Rechtfertigung Flashcards

1
Q

Grundsätze der Rechtfertigungsgründe

A
  1. Rechtfertigung des Einen bedeutet Duldungspflicht des anderen
    • -> Keine Rechtfertigung gegen gerechtfertigte Handlung!!
  2. Kein numerus clausus von Rechtsfertigungsgründe
  3. Die gerechtfertigte Tat ist nicht Teilnahmefähig (rechtswidriges Delikt)
  4. Rechtfertigung ist tatbestandsbezogen und teilbar (nur weil er schlagen darf, darf er nicht unbedingt beleidigen/ sachbeschädigen etc.)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Allg. Prüfungsschema der Rechtfertigungsgründe

A
  1. Liegt überhaupt eine Rechtfertigungsnorm vor?
    Muss einen Konflikt regeln: Wenn (= Lage), dann (= Handlung))
  2. Obj. Rechtfertigungstatbestand
    a. Vorliegen der Konfliktlage
    b. hierdurch gerechtfertigte Eingriffshandlung (Handlungsbefugnis)
    c. Sozialethische Schranken (zumindest ungeschrieben Schranken)
  3. subjektiver Rechtfertigungstatbestand: (str.)
    - Wortlaut: („um“)
    - Handlungs- und Erfolgsunrecht. Beseitigung des Handlungsunrecht erfordert „gute Tat“
    a. Kenntnis der obj. Rechtfertigungslage
    b. Rechtfertigungswille
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Auswirkung fehlenden subjektiven Rechtfertigungselement

A

zT.: Keine Rechtfertigung! Subj. Element ist notwendig!
hM.: Lehre vom Erfolgs- und Handlungsunrecht
–> Handeln ohne Willen beseitigt nur das Erfolgsunrecht, nicht das Handlungsunrecht
–> Rechtswidrige Handlung ohne Erfolg = Versuch analog!!!
–> Fahrlässige Handlung kennt keinen Versuch = gerechtfertigt!!

Streitentscheid:
Keine Bestrafung desjenigen, der erlaubten Erfolg herbeiführen sollte. Das Handlungsunrecht bleibt aber strafwürdig.
–> Unterschied zwischen Handlungs- und Erfolgsunrecht einzige Erklärung für Strafmilderung nach § 23 II StGB
–> Vergleichbarkeit zum Versuch dogmatisch überzeugend
–> Harmonie zur Unkenntnis tatbestandsausschließenden Einverständnisses (nach hM hier Versuchsstrafbarkeit)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Prüfungsreinfolge von Rechtfertigungsgründen

A
  1. Spezialgesetzt (spezielle Rechtfertigungsgründen, vor allgemeinen)
  2. Innerhalb ähnlicher Rechtfertigungsnormen, die mit den
    weitreichendsten Eingriffsbefugnissen
  3. Bei gleichen Eingriffsbefugnissen, die mit den geringeren
    Vorrausetzungen

P: Nichterfülltes Spezialgesetz
–> allg. Vorschrift würde das Spezialgesetz umgehen
–> aber, Rechtfertigung der Handelnden Person („wenn nicht als
Polizist, dann als Mensch“)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Rechtfertigung staatlichen Handelns

A

–> str. ob staatliche Stellen sich im Rahmen der Dienstausübung auf allg. Rechtfertigungsgründe des StGB berufen können

eA.: Nein. Rückgriff = Unterlaufen öff-rechtl. Vorschriften (lex spec.)

aA.: Rechtfertigung nur im Rahmen des Strafrechts, nicht öff. rechtl.

hM.: Anwendbar. Dienstliche Charakter der Rechtsgutverletzung schließt strafrechtlicher Rechtfertigungsgründe nicht aus.

–> Polizist kein Bürger minderen Rechts! Was jedem Bürger zusteht (§ 32, 34 etc.) steht auch dem Polizisten zu

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Notwehr - Prüfungsschema

A
  1. objektive Notwehrlage: Gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff
    a) Angriff
    b) Gegenwärtigkeit
    c) Rechtswidrigkeit
    - -> nach ex post Betrachtung! (Muss tatsächlich vorgelegen haben)
  2. Notwehrhandlung
    a) Erforderlichkeit
    b) Gebotenheit/sozialethische Einschränkungen
  3. Subjektives Rechtfertigungselement: Verteidigungswille
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Angriff (iSd § 32 StGB)

A

Jede Bedrohung rechtlich geschützter Interessen durch menschliches Verhalten.

  • Fahrlässigkeit genügt (auch schutz vor fahrlässigem handeln)
  • Handlung oder Unterlassen notwendig

Verhalten mit Handlungsqualität.
Eine Handlung im strafrechtlichen Sinne ist jedes menschliche, vom Willen getragene Verhalten mit Außenwirkung.
(Nicht von Schlafenden etc.)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Gegenwärtig (iSd § 32 StGB)

A

Ein Angriff der

  • unmittelbar bevorsteht
    • -> kann unmittelbar in Verletzung umschlagen
  • bereits begonnen hat
  • oder noch fortdauert
    • -> noch nicht völlig abgewehrt oder,
    • -> noch keine endgültige Rechtsgutsverletzung
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Rechtswidrig (iSd § 32 StGB)

A

Derjenige Angriff, der im Widerspruch zur Rechtsordnung steht bzw. den der Betroffene nicht zu dulden braucht.
–> Eine gerechtfertigte Handlung ist kein Angriff

Maßstab:
hM.: Erfolgsunwert reicht! (Erfolg nicht durch Rechtsnorm gedeckt)
aA.: Erfolgsunwert + (zumdst. sorgfaltswidriger) Handlungsunwert

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Notwehrhandlung - Erforderlichkeit

A
  1. Geeignet den Angriff sofort und endgültig zu brechen
    - -> Zweifelhaft muss nicht gewählt werden
  2. Geringst-möglicher Schaden nach konkreten Umständen
    - -> Das ungefährlichste mehrerer gleich wirksamer Mittel
  3. objektives ex-ante Urteil
    - -> Gerechtfertigt, wenn Handlung auf Grund der erkennbaren Umstände aus der objektiven ex ante Sicht erforderlich schien, selbst wenn Umstände eigentlich anders

–> Keine Güterabwägung. Fraglich ist nur ob die Handlung gerechtfertigt war. Das Folgenrisiko trägt der Angreifer!

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Drittwirkung der Notwehr

A

zT.: Anexkompetenz (BGH, 2013)
Grds. keine Drittwirkung. Anders wenn Abwehr der Gefahr untrennbar mit Gefährdung des fremden Rechtsguts verbunden ist.
Sonst könnte im Rahmen der Güterabwägung der Notstandsregelung ein Verzicht auf Notwehr die Folge sein!

hM.: Drittwirkung (-)
Das Eigentum des Dritten ist nicht weniger Schützenwert weil es für einen rechtswidrigen Angriff benutzt wird.

–> Aber: Nut wer die Rechtsordnung verlässt, verliert ihren Schutz. Der Dritte hat dies nicht.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Verteidigungswille (iSd § 32 StGB)

A

Rspr: Kenntnis der obj. Rechtfertigungslage + Abwehrwille

  • -> Wortlaut des § 32: „um“: Der Rechtsverletzung entgegentreten
  • -> Verteidigungswille neben anderen Motiven nicht ganznebensächlich

Lit. (Pohl): Kenntnis der obj. Rechtfertigungslage genügt
Kenntnis = Vorsatz rechtmäßig zu handeln. Dieses Bewusstsein genügt zur Beseitigung des Handlungsunwertes

Streitentscheid: Lit
Zwar „um“, würde aber zu Gesinnungsstrafrecht führen. Wer sehenden Auges Erlaubtes tut, darf nicht für eine „falsche Einstellung“ bestraft werden

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Einschränkung der Notwehr

A

Grds.: Schneidiges Notwehrrecht
Notwehr kennt keine Verhältnismäßigkeitsprüfung/ Güterabwägung.
–> Erforderliche Handlung rechtfertigt jedes Ergebnis
–> Aber: Sozialethische Gründe (ungeschriebene Schranken)

  1. Abgestufte Notwehrrecht
    - Bagatellangriff
    - Angriffe schuldlos Handelnder
    - Angriffe bei engen persönlichen Beziehungen
    - vorwerfbares Vorverhalten
  2. Notwehr gänzlich ausgeschlossen
    - Absichtsprovokation
    - Krasses Missverhältnis von verteidigtem zu verletzten Interesse
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

Abgestuftes Notwehrrecht

A
  1. Ausweichmöglichkeiten nutzen
  2. Schutzwehr, d.h. sich verteidigen
  3. Trutzwehr, d.h. zum Angriff übergehen

Übergang zum nächsten Punkt nur wenn notwendig.
- Zurückhaltung größer, je größer der Vorwurf ist
- Überspringen eines Punktes wenn irreparable Schäden und Tot
drohen (diese müssen nicht geduldet werden)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Angriff schuldlos irrender

A

Unterform des Schuldlos Handelnden –> Einschränkung der Notwehr

  1. Aufklärung vor Verteidigung, wenn kein Preisgabe wesentlicher berechtigter eigener Interessen
  2. Kein Recht zur Gewaltanwendung (“frei machen“) auch bei fehlender sofortiger Aufklärungsmöglichkeit
    • -> Kein Grund zur Körperverletzung, wenn nur kurze Freiheitsentziehung bis zur Sachaufklärung zu befürchten ist

–> Erkennbarkeit der Situation aus objektiver Ex Ante Sicht

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

vorwerfbares Vorverhalten

A

Kausales vorwerfbares Vorverhalten, dass den späteren Angriff in seiner Art und Intensität als adäquate Folge der Pflichtverletzung erscheinen lässt. (Abgrenzung zur Absichtsprovokation)

  • Gerechtfertigtes Verhalten ist nicht vorwerfbar
  • Jede Sorgfaltspflichtverletzung ist vowerfbar

hM.: objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei obj. Vorhersehbarkeit
mM.: Strafbares Handeln

Zu rechtfertigendes Verhalten muss allerdings in Sachzusammenhang zum ursprünglichen Geschehen stehen.

  • -> enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang
  • -> andauerndes Gesamtgeschehenn
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
17
Q

Absichtsprovokation

A

Handlung gerade um einen Angriff zu provozieren, um sich dann zu „wehren“.

T.A.: Das Recht bleibt in beschränktem Umfang bestehen.

H.M.: das Notwehrrecht entfällt.
Der Betroffene verhält sich bei der Berufung auf das Notwehrrecht rechtsmissbräuchlich. Er ist in Wahrheit der Angreifende und ihm fehlt der Verteidigungswillen.

Der Betroffene missbraucht den „Deckmantel der Notwehr um selbst in die Offensive zu gehen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
18
Q

Abwehrprovokation

A

Angreifer erwartete den Angriff und hat sich zur Abwehr unverhältnismäßig stark ausgerüstet!

–> zB.: Prügelei erwartet und Messer eingesteckt oÄ.

hM.: keine Einschränkung des Notwehrrechts!

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
19
Q

Nothilfe

A

§ 32 II StGB am Ende –> Verteidigung fremder Individualrechtsgüter

–> Auch gegen Störer einer Rettungshandlung! Wer eine Rettungshandlung greift den zu Rettenden an!

Ausbau und Prüfung wie Notwehr!

Aber: Wirksamem Verzicht (disponibles Rechtsgut) des Opfers
Kein Aufdrängen der Nothilfe: Wer sich nicht helfen lassen will, dem darf nicht geholfen werden. Eigenverantwortlichkeit des Opfers!!

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
20
Q

Staatsnothilfe

A

Für die Wahrung der öffentlichen Ordnung sind ausschließlich die staatlichen Organe zuständig.

–> Rechtsgüter der Allgemeinheit sind nicht Notwehrfähig. Die Allgemeinheit ist kein „anderer“

Begründung:

  • Notwehr bewahrt zwar das Recht, aber nur das Individualrecht
  • Gewaltsame Verteidigung da, wo kein einzelner der Verteidigung bedarf ist zu gefährlich!

Ausnahmsweise zulässigkeit (subisiäre) wenn:

  • Verteidigung existentieller staatlicher Gütera
  • deren Schutz die staatlichen Organe nicht gewährleisten können
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
21
Q

Der Rechtfertigende Notstand - Grundsätze

A

§34 schützt alle Individualrechtsgüter

Grundgedanke: Die Interessen- und Güterabwägung von einander
gegenübertretenden Interessen.

 --> rechtfertigt auch den Eingriff in fremde Rechtsgüter!

§§904, 228 BGB lex speziales zum §34 und vorrangig zu prüfen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
22
Q

Rechtfertigender Notstand - Prüfungsschema

A
  1. Notstandslage: gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr für ein Rechtsgut
    a) Gefahr
    b) Gegenwärtigkeit
  2. Notstandshandlung
    a) Nicht anders abwendbar
    b) Interessenabwägung
  3. Angemessenheit, § 34 S. 2
  4. Rechtfertigungswille
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
23
Q

Gefahr (iSd § 34 StGB)

A

Jede auf tatsächlichen Umständen gegründete Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für ein beliebiges schutzwürdiges Rechtsgut

–> beinhaltet Rechtsgüter der Allgemeinheit, Schutz vor Unverhältnismäßigkeit durch Güterabwägung.

–> Die Abstrakte auch unwahrscheinliche Gefahr genügt, solange die Handlung sofort vorgenommen werden musste

–> Keine Rechtswidrigkeit/ Vorwerfbarkeit notwendig

–> Prüfung aus obj. ex ante Sicht! Im Rahmen des Notstandes ist die Gefahr eine Prognose. Kein Änderung durch nachträgliche Feststellung, dass die Gefahr nicht eingetreten wäre!

24
Q

Gegenwärtigkeit (iSd § 34 StGB)

A

Eine Gefahr die in einem bestimmten Augenblick, alsbald oder über einen längeren Zeitraum - auch wiederholt - jederzeit in einen Schaden umschlagen kann.

Der Schadenseintritt kann unmittelbar oder zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein, solange sofortiges Handeln notwenig ist (sog. Dauergefahr).

Beurteilung aus der ex ante Sicht

25
Q

Nicht anders abwendbar (iSd § 34 StGB)

A
  • in der konkreten Situation
  • das objektiv zur Gefahrenabwehr geeignete
  • und auch relativ mildeste Mittel

–> objektive ex ante Sicht!

Hilfe durch die Obrigkeit oder Dritte ist vorrangig in Anspruch zu nehmen.

26
Q

Kriterien der Interessenabwägung (§ 34 StGB)

A
  1. Rangverhältnis der betroffenen Rechtsgüter
    (Indiz = Gesetzl. Strafandrohung)
  2. Grad der drohenden Gefahr (abstrakt, konkret, akut)
  3. Intensität und Umfang des drohenden Schadens und der erforderlichen Verletzung
  4. Konkrete Rettungschance
  5. § 228 StGB analog: Anteil des Betroffenen an der Notstandslage

–> Keine Abwägung Leben gegen Leben (hM: auch nicht bei § 228)

27
Q

Die Angemessenheitsklausel (§ 34 2 StGB)

A

Prüfung im Rahmen der sozialethischen Gesamtbetrachtung:

  1. Verstöße gegen oberste Rechtsprinzipien
    - -> immer wenn lex speziales für den Fall besteht (Folterverbot etc)
  2. Nötigungsnotstand
    - -> hM: sonst Abschnitt der Notwehrhandlungen. Über § 35 StGB!
  3. Besondere Duldungspflichten des Täters
  4. Autonomieprinzip
    Eingriffe in unantastbare Freiheitsrechte des Betroffenen (Beispiel: kein Zwang zur Blutspende, da Art. 1 Abs. 1 GG). Ausnahme wenn Eingriff Gering und Erfolg enorm!
28
Q

Nötigungsnotstand

A

–> A zwingt B Rechtsgüter des C zu bedrohen. Rechtfertigung des B?

Anwendbarkeit des § 34 StGB
eA.: § 34 StGB (+)
- Ursprung der Gefahr ist im Rahmen des Notstandes egal (Gefahr ist Gefahr). Schutz des C im Rahmen der Abwägung!
- Begrenzung der Notstandsbefugnis nur dort, wo hochrangige Individualrechtsgüter bedroht werden

hM.: § 34 StGB (-), Lösung über § 35 StGB

  • Abschnitt des Notwehrrechtes gegenüber C (da gerechtfertigt)
  • Strafbarkeitslücken für Hintermanns aufgrund der Rechtfertigung
29
Q

Defensiv- und Aggressivnotstand

A

§§904, 228 BGB sind spezielle Ausprägungen des rechtfertigenden Notstandes und vorrangig zu prüfen. Sie greifen, wenn eine Sache beschädigt oder zerstört wird:

(1) weil von dieser die Gefahr ausgeht (§ 228)
(2) wenn diese zur Abwehr einer Gefahr zerstört wird (§ 904).

30
Q

Defensivnotstand - Prüfung

A

228 BGB
I. Notstandslage:
Drohende Gefahr durch eine fremde Sache für ein Rechtsgut
(Nothilfe zugelassen)

II. Notstandshandlung:
Beschädigung oder Zerstörung der Sache, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist. („Erforderlichkeit der Notstandshandlung“ = „Gefahr nicht anders abwendbar“ in § 34)

III. Abwägung:
Der Schaden an der Sache darf nicht außer Verhältnis zu dem Schaden stehen, der dem betroffenen Rechtsgut droht.

IV. subjektives Rechtfertigungselement:
Gefahrabwehrwille

31
Q

Aggressivnotstand - Prüfung

A

904 BGB
I. Notstandslage: Gegenwärtige Gefahr für ein Rechtsgut
II. Notstandshandlung:
1. Beeinträchtigung einer fremden Sache, die die Gefahr nicht ausübt.
2. Notwendigkeit der Beeinträchtigung (Kein anderes taugliches und milderes Mittel)

III. Abwägung:
Drohender Schaden unverhältnismäßig größer (Geschütztes Interesse überwiegt wesentlich)

IV. Angemessenheitsklausel gem. § 34 S. 2 analog
Notstandsbegrenzendes Korrektiv, sozialethische Schranken
(Keine erweiterten Eingriffsbefugnisse i.V.m. §34)

V. subjektives Rechtfertigungselement: Gefahrabwaehrwille

32
Q

Das Festnahmerecht - Prüfung

A
  1. Rechtfertigungslage
    a. Festzunehmender auf frischer Tat betroffen oder verfolgt
    Strittig ob dringender Tatverdacht genügt (Rspr.). Da genug für §127 II StPO, muss er logisch auch für den §127 I genügen.
    b. Fluchtgefahr (§ 112) oder Identität nicht sofort feststellbar
  2. Rechtfertigungshandlung:
    Verhältnismäßig
    Festnahme = geeignet, erforderlich, angemessen i. V. zu den Folgen
    –> Grundsätzlich nur Freiheitsberaubung, Nötigung und die dafür unmittelbar erforderliche Gewaltanwendung.
    –>Keine Verletzung von Leib oder Leben des Betroffenen.
  3. Rechtfertigungswille:
  4. Handeln in Festnahmeabsicht
33
Q

Tat (für §127 I StPO)

A

Jede Straftat, die sich zumindest im Versuchsstadium befindet. Eine
Ordnungswidrigkeit ist nicht ausreichend

34
Q

Dringender Tatverdacht

A

Nachäußeren erkennbaren Umständen drängt sich für den verständigen Beobachter eine Straftat auf, auch wenn diese in Wirklichkeit nicht gegeben ist.

35
Q

Auf frischer Tat

A

eA.:

  • Tatsächlich begangene Tat. rechtswidrig + grds. schuldhaft)
  • Dringender Tatverdacht genügt nicht
  • -> Schutz der Notwehrrecht von Unschuldigen
  • -> Beachte: Versuch = Straftat!

aA.:

  • dringender Tatverdacht muss genügen
  • dem öffentliche Funktionen wahrnehmenden darf nicht die Gefahr des unschuldigen Irrtums aufgebürded werden

„frisch“ = unmittelbarem örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht.

36
Q

Die Einwilligung

A

Spezieller Rechtfertigungsgrund:
In die Verletzung jedes disponiblen Rechtsguten kann eingewilligt werden!!
–> Gilt nicht nur im Rahmen der §§ 223 ff
–> Rechtfertigen die jeweilige Straftat

Rechtfertigt auch Fahrlässiges Handeln
–> Fahrlässigkeit = Minus zum Vorsatz.

37
Q

Die Rechtfertigende Einwilligung - Prüfung

A

I. Rechtfertigungslage

  1. Disponibles Rechtsgut
  2. Verfügungsberechtigung des Einwilligenden
  3. Einwilligungsfähigkeit
  4. Einwilligung vor Tat erklärt und bestand zum Zeitpunkt der Tat
  5. Keine wesentlichen Willensmängel der Einwilligung

II. Rechtfertigungshandlung
Keine Sittenwidrigkeit der Tat, in die eingewilligt wird

III. Subjektives Rechtfertigungselement
Handeln in Kenntnis und aufgrund der Einwilligung

38
Q

Disponibles Rechtsgut

A

Ein Rechtsgut auf das verzichtet werden kann.

Nicht disponibel ist das Leben (§216). Alle anderen Rechtsgüter sind disponibel

39
Q

Verfügungsberechtigung des Einwilligenden

A

Der Einwilligende muss Rechtsträger des beeinträchtigten Rechtsgutes sein. Dies ist nicht der Fall, wenn es sich um Rechtsgüter Dritter oder der Allgemeinheit handelt

Verweigert der Rechtsträger die Einwilligung, sperrt dies alle anderen Rechtsfertigungsgründe!! (Wer sich nicht helfen lassen will)

40
Q

Einwilligungsfähigkeit

A

Die natürliche Einsichtsfähigkeit (geistige und sittliche Reife), nicht die Geschäftsfähigkeit i.S.d. §§ 104 ff. BGB (str.).

P: Einwilligungsfähigkeit von Minderjährigen

41
Q

Einwilligung wurde vor der Tat erklärt und bestand zum Zeitpunkt der Tat

A

Einwilligung in die Tat kann ausdrücklich oder konkludent erklärt werden.

Zum Tatzeitpunkt muss die darf die sich das „Opfer“ nicht umentschieden haben

42
Q

Keine wesentlichen Willensmängel der Einwilligung

A

Die Einwilligung ist ernstlich und frei von Willensmängeln zustandegekommen (nicht auf Zwang, Täuschung o.Ä. beruhend)

Der Einwilligende hat Kenntnis von Bedeutung und Tragweite des Rechtsguteingriffsq

43
Q

Keine Sittenwidrigkeit der Tat, in die eingewilligt wird

A

§228

Kein allgemeines Prinzip, sondern Geltung nur im Rahmen der Körperverletzungsdelikte.

Nicht: Anstandsgefühl der billig und gerecht denkenden! Sondern: Abwägung zwischen Zweck und potentieller Gefährlichkeit!

  • -> je Gefährlicher desto Sittenwidriger
  • -> ein Guter Zweck kann kompensieren!
44
Q

Die mutmaßliche Einwilligung

A

Eine rechtfertigende Einwilligung wäre zulässig gewesen, konnte aber aus tatsächlichen Gründen nicht eingeholt werden.

–> Prüfung des mutmaßlichen Willens des Verletzten.
(Ein geäußerter entgegenstehender Wille, auch unvernünftig, ist immer beachtlich)

Rechtfertigung wenn Mutmaßlicher Wille = Täterhandlung.

45
Q

Mutmaßliche Einwilligung - Prüfung

A

I. Rechtfertigungslage

  1. Dispositionsbefugnis
  2. keine ausdrückliche Einwilligung

II. Rechtfertigungshandlung

1) Handeln entspricht dem mutmaßlichen Willen
2) Prinzip des mangelnden Interesses

III. Kein Verstoß gegen die guten Sitten (nur bei 228 StGB)
IV. Subj. Rechtfertigungselement
1. Absicht im Interesse des Einwilligungsberechtigten zu handeln oder lediglich Kenntnis der Einwilligung (str)
–> Kenntnis reicht, da dann Kenntnis das Handlung im Willen des Einwilligenden ist
2. gewissenhafte Prüfung der für den mutmaßlichen Willen bedeutsamen Umstände

Entscheidender Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen ist der Moment, in dem die Rechtsgutverletzung vorgenommen wird.

46
Q

Fehlen der ausdrücklichen Willenserklärung (mutmaßliche Einwilligung)

A
  • kein entgegenstehender Wille (bekannt/ erkennbar)
  • tatsächlicher Wille konnte nicht rechtzeitig eingeholt werden

nicht rechtzeitig:

  • -> Prüfung der „Eilbedürftigkeit“, ähnlich „Gefahr im Verzug“
  • erhebliche Verschlechterung für das Rechtsgut, oder
  • irreparabler Schaden ist zu erwarten
47
Q

Mutmaßlichen Einwilligung - Ermittlung des mutmaßlichen Willens

A

Berechtigter müsste Vernünftigerweise zum Tatzeitpunkt und in Kenntnis der Sachlage in die Rechtsgutverletzung eingewilligt haben

Ex ante Prüfung nach subj. Verhältnissen des Berechtigten:

  1. persönlichen Umständen des Verletzten
  2. Interessen des Verletzen,
  3. Bedürfnisse des Verletzen
  4. Individuellen Wertvorstellungen des Verletzten
  5. Wünsche des Verletzten

–> Obj. Kriterien sind lediglich Indizien
–> entgegenstehende subj. Tatsachen (auch unvernünftig oÄ.)
maßgebende

48
Q

Mutmaßliche Einwilligung - GoA Prinzip

A

Mutmaßliche Einwilligung (+) wenn:

  • Handeln im Interesse des Rechtsgutträgers
  • Geschütze Interessen überwiegen verletzte Interessen nach obj.
    Anwägung eindeutig
49
Q

Mutmaßliche Einwilligung - Prinzip des mangelnden Interesses

A

a) Vorherige Einwilligung des Rechtsgutträgers nicht erforderlich. Es muss auch nicht probiert werden diese iR der mutmaßlichen Einwilligung einzuholen
b) Fehlen eines schutzwürdigen Interesses des Rechtsgutträgers (z.B. „Geldwechselfall“)

–> Handlung gerechtfertigt

50
Q

Das tatbestandsauschließende Einverständnis

A

Kommt bei allen Tathandlungen in Betracht, deren deliktischer Charakter in einer Handlung gegen oder ohne den Willen des Rechtsgutträgers besteht

Bei einem Einverständnis in den Gewahrsamswechsel liegt keine „Wegnahme“ i.S.d. § 242 Abs. 1 vor

ein „Eindringen“ i.S.d. § 123 setzt notwendig ein Handeln gegen den Willen des Hausrechtsinhabers voraus

–> Liegt ein Einverständnis vor, gibt es keine Straftat

51
Q

Voraussetzungen des tatbestandsausschließenden Einverständnisses

A
  1. TB schließt an die Verletzung der natürlichen Handlungs- und Willensfreiheit bzw. eine faktische Beziehung an
    - -> tatsächlicher Wille genügt = natürliche Willensfähigkeit (Kinder, Betrunkene, Irrende, Getäuschte)
  2. TB schließt an rechtsgeschäftlich bedeutsame Positionen an
    - -> Zustimmung bedarf einer zur Disposition fähigen Person die keinen Willensmängeln unterliegt
52
Q

Unterschied zwischen der Einwilligung und dem tatbestandsauschließende Einverständnis

A

Das tatbestandsausschließende Einverständnis kommt bei Tatbeständen in Betracht, deren deliktischer Charakter ein Handeln gegen oder ohne den Willen des Rechtsgutsträgers voraussetzen.

Die rechtfertigende Einwilligung spielt eine Rolle, wo der entgegenstehende Wille des Rechtsgutsinhabers nicht Bestandteil eines Tatbestandsmerkmals ist.

53
Q

Einwilligung in eine Schlägerei/ Prügelei

A
  • Kein konkludentes einlassen: kein Wille geprügelt zu werden!
  • Explizites Einlassen ohne Willensmiängel ist möglich

–> Benötigt aber das sich unterwerfen eines Regelwerkes etc.!

Aber BGH: Schlägerei ist grds. Sittenwidrig!!

Ausn.: Bedingungen die den Grad der Gefährlichkeit begrenzen
–> Sicherstellung der Einhaltung der Bedingung (effektive
Eindämmung)

54
Q

Rechtfertigung der schweren Folgen einer Schlägerei

A

schwere Folge = objektive Bedingung der Strafbarkeit, die die besondere Gefährlichkeit der Schlägerei zu Ausdruck bringt

  • -> Eintritt der schweren Folge indiziert Verantwortlichkeit/ Strafbarkeit etc.
  • -> Tatsächliche Vorwerfbarkeit muss nicht vorliegen (sogar der mit der schweren Folge kann aus §231 bestraft werden
  • -> Strafbarkeitsvorwurf liegt in der Beteiligung, die muss gerechtfertigt werden
55
Q

Einverständnis in §§ 242 und 248 b StGB

A

§ 242 StGB - natürlicher Wille
–> es geht um das Gewahrsam! Dieses ist die tatsächliche Beziehung zu einer Sache und wird vom natürlichen Willen getragen

§ 248 b StGB - str.

  • eA.: Geht um Gerbrauchsrecht, nicht nur tatsächlichen Gebrauch
  • -> Übertragung von Gebrauchsrecht nur per Rechtsgeschäft
  • -> Bedarf somit des wirksam gebildeten Willens
  • aA.: natürlicher Wille (Pohl)
  • -> 248 b StGB = formell subsidär zum 242 StGB (keine Zueigenugnsbasicht) –> Einwilligung kann nicht schwere sein
  • -> Ähnlichkeit von 248 b und 242 - beide brauchen Gewahrsam
  • -> das Leihen von zB Fahrrädern muss für Kinder straflos sein