Rechtfertigung Flashcards
Grundsätze der Rechtfertigungsgründe
- Rechtfertigung des Einen bedeutet Duldungspflicht des anderen
- -> Keine Rechtfertigung gegen gerechtfertigte Handlung!!
- Kein numerus clausus von Rechtsfertigungsgründe
- Die gerechtfertigte Tat ist nicht Teilnahmefähig (rechtswidriges Delikt)
- Rechtfertigung ist tatbestandsbezogen und teilbar (nur weil er schlagen darf, darf er nicht unbedingt beleidigen/ sachbeschädigen etc.)
Allg. Prüfungsschema der Rechtfertigungsgründe
- Liegt überhaupt eine Rechtfertigungsnorm vor?
Muss einen Konflikt regeln: Wenn (= Lage), dann (= Handlung)) - Obj. Rechtfertigungstatbestand
a. Vorliegen der Konfliktlage
b. hierdurch gerechtfertigte Eingriffshandlung (Handlungsbefugnis)
c. Sozialethische Schranken (zumindest ungeschrieben Schranken) - subjektiver Rechtfertigungstatbestand: (str.)
- Wortlaut: („um“)
- Handlungs- und Erfolgsunrecht. Beseitigung des Handlungsunrecht erfordert „gute Tat“
a. Kenntnis der obj. Rechtfertigungslage
b. Rechtfertigungswille
Auswirkung fehlenden subjektiven Rechtfertigungselement
zT.: Keine Rechtfertigung! Subj. Element ist notwendig!
hM.: Lehre vom Erfolgs- und Handlungsunrecht
–> Handeln ohne Willen beseitigt nur das Erfolgsunrecht, nicht das Handlungsunrecht
–> Rechtswidrige Handlung ohne Erfolg = Versuch analog!!!
–> Fahrlässige Handlung kennt keinen Versuch = gerechtfertigt!!
Streitentscheid:
Keine Bestrafung desjenigen, der erlaubten Erfolg herbeiführen sollte. Das Handlungsunrecht bleibt aber strafwürdig.
–> Unterschied zwischen Handlungs- und Erfolgsunrecht einzige Erklärung für Strafmilderung nach § 23 II StGB
–> Vergleichbarkeit zum Versuch dogmatisch überzeugend
–> Harmonie zur Unkenntnis tatbestandsausschließenden Einverständnisses (nach hM hier Versuchsstrafbarkeit)
Prüfungsreinfolge von Rechtfertigungsgründen
- Spezialgesetzt (spezielle Rechtfertigungsgründen, vor allgemeinen)
- Innerhalb ähnlicher Rechtfertigungsnormen, die mit den
weitreichendsten Eingriffsbefugnissen - Bei gleichen Eingriffsbefugnissen, die mit den geringeren
Vorrausetzungen
P: Nichterfülltes Spezialgesetz
–> allg. Vorschrift würde das Spezialgesetz umgehen
–> aber, Rechtfertigung der Handelnden Person („wenn nicht als
Polizist, dann als Mensch“)
Rechtfertigung staatlichen Handelns
–> str. ob staatliche Stellen sich im Rahmen der Dienstausübung auf allg. Rechtfertigungsgründe des StGB berufen können
eA.: Nein. Rückgriff = Unterlaufen öff-rechtl. Vorschriften (lex spec.)
aA.: Rechtfertigung nur im Rahmen des Strafrechts, nicht öff. rechtl.
hM.: Anwendbar. Dienstliche Charakter der Rechtsgutverletzung schließt strafrechtlicher Rechtfertigungsgründe nicht aus.
–> Polizist kein Bürger minderen Rechts! Was jedem Bürger zusteht (§ 32, 34 etc.) steht auch dem Polizisten zu
Notwehr - Prüfungsschema
- objektive Notwehrlage: Gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff
a) Angriff
b) Gegenwärtigkeit
c) Rechtswidrigkeit
- -> nach ex post Betrachtung! (Muss tatsächlich vorgelegen haben) - Notwehrhandlung
a) Erforderlichkeit
b) Gebotenheit/sozialethische Einschränkungen - Subjektives Rechtfertigungselement: Verteidigungswille
Angriff (iSd § 32 StGB)
Jede Bedrohung rechtlich geschützter Interessen durch menschliches Verhalten.
- Fahrlässigkeit genügt (auch schutz vor fahrlässigem handeln)
- Handlung oder Unterlassen notwendig
Verhalten mit Handlungsqualität.
Eine Handlung im strafrechtlichen Sinne ist jedes menschliche, vom Willen getragene Verhalten mit Außenwirkung.
(Nicht von Schlafenden etc.)
Gegenwärtig (iSd § 32 StGB)
Ein Angriff der
- unmittelbar bevorsteht
- -> kann unmittelbar in Verletzung umschlagen
- bereits begonnen hat
- oder noch fortdauert
- -> noch nicht völlig abgewehrt oder,
- -> noch keine endgültige Rechtsgutsverletzung
Rechtswidrig (iSd § 32 StGB)
Derjenige Angriff, der im Widerspruch zur Rechtsordnung steht bzw. den der Betroffene nicht zu dulden braucht.
–> Eine gerechtfertigte Handlung ist kein Angriff
Maßstab:
hM.: Erfolgsunwert reicht! (Erfolg nicht durch Rechtsnorm gedeckt)
aA.: Erfolgsunwert + (zumdst. sorgfaltswidriger) Handlungsunwert
Notwehrhandlung - Erforderlichkeit
- Geeignet den Angriff sofort und endgültig zu brechen
- -> Zweifelhaft muss nicht gewählt werden - Geringst-möglicher Schaden nach konkreten Umständen
- -> Das ungefährlichste mehrerer gleich wirksamer Mittel - objektives ex-ante Urteil
- -> Gerechtfertigt, wenn Handlung auf Grund der erkennbaren Umstände aus der objektiven ex ante Sicht erforderlich schien, selbst wenn Umstände eigentlich anders
–> Keine Güterabwägung. Fraglich ist nur ob die Handlung gerechtfertigt war. Das Folgenrisiko trägt der Angreifer!
Drittwirkung der Notwehr
zT.: Anexkompetenz (BGH, 2013)
Grds. keine Drittwirkung. Anders wenn Abwehr der Gefahr untrennbar mit Gefährdung des fremden Rechtsguts verbunden ist.
Sonst könnte im Rahmen der Güterabwägung der Notstandsregelung ein Verzicht auf Notwehr die Folge sein!
hM.: Drittwirkung (-)
Das Eigentum des Dritten ist nicht weniger Schützenwert weil es für einen rechtswidrigen Angriff benutzt wird.
–> Aber: Nut wer die Rechtsordnung verlässt, verliert ihren Schutz. Der Dritte hat dies nicht.
Verteidigungswille (iSd § 32 StGB)
Rspr: Kenntnis der obj. Rechtfertigungslage + Abwehrwille
- -> Wortlaut des § 32: „um“: Der Rechtsverletzung entgegentreten
- -> Verteidigungswille neben anderen Motiven nicht ganznebensächlich
Lit. (Pohl): Kenntnis der obj. Rechtfertigungslage genügt
Kenntnis = Vorsatz rechtmäßig zu handeln. Dieses Bewusstsein genügt zur Beseitigung des Handlungsunwertes
Streitentscheid: Lit
Zwar „um“, würde aber zu Gesinnungsstrafrecht führen. Wer sehenden Auges Erlaubtes tut, darf nicht für eine „falsche Einstellung“ bestraft werden
Einschränkung der Notwehr
Grds.: Schneidiges Notwehrrecht
Notwehr kennt keine Verhältnismäßigkeitsprüfung/ Güterabwägung.
–> Erforderliche Handlung rechtfertigt jedes Ergebnis
–> Aber: Sozialethische Gründe (ungeschriebene Schranken)
- Abgestufte Notwehrrecht
- Bagatellangriff
- Angriffe schuldlos Handelnder
- Angriffe bei engen persönlichen Beziehungen
- vorwerfbares Vorverhalten - Notwehr gänzlich ausgeschlossen
- Absichtsprovokation
- Krasses Missverhältnis von verteidigtem zu verletzten Interesse
Abgestuftes Notwehrrecht
- Ausweichmöglichkeiten nutzen
- Schutzwehr, d.h. sich verteidigen
- Trutzwehr, d.h. zum Angriff übergehen
Übergang zum nächsten Punkt nur wenn notwendig.
- Zurückhaltung größer, je größer der Vorwurf ist
- Überspringen eines Punktes wenn irreparable Schäden und Tot
drohen (diese müssen nicht geduldet werden)
Angriff schuldlos irrender
Unterform des Schuldlos Handelnden –> Einschränkung der Notwehr
- Aufklärung vor Verteidigung, wenn kein Preisgabe wesentlicher berechtigter eigener Interessen
- Kein Recht zur Gewaltanwendung (“frei machen“) auch bei fehlender sofortiger Aufklärungsmöglichkeit
- -> Kein Grund zur Körperverletzung, wenn nur kurze Freiheitsentziehung bis zur Sachaufklärung zu befürchten ist
–> Erkennbarkeit der Situation aus objektiver Ex Ante Sicht
vorwerfbares Vorverhalten
Kausales vorwerfbares Vorverhalten, dass den späteren Angriff in seiner Art und Intensität als adäquate Folge der Pflichtverletzung erscheinen lässt. (Abgrenzung zur Absichtsprovokation)
- Gerechtfertigtes Verhalten ist nicht vorwerfbar
- Jede Sorgfaltspflichtverletzung ist vowerfbar
hM.: objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei obj. Vorhersehbarkeit
mM.: Strafbares Handeln
Zu rechtfertigendes Verhalten muss allerdings in Sachzusammenhang zum ursprünglichen Geschehen stehen.
- -> enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang
- -> andauerndes Gesamtgeschehenn
Absichtsprovokation
Handlung gerade um einen Angriff zu provozieren, um sich dann zu „wehren“.
T.A.: Das Recht bleibt in beschränktem Umfang bestehen.
H.M.: das Notwehrrecht entfällt.
Der Betroffene verhält sich bei der Berufung auf das Notwehrrecht rechtsmissbräuchlich. Er ist in Wahrheit der Angreifende und ihm fehlt der Verteidigungswillen.
Der Betroffene missbraucht den „Deckmantel der Notwehr um selbst in die Offensive zu gehen.
Abwehrprovokation
Angreifer erwartete den Angriff und hat sich zur Abwehr unverhältnismäßig stark ausgerüstet!
–> zB.: Prügelei erwartet und Messer eingesteckt oÄ.
hM.: keine Einschränkung des Notwehrrechts!
Nothilfe
§ 32 II StGB am Ende –> Verteidigung fremder Individualrechtsgüter
–> Auch gegen Störer einer Rettungshandlung! Wer eine Rettungshandlung greift den zu Rettenden an!
Ausbau und Prüfung wie Notwehr!
Aber: Wirksamem Verzicht (disponibles Rechtsgut) des Opfers
Kein Aufdrängen der Nothilfe: Wer sich nicht helfen lassen will, dem darf nicht geholfen werden. Eigenverantwortlichkeit des Opfers!!
Staatsnothilfe
Für die Wahrung der öffentlichen Ordnung sind ausschließlich die staatlichen Organe zuständig.
–> Rechtsgüter der Allgemeinheit sind nicht Notwehrfähig. Die Allgemeinheit ist kein „anderer“
Begründung:
- Notwehr bewahrt zwar das Recht, aber nur das Individualrecht
- Gewaltsame Verteidigung da, wo kein einzelner der Verteidigung bedarf ist zu gefährlich!
Ausnahmsweise zulässigkeit (subisiäre) wenn:
- Verteidigung existentieller staatlicher Gütera
- deren Schutz die staatlichen Organe nicht gewährleisten können
Der Rechtfertigende Notstand - Grundsätze
§34 schützt alle Individualrechtsgüter
Grundgedanke: Die Interessen- und Güterabwägung von einander
gegenübertretenden Interessen.
--> rechtfertigt auch den Eingriff in fremde Rechtsgüter!
§§904, 228 BGB lex speziales zum §34 und vorrangig zu prüfen
Rechtfertigender Notstand - Prüfungsschema
- Notstandslage: gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr für ein Rechtsgut
a) Gefahr
b) Gegenwärtigkeit - Notstandshandlung
a) Nicht anders abwendbar
b) Interessenabwägung - Angemessenheit, § 34 S. 2
- Rechtfertigungswille