8. Soziale Klasse Flashcards

1
Q

➢Meritokratie (Michael Young, 1958 „The Rise of the Meritocracy“):

A

▪Menschen können erreichen was sie wollen, wenn sie genug Talent haben und bereit
sind hart zu arbeiten!? → Herrschaftsordnung nach Maßgabe von Begabung und
Leistungsfähigkeit der*des Einzelnen
▪ meritokratische Trias (Bildung, Beruf, Einkommen)
▪ABER der Unterschied zwischen sozialen Klassen wird größer nicht kleiner (vgl. OECD-
Studie 2021)
▪Meritokratie als Mythos und als Ungleichheitsmotor bzw. als Legitimation für
Ungleichheit?

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

➢OECD (2021):

A

– Die reichsten 10% der Haushalte besitzen über 50% des Vermögens →
Zunahme seit 2010 in 2/3 aller Länder
– Einer von 10 Haushalten mit niedrigen Einkommen ist hoch verschuldet
➢Die 1% reichsten Personen emittieren mehr CO2 als die ärmsten 66%
[Oxfam, 2023]

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

KLASSE/SCHICHTEN

A

➢Untergliederung der Bevölkerung nach Klassen-/Soziallagern in Bezug auf
Besitz- oder Einkommensverhältnisse, Berufe, Qualifikationen etc.
▪Karl Marx (1818-1883)
▪Max Weber (1864-1920)
▪Theodor Geiger (1891-1952)
➢Klassen- und Soziallager: klassen- bzw. schichttypische Prägungen und
Subkulturen

„Klassenbewusstsein“ (Karl Marx)
▪„Schichtmentalität“ (Theodor Geiger)
▪„Klassenhabitus“ (Pierre Bourdieu)
▪„Psychology of Social Class“ (Antony Manstead, 2018)
➢klassen- bzw. schichtspezifische Lebenschancen und Lebensrisiken

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Klasseneinteilung (nach Anthony Giddens 1969)

A

➢Oberschicht
relativ kleiner Teil, der beträchtliche
Vermögenswerte besitzt; Neureiche versus „alter
Geldadel“
➢Mittelschicht
Alte Mittelschicht.: Kleinunternehmer, örtliche
Geschäftsleute und Kleinbauern
Obere Mittelschicht. (Dienstleistungsklasse-
spezialisiertes Wissen und Management-
Knowhow ): Manager und Freiberufler, höhere
Verwaltungsbeamte
Untere Mittelschicht: Büroangestellte, Lehrer, …

➢Arbeiterklasse
leisten manuelle Arbeit
Obere Arbeiterklasse: Facharbeiter;
Ganztagsjobs, bessere Bezahlung
Untere Arbeiterklasse: Hilfsarbeiter oder
angelernte Arbeiter

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

KLASSE/SCHICHTEN

7 Schichten

A
  1. Eliten
  2. Dienstklasse (bürokratische
    Helfer der Elite)
  3. Alter Mittelstand
    (Selbständige)
  4. Arbeiterelite
  5. Arbeiterschicht
  6. Falscher Mittelstand ( z.B.
    Verkäuferinnen,
    Kellner
    innen etc.)
  7. Unterschicht
    (Dauererwerbslose, Unstete,
    sozial Verachtete etc.)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

SOZIOÖKONOMISCHER STATUS (SES)

A

➢Bezeichnet die Position, die jemand innerhalb „…einer
Rangordnung der gesellschaftlich vorhandenen Positionen
einnimmt. Die Einordnung in die gesellschaftliche Hierarchie
bezieht sich auf die Wertschätzung, die einer Position hinsichtlich
gesellschaftlich relevanter Merkmale (z. B. Einkommen, Besitz,
Macht) beigemessen wird.“ [Hartmut Ditton & Kai Maaz, 2011, S. 193]
➢Quantitative Differenzierung, die über die ökonomische Position,
und Bildungsabschlüsse relativ zu Anderen und die berufliche
Tätigkeit definiert wird.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

DIE PSYCHOLOGIE DER SOZIALEN KLASSE

A

in Lebensrealitäten, die wenig Berührungspunkte bieten
▪Bildungsaspirationen
▪politisches Interesse, Wahlverhalten und Wertesysteme
▪Gesundheitsverhalten
▪Konsumverhalten und Freizeitgestaltung
▪Wohnumfeld etc.
➢Blindstelle in der psychologischen Diversityforschung?
▪Soziale Klasse → wichtige Identitätskategorie, vergleichbar mit
Geschlecht und Ethnizität

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

DIE PSYCHOLOGIE DER SOZIALEN KLASSE

A

➢„gateway context of home, work and school“ (Nicole Stephens
et al, 2014)
▪ niedrige soziale Schichten →„hard interdependence“
▪ mittlere soziale Schichten → „expressive independence“ als
kulturelles Ideal

„subjective social rank“ → Vergleich mit Anderen im Hinblick
auf Vermögen, Bildung, Beruf, inklusive non-verbalen Verhaltens

Materielle Ressourcen
(Vermögen, Bildung,
Einkommen, berufliche
Tätigkeit)

Sozialer Klassen Rang
(wahrgenommener Rang im
Vergleich zu Anderen)

Solipsismus
Individualistische Orientierung
auf die Umwelt motiviert durch
internale Zustände, Ziele und
Emotionen

Kontextualismus
Externalisierende Orientierung
auf die Umwelt, die durch das
Managen externale
Einschränkungen, Bedrohungen
und anderer Individuen bestimmt
wird

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

DIE PSYCHOLOGIE DER SOZIALEN KLASSE

BEFUNDE

A
  • Niedrigerer sozialer Klasse → weniger subjektiv empfundene Kontrolle (Schule,
    Gesundheitsprobleme etc.; Michael Kraus et al, 2009)
  • Vorurteile gegenüber Menschen aus niedrigen sozialen Klassen → wenig Willensstärke, wenig
    Anstrengung‚ ‚Life-Style-Choice‘ → hat in den letzten Jahren zugenommen (Antony Manstead,
    2018)
  • Niedrigere soziale Schichten → mehr Vorurteile gegenüber ethnischen Minderheiten, autoritärere
    Einstellungen, höherer RWO und höherer SO (Antony Manstead, 2018)
    o Menschen aus höheren Schichten → starke Vorurteile gegenüber ethnischen Minderheiten, wenn
    diese auch höhere Bildungsabschlüsse erreicht haben (Kuppens et al., 2018; zit. nach Antony
    Manstead, 2018)
    o Ökonomische Instabilitäten (Jolanda Jetten et al, 2017)
    o niedrigen sozialen Schichte → mehr generelle Ängste
    o Höhere soziale Schichten → negativere Einstellungen gegenüber Immigrant*innen
  • Niedrigere soziale Klassen zeigen höhere Werte bei Empathie-Fähigkeit → höhere
    Sensitivität gegenüber Bedrohungen von Außen; richten ihre Aufmerksamkeit mehr
    auf den Kontext (Antony Manstead, 2018)
    o Höheres Hilfeverhalten, mehr prosoziales Verhalten
  • Höhere soziale Klassen → mehr Selbstbezogenheit mehr unethische Entscheidungen
    in Entscheidungssituationen → verstärkt sich, wenn die sozialen Ungleichheiten sich
    verstärken (Coté et al., 2015)
    ▪ “Fear of losing a privileged position“
    ▪ “Justify a privileged position”
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

INTEGRATIVES MODELL DER PSYCHOLOGIE
DER SOZIALEN KLASSE (ANTONY
MANSTEAD, 2018, S. 284)

A

Materielle
Bedingungen
- Ökonomisches Kapital
(Einkommen und
Vermögen)
Soziales Kapital
(Freundschafts-
Netzwerke)
Kulturelles Kapital
(Inkorporierte Bildung,
Verhalten, Werte etc.)

Wahrgenommener
sozialer Rang
- Mittelschicht
* Wahlfreiheit
* Möglichkeiten
* Selbst-Darstellung
Niedrigere Schichten
* Sensibilisiert für
Bedrohungen
* Einschränkungen
* Schutz

Soziale Kognitionen und
Emotionen
- Hohe wahrgenommene
Kontrolle
* Unabhängigkeit
* Selbst-Fokus
* Dispositionale
Attributionen
* Niedrige Empathie
Zeigt Vorurteile als
Reaktion auf Bedrohung

Niedrige
wahrgenommene
Kontrolle
* Abhängigkeit
* Fokus auf andere
* Situationale
Attributionen
* Hohe Empathie
Zeigt Vorurteile als
Reaktion auf chronische
Bedrohung

Soziales Verhalten
Weniger motiviert Anderen
zu helfen
Fühlt sich in hohen Status-
Kontexten wohl
* Passen wahrscheinlich
dazu
* Werden wahrscheinlich
akzeptiert
* Bleiben wahrscheinlich,
weil akzeptiert
Motiviert Anderen zu
helfen
Fühlt sich in hohen Status-
Kontexten unwohl
* Passen wahrscheinlich
nicht dazu
* Werden weniger
wahrscheinlich akzeptiert
* Bleiben auch
wahrscheinlich nicht,
wenn akzeptiert

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

SOZIALE UNGLEICHHEIT

A

➢Ungleiche Verteilung materieller und immaterieller Ressourcen in einer
Gesellschaft und daraus ergebende unterschiedliche Möglichkeiten der
Teilhabe.
➢Objektive und subjektive Indikatoren Sozialer Ungleichheit
▪Beruf, arbeitsrechtliche Stellung
▪Bildungsjahre/Schulabschluss
▪Einkommen/Vermögen
▪Prestige
▪Macht, Einfluss
▪Teilnahme am kulturellen Leben
▪Wohngegend etc.

➢Bester Prädiktor für… (vgl. John Mirowsky, 2017; Catherine Marsh, 2018)
▪ Bildung
▪ Beruf
▪ Gesundheit
− Je niedriger die Herkunftsklasse, desto gewichtiger ist der Prädiktor
➢‚Doing Social Class‘…performative Charakter von sozialer Klasse
➢Ängste, Unsicherheiten und psychologische Traumata sind an
Klassen/Schichten gebunden (Dress Codes, Dialekt, Manieren, etc.) ⇨
Stereotypisierungen greifen am Klassenbegriff an
➢Ghetto Taxes…Situation in der Personen aus niedriger Schicht mehr für
äquivalente Güter/Services zahlen müssen

➢Unterschiedliche Teilhabemöglichkeit an wichtigen (knappen!?)
gesellschaftlichen Ressourcen
➢Ungleiche Leistungen und Beiträge Einzelner?
➢Ungleichheit zeigt und reproduziert sich an Schnittstellen und Übergängen
(z.B. Wahl der Schule, der Ausbildung, des Berufs, des Arbeitsplatzes, der
Universität, Beförderung uvm. )
➢Zeigt sich z.B. bei Lesen, sprachliche Kompetenz, Formen des
Sprachgebrauchs
➢Reproduziert und kumuliert sich im Laufe des Arbeitslebens → „Cumulative
Social Inequality at Workplaces Model (CSI-W-Model; Hans van Dijk et al.
2020)Cumulative Social
Inequality in
Workplaces Model
(CSI-W-Modell;
Hans van Dijk et al.
2020, S. 246

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Cumulative Social
Inequality in
Workplaces Model
(CSI-W-Modell;
Hans van Dijk et al.
2020, S. 246

A

➢4 Ebenen-Modell:
1. Individuelle Ebene: Bewertung der Job Performance nach
a. Knowledge, Skills und Abilities
b. Motivation
2. Dyadische Ebene:
a. Stereotype und Statusüberzeugungen → Kompetenzzuschreibungen
3. Netzwerk Ebene: Einflüsse, die sich am sozialen Kapital einers
Bewerber
in festmachen
a. Homophilie: Tendenz von Managern Mitarbeiter*innen zu rekrutieren,
die einem ähnlich sind (soziale Schicht, Bildung, Geschlecht, Alter etc.)
b. Reziprozität: evolutionär diskursiviertes Bedürfnis einen Gefallen zu
erwidern
c. Korrelation der Kapitalsorten (vgl. Pierre Bourdieu) untereinander
4. Organisationale Ebene:
a. Segmentation nach
▪ Core Sektoren: große, oligopolistische Firmen mit großer Kontrolle über ihren
Absatzmarkt, große Einkommen, Boni, stabile Arbeitsplätze mit attraktiven
non-monitären Benefits)
▪ Periphere Sektoren: kleine oder einzelne Firmen mit wenig Resourcen und
wenig Kontrolle über ihren Absatzmarkt, prekäre Arbeitsverhältnisse,
geringes Einkommen, wenig Arbeitsplatzsicherheit und wenig
Karriereoptionen
b. Winner-take-all Strukturen: Chancen und Belohnungen werden
disproportional an die High-Performer und solche mit den größten Talenten
vergeben
c. Meritokratische Ideologie: Hervorstreichen, dass Chancen und Belohnungen
aufgrund von Leistung vergeben werden, wobei ungerechte
Verteilungsoptionen nicht gesehen werden (bevorzugte Gruppenmitglieder
haben mehr Möglichkeiten Chancen und Belohnungen zu erhalten als gleich
qualifizierte gut-performende aber benachteiligte Mitglieder) →
Entschuldigung des Status-Quo (Glaube an eine gerechte Welt)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

SOZIALE MOBILITÄT

A

➢…Bewegung von Personen/Gruppen zwischen verschiedenen sozio-
ökonomischen Positionen
−Horizontale Mobilität (Berufswechsel z.B. Krankenschwester ⇨ Lehrerin)
−Absteigende Mobilität (z.B. Arbeitslosigkeit, Jobverlust,
Invaliditätspension)
−Aufsteigende Mobilität (z.B. Kind aus Arbeiterschicht wird Arzt/Ärztin)
−Intragenerationenmobilität ⇨ Änderung innerhalb eines Menschenlebens
durch Ausbildung, Beförderung, Erbschaft, Arbeitslosigkeit, psychische
Krankheit, Jobverlust etc.
−Intergenerationenmobilität ⇨ Auf- bzw. Abstieg zwischen zwei
Generationen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

INTERGENERATIONENMOBILITÄT – THE
BROKEN SOCIAL ELEVATOR (OECD, 2018)

A

➢Soziale Mobilität ist in Österreich gering  5 Generationen von den untersten
10% zum Durchschnittseinkommen

‚Sticky floor‘ Kinder aus niedrigen Einkommensschichten haben wenig
Chancen nach oben zu gelangen
−Schlechtere Gesundheit  schlechterer Zugang zu hochqualitativer
Gesundheitsversorgung
−Geringere Bildung
−Eher manuelle Jobs

‚Sticky ceiling‘ Personen am oberen Ende können erfolgreich ihre Vorteile an
die Kinder weitergeben
−Wenig Risiko für Abwärtsmobilität
−Bessere Bildung
−Ähnliche Jobs, wie ihre Eltern

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

BILDUNGSVERERBUNG

A

➢„Intergenerational mobility around the world: A new database.“ (Roy Van
der Weide et al., 2024)
▪Intergenerationale Bildungsmobilität ist in Ländern mit geringem
Einkommen geringer
▪Mädchen haben Buben im Hinblick auf Aufwärtsmobilität in ‚reichen‘
Ländern überholt
▪In den Ländern des globalen Südens holen Mädchen gerade auf
➢Statistik Austria (2024): Soziale Herkunft (Schulbildung der Eltern) und Herkunftsregion (Vorhandensein von Bildungseinrichtungen) bestimmen die Bildungslaufbahn;  ¼ erlangt Universitätsreife im Ausland
▪Bildungsmobilität zwischen den Generationen ist ‚gebremst‘
▪Bei 24.5% der Erstsemestrigen haben beide Eltern einen
Hochschulabschluss; bei 2.5% der Erstsemestrigen haben beide Eltern
Pflichtschulabschluss

  • 61,3%, bei denen mind. ein
    Elternteil Hochschul- oder
    Akademieabschluss hat, erreicht
    dasselbe Niveau
  • 9.4% aus Elternhäusern wo beide
    Eltern höchstens einen
    Pflichtschulabschluss haben,
    erreichen Hochschul- oder
    Akademieabschluss
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

BILDUNG

A

➢Armutshabitus=Armutsfalle ➔ stereotype Einstellungen seitens Lehrer*innen
(Eigengruppenbevorzugung?)
▪Gymnasium ⇨ ‘Arme‘ kommen nur vereinzelt vor; Haupt- (NMS) und
Sonderschulen, sind Schulen der ‚Armen‘(Hanna Dumont et al. 2014)
−Kognitive und habituelle Defizite! → bei gleicher Lesekompetenz und bei
gleicher kognitiver Fähigkeit 2-fache Wahrscheinlichkeit für
Gymnasiumsempfehlung (IGLU-Studie Deutschland, 2021)
▪Armutsrisiko ist für Kinder doppelt so hoch wie für Erwachsene
−Einkommensarmut
−Zertifikatsarmut (formale Voraussetzungen, z.B. irreguläre
Schullaufbahnen)
−Kompetenzarmut (vgl. PISA)

17
Q

INDIKATOREN

A

➢EU-SILC (EU-Statistics of Income and Living Conditions)…gemeinsame
Kennzahlen plus nationale Indikatoren
➢GINI-Koeffizient…Maß für die Ungleichverteilung von Einkommen bzw.
Einkommenskonzentrationen (bezögen alle Haushalte dasselbe Einkommen
wäre er 0); lt. Eurostat 2024, OECD, 2022, )
▪Österreich 0.28 [Stand 2023]
▪Deutschland 0.29 [Stand 2023]
▪EU-Schnitt 0.30 [Stand 2023]
▪Slowakei 0.22 [Stand 2023]
▪USA 0.49 [Stand 2022]
▪Türkei 0.44 [Stand 2023]

18
Q

ARMUT

A

➢Absolute Armut: 2.15$/Tag oder weniger (bis September waren es 1.9$,
lt. World Bank, 2023); Stand 2023 waren das 9.2% der Weltbevölkerung
▪Indikatoren für absolute Armut, z.B.:
▪Pro-Kopf-Einkommen (PKE) < 150 US-$/Jahr
▪Kalorienaufnahme je nach Land < 2160–2670/Tag
▪Durchschnittliche Lebenserwartung < 55 Jahren
▪Kindersterblichkeit > 33/1000
▪Geburtenrate > 25/1000
➢Relative Armut: Armut im Vergleich zum jeweiligen sozialen Umfeld eines
Menschen
▪Unterversorgung an materiellen und immateriellen Gütern, sowie eine
Beschränkung von Lebenschancen

19
Q

ARMUT UND SOZIALE AUSGRENZUNG

A

➢Armuts- und ausgrenzungsgefährdet: lt. Europa 2030-Strategie Europäische
Säule soziale Rechte ⇨ 3 Faktoren:
▪„Armutsgefährdung“ ODER
▪„Erwerbslosigkeit bzw. geringe Erwerbsbeteiligung“ ODER
▪„erhebliche materielle und soziale Deprivation“
− EU-SILC 2023: 17.7 % (Frauen 18%, Männer 15%); [EU 21.4%]
➢Armutsgefährdet: wenn unter der Armutsgefährdungsschwelle, d.h. weniger
als 60% des Medians des äquivalisierten Haushaltseinkommens (i.e.
verfügbares Haushaltseinkommen dividiert durch Konsumäquivalente des
Haushalts (€18.866 pro alleinstehender Person/Jahr, bzw. €1.572,- /
Monat; ); laut EU-SILC 2023 waren das 14.9% der Gesamtbevölkerung [EU
16,4%]

➢Erhebliche materielle und soziale Deprivation: Sieben oder mehr von 13 Merkmalen: (1)
Einmal im Jahr auf Urlaub fahren, (2) unerwartete Ausgaben tätigen (ab € 1370,-), (3)
laufende Kosten pünktlich bezahlen, (4) Rglm. Fleisch/Fisch/vegetarisch essen, (5)
Wohnung warmhalten, (6) Besitz eines Autos, (7) abgenutzte Möbel ersetzen, (8)
Internetverbindung haben, (9) abgenutzte Kleidung ersetzten, (10) Besitz von mindestens 2
Paar Schuhe, (11)Kl. Geldbetrag für sich selbst ausgeben, (12) Freizeitaktivitäten
ausüben, (13) Freund:innen zum Essen treffen EU-SILC 2023: 3,7% (EU 6.8%)
➢Haushalte mit keiner oder geringer Erwerbsbeteiligung (nur für Personen bis
64): Erwerbsintensität der Haushaltsmitglieder im Erwerbsalter (18-64,
ausgenommen Pensionist*innen und Personen in Ausbildung) macht weniger
als 20% des gesamten Erwerbspotentials aus; EU-SILC 2023: 5.7% (EU
8.8%)

20
Q

➢Besonders gefährdete Gruppen im Hinblick auf Armuts- und
Ausgrenzungsgefährdet:

A

▪Menschen mit Haupteinkommensquelle durch Sozialleistungen: 69%
▪Arbeitslose Menschen (mindestens 6 Monate): 67%
▪Menschen ohne österreichische Staatsbürger*innenschaft: 38%
▪Ein-Eltern-Haushalte: 48%
▪Mehrpersonenhaushalte mit mind. 3 Kindern: 36%
▪Personen mit maximal Pflichtschulabschluss: 33%

21
Q

AUSWIRKUNG VON CORONA/ENERGIEKRISE

A

➢Österreich (Statistik Austria 2022): Jede 3. Person im erwerbsfähigen Alter hatte
2021 Einkommensverluste
▪Bei jeder 6. Person hat sich die Einkommenssituation verbessert
▪Einhergehend war eine Verringerung der Lebensqualität
▪Wohnkosten waren/sind für 13% eine schwere Belastung, bei 7% kam es zu Zahlungsrückständen
➢Schuldenreport 2022: Jede 10. Person, die zur Erstberatung in der Schuldnerberatung kam, gab Corona als Überschuldungsursache an → Auswirkungen
der Energiekrise?.
➢EU (Eurostat, 2021): Armutsgefährdung blieb relativ stabil mit unterschiedlichen
Auswirkungen in einzelnen Ländern
▪Anstieg in: Spanien, Kroatien, Italien, Slowenien und Griechenland
▪Arbeitende Bevölkerung und junge Arbeitskräfte waren besonders betroffen

22
Q

➢Mehrfach-ausgrenzungsgefährdet:

A

Personen, die mehr als eines der drei
Kriterien erfüllen; lt. EU-SILC-2023 waren insgesamt 4.3 % der
Gesamtbevölkerung in Österreich
➢Ein Fünftel (AUT 22.7%, Stand 2023; EU 25.4%) aller Armuts- und
Ausgrenzungsgefährdeten sind Kinder und Jugendliche unter 20 Jahre
▪Keine Freunde zum Spielen oder Essen einladen
▪Keine Feste (Geburtstage o.ä.) feiern können
▪weniger Zugang zu (kostenpflichtigen) Freizeitaktivitäten (Sport, Musik etc.)
▪Weniger Zugang zu kostenpflichtigen Schulveranstaltungen
▪Wohnung ist häufiger überbelegt; Luft- und Umweltverschmutzung
▪Schwierigkeiten die Wohnung angemessen warm zu halten
▪Probleme jeden 2. Tag Fleisch/Fisch/vegetarisch Äquivalentes zu essen

23
Q

➢Armutsgefährdungslücke:

A

Differenz zwischen Medianeinkommen der
Armutsgefährdeten und Armutsgefährdungsschwelle bzw. wie weit liegt das
Einkommen der armutsgefährdeten unter der Armutsgefährdungsgrenze
➢EU-Weit [Stand 2023]: 22.2%
➢Österreich [Stand 2023]: 20.5%
➢Deutschland [Stand 2023]: 21.5%
➢Belgien [Stand 2023]: 14.0%
➢Working Poor oder ‚in-work-at-risk-poverty‘: Erwerbsarmut;
Armutsgefährdete Personen im Erwerbsalter (18-64), die im Laufe des
Referenzjahres mehr als 6 Monate voll- oder teilzeit erwerbstätig waren (EU-
SILC 2023: 8.2 % [AUT], 11.1% [EU] der Erwerbspersonen)

24
Q

REICHTUM UND VERTEILUNGSGERECHTIGKEIT

A

➢ Österreich: Relativ egalitäre Einkommensverteilung ABER große Vermögenskonzentrationen
(gehört mit Deutschland zu jenen Ländern der Eurozone mit höchster Vermögensungleichheit (HFCS,
2019)
➢Household Finance and Consumption Survey (HFCS, 2021)
▪Das reichste 1% besitzt 39% des gesamten privaten Vermögens
▪Die reichsten 5% besitzen 55% des gesamten privaten Vermögens
▪Die reichsten 10% besitzen knapp 66% des gesamten privaten Vermögens
▪Die untersten 50% besitzen 2.8% des Gesamtvermögens
▪ABER fast die Hälfte der kontaktierten Haushalte verweigerte die Teilnahme UND reiche
Haushalte unterschätzen ihr Vermögen → Fazit: Ungleichheit ist noch größer!!
▪Eine Vermögenssteuer nach dem Piketty-Modell würde 134 Milliarden Euro/Jahr bringen.
➢Gini-Koeffizient des Vermögens (UBS, 2023) = Österreich 0.65, Deutschland 0.68, USA 0.75
➢Große Vermögen entstehen zumeist durch Erbschaften oder Schenkungen (machen den größten
Beitrag mit 38.4% aus; HFCS, 2021)
▪Bedeutung von Immobilien
▪Politische Einflussnahme (!)

25
Q

IST BILDUNG DAS WUNDERMITTEL GEGEN ARMUT?

A

➢Gleichberechtigter Zugang zum Bildungssystem (Privatschulen?, Privatuniversitäten?,
Einschränkung/Abschaffung von Lernmittelfreiheit?, Studiengebühren?)
➢Bildung erhöht Chancen auf Wohlstand ABER Menschen aus wohlhabenden Familien sind auch
bei schlechter Bildung nicht armutsgefährdet!
➢3.2% aller Beschäftigten im Niedriglohnsektor besitzen einen Hochschulabschluss und 12.4%
einen mittleren Qualifikationsabschluss
▪Schule als Armutsfalle: Kinderarmut ⇨ Bildungsarmut
➢Steigende Ungleichheit im Einkommen und Vermögen führt auch zu steigender
Bildungsungleichheit
➢Fazit „Als sozialer Egalisator ist Bildung nur begrenzt geeignet, insbesondere bei einem
mehrgliedrigem Sekundarschulsystem.“ (Christoph Butterwegge, 2024)

➢Dequalifikation bzw. Downgrading bei Menschen aus niedriger sozialen Klasse
▪ 10-15% sind für ihre Jobs überqualifiziert (insbesondere Frauen mit Matura
und Akademikerinnen und Migranten und Migrantinnen)
▪ Sortierungseffekte bei steigender Arbeitslosigkeit
➢Einfach zum Nachdenken:
➢Bildung als Menschenrecht versus ‚Numerus Clausus‘ und
‚Studienaufnahmetests‘?
➢Bildungsarmut ⇨ Zwei-Klassenbildung, Privatisierung von Bildung und
Bildungsinflation?
➢Einführung eines Bildungs-GINI?