8. Soziale Klasse Flashcards
➢Meritokratie (Michael Young, 1958 „The Rise of the Meritocracy“):
▪Menschen können erreichen was sie wollen, wenn sie genug Talent haben und bereit
sind hart zu arbeiten!? → Herrschaftsordnung nach Maßgabe von Begabung und
Leistungsfähigkeit der*des Einzelnen
▪ meritokratische Trias (Bildung, Beruf, Einkommen)
▪ABER der Unterschied zwischen sozialen Klassen wird größer nicht kleiner (vgl. OECD-
Studie 2021)
▪Meritokratie als Mythos und als Ungleichheitsmotor bzw. als Legitimation für
Ungleichheit?
➢OECD (2021):
– Die reichsten 10% der Haushalte besitzen über 50% des Vermögens →
Zunahme seit 2010 in 2/3 aller Länder
– Einer von 10 Haushalten mit niedrigen Einkommen ist hoch verschuldet
➢Die 1% reichsten Personen emittieren mehr CO2 als die ärmsten 66%
[Oxfam, 2023]
KLASSE/SCHICHTEN
➢Untergliederung der Bevölkerung nach Klassen-/Soziallagern in Bezug auf
Besitz- oder Einkommensverhältnisse, Berufe, Qualifikationen etc.
▪Karl Marx (1818-1883)
▪Max Weber (1864-1920)
▪Theodor Geiger (1891-1952)
➢Klassen- und Soziallager: klassen- bzw. schichttypische Prägungen und
Subkulturen
▪
„Klassenbewusstsein“ (Karl Marx)
▪„Schichtmentalität“ (Theodor Geiger)
▪„Klassenhabitus“ (Pierre Bourdieu)
▪„Psychology of Social Class“ (Antony Manstead, 2018)
➢klassen- bzw. schichtspezifische Lebenschancen und Lebensrisiken
Klasseneinteilung (nach Anthony Giddens 1969)
➢Oberschicht
relativ kleiner Teil, der beträchtliche
Vermögenswerte besitzt; Neureiche versus „alter
Geldadel“
➢Mittelschicht
Alte Mittelschicht.: Kleinunternehmer, örtliche
Geschäftsleute und Kleinbauern
Obere Mittelschicht. (Dienstleistungsklasse-
spezialisiertes Wissen und Management-
Knowhow ): Manager und Freiberufler, höhere
Verwaltungsbeamte
Untere Mittelschicht: Büroangestellte, Lehrer, …
➢Arbeiterklasse
leisten manuelle Arbeit
Obere Arbeiterklasse: Facharbeiter;
Ganztagsjobs, bessere Bezahlung
Untere Arbeiterklasse: Hilfsarbeiter oder
angelernte Arbeiter
KLASSE/SCHICHTEN
7 Schichten
- Eliten
- Dienstklasse (bürokratische
Helfer der Elite) - Alter Mittelstand
(Selbständige) - Arbeiterelite
- Arbeiterschicht
- Falscher Mittelstand ( z.B.
Verkäuferinnen,
Kellnerinnen etc.) - Unterschicht
(Dauererwerbslose, Unstete,
sozial Verachtete etc.)
SOZIOÖKONOMISCHER STATUS (SES)
➢Bezeichnet die Position, die jemand innerhalb „…einer
Rangordnung der gesellschaftlich vorhandenen Positionen
einnimmt. Die Einordnung in die gesellschaftliche Hierarchie
bezieht sich auf die Wertschätzung, die einer Position hinsichtlich
gesellschaftlich relevanter Merkmale (z. B. Einkommen, Besitz,
Macht) beigemessen wird.“ [Hartmut Ditton & Kai Maaz, 2011, S. 193]
➢Quantitative Differenzierung, die über die ökonomische Position,
und Bildungsabschlüsse relativ zu Anderen und die berufliche
Tätigkeit definiert wird.
DIE PSYCHOLOGIE DER SOZIALEN KLASSE
in Lebensrealitäten, die wenig Berührungspunkte bieten
▪Bildungsaspirationen
▪politisches Interesse, Wahlverhalten und Wertesysteme
▪Gesundheitsverhalten
▪Konsumverhalten und Freizeitgestaltung
▪Wohnumfeld etc.
➢Blindstelle in der psychologischen Diversityforschung?
▪Soziale Klasse → wichtige Identitätskategorie, vergleichbar mit
Geschlecht und Ethnizität
DIE PSYCHOLOGIE DER SOZIALEN KLASSE
➢„gateway context of home, work and school“ (Nicole Stephens
et al, 2014)
▪ niedrige soziale Schichten →„hard interdependence“
▪ mittlere soziale Schichten → „expressive independence“ als
kulturelles Ideal
▪
„subjective social rank“ → Vergleich mit Anderen im Hinblick
auf Vermögen, Bildung, Beruf, inklusive non-verbalen Verhaltens
Materielle Ressourcen
(Vermögen, Bildung,
Einkommen, berufliche
Tätigkeit)
Sozialer Klassen Rang
(wahrgenommener Rang im
Vergleich zu Anderen)
Solipsismus
Individualistische Orientierung
auf die Umwelt motiviert durch
internale Zustände, Ziele und
Emotionen
Kontextualismus
Externalisierende Orientierung
auf die Umwelt, die durch das
Managen externale
Einschränkungen, Bedrohungen
und anderer Individuen bestimmt
wird
DIE PSYCHOLOGIE DER SOZIALEN KLASSE
BEFUNDE
- Niedrigerer sozialer Klasse → weniger subjektiv empfundene Kontrolle (Schule,
Gesundheitsprobleme etc.; Michael Kraus et al, 2009) - Vorurteile gegenüber Menschen aus niedrigen sozialen Klassen → wenig Willensstärke, wenig
Anstrengung‚ ‚Life-Style-Choice‘ → hat in den letzten Jahren zugenommen (Antony Manstead,
2018) - Niedrigere soziale Schichten → mehr Vorurteile gegenüber ethnischen Minderheiten, autoritärere
Einstellungen, höherer RWO und höherer SO (Antony Manstead, 2018)
o Menschen aus höheren Schichten → starke Vorurteile gegenüber ethnischen Minderheiten, wenn
diese auch höhere Bildungsabschlüsse erreicht haben (Kuppens et al., 2018; zit. nach Antony
Manstead, 2018)
o Ökonomische Instabilitäten (Jolanda Jetten et al, 2017)
o niedrigen sozialen Schichte → mehr generelle Ängste
o Höhere soziale Schichten → negativere Einstellungen gegenüber Immigrant*innen - Niedrigere soziale Klassen zeigen höhere Werte bei Empathie-Fähigkeit → höhere
Sensitivität gegenüber Bedrohungen von Außen; richten ihre Aufmerksamkeit mehr
auf den Kontext (Antony Manstead, 2018)
o Höheres Hilfeverhalten, mehr prosoziales Verhalten - Höhere soziale Klassen → mehr Selbstbezogenheit mehr unethische Entscheidungen
in Entscheidungssituationen → verstärkt sich, wenn die sozialen Ungleichheiten sich
verstärken (Coté et al., 2015)
▪ “Fear of losing a privileged position“
▪ “Justify a privileged position”
INTEGRATIVES MODELL DER PSYCHOLOGIE
DER SOZIALEN KLASSE (ANTONY
MANSTEAD, 2018, S. 284)
Materielle
Bedingungen
- Ökonomisches Kapital
(Einkommen und
Vermögen)
Soziales Kapital
(Freundschafts-
Netzwerke)
Kulturelles Kapital
(Inkorporierte Bildung,
Verhalten, Werte etc.)
Wahrgenommener
sozialer Rang
- Mittelschicht
* Wahlfreiheit
* Möglichkeiten
* Selbst-Darstellung
Niedrigere Schichten
* Sensibilisiert für
Bedrohungen
* Einschränkungen
* Schutz
Soziale Kognitionen und
Emotionen
- Hohe wahrgenommene
Kontrolle
* Unabhängigkeit
* Selbst-Fokus
* Dispositionale
Attributionen
* Niedrige Empathie
Zeigt Vorurteile als
Reaktion auf Bedrohung
Niedrige
wahrgenommene
Kontrolle
* Abhängigkeit
* Fokus auf andere
* Situationale
Attributionen
* Hohe Empathie
Zeigt Vorurteile als
Reaktion auf chronische
Bedrohung
Soziales Verhalten
Weniger motiviert Anderen
zu helfen
Fühlt sich in hohen Status-
Kontexten wohl
* Passen wahrscheinlich
dazu
* Werden wahrscheinlich
akzeptiert
* Bleiben wahrscheinlich,
weil akzeptiert
Motiviert Anderen zu
helfen
Fühlt sich in hohen Status-
Kontexten unwohl
* Passen wahrscheinlich
nicht dazu
* Werden weniger
wahrscheinlich akzeptiert
* Bleiben auch
wahrscheinlich nicht,
wenn akzeptiert
SOZIALE UNGLEICHHEIT
➢Ungleiche Verteilung materieller und immaterieller Ressourcen in einer
Gesellschaft und daraus ergebende unterschiedliche Möglichkeiten der
Teilhabe.
➢Objektive und subjektive Indikatoren Sozialer Ungleichheit
▪Beruf, arbeitsrechtliche Stellung
▪Bildungsjahre/Schulabschluss
▪Einkommen/Vermögen
▪Prestige
▪Macht, Einfluss
▪Teilnahme am kulturellen Leben
▪Wohngegend etc.
➢Bester Prädiktor für… (vgl. John Mirowsky, 2017; Catherine Marsh, 2018)
▪ Bildung
▪ Beruf
▪ Gesundheit
− Je niedriger die Herkunftsklasse, desto gewichtiger ist der Prädiktor
➢‚Doing Social Class‘…performative Charakter von sozialer Klasse
➢Ängste, Unsicherheiten und psychologische Traumata sind an
Klassen/Schichten gebunden (Dress Codes, Dialekt, Manieren, etc.) ⇨
Stereotypisierungen greifen am Klassenbegriff an
➢Ghetto Taxes…Situation in der Personen aus niedriger Schicht mehr für
äquivalente Güter/Services zahlen müssen
➢Unterschiedliche Teilhabemöglichkeit an wichtigen (knappen!?)
gesellschaftlichen Ressourcen
➢Ungleiche Leistungen und Beiträge Einzelner?
➢Ungleichheit zeigt und reproduziert sich an Schnittstellen und Übergängen
(z.B. Wahl der Schule, der Ausbildung, des Berufs, des Arbeitsplatzes, der
Universität, Beförderung uvm. )
➢Zeigt sich z.B. bei Lesen, sprachliche Kompetenz, Formen des
Sprachgebrauchs
➢Reproduziert und kumuliert sich im Laufe des Arbeitslebens → „Cumulative
Social Inequality at Workplaces Model (CSI-W-Model; Hans van Dijk et al.
2020)Cumulative Social
Inequality in
Workplaces Model
(CSI-W-Modell;
Hans van Dijk et al.
2020, S. 246
Cumulative Social
Inequality in
Workplaces Model
(CSI-W-Modell;
Hans van Dijk et al.
2020, S. 246
➢4 Ebenen-Modell:
1. Individuelle Ebene: Bewertung der Job Performance nach
a. Knowledge, Skills und Abilities
b. Motivation
2. Dyadische Ebene:
a. Stereotype und Statusüberzeugungen → Kompetenzzuschreibungen
3. Netzwerk Ebene: Einflüsse, die sich am sozialen Kapital einers
Bewerberin festmachen
a. Homophilie: Tendenz von Managern Mitarbeiter*innen zu rekrutieren,
die einem ähnlich sind (soziale Schicht, Bildung, Geschlecht, Alter etc.)
b. Reziprozität: evolutionär diskursiviertes Bedürfnis einen Gefallen zu
erwidern
c. Korrelation der Kapitalsorten (vgl. Pierre Bourdieu) untereinander
4. Organisationale Ebene:
a. Segmentation nach
▪ Core Sektoren: große, oligopolistische Firmen mit großer Kontrolle über ihren
Absatzmarkt, große Einkommen, Boni, stabile Arbeitsplätze mit attraktiven
non-monitären Benefits)
▪ Periphere Sektoren: kleine oder einzelne Firmen mit wenig Resourcen und
wenig Kontrolle über ihren Absatzmarkt, prekäre Arbeitsverhältnisse,
geringes Einkommen, wenig Arbeitsplatzsicherheit und wenig
Karriereoptionen
b. Winner-take-all Strukturen: Chancen und Belohnungen werden
disproportional an die High-Performer und solche mit den größten Talenten
vergeben
c. Meritokratische Ideologie: Hervorstreichen, dass Chancen und Belohnungen
aufgrund von Leistung vergeben werden, wobei ungerechte
Verteilungsoptionen nicht gesehen werden (bevorzugte Gruppenmitglieder
haben mehr Möglichkeiten Chancen und Belohnungen zu erhalten als gleich
qualifizierte gut-performende aber benachteiligte Mitglieder) →
Entschuldigung des Status-Quo (Glaube an eine gerechte Welt)
SOZIALE MOBILITÄT
➢…Bewegung von Personen/Gruppen zwischen verschiedenen sozio-
ökonomischen Positionen
−Horizontale Mobilität (Berufswechsel z.B. Krankenschwester ⇨ Lehrerin)
−Absteigende Mobilität (z.B. Arbeitslosigkeit, Jobverlust,
Invaliditätspension)
−Aufsteigende Mobilität (z.B. Kind aus Arbeiterschicht wird Arzt/Ärztin)
−Intragenerationenmobilität ⇨ Änderung innerhalb eines Menschenlebens
durch Ausbildung, Beförderung, Erbschaft, Arbeitslosigkeit, psychische
Krankheit, Jobverlust etc.
−Intergenerationenmobilität ⇨ Auf- bzw. Abstieg zwischen zwei
Generationen
INTERGENERATIONENMOBILITÄT – THE
BROKEN SOCIAL ELEVATOR (OECD, 2018)
➢Soziale Mobilität ist in Österreich gering 5 Generationen von den untersten
10% zum Durchschnittseinkommen
▪
‚Sticky floor‘ Kinder aus niedrigen Einkommensschichten haben wenig
Chancen nach oben zu gelangen
−Schlechtere Gesundheit schlechterer Zugang zu hochqualitativer
Gesundheitsversorgung
−Geringere Bildung
−Eher manuelle Jobs
▪
‚Sticky ceiling‘ Personen am oberen Ende können erfolgreich ihre Vorteile an
die Kinder weitergeben
−Wenig Risiko für Abwärtsmobilität
−Bessere Bildung
−Ähnliche Jobs, wie ihre Eltern
BILDUNGSVERERBUNG
➢„Intergenerational mobility around the world: A new database.“ (Roy Van
der Weide et al., 2024)
▪Intergenerationale Bildungsmobilität ist in Ländern mit geringem
Einkommen geringer
▪Mädchen haben Buben im Hinblick auf Aufwärtsmobilität in ‚reichen‘
Ländern überholt
▪In den Ländern des globalen Südens holen Mädchen gerade auf
➢Statistik Austria (2024): Soziale Herkunft (Schulbildung der Eltern) und Herkunftsregion (Vorhandensein von Bildungseinrichtungen) bestimmen die Bildungslaufbahn; ¼ erlangt Universitätsreife im Ausland
▪Bildungsmobilität zwischen den Generationen ist ‚gebremst‘
▪Bei 24.5% der Erstsemestrigen haben beide Eltern einen
Hochschulabschluss; bei 2.5% der Erstsemestrigen haben beide Eltern
Pflichtschulabschluss
- 61,3%, bei denen mind. ein
Elternteil Hochschul- oder
Akademieabschluss hat, erreicht
dasselbe Niveau - 9.4% aus Elternhäusern wo beide
Eltern höchstens einen
Pflichtschulabschluss haben,
erreichen Hochschul- oder
Akademieabschluss