala typischerweise durch:
Selbsteinschätzung: Teilnehmende bewerten sich selbst anhand der Skala (z. B. durch Fragebögen oder Interviews).
Erfassung von Verhaltensweisen: Fragen können sich auf vergangene, gegenwärtige oder zukünftige sexuelle Erfahrungen und Wünsche beziehen.
Adaptierte Versionen: Einige Studien passen die Skala an, um differenziertere Kategorien oder zusätzliche Dimensionen (z. B. romantische Orientierung) einzubeziehen.
3. Typische Fragestellungen in Studien
“Wo würden Sie sich auf einer Skala von 0 bis 6 einordnen, basierend auf Ihrer sexuellen Orientierung?”
“Welche Art von sexuellen Beziehungen haben Sie in der Vergangenheit bevorzugt?”
Androphilie/Gynophilie-Konzept (vgl. evolutionäre Studien zur sexuellen Orientierung);
Gynophilie vs Androphilie - stehe ich entweder auf männlich gelesene Körper oder eher auf weiblich gelesene Körper? welche körperliche Morphe finde ich für mich subjektiv sexuell interessanter?
zusätzliche Inklusion von Intersexualität (Andrea James)
Intersexualität bezeichnet angeborene Variationen der körperlichen Geschlechtsmerkmale (z. B. Chromosomen, Gonaden, Genitalien), die nicht eindeutig männlich oder weiblich sind.
Die traditionelle Kinsey-Skala fokussiert sich primär auf das Spektrum der sexuellen Orientierung und weniger auf geschlechtliche Vielfalt. Andrea James und andere Aktivistinnen/Forscherinnen haben auf die Notwendigkeit hingewiesen, Geschlecht und Orientierung differenziert zu betrachten.
Monosexuell vs. Non-
Monosexuell
Amber Ault (1996) untersuchte die Unterschiede zwischen monosexuellen und non-monosexuellen Orientierungen und prägte dabei wichtige Begriffe und Konzepte, die sich auf die Vielfalt sexueller Identitäten beziehen. Hier ein Überblick:
Monosexuell
Personen, die sich ausschließlich zu einem Geschlecht hingezogen fühlen.
Beispiele: Heterosexuell (Anziehung zum anderen Geschlecht) und homosexuell (Anziehung zum gleichen Geschlecht).
Monosexualität folgt einem binären Verständnis von sexueller Orientierung.
Non-Monosexuell
Personen, deren sexuelle Orientierung nicht auf ein einzelnes Geschlecht begrenzt ist.
Beispiele: Bisexuell, pansexuell, polysexuell oder andere Identitäten, die Anziehung zu mehr als einem Geschlecht beinhalten.
Non-Monosexualität betont die Fluidität und Vielfalt sexueller Orientierung.
Monosexuell – Plurisexuell – Asexuell
stehe ich egal auf was, immer nur auf eine Morphe oder wechsele ich diese auch mal? Wenn ich gay bin, kann ich genau so Mono Sexuell sein wie andere homosexuelle menschen.
Sexuelle Identität
➢Ist ein Aspekt der persönlichen Identität, der den Charakter einer
Person prägt und durch internale und externale Faktoren mitbedingt
wird
➢Enthält das kognitive und emotionale Verständnis von Sexualität
inklusive Anziehung, Wünsche, Verhaltensweisen und
Beziehungsformen (Elizabeth Morgan, 2013; Savin-Williams, 2011)
➢Entwicklung einer ‚Sexuelle Minderheiten Identität‘ (Sinead Kelleher et al., 2023)
▪Gefühl anders als die Peers zu ein
▪Identifikation einer Orientierung die mit romantischen und sexuellen
Wünschen übereinstimmt
▪Disclosing
Sexuelle Orientierungen – Begriffe (hetero-, homo-, bi+/plurisexuell/non-monosexuell; Problem
des Bisexualitätsbegriffs, pansexuell/omnisexuell, polysexuell, asexuell, graysexuell,
demisexuell, autosexuell)
Heterosexuell
Sexuelle und/oder romantische Anziehung zu Personen des anderen Geschlechts.
Traditionell binär gedacht (z. B. Mann zu Frau), wobei die Inklusion nicht-binärer Menschen oft fehlt.
Homosexuell
Sexuelle und/oder romantische Anziehung zu Personen des gleichen Geschlechts.
Begriffe wie „schwul“ (für Männer) oder „lesbisch“ (für Frauen) werden oft präferiert, da „homosexuell“ manchmal als klinisch oder stigmatisierend empfunden wird.
Bisexuell (bi+)
Anziehung zu mehr als einem Geschlecht, aber nicht unbedingt zu allen.
Problem des Begriffs:
Ursprünglich binär gedacht (Männer und Frauen), was Menschen außerhalb des binären Geschlechtssystems ausschließt.
Viele verwenden „bi+“ oder „plurisexuell“, um die Offenheit gegenüber mehreren Geschlechtern zu betonen, ohne eine Begrenzung zu implizieren.
Pansexuell/Omnisexuell
Anziehung zu Menschen unabhängig von deren Geschlecht oder Geschlechtsidentität.
Unterschied:
Pansexuell: Geschlecht ist irrelevant.
Omnisexuell: Geschlecht wird wahrgenommen, ist aber kein Ausschlusskriterium.
Polysexuell
Anziehung zu mehreren, aber nicht allen Geschlechtern.
Unterschiede zu bi- und pansexuell: Fokus liegt auf bestimmten Geschlechtern, wobei andere ausgeschlossen sein können.
Asexuell
Keine oder nur geringe sexuelle Anziehung.
Emotionale, romantische oder platonische Beziehungen sind dennoch möglich.
Kann ein Spektrum umfassen (siehe „graysexuell“, „demisexuell“).
Graysexuell
Anziehung nur selten oder unter besonderen Umständen.
Liegt zwischen asexuell und allosexuell (Menschen mit typischen sexuellen Anziehungen).
Demisexuell
Sexuelle Anziehung entsteht nur bei einer starken emotionalen Bindung.
Grenzt sich von romantischer Anziehung ab, da diese unabhängig von sexuellen Anziehungsmöglichkeiten existieren kann.
Autosexuell
Anziehung zu sich selbst; oft in Verbindung mit Masturbation oder Selbstverehrung.
Kann eine Ergänzung oder Alternative zu anderen Orientierungen sein.
Probleme des Begriffs “Bisexualität”
Binäres Geschlechtsverständnis: Der Begriff suggeriert Anziehung zu zwei Geschlechtern (männlich/weiblich).
Unsichtbarkeit anderer Orientierungen: Kann pan-, poly- oder omnisexuelle Menschen ausschließen.
Diskriminierung in der LGBTQIA+-Community: Bisexuelle Menschen werden oft als “phasehaft” oder “nicht eindeutig” wahrgenommen (sogenannte Bi-Phobie).
Sexuelle Orientierungen als Trait? Dunedin-Studie (2003), US-Jugendkohortenstudie (2019);
Studie zur Sexual Orientation Fluidity (2024)
- Dunedin-Studie (2003)
Die Dunedin-Studie, auch bekannt als die Dunedin Longitudinal Study, ist eine langjährige Kohortenstudie, die Menschen aus Dunedin, Neuseeland, seit ihrer Geburt im Jahr 1972 verfolgt.
Ergebnisse zur sexuellen Orientierung:
Diese Studie untersuchte unter anderem, wie stabil sexuelle Orientierungen über die Zeit hinweg sind.
Sie fand heraus, dass sexuelle Orientierungen tendenziell stabil sind, insbesondere bei heterosexuellen und homosexuellen Individuen.
Es wurde jedoch auch eine gewisse Fluidität in der sexuellen Orientierung beobachtet, besonders bei denjenigen, die sich als bisexuell identifizierten. Bei diesen Personen gab es Berichte von Veränderungen in der sexuellen Anziehung im Laufe der Zeit, was auf die Möglichkeit einer gewissen Sexual Fluidity hinweist.
Schlussfolgerung:
Die Dunedin-Studie stützt die Vorstellung, dass sexuelle Orientierungen, besonders bei bisexuellen Menschen, nicht immer festgelegt sind, sondern im Laufe des Lebens flexibler sein können.
Dennoch bleibt die sexuelle Orientierung für die meisten Menschen ein relativ stabiles Trait.
2. US-Jugendkohortenstudie (2019)
Die US-Jugendkohortenstudie (2019), durchgeführt von Forschern der Universität von Kalifornien, San Francisco, konzentrierte sich auf die Entwicklung sexueller Orientierungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Ergebnisse zur sexuellen Orientierung:
Die Studie untersuchte, wie sich sexuelle Orientierungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen über einen Zeitraum von mehreren Jahren verändern.
Eine hohe Dynamik wurde insbesondere bei Jugendlichen beobachtet, die bisexuell oder pansexuell waren, mit Berichten über Veränderungen in der sexuellen Anziehung zu unterschiedlichen Geschlechtern oder Identitäten.
Der Wandel der sexuellen Orientierung war signifikant bei denjenigen, die nicht-monosexuell identifizierten, wobei mehr als ein Drittel der bisexuellen oder pansexuellen Teilnehmer im Verlauf der Studie ihre Orientierung änderten oder bestätigten.
Schlussfolgerung:
Diese Studie unterstützt die Idee, dass sexuelle Orientierungen bei jungen Menschen möglicherweise flüssiger sind, was die Möglichkeit unterstreicht, dass sexuelle Orientierung als kein fester Trait, sondern als dynamische Dimension betrachtet werden kann.
Das Konzept von Sexual Fluidity wird durch diese Studie gestützt, vor allem bei jungen Erwachsenen, deren Identität und Orientierung noch in Entwicklung begriffen sind.
3. Studie zur Sexual Orientation Fluidity (2024)
Die Studie zur Sexual Orientation Fluidity (2024) ist eine neuere Untersuchung, die explizit die Fluidität der sexuellen Orientierung über einen längeren Zeitraum hinweg analysiert hat.
Ergebnisse:
Diese Studie fand heraus, dass eine signifikante Anzahl von Teilnehmerinnen ihre sexuelle Orientierung über Jahre hinweg veränderte oder anzupassen schien, insbesondere in den späten Teenagerjahren und in den Zwanzigern.
Fluide Orientierungen (z. B. von hetero- zu bisexuell oder pansexuell) waren besonders häufig unter nicht-monosexuellen Teilnehmerinnen.
Die Studie identifizierte mehrere Faktoren, die zur Fluidität beitrugen, darunter soziale Unterstützung, Lebensereignisse und psychoemotionale Entwicklung.
Schlussfolgerung:
Diese Studie bestätigt, dass Sexual Orientation Fluidity besonders in den frühen Jahren des Erwachsenenalters verbreitet sein kann.
Sie legt nahe, dass sexuelle Orientierung nicht als feststehendes Trait, sondern eher als ein dynamisches Spektrum verstanden werden sollte, das von sozialen, emotionalen und entwicklungsbedingten Einflüssen geprägt wird.
4. Gesamtergebnisse und Interpretation
Sexuelle Orientierungen als Trait?: Die bisherigen Studien legen nahe, dass sexuelle Orientierung teilweise als Trait betrachtet werden kann, insbesondere bei Personen, deren Orientierung stabil über längere Zeiträume hinweg ist (z. B. hetero- oder homosexuell).
Fluide Orientierungen: Auf der anderen Seite gibt es Hinweise darauf, dass sexuelle Orientierung besonders in der Jugend und frühen Erwachsenenphase flüssig sein kann. Personen, die sich als bisexuell oder pansexuell identifizieren, zeigen häufige Veränderungen ihrer sexuellen Präferenzen und Anziehungen im Laufe der Zeit.
Einfluss von Kontext und Entwicklung: Soziale, kulturelle und persönliche Faktoren beeinflussen die sexuelle Orientierung, was darauf hindeutet, dass es mehrdimensional und veränderbar ist.
Prävalenzzahlen (Ritch C. Savin-Williams & Zhana Vrangalova, 2013, Gregory Phillips et al,
2019; Qazi Rahman et al. 2020, IPSOS, 2021 (grobe) Größenordnungen)
➢Abhängig von Methode und Zeitpunkt der Erhebung
▪Alfred Kinsey (1948): 37% der befragten Männer hatten
homosexuelle Erfahrung
▪Edward O. Laumann et al. (1994): 5-stufige Kinsey-Skala;
Homosexualität bei 3.1% Männer und 0.9% Frauen,
Bisexualität bei 0.6% der Männer und 0.8% der Frauen
➢Metaanalyse: Ritch C. Savin-Williams & Zhana Vrangalova,
2013: n(Männer)=71190, n(Frauen)=117717
▪(nur) heterosexuell: 93,2% Männer und 86,8% der Frauen
▪Mehr Frauen als Männer stufen sich als „meist heterosexuell“ ein
▪Wenig Männer sind bisexuell
➢Länderspezifische Variationen, kulturelle Einflüsse?
➢Prävalenzstudie über 28 Länder Qazi Rahman, Yin Xu, Richard A. Lippa & Paul L.
Vasey (2020): n=191.088
▪28 Nationen
▪Sexuelle Identität:
− heterosexuell: 90.0% Männer und 90.7% Frauen
− bisexuell: 5.1% Männer und 7.2% Frauen
− schwul/lesbisch: 4.9% Männer (hohe Variabilität über die Nationen) und 2.1% Frauen
▪Sexuelle Anziehung:
−vorwiegend nicht vom selben Geschlecht: 82.6% Männer und 66.2% Frauen
−moderat vom selben Geschlecht: 10.2% Männer und 27.3% Frauen
−Vorwiegend vom selben Geschlecht: 7.2% Männer und 6.5% Frauen
▪Kein Einfluss von Gender Normen, sozialen Rollen, Gender Equality,
Wirtschaftswachstum, Individualismus
➢IPSOS LGBT+Pride 2021 Global Survey in 27 Ländern (n=16.069)
➢Selbstidentifikation:
▪80% heterosexuell, 3% gay/lesbian/homosexuell, 4% bisexuell, 1% pansexuell/omnisexuell, 1% asexuell, 1% anderes, 11% weiß nicht
▪Männer identifizieren sich häufiger als gay/homosexuell (4%) als Frauen (1%)
▪Sexuelle Orientierung wird nicht angegeben: Malaysien (39%), Türkei (24%), Russland (19%),
Mexiko (15%)
➢Anziehung:
▪80% der heterosexuellen Personen fühlen sich nur vom ‚anderen‘ Geschlecht angezogen und
12% meistens
▪60% der lesbischen/schwulen Personen fühlen sich nur vom selben Geschlecht angezogen und 24% meistens
▪48% der bisexuellen Personen fühlen sich gleichermaßen von ‚beiden‘ Geschlechtern
angezogen, 28% eher von ‚anderen‘ Geschlecht und 9% eher vom selben Geschlecht
▪Trans*-Personen (1%): 19% heterosexuell, 12% asexuell, 9% bisexuell, 7% anderes und 16%
keine Angabe
Sexuelle Orientierungen und psychische Gesundheit – Minority-Stress-Modell
(Ilan H. Meyer,
2003) !!!
➢Personen aus der Sexual-Gender-Minority Gruppe (SGM) weisen höhere
Raten an Depression und Angst auf verglichen mit Cisgender-
Heterosexuellen (Ilan H. Meyer, 2003; Tineke Fokkema & Lisette Kuyper,
2009; Fredriksen-Goldsen et al., 2013)
➢Minority-Stress-Model (Ilan H. Meyer, 2003)
▪Minority Stress→ liegt in Vorurteilen und Stigmatisierung begründet
▪Genereller Stress + distale + proximale Stress-Prozesse
−Distale Prozesse gehen von Personen oder Institutionen aus
−Proximale Prozesse kommen durch Sozialisationsprozesse
Norm-Centered Stigma Theorie (Meredith Worten, 2020)
➢Theoretisches Rahmenmodell (Erweiterung bestehender Stigma-Forschung) →
Wichtigkeit von a) Normen bzw. Normverletzungen, b) sozialer Machtdynamiken
und c) deren Wechselwirkung beschreibt.
➢3 Grundsätze:
1. Kulturabhängige wechselseitige Beziehung zwischen Normen und Stigma (i.e.
Erwartungen, Glaubensstandards, Verhaltensweisen, Identitäten und
Lebensumstände)
2. Beziehung zwischen Normen und Stigma wird über intersektinal zu denkende
soziale Machtdynamiken hergestellt → Hierarchisierungen; Normverletzung →
Stigma; Normen Folgen →Privilegien
3. Stigma enthält Negativität und wird durch Normen gerechtfertigt; soziale
Sanktionen richten sich gegen Normverletzungen und Normverletzer*innen
Übergangszone (Zone of Transmission): Einige
Glaubensgrundsätze, Verhaltensweisen, Identitäten
erlangen kulturelle Aufmerksamkeit, indem sich der
Status zu normalisieren beginnt oder die
Stigmatisierung diskutiert wird.
Ändern von Stigma → Ändern der dazugehörigen
Normen
Anwendungen auf Femme, Twink, Butch (Meredith
Worthen, 2024ab)
Probleme des Begriffs “Bisexualität”
Binäres Geschlechtsverständnis: Der Begriff suggeriert Anziehung zu zwei Geschlechtern (männlich/weiblich).
Unsichtbarkeit anderer Orientierungen: Kann pan-, poly- oder omnisexuelle Menschen ausschließen.
Diskriminierung in der LGBTQIA+-Community: Bisexuelle Menschen werden oft als “phasehaft” oder “nicht eindeutig” wahrgenommen (sogenannte Bi-Phobie).
Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen
Erklärungsansätze
Erotic Plasticity
Höhere
intraindividuelle Variabilität der Sexualität, da diese stärker von außen
beeinflussbar.
aben Frauen eine höhere Erotic Plasticity als Männer, was bedeutet, dass ihre sexuelle Orientierung und Präferenzen stärker durch äußere Faktoren beeinflusst und verändert werden können. Frauen zeigen häufig eine größere sexuelle Flexibilität, was sich in einer variableren sexuellen Orientierung zeigen kann. Zum Beispiel könnte eine Frau, die sich zunächst als heterosexuell definiert, im Laufe ihres Lebens sexuelle Anziehung zu anderen Frauen erleben und sich als bisexuell oder homosexuell identifizieren.
Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen
Erklärungsansätze
Sexual Fluidity…
situationsabhängige Flexibilität in der sexuellen Response Sexual Fluidity beschreibt die Fähigkeit, dass sich sexuelle Orientierung, Präferenzen oder romantische Anziehungen im Laufe der Zeit oder in unterschiedlichen Kontexten ändern können. Es handelt sich nicht um eine starre Orientierung, sondern um eine flexible, situations- und kontextabhängige Dynamik der Sexualität.
Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen
Erklärungsansätze
Life History Strategie
Hormonell mediierte schnelle Life History Strategy (Luoto et al,
2019)
bietet eine evolutionsbiologische Erklärung für sexuelle Fluidität, insbesondere bei Frauen. Sie verbindet Konzepte der Life History Theory mit hormonellen Einflüssen auf sexuelle Orientierung und Verhalten. Hier die wesentlichen Punkte:
Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen
Erklärungsansätze
Alloparenting-Buffer
Sicherung des
Aufzuchterfolges des Nachwuchses, wenn der männliche Paarungspartner
verstorben ist
Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen
Erklärungsansätze
Infantizid-Vermeidung
Infantizid-Vermeidung (Luoto et al, 2019) → höhere
Überlebenschancen der Nachkommen, wenn bei Tod des Mannes
Allianzen/Beziehung mit einer anderen Frauen statt mit Männern
eingegangen wird
Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen
Erklärungsansätze
Male-Choice Theory
Männer
haben evolutionär Frauen bevorzugt, die auch mit anderen Frauen sexuell
aktiv sind/waren
Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen
Erklärungsansätze Polygynie-Hypothese
Polygynie-Hypothese (Satoshi Kanazawa, 2017) → Stärkung
sozialer Bindungen in polygynen Beziehungsformen
Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen
Erklärungsansätze
Prosociality-Hypothese
Prosociality-Hypothese (Andrew B Barron & Brian Harre
(2020) → starke Selektion für Prosozialität; SSB reduziert Aggressvität,
fördert soziale Zugehörigkeit, soziale Kommunikation und Integration (vgl.
Bonobo-Gesellschaften)
Die Abkürzung SSB steht für Same-Sex Behavior (gleichgeschlechtliches Verhalten). In der Prosociality-Hypothese von Andrew B. Barron und Brian Harre (2020) wird postuliert, dass gleichgeschlechtliches Verhalten (SSB) eine wichtige Rolle in der Förderung von Prosozialität spielt. Die Theorie legt nahe, dass sich dieses Verhalten in sozialen Tiergesellschaften als adaptive Strategie entwickelt hat, die Aggressivität reduziert, die soziale Kommunikation stärkt und die soziale Zugehörigkeit sowie Integration innerhalb der Gruppe fördert.
Studienergebnisse zu Charakteristika bisexueller Frauen im (groben) Überblick
− Geringere Gewissenhaftigkeit und höhere Offenheit als heterosexuelle und
homosexuelle Frauen (Mark S. Allen & Davina A. Robson, 2020);
− Höherer Neurotizismus, niedrigere Extraversion, niedrigere Verträglichkeit als
heterosexuelle aber nicht als homosexuelle Frauen (Allen & Robson, 2020).
− Höhere Werte auf der Dunklen Triade – vergleichbar zu denen von Männern
(Jonason & Luoto, 2021).
− Höhere Raten von Substanzabusus als heterosexuelle und homosexuelle Frauen
(Evan A. Krueger, Jessica N. Fish, & Dawn M. Upchurch, 2020; Megan Schuler
& Rebecca L. Collins, 2020).
− Überrepräsentiert in Gefängnissen (Studien aus US und Australien, Severi
Luoto, 2020)
Monosexismus und Bi+-Negativity/Bi+-Erasure
➢Monosexismus: Diskriminierung von Personen, die Multi-
Gender-Anziehung fühlen, denn entweder ist man
‚straight‘/heterosexuelle oder ‚gay‘/homosexuell (Shiri Eisner,
2016, Nel Santos & Ailsa Craig, 2024)
▪Findet sich auch in der LGBTQIA+-Community
▪Ausschluss von Bi+-Personen
▪verstärkt die Geschlechts-Binaritätsannahme
▪stellt die Stabilitätsannahme sexuellen Begehrens in Frage
▪stellt die Monogamie-Norm in Frage
➢Bi+-Negativity/Bi+-Erasure: Vorurteile; kommt seitens
heterosexueller und lesbischer/schwuler Personen vor (Melanie Brewster & Bonnie Moradi,
2010). Zeigt sich in (Elizabeth Nielsen et al., 2022)
▪Unsichtbarmachen („Ist nur eine Phase!“)
▪Microaggressionen und negative Zuschreibungen (z.B.
Hypersexualisierung, „Tun sich mit der Treue schwer!“)
▪‚Richtige‘ Sexualität wird in Frage gestellt („Sind nur nicht ehrlich
(mit sich selbst)!“)
➢Heterosexuelle Männer zeigen mehr Bi+-Negativität insbesondere
gegenüber männlicher Bisexualität
Asexualität
▪ Prävalenzzahlen (grob)
Prävalenz: 0.4%-1%-3.3%, M:F=1:4
Asexualität
Frühe Rezeption (bis 2000) – Psychopathologie(?), Sexualstörung(?), Paraphilie(?), sexuelle
Orientierung(?)
Wissenschaftliche Rezeption der frühen 2000er→ Psychopathologie(!?) oder Sexualstörung (!?) oder Paraphilie (!?) oder sexuelle Orientierung
(vgl. Lori A. Broto & Morag Yule, 2017; Jessica J. Hille, 2023)
−Psychopathologie (!?): Kein Unterschied bei Depressionen oder
Kindheitstraumata ABER mehr sozialer Rückzug, individuelle
Schwierigkeiten, schizoide Persönlichkeitsstörungen und Asperger Syndrom
−Sexualstörung (!?): sexuelles Arousal unterscheidet sich nicht, nur Interesse;
verringerte Masturbationsfrequenz, unterschiedliche Fixationsfrequenz
erotischen Materials, Reaktion auf pornographische Darstellungen etc.
−Paraphilie (!?): Verlangen richtet sich nicht auf einen Partnerin,
Stressabbau, fiktionale, nicht-selbstbezogene Masturbationsfantasien ➢Sexuelle Orientierung (Anthony Bogaert, 2015; Sinead Kelleher et
al., 2022; Samantha Guz et al., 2022)
▪Relative Stabilität → aktuelle Studie aus China (Yanchen Su & Lijun
Zheng, 2022)
▪Biologische Erklärungsmodelle (atypischer Menstruationszyklus,
Linkshändigkeit, Anzahl älterer Brüder etc.)*in, Stressabbau,
fiktionale, nicht-selbstbezogene Masturbationsfantasien
Asexuelle Identität
➢Spektrum von Identitäten
▪Graysexuality/gray-asexuality…sexuelle Anziehung tritt nur selten, oder
unter bestimmten Bedingungen auf
▪Demisexuality …sexuelle Anziehung tritt nur auf, wenn eine emotionale
Beziehung gebildet werden kann
▪Asexuality… Asexuality…geringes oder kein sexuelles Interesse,
Wünsche oder Fantasien
➢Häufig Gefühl des Anders-Seins in der Adoleszenz →
▪AVEN-Forum (Asexuality Visability and Education Network,
➢Erleben von heteronormativem und allonormativem Druck
▪Heteronormativität…Heterosexualität als ‚normal‘ oder Default-Sexuelle
Orientierung
▪Allonormativität…Sexuelle Anziehung und sexuelles Verlangen als
menschliches ‚Norm‘-Bedürfnis