StrfR AT Tut (4) - §34-35 Flashcards
“Gefahr” iSd §34 /35
=wenn aufgrund tatsächlicher Umstände im Zeitpunkt der Handlung der Eintritt eines Schadens wahrscheinlich ist.
“Gegenwärtigkeit” iSd §34/ 35
~ ist die Gefahr, wenn sie bei nat Weiterentwicklung alsbald od in nächster Zeit in einen Schaden umschlagen kann
- weiter als “gegenwärtiger Angriff” bei §32
- in der Folge sind auch Dauergefahren erfasst
- ein ex-ante (= Sicht zur Zeit der Rettungshandlung) zu bestimmendes Urteil eines sachkundigen objektiven Beobachters erforderlich ist (str.).
Erforderlichkeit („nicht anders abwendbar“) §34
= jede Verteidigungshandlung, die geeignet ist, die Gefahr sofort und endgültig zu beenden.
- Stehen dem Verteidigenden mehrere, gleich wirksame Mittel zur Verfügung, so muss er das relativ mildeste Mittel wählen.
- Entscheidend ist die objektive Ex-ante-Sicht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls.
- Anders als bei der Notwehr stellt auch das Ausweichen ein milderes Mittel dar (Grund: Das Rechtsbewährungsprinzip hat hier keine Bedeutung).
Interessenabwägung §34
- Abwägung zw Eingriffsinteresse u Erhaltungsinteresse (bei Gleichwertigkeit: entschuldigender Notstand)
a) Abstraktes Rangverhältnis des Eingriffsguts und des Erhaltungsguts:
- Personenwerte vor Sachgüterinteressen
- Leben vor körperlicher Unversehrtheit
- Im Übrigen: Wert des Rechtsguts wird durch die Strafdrohung in dem jeweiligen Straftatbestand indiziert
b) Bewertung von Eingriffsgut und Erhaltungsgut in der konkreten Situation:
- Intensität und Umfang des drohenden Schadens
- Grad der drohenden Gefahr (Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts)
- Eingriff gegenüber Gefahrverursacher (Defensivnotstand); hier sind weitergehende Beeinträchtigungen zulässig als bei Eingriffen gegenüber unbeteiligten Dritten (Aggressivnotstand), da dieser weniger schutzwürdig ist Das Verschulden wird hier in die Abwägung eingestellt.
Angemessenheit §34
- nur in wenigen Situationen von Bedeutung.
a. Tat verstößt gegen Prinzipien der Rechtsordnung:
- Rechtsordnung stellt zur Bewältigung bestimmter Konflikte abschließend rechtlich geordnete Verfahren zur Verfügung (keine Selbsthilfe, wenn Anspruch im Klagewege durchgesetzt werden muss)
- Behebung der Notlage ist Aufgabe der Sozialgemeinschaft.
b. Den Täter treffen besondere Duldungspflichten:
- Hinnahme der Gefahr ist eine vom Gesetzgeber in Kauf genommene Folge einer anderen gesetzlichen Regelung. Bsp.: Der Angreifer hat die Notwehrhandlung des Angegriffenen zu dulden
- Besondere Rechtsstellung kraft Berufes (z.B. Polizist) oder als Garant.
- Verschulden der Notstandslage (str.).
c. Eingriff in unantastbare Rechte des Betroffenen. Bsp.: Niemand kann bei einem Unfall gegen seinen Willen zu einer Blutspende gezwungen werden.
Unterschied Entschuldigungsgrund u Schuldausschließungsgrund (§§19, 20)
- durch einen Entschuldigungsgrund wird nur der
Unrechts- und Schuldgehalt der Tat so weit herabgesetzt, dass die untere Grenze der Strafwürdigkeit nicht mehr erreicht wird. - außergewöhnliche Motivationsdruck macht es dem Täter unmöglich, die Normen der Rechtsordnung zu befolgen.
Notstandsfähige Rechtsgüter i.S.d. § 35 StGB
- Leben (auch Ungeboren)
- Leib (körperl Unversehrtheit)
- Freiheit (körperl Fortbewegungsfreiheit, nicht Willensfreiheit)
Erforderlichkeit §35
Erforderlich („nicht anders abwendbar“) ist wie bei § 34 StGB jede Rettungshandlung, die geeignet ist, die Gefahr sofort und endgültig zu beenden und dabei das relativ mildeste Mittel ist.
persönliche Nähebeziehung §35
- gegenwärtige Gefahr muss sich auf ein geschütztes Rechtsgut des Täters, eines seiner Angehörigen
(§ 11 I Nr. 1 StGB) oder einer dem Täter sonst nahestehenden Person beziehen.
= eine auf Dauer angelegte, persönliche Beziehung, die weit über den üblichen Sozialkontakt hinausgeht.
keine Zumutbarkeit i.S.d. § 35 I 2 StGB
- Es darf in der konkreten Situation keine Gefahrtragungspflicht bestehen.
- Eine solche kann eventuell bestehen, sofern der Täter
die Gefahr selbst verursacht hat. - Auch können besondere Rechtsverhältnisse, wie die eines Polizisten oder Feuerwehrmanns, solche Gefahrtragungspflichten begründen.
Unterschied der Notwehr §32 zu Notstand §34
- kein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff einer anderen Person sondern Notsituation, bei der sich das geschützte RG, dem eine Gefahr droht u das beeinträchtigte RG, in das eingegriffen wird, gegenüberstehen
- Eingriff kann nicht sozrechtl mit dem Rechtsbewährungsprinzip begründet werden
- ausschlaggebend ist individualrechtl Komponente des Schutzes des Erhaltungsinteresses
Nötigungsnotstand in §35 umfasst?
- zB Bedrohung durch Pistole und Zwang ein Fenster einzuwerfen
- hM: Nötigungsnotstand wird von §35 erfasst
- Täter wird durch Gewalt/ Drohung mit ggwärtiger, nicht anders abwendbarer Gefahr für Leben,… zu einer rechtswidrigen Tat genötigt §240
Übergesetzl entsch Notstand
- in bes gelagerten Ausnahmesituationen in engen Grenzehn entschuldigt
- erforderlich ist ein schwerer, rechtl nicht lösbarer Gewissenskonflikt
- Können mithilfe des Notstands § 34 StGB RG der Allgemeinheit geschützt werden?
= RG der Allgemeinheit sind notwehr- oder notstandsfähig! (zB Verkehrssicherheit..)
(+) Solidaritätsprinzip
(+) Interessen- und Güterabwägung findet statt
-> ABER privates Handeln zum Schutz der Allg.heit ist wegen der primären Zust.keit staatl Organe nur im äußersten Notfall zulässig!!
- Solidaritätsprinzip § 34
= Solidarität eines Unbeteiligten ist nur dann geschuldet, wenn das Erhaltensgut das Eingriffsgut wesentlich überwiegt
-> deshalb ist Abwägung der Interessen erforderlich