Lernsheet 2 - Gender Flashcards
Geschlecht als ‚No Brainer‘ bzw. als primäre Diversitykategorie
Thema Geschlecht ist alltagstheoretisch ein
‚No Brainer‘
- Geschlecht als primäre Diversity-Kategorie
Natürlichkeit und Sichtbarkeit: Geschlecht wird oft als selbstverständlich und unmittelbar wahrnehmbar betrachtet, was dazu führt, dass es in Diversity-Diskursen und -Maßnahmen oft priorisiert wird.
Soziale Relevanz: In nahezu allen Gesellschaften hat Geschlecht eine zentrale Rolle in der Organisation von sozialen Strukturen, Machtverhältnissen und Identitätsbildung.
Intersektionalität: Geschlecht ist häufig die Ausgangsbasis für intersektionale Analysen, die sich mit der Überschneidung von mehreren Diskriminierungsdimensionen wie Ethnizität, Klasse oder Sexualität befassen. - Geschlecht als ‚No Brainer‘
Unreflektierter Umgang: Oft wird davon ausgegangen, dass die Bedeutung von Geschlecht offensichtlich ist, was die Gefahr birgt, dass andere Dimensionen wie Alter, Behinderung oder soziale Herkunft übersehen werden.
Binäre Logik: Geschlecht wird häufig in einer binären Struktur (männlich/weiblich) diskutiert, was die Vielfalt von Geschlechtsidentitäten (z. B. nicht-binär, trans) marginalisiert oder ignoriert.
Symbolik von Gleichstellung: Viele Diversity-Programme beginnen mit dem Geschlecht, da es oft als “einfacher Einstiegspunkt” für Gleichstellungsmaßnahmen gesehen wird.
Alltagstheorie der Zweigeschlechtlichkeit bzw. ‚the Gender/Sex Binary‘
Hagemann-White, 1984) oder ‚the Gender/Sex
Binary‘ (vgl. Judith Butler, 1990; Janet Shibley Hyde et al., 2019)-
binären/dichotomen
Sicht in Denken, Wahrnehmen und Handeln →Mann
und Frau werden als Gegensatzpaare gedacht (vgl.
amtliche Dokumente, Toiletten, Fragebögen,
Polaritätsprofil etc.)
„Man hat ein Geschlecht erst, wenn man es für andere
hat“
Sex:
3-G-System;
Gene die für die Geschlechtsentwicklung wichtig sind;
Hormonelles Geschlecht;
3-G-System;
- Sozial vereinbarte biologische Systeme (Regine Gildemeister, 2008); üblicherweise die 3Gs [genetics – gonad – genitalia]
Gene die für die Geschlechtsentwicklung wichtig sind (SRY !!!! [sex-
determining region am Y-Chromosom]1( SRY ist zwar ein zentraler Abschnitt für die Entwicklung von Testis, ABER nicht der einzig wichtige [wie lange
angenommen], WNT4 !!!! und RSPO1 !!! sind für die Entwicklung von Ovarien wichtig)
, NR5A1, SOX9, DAX1, WNT4, RSPO1);
Hormonelles Geschlecht → 3 Pubertäten, Interuterin, Postpartum-Minipubertät, klassich;
➢Zuschreibung bei der Geburt bzw. Ultraschall i.d.R. entlang phänotypischer
Merkmale
▪3Gs (Genetik, Gonaden, Genital) (Daphna Joel, 2012)
▪Achtung Genetik geht weit über XX, XY hinaus…mittlerweile sind mehr als 30 Gene
bekannt (z.B. SRY, NR5A1, SOX9, DAX1, WNT4, RSPo1), die eine Rolle spielen (Dorien
Baetens et al., 2019)
▪5. Schwangerschaftswoche → Ausdifferenzierung der Gonaden →
Hormonausschüttung führt ab 10. bis. 12. Gestationswoche zur genitalen Ausbildung
▪Minipubertät während der ersten 6 Monate → bei Buben kommt es im 2./3. Monat
zu einem Testosteron-Anstieg mit (hohe Variabilität), das bis zum 6. Monat wieder abfällt und leichtem Anstieg des lutenisierenden Hormons, bei Mädchen steigt
ebenfalls Testosteron (aber geringer) und Follikel stimulierendes Hormon (FSH;
deutlich mehr als bei Buben), was bis ins 4. LJ anhält. Estradiol steigt bei beiden Geschlechtern aber mit geringer Differenz zwischen Buben und Mädchen
The Sex Spectrum
Claire Ainsworth, 2015
In ihrem Artikel “Sex Redefined” aus dem Jahr 2015, veröffentlicht in Nature, setzt sich Claire Ainsworth mit der Komplexität der biologischen Geschlechtsbestimmung auseinander und hinterfragt die traditionelle binäre Sichtweise von “männlich” und “weiblich”. Sie argumentiert, dass biologisches Geschlecht eher als ein Spektrum verstanden werden sollte, anstatt als zwei klar getrennte Kategorien
Claire Ainsworths Artikel unterstreicht, dass Geschlecht biologisch, sozial und rechtlich differenzierter betrachtet werden muss, um den vielfältigen Realitäten der Menschen gerecht zu werden.
Prävalenz von Intersexualität (Größenordnung)
1 von tausend Kindern hat eine form von intersektionalität, das ist ungefähr so häufig wie rothaarigkeit
Sex-Kategorie
Die externe Zuordnung bzw. Inszenierung eines Geschlechts „[…] aufgrund der (meist) sozial geforderten
Darstellung einer erkennbaren Zugehörigkeit […]“(Regine Gildemeister, 2008). → diese muss weder der
Geburtsklassifikation noch der Genderidentität entsprechen.“→ orientiert sich z.T. an gesellschaftlich tolerierten
bzw. juristisch vorgegebenen Geschlechtskategorien
Anzahl der Kategorien die wir in unserer Gesellschaft vornehmen
Gender
„Die intersubjektive Validierung in Interaktionsprozessen durch ein situationsadäquates Verhalten und Handeln im
Lichte normativer Vorgaben und unter Berücksichtigung der Tätigkeiten, welche der in Anspruch genommenen
Geschlechtskategorie angemessen sind.“ (Regine Gildemeister, 2008, S. 137); multidimensionales Konstrukt (Charlotte Chuck Tate et al.,
2014)
Das „ganze Theater“ rund um Geschlecht inklusive Kostüm, Skript, Bühne und Zuschauer*innen
Man hat ein geschlecht erst, wenn man es für die anderen hat.
wenn ich eine Geschlechtskategorie in Anspruch nehme aber nicht so aussehe oder mich so verhalte, dann werde ich misgendert werden
Das Theater was rund um Geschlecht inszeniert wird
Rahmenmodell der Genderperformance
o Character, Costume, Script, Stage, Audience
o Performance-based vs. Context-based Gender Trouble
(Thekla Morgenroth & Michelle K. Ryan, 2021)
Rahmenmodell der Genderperformanz und
Genderrezeption (Thekla Morgenroth und Michelle K.
Ryan, 2021) → liefert Erklärungsversuche zur
Aufrechterhaltung der Sex/Gender Binarität
Basierend auf Ervin Goffman (1959) „The presentation
of Self in Everyday Life“ und Gender Trouble (Judith
Butler, 1990)
Charakter → was wird dargestellt (meist essentialistisch
als Frau vs. Mann)
Costume (Kostüm) → Körper (inkl. Genitalien) und
Aussehen
Script → Darstellung/Inszenierung des Charakters
Stage (Bühne) → Umfeld in dem die ‚Show‘ stattfindet
Audience (Zuseher*innen) →die sich die Show
anschauen (inklusive man selbst); Zustimmung/Ablehnung
hängt ab
a. Individuellen Faktoren
b. Gruppen-bezogenen Faktoren
c. Kontextuellen Faktoren
Performance-based Gender Trouble vs. Context-based
gender Trouble
Wir haben einen Charakter den wir darstellen sollen, männlich oder weiblich. Für diesen Charakter gibt es Kostüme, Kleidung, Körperlichkeit etc
Wir haben ein Skript für diesen Charakter, Meinungen Plot
Das findet alle auf einer Situativen Bühne statt. Wir inszenieren unser Gender verschieden.
Geschlecht als Inszenierung und nicht als Sein !!
Performance based Gender Trouble: wenn personen einen anderen character darstellen oder das Kostüm nicht passt, oder das verhalten nicht passt. performance ist gestört.
Context based Gender trouble: Wenn personen sagen ich sehe mich in einem Multi gender räum, ich sehe mich ausserhalb einer geschlechterdichotomie. Kontext based störung.
Gender-expression/Doing-Gender
(Candance West & Don H. Zimmermann, 1987):
Verhalten, Aussehen, Name, Inszenierung, die mit Geschlecht einhergeht (inkl. Genderrollen) – entlang von
Maskulinität vs. Femininität; ist kontextabhängig (Steph Anderson, 2020); je freier eine Gesellschaft, desto variabler und
volatiler werden Genderexpressionen; entspricht nicht notwendigerweise der Genderidentität; Geschlecht als
soziale Konstruktion, als fortlaufender Herstellungsprozess (vgl. Candance West & Don H. Zimmermann, 1987); Geschlecht
Subjektvariable, sondern Stimulusvariable; Geschlechtsidentität als diskursive Praxis (vgl. Judith Butler, 1991)
wie inszenieren wir unseren Geschlechtskörper, damit er für andere lesbar ist?
Name, geschlechterrolle –> was tragen wir nach außen?
maskulinität und femininität
Gender/Sex als dynamisches System
Drückt aus, dass ein Begriff nicht ohne den anderen gedacht werden sollte, weil die beiden Begriffe sich
gegenseitig bedingen (Anne Fausto-Sterling 2019, Janet Shibley Hyde et al., 2019)
➢‚sex‘ und ‚gender‘ sind weder dichotom noch unabhängig
voneinander, eines kann nicht ohne das andere gedacht und
beforscht werden (Rhoda K. Unger & Mary Crawford, 1993;
Janet Shibley Hyde et al., 2018)
➢‚gender/sex‘ als „ “whole people/identities and/or aspects of women, men and people that relate to identity and/or cannot really be sourced specifically to sex or gender” (Sari
M. van Anders, 2015, S. 1181).
➢‘gender/sex’ als dynamisches System, das bereits im Säuglingsalter entsteht und durch persönliche Interaktionen und
kulturelle Durchsetzung beibehlten wird (Anne Fausto-Sterling,
2019)
wenn ich mich mein ganzes leben als männlich inszeniere, dann schreibt sich diese Inszenierung auch in meinem Körper zurück. ich werde dieses bild männlich auch körperlich zurückgespiegelt bekommen.
Väter die sich die zeit nehmen und auch für ihren nachwuchs sorgen da merken wir verringerungen im testosteronspiegels.
Gender wirkt sich auf Sex zurück !!!
Der Körper reagiert auf unser leben.
wir haben aber auch einen Körper mit seiner Biologie und das spiegelt sich darauf wie wir unser gender inszenieren auch zurück !!
man kann gender und sex nicht ohne einander denken ! findet auch immer in einem kulturellen rahmen statt, dynamisches system
Gender-Facetten innerhalb der Psychologie
(Modell von Charlotte Chuck Tate, 2014)
Das Modell von Charlotte Chuck Tate (2014) zu Gender-Facetten innerhalb der Psychologie beschreibt, wie verschiedene Aspekte des Geschlechts miteinander interagieren und wie Geschlecht als ein multidimensionales Konzept verstanden werden kann. Es bietet einen theoretischen Rahmen, um Geschlecht jenseits binärer Kategorien zu analysieren. Hier sind die zentralen Facetten des Modells:
- birth assigned gender category
- current gender identity
- gender roles and expectations
- gender social presentation
- gender evaluations
Geschlechtsidentität als Persönlichkeits-Trait und Geschlechtsidentität als diskursive Praxis
(Judith Butler, 1991)
Judith Butler beschreibt Geschlechtsidentität in ihrer Theorie der Performativität (1991) als eine diskursive Praxis, die durch soziale und kulturelle Normen hervorgebracht wird. Sie hinterfragt dabei die Vorstellung, dass Geschlechtsidentität eine feststehende, biologische oder innere Eigenschaft sei. Stattdessen argumentiert sie, dass Geschlecht durch wiederholte Handlungen und Sprache erzeugt wird, die kulturelle Bedeutungen und Machtverhältnisse widerspiegeln.
➢Selbst-Kategorisierung der gegenwärtigen
Geschlechtsidentität⇨ Persönlichkeitstrait? (Avshalom Caspi,
Brent W. Roberts & Rebecca L. Shiner, 2005)
➢AFAB…assigned female at birth
➢AMAB…assigned male at birth
➢(AIAB…assigned intersex at birth…noch nicht sehr gebräuchlich)
▪Annahmen über Geschlechtsidentität, Genderexpression und
sexuelles Begehren (=Heterosexualität) gehen damit einher
▪ AFAB, AMAB, (AIAB),
Cis, Trans* (in Abgrenzung zu Transsexualität und Transgender), Inter
➢AFAB…assigned female at birth
➢AMAB…assigned male at birth
➢(AIAB…assigned intersex at birth…noch nicht sehr gebräuchlich)
Cis → Menschen, deren Selbst-Kategorisierung mit der Geburtskategorisierung
übereinstimmt
Transsexualität (veralteter Begriff) geprägt von Harry Benjamin (1966),
damals in Abgrenzung von Transvestismus
Transgender (veralteter Begriff) → 1990er Oberbegriff für Transsexuelle,
Transvestiten und gendervariante Menschen → politischer Begriff
Trans*/Geschlechtsdivers → inkludiert auch andere Formen wie genderfluid,
non-binary, neutrios, agender etc. (Schätzungen liegen bei 5,5 von 100.000
Personen; Sonja Meyer zu Hoberge; 2009)
Intersexualität/ Inter* → Menschen, die mit Variationen von
Geschlechtsmerkmalen geboren wurden; große Bandbreite, manchmal bereits
bei Geburt sichtbar, manchmal zeigen sie sich erst im Laufe des Lebens →
Schätzungen reichen von 0.018% bis 10%
Cisnormativität & Cisgenderism
Cisnormativität:
- Geschlecht ist biologisch sehr einfach in männlich oder weiblich geteilt zu sein habe und dass die performanz und die biologisierte form des geschlechts einfach zusammengehen sollten
Diskurs, der biologisch essentialistisch eine Zweigeschlechtlich (Frau/Mann) voraussetzt und die Idee, dass Sex und Gender zusammengehen (sollten); Frauen haben demnach körperliche Eigenschaften die mit weiblichem ‚sex‘
assoziiert sind und detto Männer, d.h. weiblich=Frau und männlich=Mann (Geist,
Reynolds, & Gaytán, 2017; Esteban López Medina, 2022).
▪Nicht-binäre und Trans* Personen werde delegitimiert
Cisgenderism:
- “Naja das sieht man Leuten ja an”
Es gibt körperliche marker und anhand dessen stelle ich das geschlecht einer Person fest
bezieht sich auf die Idee, dass es möglich ist die Gender-Identität zu
sehen oder aus körperlichen oder psychologischen Charakteristika
zurückzuschließen; setzt ein binäres Gendersystem mit zwei diskreten
Geschlechtern, die biologisch determiniert sind voraus (Y Gavriel Ansara & Peter
Hegarty, 2013, 2014)
▪Delegitimierung individueller Genderidentitäten
Genderforschung & Engendering
Genderforschung:
- NICHT die frage ob sich Männer oder Frauen unterscheiden
- WIE wird diese genderperformanz hergestellt, welche Auswirkungen haben denn diese zuschreibungen?
Herstellung von Geschlechtszuschreibung
und Auswirkungen dieser Zuschreibungen.
Engendering:
-Versuch gegenderte Einflüsse aufzuzeigen und
aufzubrechen