Tötungsdelikte Flashcards
Qualifikationstheorie (Verhältnis der TötungsdelikteT)
§ 212 = GrundTB, § 211 = Qualifikation,§ 216 = Privilegierung
Mordmerkmale wirken strafschärfend
- Gesetzessystematik: § 211 ist vorsätzliche Tötung unter erschwerenden, §§ 216 ff unter priviligierenden Umständen
- Unterschied von § 211 und 212 StGB ist nur die Verwirklichung der Mordmerkmale
- “Mörder” und “Totschläger” entstammen der heute abgelehnten Lehre vom Tätertyp (§ 211 in “heutigen” Fassung aus 1941)
- Widersprüchlichkeit der Rspr. iRd gekreuzten Tätermerkmale Versagung der Strafmilderung gem. § 28 I StGB beim Teilnehmer ist zwar im Ergebnis richtig, kann aber dogmatisch nur über § 28 II StGB hergeleitet werden!!
Selbständigkeitstheorie (Verhältnis der Tötungsdelikte)
§§ 212, 211, 216 sind selbständige Tatbestände. Die Mordmerkmale wirken strafbegründend
I. Die Unterscheidung ist schon im Gesetz angelegt (“Mörder”, “Totschläger”)
II. Der Mörder lädt nicht nur mehr Schuld auf sich als ein Totschläger (dann Qualifikation), sondern begeht wegen der im Gesetz aufgeführten Begehungsweisen eine andere Straftat –> Mord
III. Systematik des Gesetzes: Qualifikation steht normalerweise hinter dem Grunddelikt!
Aufbau Mord (Selbsständigkeitstheorie)
I. Obj. TB
- Tod eines anderen
- Kausalität und Zurechenbarkeit von Handlung und Tod
- Obj. Mordmerkmale (2. Gruppe)
II. Subj. TB
- Dolus evt. bzgl Tatbestand
- Absichtsmerkmale (3. Gruppe)
- Motivmerkmale (1. Gruppe)
–> Vorliegen eines Mordmerkmals egal aus welcher Gruppe genügt.
Mordmerkmale
I. Objektive Mordmerkmal (2. Gruppe) –> Obj. Tatbestand
- Heimtücke
- Grausam
- Gemeingefährliche Mittel
II. Absichtsmerkmale (3. Gruppe) –> Subj. TB
- Ermöglichungsabsicht
- Verdeckungsabsicht
III. Motivmerkmale (Gruppe 1) –> Subj. TB
- Mordlust
- Zur Befriedigung des Geschlechtstriebs
- Habgier
- Sonstige niedrige Beweggründe
Heimtücke
Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt, wobei das Ausnutzen einer vorgefundenen Situation genügt.
- Arglos:
Wer sich in der konkreten Tatsituation, dh bei Eintritt in das Versuchsstadium, eines Angriffes auf sein Leben oder eines erheblichen Angriffs auf seine körperliche Unversehrtheit seitens des Täters nicht versieht - Wehrlos: Wer auf Grund der Arglosigkeit zu einer Verteidigung außer Stande oder stark eingeschränkt ist
- Feindliche Willensrichtung
Korrekturmerkmal auf TB-Ebene in Fällen in denen der Täter glaubt zum Wohle des Opfers zu handeln (Mitleidstötung etc.)
Heimtücke trotz fehlender Arglosigkeit beim Opfer zZT der Tötungshandlung
Grds. muss Arglosigkeit zzT des unmittelbaren Ansetzens vorliegen.
Hiervon werden aber Ausnahmen gemacht:
1. Zeitspanne von Erkennen der Gefahr bis unmittelbaren Angriff ist so kurz, dass dem Angriff nicht mehr begegnet werden kann
- Vollkommen Wehrlose Opfer (Kleinkind/ Schwerbehinderte etc.)
Es genügt das Ausnutzen der Arglosigkeit eines schutzbereiten Dritten anstelle der (nicht gegebenen) Arglosigkeit des Opfers - Von Langer Hand geplante Tötungen
Schafft sich der Täter einen Vorteil in dem er das Opfer zB. in einen Hinterhalt lockt, kann bereits darin die Heimtücke liegen. Es kommt dann nicht mehr auf den Zeitpunkt der Tötungshandlung an.
–> Vom Täter geschaffene Situation muss während der Rechtsgutverletzung fortwirken
Arglosigkeit Schlafender
Das sich arglos schlafenlegende Opfer, nimmt die Arglosigkeit mit in den Schlaf.
Wer sich arglos schlafen legt, sieht von besonderen Sicherungsmaßnahmen ab.
Notwendigkeit einer Einschränkung der Heimtücke
I. Erforderlichkeit auf Grund des Verhältnismäßigkeitsprinzips Heimtücke ist „Waffe der Schwachen“. Der Starke soll nicht besser gestellt werden weil er frontal angreifen kann
II. Aufgrund der Lebenslangen Freiheitsstrafe muss das Unrecht der Tathandlung dem Strafrahmen entsprechen (BVerfG)
Einschränkungen der Heimtücke
I. Literatur: Korrektur auf Tatbestandsebene (Tatbestandslösungen)
- Lehre von der negativen Typenkorrektur
- Zusätzliches Kriterium des bes. verwerflichen Vertrauensbruchs
II. Rspr: Korrektur auf Rechtsfolgenebene
- Grds. Anwendung des § 49 I Nr. 1 StGB
- Aber Ausnahmen über den Normativer Gleichklang von Heimtücke und Notwehrrecht
Lehre von der negativen Typenkorrektur
- Mordmerkmale haben nur indizielle Bedeutung.
Ein nach dem TB verwirklichter Mord ist daher zu verneinen, wenn die Tötungshandlung aufgrund umfassenden Gesamtwürdigung nicht besonders verwerflich erscheint - Kritik
- Es gibt keine festen Maßstäbe für besondere Verwerflichkeit
- Es wird somit Berechenbarkeit und Gleichmäßigkeit der die
Tatbestandsfrage treffenden Rechtsanwendung fraglich
Zusätzliches Kriterium des besonders verwerflichen Vertrauensbruchs
Heimtücke liegt nur vor, wenn durch die Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit auch ein besonders verwerflicher Vertrauensbruch begangen wurde
Kritik:
Dann können sich unbekannte Personen nicht heimtückisch töten
Normativer Gleichklang von Heimtücke und Notwehrrecht
Heimtücke ist normativ im Gleichklang zum Notwehrrecht auszulegen. Bloßes Ausnutzen des Überraschungsmoments genügt nicht.
- Wer Notwehrlagen schafft, also einen Angriff herausfordert, muss mit einem Angriff rechnen und verliert grds. seine Arglosigkeit!
- Irrelevant ob die Grenzen der Notwehr überschritten werden. Es liegt dann Tatbestandsmäßig keine Heimtücke vor!
Heimtücke im Fall des gegenwärtigen erpresserischen Angriffs
Wer durch gegenwärtigen rechtswidrigen erpresserischen Angriff eine Notwehrlage schafft, die nicht nur in der fortwirkenden erpresserischen Dauergefahr sondern darüber hinaus in einer konkreten Tathandlung im Angesicht des Opfers die unmittelbare Verletzung eines beachtlichen Rechtsgutes des Opfers durchführt, fordert einen Angriff heraus
Nach hM genügt aber aufgrund des Gleichklangs von Notwehr und Heimtücke schon die Notwehrlage, also der gegenwärtige rechtswidrige Angriff
Anwendungsbereiche der Rechtsfolgenlösung der Rspr.
- Unverschuldete notstandsbezogene, ausweglos erscheinende Situation
- Große Verzweiflung
- Gerechter Zorn
- Schwere Provokation
- Vom Opfer verursachter und ständig neu angefachter zermürbender Konflikt
- Schwere Kränkungen des Täters durch das Opfer, die das Gemüt immer heftiger bewegen
Grausam
I. Obj.
Tötung unter Herbeiführung besonders starker Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art, die über das zur Herbeiführung des Todes erforderliche Maße hinausgehen
II. Subj.
Wobei der Täter aus gefühlloser oder unbarmherziger Gesinnung gehandelt hat