Lernsheet 5 - Sexuelle Orientierung Flashcards

1
Q

Operationalisierung Sexueller Orientierungen – vier Zugänge zur sexuellen Orientierung

A

(Brian Mustanski et al. 2014) !!

Sexuelle
Anziehung

Selbst-
Identifikation

Sexuelles
Verhalten

Romantische
Orientierung

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2
Q

Welche Operationalisierungen verwenden Studien? Kinsey-Skala

A

(Alfred Kinsey)

➢Viele Studien bewerten nur die Anziehung gegenüber
Frauen/Männer (ACHTUNG: Alltagstheorie der
Zweigeschlechtlichkeit)
➢Alfred Kinsey (1948/1953) bewertete sexuelles Verhalten

  1. Konzept der Kinsey-Skala
    Die Skala reicht von 0 (exklusiv heterosexuell) bis 6 (exklusiv homosexuell).
    Sie bietet auch eine Zwischenkategorie: X für Personen, die keine sexuelle Anziehung verspüren (vergleichbar mit Asexualität).
    Sie misst sexuelle Orientierung als ein Kontinuum statt als binäre Kategorie.
  2. Operationalisierung in Studien
    Studien nutzen die Kinsey-Skala typischerweise durch:

Selbsteinschätzung: Teilnehmende bewerten sich selbst anhand der Skala (z. B. durch Fragebögen oder Interviews).
Erfassung von Verhaltensweisen: Fragen können sich auf vergangene, gegenwärtige oder zukünftige sexuelle Erfahrungen und Wünsche beziehen.
Adaptierte Versionen: Einige Studien passen die Skala an, um differenziertere Kategorien oder zusätzliche Dimensionen (z. B. romantische Orientierung) einzubeziehen.
3. Typische Fragestellungen in Studien
“Wo würden Sie sich auf einer Skala von 0 bis 6 einordnen, basierend auf Ihrer sexuellen Orientierung?”
“Welche Art von sexuellen Beziehungen haben Sie in der Vergangenheit bevorzugt?”

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3
Q

Androphilie/Gynophilie-Konzept (vgl. evolutionäre Studien zur sexuellen Orientierung);

A

Gynophilie vs Androphilie - stehe ich entweder auf männlich gelesene Körper oder eher auf weiblich gelesene Körper? welche körperliche Morphe finde ich für mich subjektiv sexuell interessanter?

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4
Q

zusätzliche Inklusion von Intersexualität (Andrea James)

A

Intersexualität bezeichnet angeborene Variationen der körperlichen Geschlechtsmerkmale (z. B. Chromosomen, Gonaden, Genitalien), die nicht eindeutig männlich oder weiblich sind.
Die traditionelle Kinsey-Skala fokussiert sich primär auf das Spektrum der sexuellen Orientierung und weniger auf geschlechtliche Vielfalt. Andrea James und andere Aktivistinnen/Forscherinnen haben auf die Notwendigkeit hingewiesen, Geschlecht und Orientierung differenziert zu betrachten.

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5
Q

Monosexuell vs. Non-
Monosexuell

A

Amber Ault (1996) untersuchte die Unterschiede zwischen monosexuellen und non-monosexuellen Orientierungen und prägte dabei wichtige Begriffe und Konzepte, die sich auf die Vielfalt sexueller Identitäten beziehen. Hier ein Überblick:

Monosexuell

Personen, die sich ausschließlich zu einem Geschlecht hingezogen fühlen.
Beispiele: Heterosexuell (Anziehung zum anderen Geschlecht) und homosexuell (Anziehung zum gleichen Geschlecht).
Monosexualität folgt einem binären Verständnis von sexueller Orientierung.
Non-Monosexuell

Personen, deren sexuelle Orientierung nicht auf ein einzelnes Geschlecht begrenzt ist.
Beispiele: Bisexuell, pansexuell, polysexuell oder andere Identitäten, die Anziehung zu mehr als einem Geschlecht beinhalten.
Non-Monosexualität betont die Fluidität und Vielfalt sexueller Orientierung.

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6
Q

Monosexuell – Plurisexuell – Asexuell

A

stehe ich egal auf was, immer nur auf eine Morphe oder wechsele ich diese auch mal? Wenn ich gay bin, kann ich genau so Mono Sexuell sein wie andere homosexuelle menschen.

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7
Q

Sexuelle Identität

A

➢Ist ein Aspekt der persönlichen Identität, der den Charakter einer
Person prägt und durch internale und externale Faktoren mitbedingt
wird
➢Enthält das kognitive und emotionale Verständnis von Sexualität
inklusive Anziehung, Wünsche, Verhaltensweisen und
Beziehungsformen (Elizabeth Morgan, 2013; Savin-Williams, 2011)
➢Entwicklung einer ‚Sexuelle Minderheiten Identität‘ (Sinead Kelleher et al., 2023)
▪Gefühl anders als die Peers zu ein
▪Identifikation einer Orientierung die mit romantischen und sexuellen
Wünschen übereinstimmt
▪Disclosing

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8
Q

Sexuelle Orientierungen – Begriffe (hetero-, homo-, bi+/plurisexuell/non-monosexuell; Problem
des Bisexualitätsbegriffs, pansexuell/omnisexuell, polysexuell, asexuell, graysexuell,
demisexuell, autosexuell)

A

Heterosexuell

Sexuelle und/oder romantische Anziehung zu Personen des anderen Geschlechts.
Traditionell binär gedacht (z. B. Mann zu Frau), wobei die Inklusion nicht-binärer Menschen oft fehlt.

Homosexuell

Sexuelle und/oder romantische Anziehung zu Personen des gleichen Geschlechts.
Begriffe wie „schwul“ (für Männer) oder „lesbisch“ (für Frauen) werden oft präferiert, da „homosexuell“ manchmal als klinisch oder stigmatisierend empfunden wird.

Bisexuell (bi+)

Anziehung zu mehr als einem Geschlecht, aber nicht unbedingt zu allen.
Problem des Begriffs:
Ursprünglich binär gedacht (Männer und Frauen), was Menschen außerhalb des binären Geschlechtssystems ausschließt.
Viele verwenden „bi+“ oder „plurisexuell“, um die Offenheit gegenüber mehreren Geschlechtern zu betonen, ohne eine Begrenzung zu implizieren.

Pansexuell/Omnisexuell

Anziehung zu Menschen unabhängig von deren Geschlecht oder Geschlechtsidentität.
Unterschied:
Pansexuell: Geschlecht ist irrelevant.
Omnisexuell: Geschlecht wird wahrgenommen, ist aber kein Ausschlusskriterium.

Polysexuell

Anziehung zu mehreren, aber nicht allen Geschlechtern.
Unterschiede zu bi- und pansexuell: Fokus liegt auf bestimmten Geschlechtern, wobei andere ausgeschlossen sein können.

Asexuell

Keine oder nur geringe sexuelle Anziehung.
Emotionale, romantische oder platonische Beziehungen sind dennoch möglich.
Kann ein Spektrum umfassen (siehe „graysexuell“, „demisexuell“).

Graysexuell

Anziehung nur selten oder unter besonderen Umständen.
Liegt zwischen asexuell und allosexuell (Menschen mit typischen sexuellen Anziehungen).

Demisexuell

Sexuelle Anziehung entsteht nur bei einer starken emotionalen Bindung.
Grenzt sich von romantischer Anziehung ab, da diese unabhängig von sexuellen Anziehungsmöglichkeiten existieren kann.

Autosexuell

Anziehung zu sich selbst; oft in Verbindung mit Masturbation oder Selbstverehrung.
Kann eine Ergänzung oder Alternative zu anderen Orientierungen sein.

Probleme des Begriffs “Bisexualität”

Binäres Geschlechtsverständnis: Der Begriff suggeriert Anziehung zu zwei Geschlechtern (männlich/weiblich).
Unsichtbarkeit anderer Orientierungen: Kann pan-, poly- oder omnisexuelle Menschen ausschließen.
Diskriminierung in der LGBTQIA+-Community: Bisexuelle Menschen werden oft als “phasehaft” oder “nicht eindeutig” wahrgenommen (sogenannte Bi-Phobie).

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9
Q

Sexuelle Orientierungen als Trait? Dunedin-Studie (2003), US-Jugendkohortenstudie (2019);
Studie zur Sexual Orientation Fluidity (2024)

A
  1. Dunedin-Studie (2003)
    Die Dunedin-Studie, auch bekannt als die Dunedin Longitudinal Study, ist eine langjährige Kohortenstudie, die Menschen aus Dunedin, Neuseeland, seit ihrer Geburt im Jahr 1972 verfolgt.

Ergebnisse zur sexuellen Orientierung:

Diese Studie untersuchte unter anderem, wie stabil sexuelle Orientierungen über die Zeit hinweg sind.
Sie fand heraus, dass sexuelle Orientierungen tendenziell stabil sind, insbesondere bei heterosexuellen und homosexuellen Individuen.
Es wurde jedoch auch eine gewisse Fluidität in der sexuellen Orientierung beobachtet, besonders bei denjenigen, die sich als bisexuell identifizierten. Bei diesen Personen gab es Berichte von Veränderungen in der sexuellen Anziehung im Laufe der Zeit, was auf die Möglichkeit einer gewissen Sexual Fluidity hinweist.
Schlussfolgerung:

Die Dunedin-Studie stützt die Vorstellung, dass sexuelle Orientierungen, besonders bei bisexuellen Menschen, nicht immer festgelegt sind, sondern im Laufe des Lebens flexibler sein können.
Dennoch bleibt die sexuelle Orientierung für die meisten Menschen ein relativ stabiles Trait.
2. US-Jugendkohortenstudie (2019)
Die US-Jugendkohortenstudie (2019), durchgeführt von Forschern der Universität von Kalifornien, San Francisco, konzentrierte sich auf die Entwicklung sexueller Orientierungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Ergebnisse zur sexuellen Orientierung:

Die Studie untersuchte, wie sich sexuelle Orientierungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen über einen Zeitraum von mehreren Jahren verändern.
Eine hohe Dynamik wurde insbesondere bei Jugendlichen beobachtet, die bisexuell oder pansexuell waren, mit Berichten über Veränderungen in der sexuellen Anziehung zu unterschiedlichen Geschlechtern oder Identitäten.
Der Wandel der sexuellen Orientierung war signifikant bei denjenigen, die nicht-monosexuell identifizierten, wobei mehr als ein Drittel der bisexuellen oder pansexuellen Teilnehmer im Verlauf der Studie ihre Orientierung änderten oder bestätigten.
Schlussfolgerung:

Diese Studie unterstützt die Idee, dass sexuelle Orientierungen bei jungen Menschen möglicherweise flüssiger sind, was die Möglichkeit unterstreicht, dass sexuelle Orientierung als kein fester Trait, sondern als dynamische Dimension betrachtet werden kann.
Das Konzept von Sexual Fluidity wird durch diese Studie gestützt, vor allem bei jungen Erwachsenen, deren Identität und Orientierung noch in Entwicklung begriffen sind.
3. Studie zur Sexual Orientation Fluidity (2024)
Die Studie zur Sexual Orientation Fluidity (2024) ist eine neuere Untersuchung, die explizit die Fluidität der sexuellen Orientierung über einen längeren Zeitraum hinweg analysiert hat.

Ergebnisse:

Diese Studie fand heraus, dass eine signifikante Anzahl von Teilnehmerinnen ihre sexuelle Orientierung über Jahre hinweg veränderte oder anzupassen schien, insbesondere in den späten Teenagerjahren und in den Zwanzigern.
Fluide Orientierungen (z. B. von hetero- zu bisexuell oder pansexuell) waren besonders häufig unter nicht-monosexuellen Teilnehmer
innen.
Die Studie identifizierte mehrere Faktoren, die zur Fluidität beitrugen, darunter soziale Unterstützung, Lebensereignisse und psychoemotionale Entwicklung.
Schlussfolgerung:

Diese Studie bestätigt, dass Sexual Orientation Fluidity besonders in den frühen Jahren des Erwachsenenalters verbreitet sein kann.
Sie legt nahe, dass sexuelle Orientierung nicht als feststehendes Trait, sondern eher als ein dynamisches Spektrum verstanden werden sollte, das von sozialen, emotionalen und entwicklungsbedingten Einflüssen geprägt wird.
4. Gesamtergebnisse und Interpretation
Sexuelle Orientierungen als Trait?: Die bisherigen Studien legen nahe, dass sexuelle Orientierung teilweise als Trait betrachtet werden kann, insbesondere bei Personen, deren Orientierung stabil über längere Zeiträume hinweg ist (z. B. hetero- oder homosexuell).
Fluide Orientierungen: Auf der anderen Seite gibt es Hinweise darauf, dass sexuelle Orientierung besonders in der Jugend und frühen Erwachsenenphase flüssig sein kann. Personen, die sich als bisexuell oder pansexuell identifizieren, zeigen häufige Veränderungen ihrer sexuellen Präferenzen und Anziehungen im Laufe der Zeit.
Einfluss von Kontext und Entwicklung: Soziale, kulturelle und persönliche Faktoren beeinflussen die sexuelle Orientierung, was darauf hindeutet, dass es mehrdimensional und veränderbar ist.

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10
Q

Prävalenzzahlen (Ritch C. Savin-Williams & Zhana Vrangalova, 2013, Gregory Phillips et al,
2019; Qazi Rahman et al. 2020, IPSOS, 2021 (grobe) Größenordnungen)

A

➢Abhängig von Methode und Zeitpunkt der Erhebung
▪Alfred Kinsey (1948): 37% der befragten Männer hatten
homosexuelle Erfahrung
▪Edward O. Laumann et al. (1994): 5-stufige Kinsey-Skala;
Homosexualität bei 3.1% Männer und 0.9% Frauen,
Bisexualität bei 0.6% der Männer und 0.8% der Frauen

➢Metaanalyse: Ritch C. Savin-Williams & Zhana Vrangalova,
2013: n(Männer)=71190, n(Frauen)=117717
▪(nur) heterosexuell: 93,2% Männer und 86,8% der Frauen
▪Mehr Frauen als Männer stufen sich als „meist heterosexuell“ ein
▪Wenig Männer sind bisexuell

➢Länderspezifische Variationen, kulturelle Einflüsse?
➢Prävalenzstudie über 28 Länder Qazi Rahman, Yin Xu, Richard A. Lippa & Paul L.
Vasey (2020): n=191.088
▪28 Nationen
▪Sexuelle Identität:
− heterosexuell: 90.0% Männer und 90.7% Frauen
− bisexuell: 5.1% Männer und 7.2% Frauen
− schwul/lesbisch: 4.9% Männer (hohe Variabilität über die Nationen) und 2.1% Frauen
▪Sexuelle Anziehung:
−vorwiegend nicht vom selben Geschlecht: 82.6% Männer und 66.2% Frauen
−moderat vom selben Geschlecht: 10.2% Männer und 27.3% Frauen
−Vorwiegend vom selben Geschlecht: 7.2% Männer und 6.5% Frauen
▪Kein Einfluss von Gender Normen, sozialen Rollen, Gender Equality,
Wirtschaftswachstum, Individualismus

➢IPSOS LGBT+Pride 2021 Global Survey in 27 Ländern (n=16.069)
➢Selbstidentifikation:
▪80% heterosexuell, 3% gay/lesbian/homosexuell, 4% bisexuell, 1% pansexuell/omnisexuell, 1% asexuell, 1% anderes, 11% weiß nicht
▪Männer identifizieren sich häufiger als gay/homosexuell (4%) als Frauen (1%)
▪Sexuelle Orientierung wird nicht angegeben: Malaysien (39%), Türkei (24%), Russland (19%),
Mexiko (15%)
➢Anziehung:
▪80% der heterosexuellen Personen fühlen sich nur vom ‚anderen‘ Geschlecht angezogen und
12% meistens
▪60% der lesbischen/schwulen Personen fühlen sich nur vom selben Geschlecht angezogen und 24% meistens
▪48% der bisexuellen Personen fühlen sich gleichermaßen von ‚beiden‘ Geschlechtern
angezogen, 28% eher von ‚anderen‘ Geschlecht und 9% eher vom selben Geschlecht
▪Trans*-Personen (1%): 19% heterosexuell, 12% asexuell, 9% bisexuell, 7% anderes und 16%
keine Angabe

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11
Q

Sexuelle Orientierungen und psychische Gesundheit – Minority-Stress-Modell

A

(Ilan H. Meyer,
2003) !!!

➢Personen aus der Sexual-Gender-Minority Gruppe (SGM) weisen höhere
Raten an Depression und Angst auf verglichen mit Cisgender-
Heterosexuellen (Ilan H. Meyer, 2003; Tineke Fokkema & Lisette Kuyper,
2009; Fredriksen-Goldsen et al., 2013)
➢Minority-Stress-Model (Ilan H. Meyer, 2003)
▪Minority Stress→ liegt in Vorurteilen und Stigmatisierung begründet
▪Genereller Stress + distale + proximale Stress-Prozesse
−Distale Prozesse gehen von Personen oder Institutionen aus
−Proximale Prozesse kommen durch Sozialisationsprozesse

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12
Q

Norm-Centered Stigma Theorie (Meredith Worten, 2020)

A

➢Theoretisches Rahmenmodell (Erweiterung bestehender Stigma-Forschung) →
Wichtigkeit von a) Normen bzw. Normverletzungen, b) sozialer Machtdynamiken
und c) deren Wechselwirkung beschreibt.
➢3 Grundsätze:
1. Kulturabhängige wechselseitige Beziehung zwischen Normen und Stigma (i.e.
Erwartungen, Glaubensstandards, Verhaltensweisen, Identitäten und
Lebensumstände)
2. Beziehung zwischen Normen und Stigma wird über intersektinal zu denkende
soziale Machtdynamiken hergestellt → Hierarchisierungen; Normverletzung →
Stigma; Normen Folgen →Privilegien
3. Stigma enthält Negativität und wird durch Normen gerechtfertigt; soziale
Sanktionen richten sich gegen Normverletzungen und Normverletzer*innen

Übergangszone (Zone of Transmission): Einige
Glaubensgrundsätze, Verhaltensweisen, Identitäten
erlangen kulturelle Aufmerksamkeit, indem sich der
Status zu normalisieren beginnt oder die
Stigmatisierung diskutiert wird.
Ändern von Stigma → Ändern der dazugehörigen
Normen
Anwendungen auf Femme, Twink, Butch (Meredith
Worthen, 2024ab)

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13
Q

Probleme des Begriffs “Bisexualität”

A

Binäres Geschlechtsverständnis: Der Begriff suggeriert Anziehung zu zwei Geschlechtern (männlich/weiblich).
Unsichtbarkeit anderer Orientierungen: Kann pan-, poly- oder omnisexuelle Menschen ausschließen.
Diskriminierung in der LGBTQIA+-Community: Bisexuelle Menschen werden oft als “phasehaft” oder “nicht eindeutig” wahrgenommen (sogenannte Bi-Phobie).

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14
Q

Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen

Erklärungsansätze
Erotic Plasticity

A

Höhere
intraindividuelle Variabilität der Sexualität, da diese stärker von außen
beeinflussbar.

aben Frauen eine höhere Erotic Plasticity als Männer, was bedeutet, dass ihre sexuelle Orientierung und Präferenzen stärker durch äußere Faktoren beeinflusst und verändert werden können. Frauen zeigen häufig eine größere sexuelle Flexibilität, was sich in einer variableren sexuellen Orientierung zeigen kann. Zum Beispiel könnte eine Frau, die sich zunächst als heterosexuell definiert, im Laufe ihres Lebens sexuelle Anziehung zu anderen Frauen erleben und sich als bisexuell oder homosexuell identifizieren.

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15
Q

Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen

Erklärungsansätze
Sexual Fluidity…

A

situationsabhängige Flexibilität in der sexuellen Response Sexual Fluidity beschreibt die Fähigkeit, dass sich sexuelle Orientierung, Präferenzen oder romantische Anziehungen im Laufe der Zeit oder in unterschiedlichen Kontexten ändern können. Es handelt sich nicht um eine starre Orientierung, sondern um eine flexible, situations- und kontextabhängige Dynamik der Sexualität.

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16
Q

Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen

Erklärungsansätze
Life History Strategie

A

Hormonell mediierte schnelle Life History Strategy (Luoto et al,
2019)

bietet eine evolutionsbiologische Erklärung für sexuelle Fluidität, insbesondere bei Frauen. Sie verbindet Konzepte der Life History Theory mit hormonellen Einflüssen auf sexuelle Orientierung und Verhalten. Hier die wesentlichen Punkte:

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17
Q

Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen

Erklärungsansätze
Alloparenting-Buffer

A

Sicherung des
Aufzuchterfolges des Nachwuchses, wenn der männliche Paarungspartner
verstorben ist

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18
Q

Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen

Erklärungsansätze
Infantizid-Vermeidung

A

Infantizid-Vermeidung (Luoto et al, 2019) → höhere
Überlebenschancen der Nachkommen, wenn bei Tod des Mannes
Allianzen/Beziehung mit einer anderen Frauen statt mit Männern
eingegangen wird

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19
Q

Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen

Erklärungsansätze
Male-Choice Theory

A

Männer
haben evolutionär Frauen bevorzugt, die auch mit anderen Frauen sexuell
aktiv sind/waren

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20
Q

Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen

Erklärungsansätze Polygynie-Hypothese

A

Polygynie-Hypothese (Satoshi Kanazawa, 2017) → Stärkung
sozialer Bindungen in polygynen Beziehungsformen

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21
Q

Höhere Bisexualität bzw. Sexual Fluidity bei Frauen

Erklärungsansätze
Prosociality-Hypothese

A

Prosociality-Hypothese (Andrew B Barron & Brian Harre
(2020) → starke Selektion für Prosozialität; SSB reduziert Aggressvität,
fördert soziale Zugehörigkeit, soziale Kommunikation und Integration (vgl.
Bonobo-Gesellschaften)

Die Abkürzung SSB steht für Same-Sex Behavior (gleichgeschlechtliches Verhalten). In der Prosociality-Hypothese von Andrew B. Barron und Brian Harre (2020) wird postuliert, dass gleichgeschlechtliches Verhalten (SSB) eine wichtige Rolle in der Förderung von Prosozialität spielt. Die Theorie legt nahe, dass sich dieses Verhalten in sozialen Tiergesellschaften als adaptive Strategie entwickelt hat, die Aggressivität reduziert, die soziale Kommunikation stärkt und die soziale Zugehörigkeit sowie Integration innerhalb der Gruppe fördert.

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22
Q

Studienergebnisse zu Charakteristika bisexueller Frauen im (groben) Überblick

A

− Geringere Gewissenhaftigkeit und höhere Offenheit als heterosexuelle und
homosexuelle Frauen (Mark S. Allen & Davina A. Robson, 2020);
− Höherer Neurotizismus, niedrigere Extraversion, niedrigere Verträglichkeit als
heterosexuelle aber nicht als homosexuelle Frauen (Allen & Robson, 2020).
− Höhere Werte auf der Dunklen Triade – vergleichbar zu denen von Männern
(Jonason & Luoto, 2021).
− Höhere Raten von Substanzabusus als heterosexuelle und homosexuelle Frauen
(Evan A. Krueger, Jessica N. Fish, & Dawn M. Upchurch, 2020; Megan Schuler
& Rebecca L. Collins, 2020).
− Überrepräsentiert in Gefängnissen (Studien aus US und Australien, Severi
Luoto, 2020)

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23
Q

Monosexismus und Bi+-Negativity/Bi+-Erasure

A

➢Monosexismus: Diskriminierung von Personen, die Multi-
Gender-Anziehung fühlen, denn entweder ist man
‚straight‘/heterosexuelle oder ‚gay‘/homosexuell (Shiri Eisner,
2016, Nel Santos & Ailsa Craig, 2024)
▪Findet sich auch in der LGBTQIA+-Community
▪Ausschluss von Bi+-Personen
▪verstärkt die Geschlechts-Binaritätsannahme
▪stellt die Stabilitätsannahme sexuellen Begehrens in Frage
▪stellt die Monogamie-Norm in Frage

➢Bi+-Negativity/Bi+-Erasure: Vorurteile; kommt seitens
heterosexueller und lesbischer/schwuler Personen vor (Melanie Brewster & Bonnie Moradi,
2010). Zeigt sich in (Elizabeth Nielsen et al., 2022)
▪Unsichtbarmachen („Ist nur eine Phase!“)
▪Microaggressionen und negative Zuschreibungen (z.B.
Hypersexualisierung, „Tun sich mit der Treue schwer!“)
▪‚Richtige‘ Sexualität wird in Frage gestellt („Sind nur nicht ehrlich
(mit sich selbst)!“)

➢Heterosexuelle Männer zeigen mehr Bi+-Negativität insbesondere
gegenüber männlicher Bisexualität

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24
Q

Asexualität
▪ Prävalenzzahlen (grob)

A

Prävalenz: 0.4%-1%-3.3%, M:F=1:4

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25
Q

Asexualität
Frühe Rezeption (bis 2000) – Psychopathologie(?), Sexualstörung(?), Paraphilie(?), sexuelle
Orientierung(?)

A

Wissenschaftliche Rezeption der frühen 2000er→ Psychopathologie(!?) oder Sexualstörung (!?) oder Paraphilie (!?) oder sexuelle Orientierung
(vgl. Lori A. Broto & Morag Yule, 2017; Jessica J. Hille, 2023)
−Psychopathologie (!?): Kein Unterschied bei Depressionen oder
Kindheitstraumata ABER mehr sozialer Rückzug, individuelle
Schwierigkeiten, schizoide Persönlichkeitsstörungen und Asperger Syndrom
−Sexualstörung (!?): sexuelles Arousal unterscheidet sich nicht, nur Interesse;
verringerte Masturbationsfrequenz, unterschiedliche Fixationsfrequenz
erotischen Materials, Reaktion auf pornographische Darstellungen etc.
−Paraphilie (!?): Verlangen richtet sich nicht auf einen Partnerin,
Stressabbau, fiktionale, nicht-selbstbezogene Masturbationsfantasien ➢Sexuelle Orientierung (Anthony Bogaert, 2015; Sinead Kelleher et
al., 2022; Samantha Guz et al., 2022)
▪Relative Stabilität → aktuelle Studie aus China (Yanchen Su & Lijun
Zheng, 2022)
▪Biologische Erklärungsmodelle (atypischer Menstruationszyklus,
Linkshändigkeit, Anzahl älterer Brüder etc.)*in, Stressabbau,
fiktionale, nicht-selbstbezogene Masturbationsfantasien

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26
Q

Asexuelle Identität

A

➢Spektrum von Identitäten
▪Graysexuality/gray-asexuality…sexuelle Anziehung tritt nur selten, oder
unter bestimmten Bedingungen auf
▪Demisexuality …sexuelle Anziehung tritt nur auf, wenn eine emotionale
Beziehung gebildet werden kann
▪Asexuality… Asexuality…geringes oder kein sexuelles Interesse,
Wünsche oder Fantasien
➢Häufig Gefühl des Anders-Seins in der Adoleszenz →
▪AVEN-Forum (Asexuality Visability and Education Network,

➢Erleben von heteronormativem und allonormativem Druck
▪Heteronormativität…Heterosexualität als ‚normal‘ oder Default-Sexuelle
Orientierung
▪Allonormativität…Sexuelle Anziehung und sexuelles Verlangen als
menschliches ‚Norm‘-Bedürfnis

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27
Q

Asexuell
Sexuelle und romantische Beziehungen

A

➢Sexuelle und romantische Beziehungen müssen als getrennt begriffen werden
▪aromantisch, bi-romantisch, heteroromantisch etc.
➢Sexuelle und romantische Beziehungen sind bei 89% allosexueller Personen
konkordant aber nur bei 37% asexueller Personen (Alyssa N. Clark & Corinne
Zimmerman, 2022)
➢Weniger Interesse in Beziehungsaufbau, Familie etc. (Jared M. Edge et al., 2021; Scott
S. Hall & David Knox, 2022);
➢Asexuelle Personen haben Sex und masturbieren ABER seltener (Alissa N. Clark &
Corinne Zimmerman, 2022)
➢Demisexuelle Personen haben häufig mehr Interesse an zukünftigem Sex als gray-
sexuelle und asexuelle Personen (Jessica J. Hille et al., 2019)

28
Q

Asexuell
Intersektionale Betrachtung

A

➢Derzeit überwiegend in WEIRD-Countries und an Cis-Personen
➢Asexualität scheint häufiger bei Cis-Frauen aufzutreten → korrespondiert mit
stereotyp weiblichen Zuschreibungen von Passivität und wenig Eigeninitiative
(Karen Cuthbert, 2021).
➢ Identifizieren sich asexuelle Menschen auch häufiger als trans? (Alyssa N. Clark
& Corinne Zimmerman, 2022)
➢Gibt es einen Zusammenhang zwischen Neurodiversität und Asexualität ? (Hillary
H. Bush et al., 2020; Margherita Attanasio et al., 2021)
➢Studie aus China (Ynchen Su & Lijun Zheng, 2022) zeigt cross-kulturelle
Konsistenz bei sexueller Identität und auch Erfahrungen.

29
Q

Asexuell
Bewusstsein

A

➢Mehr Bewusstsein in Forschung und Praxis, um Stigmatisierung und Anti-
Asexuellen-Bias vorzubeugen, insbesondere beim Gesundheitssystem (Cara
Herbitter et al., 2021)

30
Q

SEXUELLE ORIENTIERUNG – GENDER
NONCONFORMITY (GNC)

A

− ‚Gender Nonconformity‘ im Kindesalter als Prädiktor für nicht-
heteronorme Orientierung (vgl. z.B. Gu Li, Karon Kung & Melissa
Hines, 2016; Yin Xu et al., 2021)
− Sign. Prädiktor für Nicht-Heterosexualität
− Oft bereits im Alter von 2.5 Jahren erkennbar, nimmt im Laufe
der Kindheit zu

31
Q

Antike (Griechenland/Rom)

A

ANTIKES GRIECHENLAND
▪Päderastie
−Eromenos (Jüngling von etwa 15) und Erastes (idealerweise
25 und verheiratet)
−Lehrer/Schüler-Beziehung (vgl. Zeus u. Ganymed; Achilles u.
Patroklos)
−„Als Jüngling lockte er die Ehemänner von den Frauen weg,
und als junger Mann die Frauen von deren Ehemännern“
Platon über Alkibiades (gr. Politiker 5. Jh. v. Chr.)
▪Tribadie
−Dichterin Sappho (wohnhaft auf Lesbos) schreibt Gedichte die
weibliche Beziehungen thematisieren
▪ABER Platon verurteilt homosexuelle Begehren, das zum Akt
führt, als widernatürlich (insbesondere bei passiver Rolle)

ANTIKES ROM
▪Knabenliebe wird z.T. aus Griechenland übernommen ⇨
Zeichen für Verweichlichung (Effeminiertheit)?
▪passive Sexualität wird deutlich stärker minderbewertet
(impudicus, pathicus, cinaedus)
▪Bisexualität ist weit verbreitet (z.B. Caesar, Hadrian) „omnium
mulierum virum et omnium virorum mulierem“ Sueton
−‚Männerehen‘: Tiberius, Caligula, Commodus, Nero
▪Juvenal (60 n. Chr.) verurteilt männliche Homosexualität
▪Weibliche Homosexualität wird kaum thematisiert und wenn
eher negativ tribas oder frictrix
−Zwei Epigramme von Marcus Martialis
− Ovid verneint weibliche Homosexualität

32
Q

Sünde – Straftat (Constitutio Criminalis) – Krankheit + Straftat – Krankheit (wichtigste
Eckpunkte)

A

▪1532 Constitutio Criminalis Carolina Artikel 116 unter Karl V bestätigt
Todesstrafe für Sodomie durch Verbrennen
▪Reformation ⇨ ändert nichts an Auffassung der Homosexualität
▪Mitte 16. Jh verstummten in Deutschland Diskurse über Sodomie
▪Frankreich schafft 1791 die Strafbarkeit von Homosexualität ab
▪ Ab 1791 in Preußen, ab 1787 Österreich (Josephinisches Gesetzbuch)
⇨ nur mehr Zuchthausstrafen

33
Q

Legalisierung in Europa (wichtige Marker Länder und sehr ungefähre zeitliche Verortung *
z.B. erste Länder, Meilensteine in Österreich und Deutschland, insb. in Hinblick auf
Partnerschaft, Ehe, Adoptionsrecht, Antidiskrimminierungsgesetze (inklusive Schweiz
2020)),

A

➢Legalisierung: Frankreich 1791, Belgien 1794, Niederlande 1811, Dänemark 1933, Island 1940, Schweiz 1942, Schweden 1944, Tschechoslowakei 1962, Deutschland 1969, Österreich
1971, Finnland und Norwegen 1972
▪Todesstrafe 2024: Brunei, Iran, Mauretanien, Nigeria und Saudi-Arabien; in Afghanistan,
Pakistan, Katar, Somalia, Uganda und den Vereinigten Arabischen Emiraten kann die
Todesstrafe unter bestimmten Bedingungen ausgesprochen werden
▪Italien: seit Einführung des Strafgesetzbuches 1889 nie ein rechtliches Verbot (Ausnahme
Regierungszeit Mussolinis, sowie 1943-1945) ⇨ eingetragene Partnerschaft seit 2016 ABER
deutliche Verschlechterung seit der Regierung Giorgia Meloni (Anfechtung von
Geburtsurkunden von Kindern, die in Familien von gleichgeschlechtlichen Paaren geboren
wurden)
➢In Türkei ist Homosexualität seit 1852 kein Strafbestand mehr, aber es gibt keine
Antidiskriminierungsgesetze und homosexuelle Partnerschaften werden nicht anerkannt
(„Erklärung der Vereinten Nationen über die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität“
ist nicht unterzeichnet
➢Nationalsozialismus: § 175 wird modifiziert und verschärft ⇨10.000 bis 15.000 in KZ (rosa
Winkel)

➢Bis 1970 psychische Erkrankung (Freiheitsentzug)
➢1973->Homosexualität wird im DSM-II durch „sexuelle
Orientierungsstörung“ und 1980 im DSM-III durch „egodystone
Homosexualität“ ersetzt; erst 1987 wird sie aus dem DSM-III-R
gestrichen
➢1991->Homosexualität wird aus ICD-10 entfernt
➢1994 streicht der Deutsche Bundestag den Paragraf 175 (ab 1969 wird er sukzessive gelockert)
➢2000 ermöglichen die Niederlande als 1. Land der Welt
gleichgeschlechtlichen Paaren eine Eheschließung (seit 2001
Adoptionsrecht)
➢2003 folgt Belgien (seit 2006 Adoptionsrecht)
➢2005 Spanien (inklusive Adoptionsrecht)

➢Österreich:
▪1971 fällt Totalverbot von Homosexualität
▪§209 Sonderaltergesetz (Schutzalter für gleichgeschlechtliche Beziehungen unter Männern
war 18, für Frauen mit Männern war 14 und für Frauen mit Frauen ebenfalls 14)→2002
▪§210 schwule Prostitution wird unter Strafe gestellt → 1989
▪§220 Werbeverbot für gleichgeschlechtliche Unzucht → 1997
▪ 01.01.2010-> Eingetragene Partnerschaft
−seit Feber 2013 Stiefkindadoption
−seit Jänner 2015 Gleichstellung des Adoptionsrechts UND Gleichstellung bei Recht auf
künstliche Befruchtung ABER kein Recht auf Leihmutterschaft
▪Seit 2017: „Homo-Ehe“ auch am Standesamt
▪4.12.2017: österreichische Verfassungsgerichtshof hebt unterschiedliche Regelungen auf
(Diskriminierungsverbot des Gleichheitsgrundsatzes)
▪1.1.2019: Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
▪13.11.2023: Rehabilitation und Entschädigungszahlungen für strafrechtlich verfolgte
homosexuelle Menschen in der Zweiten Republik

34
Q

Nicht-heteronormes Verhalten im Tierreich (Beispiele, Erklärungsansätze, Probleme)

A

➢Universelles Verhalten
➢Bei mehr als 1500 Tierarten
➢Insbesondere bei Herdentieren
▪z.B. Bonobos, Languren, Makaken, Orang-
Utans, Trauerschwäne, Pinguine, Delfine,
Giraffen, Wale, Seemöwen, Dickhornschafe,
Tümmler, Schafe u.v.m.; vgl. Aldo Poiani, 2010

➢Schwierige Operationalisierung
▪Genitalkontakt, Aufreiten, orale Genital-Kontakte,
manuelle Genital-Kontakte, Orgasmen etc.
➢Exklusive ‚Homosexualität‘ findet sich bei Böcken
mancher Schafssorten (6% bis 10%; Anne Perkins &
James A. Fitzgerald,1997)
➢Theorien:
▪Social-Glue-Theorie: Sexuelle Kontakte stärken den
Zusammenhalt, reduzieren Spannungen, erleichtern
Futterteilung, hilft Allianzen zu bilden (z.B. Bonobos)
▪Verwandtenselektion!?
▪Übungssexualität!?

35
Q

PSYCHOANALYTISCH

A

➢Ödipale Problematik
▪Z.B. bei Buben (zu) enge Mutterbindung oder (zu) strenger,
angstauslösender Vater
▪keine empirische Bestätigung
➢Siehe sog. ‚reparative Therapie‘

„…if a father wants his son to grow up straight, he has to break
the mother-son bond that is proper to infancy but not in the boy‘s
best interest afterward.“ Joseph Nicolosi & Linda Ames Nicolosi
(2002)

36
Q

BEHAVIORISTISCH

A

➢1960er und 1970er
➢Orgasmus als Verstärker No.1 bestimmt weitere Sexualkontakte
▪wenig empirische Bestätigung
➢Problematisch wegen ‚Verführungstheorien‘ bzw.
‚Vergewaltigungstheorien‘
▪keine empirische Bestätigung

37
Q

SOZIAL-KOGNITIV-LERNTHEORETISCH

A

➢Gelernte Genderrolle (angeleitetes Lernen, operantes Konditionieren, Modellernen)
▪keine empirische Bestätigung
➢Problematisch bei Argumentation von Adoptionsgleichstellung und Kinderwunsch
➢Kein Unterschied zwischen Kinder nicht-heterosexueller Eltern und heterosexueller Eltern
in deren sexuellen Orientierung (z.B. Norman Anderssen et al, 2002; Charlotte J.
Patterson, 2017)
▪Metaanalyse (Benjamin G. Miller, Stephanie Kors & Jenny Macfie, 2017): Kinder, die von homosexuellen Männern großgezogen weisen signifikant bessere Ergebnisse in
emotionalen Bereichen, Selbstwert und psychischer Gesundheit auf.
▪Metaanalyse (Nicola Carone et al, 2024): n=628 Kinder schwuler Väter und n=881
Kinder heterosexueller Eltern → bessere Anpassungswerte und weniger
psychopathologische Symptome bei Kindern homosexueller Väter unabhängig von
Adoption, Leimutterschaft oder Co-Elternschafts-Arrangements
➔ Sorgfältiger geplante Elternschaft und günstigere/egalitärere Haushalts-Rollen-
Arrangements

38
Q

LIFE-STYLE-CHOICE

A

➢Denken ca. 30% der meist heterosexuellen Befragten in den USA
(Simon LeVay, 2016, Lydia Saad, 2018)
➢Denken 31% befragte UK Bürger*innen (YouGov, 2017)
➢ABER heterosexuelle Menschen, die glauben, dass LGBT-Personen
ihre sexuelle Orientierung bewusst und als Life-Style-
Entscheidung treffen, neigen mehr zu diskriminierenden und
homophoben Einstellungen (Christopher W. Blackwell, 2007)

39
Q

BIOLOGISCHE THEORIEN

A

➢Die meisten Studien in diesem Bereich beziehen sich auf männliche
Androphilie und weibliche Gynephilie (d.h. wenig Studien zu Bi* oder
Asexualität)! (Doug VanderLaan et al., 2022)
➢Menschen, die von einer ‘biologischen Ursache’ für nicht-heteronorme
Sexualität überzeugt sind, sind weniger homophob (vgl. Lydia Saad, 2018)
➢Argumente für biologische Gründe:
▪90% der Männer, 50% der Frauen ⇨ „Ich wurde so geboren!“
▪9% der Brüder homosexueller Männer sind ebenfalls homosexuell und 6%
bis 25% der Schwestern von lesbischen Frauen sind ebenfalls lesbisch
(Bailey & Pillard, 1995)
▪Schwedische Zwillingsstudien (Niklas Langström et al, 2010): 34%-39%
Heritabilität bei Männern und 18%-19% bei Frauen

40
Q

BIOLOGISCHE THEORIEN - GENETIK

A

▪Zwillings- Geschwister- und Stammbaumstudien
▪Spekulationen über X-chromosomale Abschnitte
−Xq28 (the „gay gene“) (Dean Hamer et al., 1993) ⇨ konnte aber
zunächst nicht repliziert werden
−eine neuere Studie (Alan Sanders et, 2015) an n=409 homosexuellen
Brüdern hat Xq28 aber wieder bestätigt
−In aktuellen Studien zeigt sich XQ28 nicht mehr!
▪Genome-Wide-Association Studie (GWAS; Andrea Ganna et al., 2019)
findet fünf Gen-Loci die gleichgeschlechtliches Verhalten bedingen
(erklärte Varianz 8-25%); ABER nur UK und US Teilnehmer*innen

➢Brendan Zietsch et al, 2021 Re-analyse der Daten von Andrea
Ganna et al, 2019 und Erweiterung um weitere 350000 Individuen
 genetische Varianten die mit gleichgeschlechtlichem Verhalten
assoziiert sind, finden sich auch bei heterosexuellen Menschen, die
mehr heterosexuelle Sex-Partnerinnen haben (!?)
➢Chinesische (Han Bevölkerung) Genome-Wide-Association Studie
(GWAS, Shao-Hua Hu, 2021) an homosexuellen Männern
zeigt drei
Gen-Loci die sich in dieser Gruppe und Europäern findet PLUS 2
weitere Gen-Loci, die sich nur in der chinesischen Stichprobe finden.
➢Fazit:
−Sexualität = polygenetisch
−Sexualität ist (eher) nicht bipolar (Kinsey-Skala ist problematisch!)

41
Q

BIOLOGISCHE THEORIEN - HORMONE

A

➢Frühe Studien:
▪Hormonspiegel
−Homo- und Heterosexuelle Männer unterscheiden sich nicht im Testosteron
und Östrogenspiegel (Heino F.L. Meyer-Bahlburg, 1984)
−Homosexuelle Frauen weisen höheren Testosteronspiegel auf (vgl. Devendra
Singh, 1999)

42
Q

BIOLOGISCHE THEORIEN
▪Pränataler Hormonspiegel ⇨ funktionale und strukturelle Gehirnunterschiede ⇨
‚Brain Organization Theory‘

A

−Gehirn männliche Homosexueller ⇨ ‚unterandrogenisiert‘, Gehirn weiblicher
Homosexueller ⇨ ‚überandrogenisiert‘
−Unterschiedliche Größen bestimmter Gehirnregionen
*
‚cross-sex-shifts‘ (18.645 Personen der US Biobank; Abè et al, 2021)
*SDN-POA bei Schafsböcken
*INAH-3 kleiner bei homosexuellen Männern (Simon LeVay, 1991)
*Suprachiasmic Nucleus größer bei homosexuellen Männern (Dick Swaab, 2008,
Swaab & M.A. Hofman)

43
Q

BIOLOGISCHE THEORIEN – KÖRPERLICHE UNTERSCHIEDE

A

➢Körpergröße und -gewicht (v.a. bei Männern)
➢Mehr körperliche Varianz bei Frauen
➢Einsetzten der Pubertät (bei homosexuellen Buben früher)
➢Fingerlängenverhältnis
➢Arm/Oberkörperverhältnis
➢Körperliche Symmetrien/Asymmetrien
➢Haarwirbeln

44
Q

BIOLOGISCHE THEORIEN
➢„The womb‘s long shadow“ (Andrea Rinaldi, 2022)
➢Homosexualität als Zufallsprozesse vs. als Folge von Stress in der
Schwangerschaft
➢Maternal Immune Hypothese:

A

Fraternal-Birth-Order-Effekt (FBOE)
oder sind jüngere Brüder häufiger homosexuell?
Quelle: Ray Blanchard, 2001; jeder ältere
Bruder erhöht die Wahrscheinlichkeit um 33% (!?)
Ablaza et al., 2022: Ein Mann mit 3 älteren
Brüdern hat eine 41% höhere Wahrscheinlichkeit
als ein Mann mit 3 älteren Schwestern.

45
Q

➢Gibt es Subgruppen von SSB-Männern entlang der
Biomarker FBOE, Händigkeit, Anzahl männlicher Verwandter?

A

→ 4 Sub-Gruppen (Ashlyn Swift-Gallant et al, 2019)
 1) Kein Hinweis auf irgendwelche Biomarker, 2) Spät in der
Geburtenfolge (d.h. mehr ältere Brüder), 3) Markantere Nicht-
Rechtshändigkeit 4) SSB-Verwandte

46
Q

➢ABER Johannes Vilsmeier et al. (2023) „The Fraternal Birth-Order
Effect as Statistical Artefact: Convergent Evidence from Probability
Calculus, Simulated Data, and Multiverse Meta- Analysis”

A

▪Häufung älterer Brüder bei homosexuellen Männern weist einerseits
sehr viel Varianz aufweist und zeigt sich auch bei homosexuellen
Frauen.
▪Diskussion ob die statistische Herangehensweise (Berechnung der
Verhältnis-Variable) nicht erst den Fraternal-Birth-Order-Effekt
hervorbringt
▪Fazit: Bei korrekter statistischer Analyse lässt sich kein Fraternal-Birth-
Order Effekt mehr zeigen und demnach gibt es auch wenig
empirischen Beleg für die Maternal Immune Hypothese!

47
Q

▪Wie erhält sich SSB in der Population – ein evolutionäres Paradoxon ?

A

▪Kin Selection Hypothese (KSH): Fitness einer Sippe wird durch männliche
Androphilie und damit höheres altruistisches Verhalten gegenüber der Sippe
bei Verzicht auf eigene Nachkommen erhöht (Edward. O. Wilson, 1975).
−Haben homosexuelle Männer mehr Verwandte? → lässt sich nicht
bestätigen
−In westlichen Kulturen: Keinen Nachweis, dass homosexuelle Männer sich
mehr um den Nachwuchs ihrer Schwestern/Brüder kümmern (z.B. Miranda
Abbild, Doug P. VanderLaan, & Paul L. Vasey, 2014)
−Auf Samoa im Hinblick auf die fa’afafine schon (Paul L. Vasey & Doug P.
VanderLaan, 2010)

48
Q

➢Sexually Antagonistic Hypothese (SAGH):

A

▪Trägt man die Disposition für Androphilie, weisen Männer eine geringere,
Frauen eine höhere Reproduktionsrate auf.
▪Die weiblichen Verwandten männlicher Träger haben damit ebenfalls eine
höhere Reproduktionsrate, was das System wieder ausbalanciert
−Female Fecundity Effect: Mütter und Tanten mütterlicherseits von
homosexuellen Männern sollten höheren Reproduktionsoutput aufweisen
(Andrea Camperio-Ciani, Francesca Corna, & Claudio Capiluppi, 2004)

Androphilie bei Männern (sexuelle Anziehung zu Männern) kann zu einer geringeren Reproduktionsrate führen, da homosexuelle Männer seltener Kinder haben.
Allerdings könnten die Gene, die mit dieser sexuellen Orientierung in Verbindung stehen, bei weiblichen Verwandten Vorteile bringen. Diese Gene könnten ihre Fruchtbarkeit und damit ihre Reproduktionsrate steigern.
Dies schafft ein evolutionäres Gleichgewicht, da die höhere Reproduktionsrate bei weiblichen Verwandten die geringere Reproduktionsrate bei männlichen Trägern dieser Gene ausgleicht.

Der sogenannte Female Fecundity Effect ist ein zentraler Mechanismus der SAGH.
Die Mütter und Tanten mütterlicherseits von homosexuellen Männern zeigen häufig eine höhere Fruchtbarkeit (Fecundity). Das bedeutet, sie haben mehr Kinder im Vergleich zu anderen Frauen.
Dies könnte auf genetische Faktoren zurückzuführen sein, die Sexualität und Fortpflanzung beeinflussen, aber in Frauen eine erhöhte Reproduktionsfähigkeit bewirken.

49
Q

➢Eine evolutionäre Alternativerklärung (Julia D. Monk et al., 2019):

A

▪SSB (Same-Sex-Behavior) und DSB (Different-Sex-Behavior) haben sich
gleichzeitig mit Sexualität entwickelt
▪Spezies haben sich zunächst undiskriminiert gepaart und
heterosexuelles Paarungsverhalten hat sich dann erst entwickelt, wenn
die Kosten für Verpartnerung zu hoch waren, sodass sich sexuelle
Polymorphismen entwickelt haben
▪Fehlen diese Kosten wird SSB beibehalten, da die reproduktive Fitness
wahrscheinlich oft bei intermediären Mischungen sexueller
Verhaltensweisen maximiert wird
▪Variables Auftreten von SSB oder DSB über eine Lebensspanne und / oder über Populationen sind daher eher die Norm für die meisten Spezien

50
Q

KOMBINATION AUS BIOLOGISCHER UND
LERNTHEORETISCHER THEORIE

A

➢„Exotic becomes Erotic“ Daryl Bem, 1996, 2000
1. Biologische Faktoren beeinflussen die Persönlichkeit des Kindes
2. Persönlichkeit beeinflusst, ob gender-konforme oder gender-
diskonforme Aktivitäten präferiert werden -> Sozialisierung mit
gleich- oder gegengeschlechtlichen Peers
3. Gefühl der Zugehörigkeit zur entsprechenden Gruppe
4. Psychologische Erregung passiert in Gegenwart der Gruppe‚ die
anders ist als gewohnt
5. Psychologische Erregung wird irgendwann zu sexueller Erregung

51
Q

UNTERSCHIEDSFORSCHUNG…

A

➢…entlang der ‚Alltagstheorie der Zweigeschlechtlichkeit‘ und ‚Binarität‘ sexueller
Orientierung
▪Raumvorstellung:
−Homosexuelle Männer weisen schlechtere Leistungen in Aufgaben zur
Raumvorstellung (mentales Rotieren) auf
−Homosexuelle Frauen hingegen bessere Leistungen
▪Wortflüssigkeit:
−Gay Men>Straight Women>Straight Men>Lesbians
−ABER Studien zeigen auch keine oder deutlich geringere Unterschiede
▪Memory: Homosexuelle Männer sind besser als heterosexuelle Männer in Memory
▪Händigkeit:
−extreme Rechtshändigkeit und ältere Brüder als Prädiktoren für Homosexualität
bei Männern
−lesbische Frauen sind häufiger ambidext

52
Q

BIOLOGISCHE THEORIEN
Diskussion möglicher Zusammenhänge von Genderexpression und SSB
im Hinblick auf phänotypische/körperliche ‚Shifts‘ entlang eines
männlich-weiblich Kontinuums bzw. Gender-(Non)Konformität

A

A) Shift durch (biologische) Entwicklungsmechanismen unabhängig von
Genderexpression
B) Shift wird vergrößert, wenn sich Gender-(Non-)-Konformität
vergrößert → höhere ‚Dosis‘ biologischer Einflüsse
C) Shift ist mit verschiedenen biologischen Einflussgrößen assoziiert, die
mit Unterschieden in der Gender-Expression einhergehen
Kann sich auch nur in bestimmten Gehirnregionen und psychologischen
Domänen zeigen
“At present, the evidence bearing on which of the possible
biodevelopmental pathways applies is mixed and also varies depending
on the mechanism under consideration (e.g., genetic, hormonal,
immunological). Thus, further research is needed” (Doug VanderLaan
et al., 2023, S. 2953)

53
Q

BIOLOGISCHE THEORIEN
➢Forschungsdesiderate (vgl. Doug VanderLaan et al., 2023):

A

▪Klare Unterscheidung Verhalten, Anziehung, Identifikation
▪Inklusion von Bi+/ambiphile Personen
▪Analyse von epigenetischen Effekten
▪Nationale repräsentative Stichproben
▪Schlussfolgerungen aus Meta-Analysen ziehen
▪Longitudinalstudien (z.B. für prä- und postnatale Hormoneffekte)

54
Q

UNTERSCHIEDFORSCHUNG
➢Gaydar:

A

Identifikation und Kategorisierung der sexuellen
Orientierung (zumeist heterosexuell vs. homosexuell) entlang visueller und/oder auditiver Target-Reize
▪Deep neuronales Netzwerk ➔ korrekte Zuordnung von 81% der
männlichen und 71% der weiblichen Gesichter (Yilun Wang &
Michal Kosinski, 2018) → Kategorisierung entlang des Gesichts, der
Inszenierung des Gesichts oder der Art des Fotos (z.B. Hintergrund,
Vgl. Dawei Wang, 2023)?
▪Kritik/‘Blind Spots‘ (z.B. Arianne E. Miller, 2018):
−Unpräzise Operationalisierung in der Forschung
−Kann Gaydar zwischen ‘Doing Gender’ (Gender-Nonkonformität)
und sexueller Orientierung unterscheiden?
−Statistische Problematiken (Genauigkeit, Response Bias, ‘base rate
fallacy’, ‘straight categorization’ Bias)

55
Q

HOMOPHOBIE

A

➢LGTB (lesbian, gay, transgender, bisexual) oder LGTBQIA+ (Q…Questioning oder Queer,
I…Intersexuell, A…Asexuell oder Allied, +…andere)… 17.Mai ist internationaler Tag gegen
Homophobie, Biphobie und Transphobie (IDAHOBIT)
➢Begriff der Homophboie seit 1972 ⇨ Bedrohungsempfinden von Personen, die sich in unmittelbarer
Nähe homosexueller Personen befinden (G. Weinberg, 1972)
➢Gregory Herek (2016) ⇨ Homophobie ist ein unpräzises Konzept (Phobie!), das Stereotype,
Vorurteile und Diskriminierung gegenüber sexuellen Minderheiten inkludiert und vorurteilsseitig vor
allem durch Feindseligkeit und Ekel gekennzeichnet ist
➢Institutionalisierte Homophobie → distaler Minority Stress im Minority Stress Modell (Ilan H. Meyer,
2003)
➢Internalisierte Homophobie → proximaler Minority Stress im Minority Stress Modell (Ilan H. Meyer,
2003)
➢Sexuelles Vorurteil: Ausdruck der Ablehnung einer Gesellschaft gegenüber nicht-heterosexuellen
Identitäten, Verhalten und Gemeinschaften→ Homophobie, Lesbophobie, Biphobie, Transphobie
➢Sexuelles Stigma: Erfahrungen des Individuums in Bezug auf diese Ablehnung
▪Hate Crimes, Bullying, Mobbing, Belästigung am Arbeitsplatz etc.

56
Q

HOMOPHOBIE
– Risikoumfelder  psychischen Belastungen:

A
  • Schulen (Dorothy L. Espelage et al., 2019)
  • Sport insbesondere Mannschaftssportarten, vgl. WM in Katar
    (Roberto Baiocco et al, 2018)
  • Internet (Manuel Gamez-Guadix & Daniel Incera, 2021):
    Sexuelle Minderheiten werden häufig Opfer (40%)
57
Q

STEREOTYPE

A
  1. Höhere sexuelle Aktivität, amoralisch, promiskuitiv
    ▪Historischer Rest, Wiederbelebung in der AIDS-Krise
    ▪Keine empirische Bestätigung
  2. Pädophilie
    ▪ kein Zusammenhang mit sexueller Orientierung→
    homosexuelle Erwachsene weisen sogar geringere Quoten
    auf(!) (Gregory Herek, 2006) ABER pädophile Männer* mit männlichen
    Opfern werden/wurden immer devianter diskursiviert als
    pädophile Männer* mit weiblichen Opfern
58
Q

DISKRIMINIERUNG

A

➢EU-Richtlinie seit 2004
➢In Österreich bis 2002 §209
▪Eine Person männlichen Geschlechts, die nach Vollendung des neunzehnten Lebensjahres mit einer
Person, die das vierzehnte, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat,
gleichgeschlechtliche Unzucht treibt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren
zu bestrafen.
➢US-Militär: ‚Don‘t ask, don‘t tell!‘ (bis 2011)
➢Blutspendeverbot für schwule und bisexuelle Männer bis Dezember 2019, seit 1.1. 2020 nach
Enthaltsamkeit von 12 Monaten, seit Feber 2021 Diskussion von 4 Monaten, Verordnungsentwurf
[22.4. 2022] für individuelles Risikoverhalten, wurde am 27.4. zunächst abgewählt, ist seit Herbst
2022 in Kraft → jetzt individuelle Risikoverhalten
➢Problemfeld In-Vitro-Fertilisation für lesbische Paare (seit 2015)
➢Religiös motivierte Tendenzbetriebe ⇨Verkündigungsarbeit

➢EU LGBT A long way to go for LGBTI equality, 2020
▪38% erfuhren Belästigung wegen ihrer sexuellen Orientierung/Identität in den letzten 12 Monaten
▪21% fühlten sich am Arbeitsplatz (trotz EU-Diskriminierungsschutz)
diskriminiert
▪10% fühlten sich bei Jobsuche diskriminiert
▪19% fühlten sich um schulischen oder universitären Bereich diskriminiert
(letzte 12 Monate)
▪11% der Homosexuellen und 17% der Transgender-Personen wurden
innerhalb der letzten 5 Jahre wegen ihrer sexuellen Orientierung oder
Geschlechtsidentität körperlich oder verbal angegriffen

59
Q

SPANNUNGSFELD RELIGION

▪Christentum =

A

Weiterhin ein kontroverses Thema
−Katholische Kirche: Unverwechselbarkeit der Ehe in ihrer Doppelfunktion des öffentlichen
Gelöbnisses und der Sicherung der Generationenfolge durch Mann und Frau
* 16.03.2021 Papst Franziskus spricht sich gegen Segnung gleichgeschlechtlicher Paare aus,
28.1.2023: Homosexualität darf nicht kriminalisiert werden, 28.8.2023: Homosexuelle sind in
der Kirche vorbehaltlos willkommen, 18.12.2023: Segnungen homosexueller Paare jetzt
möglich
−Orthodoxe Kirchen: Massiver Widerstand gegen Ehe für alle; russisch-orthodoxe Kirche ⇨
diskutiert Wiedereinführung von Strafen (in Russland!); Bekräftigung der Ablehnung
homosexueller Partnerschaften (September 2024); griechisch-orthodoxe Kirche ⇨ Ablehnung,
Exkommunikation; Protest nach Einführung der Zivilehe für homosexuelle Paare im Februar 2024
−Evangelische Kirche (Verein EvanQueer):
* lutherisch-evangelische Kirche ⇨ seit 10.3.2019 Segnung in einem öffentlichen Gottesdienst,
wenn standesamtliche Ehe geschlossen und die Gemeinde dem zustimmt
*evangelische Kirche helvetischen Bekenntnisses ⇨ seit1999 öffentliche Segnung
gleichgeschlechtlicher Paare

−Altkatholische Kirche: 3. Juli 2022 Gleich- oder verschiedengeschlechtliche Paare, die
eine staatliche Ehe geschlossen haben oder eine eingetragene Partnerschaft
eingegangen sind, sind in Bezug auf den altkatholischen, liturgischen Ritus gleichgestellt.
− Anglikanische Kirche: Feber 2023 Generalsynode →Segnungen homosexueller Paare
und offen homosexuelle Geistliche

60
Q

SPANNUNGSFELD RELIGION

Islam

A

1) Keine explizite Diskussion im Koran, 2) konservative Auffassungen rekurrieren eher auf verschiedene Überlieferungen der Hadithe (Unterschiedliche Auffassungen bzgl. des Strafmaßes); 3) sehr abhängig vom Land, in dem Religion
ausgeübt wird
−Al-Fatiha Foundation (1997-2011) setzte sich explizit für LBGT-Personen ein
−Frankreich →Imam Ludovic-Mohamed Zahed
−Deutschland → Imam Christian Awhan Hermann; Goethe Moschee in Berlin („Liebe ist Halal!“; Vorübergehende Schließung Anfang 2024 wegen Terrordrohungen)
*ABER Prediger/Influencer der politisch-salafistischen Szene → „Neigung“, die nicht
ausgelebt werden dürfe und „geheilt“ werden könne

61
Q

SPANNUNGSFELD RELIGION

▪Judentum:

A

Je nach Land sehr unterschiedliche Einstellungen
−Alle sexuelle Aktivität sei in der (heterosexuellen) Ehe zu kanalisieren
−ablehnende Einstellung im orthodoxen Judentum mit heterosexueller
Heiratspflicht;
− offene Haltung in liberalen und rekonstruktionistischen Gemeinden mit
Segnungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften

62
Q

SPANNUNGSFELD RELIGION

▪Bahai:

A

Ablehnung gelebter Homosexualität; „Die Menschenwelt besteht aus zwei
Hälften: der männlichen und der weiblichen. Eine ergänzt die andere. Ist eine
davon unterentwickelt, so hat zwangsläufig auch die andere Mängel.“; Keuschheit
und sexuelle Abstinenz; Ausgrenzung von homosexuellen Mitgliedern

63
Q

SPANNUNGSFELD RELIGION
➢Buddhismus:

A

Komplexes Thema, sehr unterschiedliche Sichtweisen → Begehrlichkeit jeglicher Art
führt zum Leiden; Homosexualität stellt ein Fehlverhalten dar

64
Q

SPANNUNGSFELD RELIGION
➢Hinduismus:

A

vedische Sanskrit Schriften akzeptieren das Vorhandensein von Nicht-
Heterosexualität und weisen diesem Bevölkerungsteil besondere Aufgaben und Funktionen zu.
‚Dritte Geschlecht‘ [ tritiya-prakriti; Hijras]; in Indien gab es ,it der Kolonialzeit 1861 bis 2018 ein
Verbotsgesetzt für gleichgeschlechtliche Beziehungen

65
Q

SPANNUNGSFELD RELIGION
➢Indigene Kulturen

A

→teilweise Akzeptanz bei Wechsel der Geschlechterrolle
−männliche und weibliche Two-spirit/Berdachen[sic!] der Native Americans
−Polynesien →Faʻafafine („wie eine Frau, in der Art einer Frau“) Person biologisch männlichen
Geschlechts, die eine weibliche Geschlechterrolle annimmt und darin anerkannt wird bzw.
Fa‘afatama
−Muxes bei den Zapoteken in Mexiko →homosexuelle Gemeinschaft mit starker Feminität und
Suche nach Schönheit
−Machi (Heilerinnen/Schamaninnen deren Gender durch Selbst-Identifikation und Spiritualität
bestimmt wird) bei den Mapuche in Chile und Argentinien