VL 8: Wahrnehmung 5 - visuelle Vorstellung Flashcards
Definieren Sie visuelle Vorstellung.
= Fähigkeit, in der Abwesenheit des adäquaten visuellen Reizes eine interne Repräsentation zu erzeugen, die statt des Reizes kognitiven Funktionen zur Verfügung steht
- ermöglicht kognitive Flexibilität & intelligentes Verhalten
→ Planung, was-wäre-wenn-Fragen,
→ Kreativität
→ Zugriff auf Information im Gedächtnis,…
Pro: Wie können Sie experimentell zeigen, dass visuelle Vorstellungen ähnliche Eigenschaften haben wie visuelle Wahrnehmungen? (Perceptual Anticipation Theory)
mentale Rotation
Aufgabe: VP soll so schnell wie möglich rechten Hebel drücken, wenn beide Figuren identisch & linken Hebel drücken, wenn unterschiedlich
UV: identisch vs. unterschiedlich + Rotationswinkel
AV: Reaktionszeit + Korrektheit
-> zunehmende Reaktionszeit bei Abgleichungsaufgaben mit Rotationswinkeln
-> mentale Rotation entspricht der Wahrnehmung einer Rotation
Pro: Was ist Imagine Scanning?
mentale Reise
- Aufgabe: Mental eine (gelernte) Landkarte vorstellen, und auf dieser versch. Strecken zwischen Orten zurücklegen
- auf einer mental vorgestellten Karte nimmt die Zeit des mentalen Wanderns proportional zur Entfernung der Orte zu
-> Mentale Vorstellung funktioniert wie Wahrnehmung auf Basis einer bildlichen Repräsentation
Pro: Paradigma der binokularen Rivalität (Studie von Pearson, Clifford & Tong 2008)
Unterschiedliche Reize werden augenspezifisch gleichzeitig präsentiert
AV: perzeptuelle Stabilität (wenn dasselbe Bild vor und nach der Internvention berichtet wird)
Ablauf:
1) Visuelle Stimulation & Bericht des Perzepts(0.75s)
2) Interventionsperiode (10s)
- Passives Abwarten, oder
- Mentale Vorstellung eine der beiden möglichen Perzepte(grünes vertikales oder rotes horizontales Gitter)
3) Visuelle Stimulation & Bericht des Perzepts(0,75s)
Ergebnisse:
- Wenn das imaginierte Bild dem vorher berichteten (dominanten) entspricht, wird es nun wahrscheinlicher berichtet
- Wenn das imaginierte Bild dem vorher nicht berichteten (unterdrücken) entspricht, wird es nun wahrscheinlicher gesehen
-> Grad perzeptueller Stabilität (gleiches Perzept vor und nach der Intervention) hängt von der mentalen Vorstellung ab
-> Visuelle Vorstellung und Wahrnehmung interagieren über ähnliche Repräsentationen
Pro: Nennen Sie eine empirische Evidenz, die die Interferenzeffekte zwischen visueller Wahrnehmung & Vorstellung verdeutlicht.
-> Doppelaufgabe in Studie von Baddeley & Andrade (2000)
- Aufgabe: VP soll visuelles/auditives Muster merken & Klarheit einschätzen, dabei räumlich-visuelle/ auditive Aufgabe
- AV: Bewertung der Lebendigkeit der Vorstellung in Aufgabe 1
-> Lebendigkeit der Vorstellung nimmt spez. ab, wenn die 2. Aufgabe ähnliche Prozesse in Anspruch nimmt
-> visuelle Vorstellung & Wahrnehmung interagieren über ähnliche Repräsentationen
Was war der Gegenstand der sog. Imagery Debatte zw. Kosslyn & Pylyshyn?
Kosslyn:
-
Erwartungstheorie: dieselben Prozesse aktiv bei visueller Vorstellung & Erwartung
-> visuelle Wahrnehmung beinhaltet bildhafte Repräsentationen
-> dieselben kognitiven & neuronalen Module werden benutzt
Pylyshyn
-
Propositionale Theorie: visuelle Vorstellung ist nicht bildlich, sondern propositional
-> Vorstellung beruht auf propositionalem Wissen, wie die Welt aussehen würde, wenn die Dinge so wären, wie wir sie uns vorstellen
Was sind mentale Repräsentationen nach Pylyshyn?
= internale kognitive symbolische Repräsentationen von Aspekten der externalen Realität
- symbolische Repräsentationen sind Propositionen (Aussagen, die wahr oder falsch sein können)
- Theorien des Embodied Cognition: Kategorien/Konzepte werden nicht mithilfe abstrakter Symbole sondern mithilfe modaler Repräsentationen (perceptual symbols) gespeichert
-> Evidenzen z.B. aus der Sprachverarbeitung:
Lesen von Wörtern aktiviert spezifische perzeptuelle und motorische Areale
Pro: Neuronale Implementation (O`Craven & Kanwisher, 2000)
Hypothese: spezifisch ähnliche Gehirnaktivität für Vorstellung und Wahrnehmung
Beobachtung: Bei Wahrnehmung sowie visueller Vorstellung sind spezifisch ähnliche Regionen aktiv
- Gesichter=> FFA = fusiform facearea
- Szenen => PPA = parahippocampal place area
-> visuelle Wahrnehmung und mentale Vorstellung benutzen dieselben neuronalen (und kognitiven) Prozesse
Contra: Neuronale Implementation & Dissoziation (kognitive Neurowissenschaften, Ganis et al., 2004)
bildgebende Studie die Gehirnaktivierungen bei Wahrnehmung vs. Vorstellung vergleicht
a) und b): keine Aktivierungsunterschiede in eher frontalen Bereichen
c) deutliche Aktivierungsunterschiede
in frühen visuellen Arealen
-> große Zahl an Unterschieden in Aktivität und Konnektivität von Gehirnregionen
Contra Neuropsychologie: Aphantasie. Was ist das?
= Beeinträchtigung der mentalen Vorstellung
- Hauptsymptom ist eingeschränkte Klarheit der visuellen Vorstellung
- erfasst durch Selbstberichte wie den Vividness of Visual Imagery Questionnaire (VVIQ)
- teilweise können Aufgaben zur visuellen Vorstellung (wie die zur mentalen Rotation) gelöst werden
- Schätzungen der Prävalenz liegen bei ca. 4%
Contra: Phänomenologie
Visuelle Vorstellung ist nicht so detailreich und scharf wie Wahrnehmung
- Vergleich mit unscharfen Fotos: Vorstellungen enthalten oft einfache Figuren, denen wichtige Details fehlen.
Informationen in der Vorstellung werden anders verarbeitet
- Beispiel: Mentale Rotation führt nicht zur Re-Interpretation ambiger Bilder wie in der Wahrnehmung