StrfR AT Tut (3) - §32 Flashcards

1
Q

2 Prinzipien der Notwehr/ Nothilfe §32

A
  1. Schutzprinzip
    - individual-rechtl Aspekt in Form eines Schutzes des Angegriffenen
    - jeder ist befugt sich u Dritte gg rechtswidrige Angriffe zu schützen
  2. Rechtsbewährungsprinzip
    - sozial-rechtl Aspekt in Form des Schutzes der Rechtsordnung
    - Angegriffene verteidigt sich nicht nur selbst, sondern auch die Rechtsordnung
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2
Q

Was ist nicht notwehrfähig?

A
  • Allgemeingüter
  • die Rechtsordnung im Ganzen
  • die öffentliche Ordnung
  • > Sie zu verteidigen fällt in den Aufgabenbereich der staatlichen Gefahrabwehr.
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3
Q

“Angriff” iSd §32

A
  • jede umb Bedrohung rechtl geschützter Güter durch menschl Verhalten
  • Angriff muss nicht gezielt/ vors/ schuldhaft sein, mind eine Hdl im strafrechtl Sinne
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4
Q

“gegenwärtig” iSd §32

A

~ ist jeder Angriff der unmittelbar bevorsteht, bereits
begonnen hat oder noch andauert.
- Bei Dauerdelikten (z.B. Freiheitsberaubung, § 239 StGB) ist der Angriff über den gesamten
Zeitraum des rechtswidrig aufrechterhaltenen Zustandes gegenwärtig.

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5
Q

“rechtswidrig” iSd §32

A

~ ist jedes Verhalten, das obj im Widerspruch zur Rechtsordnung steht
- Verhalten, das durch RfG gedeckt ist, ist nicht rechtswidrig, sondern mit Eingriffsrecht korrespondiert Duldungspflicht (keine Notwehr gg berechtigte Notwehr)

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6
Q

“Verteidigung” iSd §32

A
  • liegt nur dann vor wenn in die Rechtsgüter des
    Angreifers eingegriffen wird
  • wenn sie die sofortige u endgültige Beseitigung des Angriffs erwarten lässt od wenigstens zu einer Abschwächung des Angriffs führt
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7
Q

“Erforderlichkeit” iSd §32

A

= jede Verteidigungshandlung, die
geeignet ist, den Angriff sofort und endgültig zu beenden.
- Stehen dem Verteidigenden mehrere, gleich wirksame Mittel zur Verfügung, so muss er das relativ mildeste Mittel wählen.
- Entscheidend für die Bewertung ist die objektive Ex-ante-Sicht.
= grds keine Güterproportionalität der RG; Angegriffene ist berechtigt das für ihn erreichbare Abwehrmittel zu wählen, das objektiv geeignet ist den Angriff sofort und endgültig zu beseitigen

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8
Q

“Gebotenheit” iSd §32

A
  • Die Verteidigungshandlung darf keinen Rechtsmissbrauch darstellen.
  • normative Einschränkung des Notwehrrechts in eng begrenzten Ausnahmefällen gem dem Schutzprinzip u Rechtsbewährungsprinzps (hM)
    1. Gebotenheit bei Angriff von erkennbar schuldlos Handelnden
    2. Gebotenheit bei Bagatellangriffen
    3. Krasses Missverhältnis zw RG
    4. Enge pers Beziehung zw Angreifer u Angegriffenen
    5. Provokationsfälle
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9
Q

“Notwehrwille” iSd §32

A

Der Handelnde hat Kenntnis von der Notwehrlage und will durch sein Handeln den gegenwärtigen Angriff beenden.

(1) hL: Kenntnis (kognitiv) der Notwehrlage erforderlich
(2) Rspr: Verteidigungsabsicht (voluntativ) erforderl (+) Wortlaut „um zu“

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10
Q

Unterlassen als Angriff?

A
  • kann auch Angriff darstellen, sofern Rechtspflicht zur Beseitigung der bedrohl Lage besteht
  • str ob straf- oder ordnungsrechtl sanktionierte Pflicht genügt od Garantenstellung §13 erforderlich ist
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11
Q

Angriff mit Scheinwaffe

A
  • notwehrfähig
  • Abgrenzung zu Scheinangriff, der überhaupt keine RG Verletzung bezweckt u keinen Angriff darstellt
  • bei irriger Annahme eines Angriffs keine Rfg aus Notwehr, sondern “Putativnotwehr”
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12
Q

Präventivnotwehr

A
  • unzulässig
  • analoge Anwendung von §32 ist abzulehnen, da weitgehende Eingriffbefugnisse der Notwehr nur in akut zugespitzten Situationen gewährt werden
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13
Q
  1. Gebotenheit bei Angriff von erkennbar schuldlos Handelnden
A
  • zB Kinder, Geisteskranke, Betrunkene
  • Rechtsordnung verzichtet bei solchen Angriffen auf strafrechtl Sanktionen §§19,20
  • Selbstschutzprinzip bleibt zwar erhalten, jedoch bedarf es soz Rücksichtsnahme
    RF: Ausweichen/ Aufklären des Irrtums erforderl/ ist Ausweichen nicht möglich dann Schutzwehr, ansonsten Trutzwehr
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14
Q
  1. Gebotenheit bei Bagatellangriffen
A
  • Angriff liegt noch an der Grenze zu sozialübl Belästigungen
  • Rechtsbewährungsinteresse tritt in Hintergrund u Selbstschutzinteresse wird gemindert
    RF: Einschränkung des Notwehrrechts: Ausweichen, schonende Verteidigung, Dulden kleiner Einbußen
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15
Q
  1. Krasses Missverhältnis zw RG
A
  • Angriff von geringwertigen RG bedürfen keine gravierenden Verteidigungsmittel u sind mit Rechtsbewährungsprinzip nicht zu vereinbaren
    RF: gravierendste RF ist Versagung des Notwehrrechts u Hinnahme der Einbuße; weniger gefährl Mittel bleiben erlaubt wenn kein krasses Missverhältnis= Gesamtabwägung
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16
Q
  1. Enge pers Beziehung zw Angreifer u Angegriffenen
A
  • Einschränkung wegen Spannungsverhältnis zw Recht zur Selbstverteidigung u Garantenstellung ggü Angreifer aus enger pers Verbindung
  • daher kann vom Angegriffenen Zurückhaltung bezügl rechtl geschützter Beziehung erwartet werden (str)
    RF: Ausweichen/ Duldungspflicht/ bei erhebl Gefahr keine Einschränkung des Notwehrrechts
17
Q
  1. Provokationsfälle

a) Absichtsprovokation

A

“wenn der Angriff gerade mit dem Ziel herausgefordert wird, um unter dem Deckmantel der Notwehr den Gegner verletzen zu können”
- dann wäre Verteidigung rechtsmissbräuchlich
- Selbstschutzinteresse wird zurückgedrängt, weil derjenige, der sich in Notwehrlage gebracht hat, nicht den Schutz der Rechtsordnung bedarf
RF: Notwehrrecht entfällt ganz, denn er verlässt den Boden des Rechts. (hM)/ Ausweichen (aA)

18
Q
  1. Sonderfälle
A

a) Abwehrprovokation
- Abwehr des Angriffs zwar erforderl, dies beruht aber darauf dass Verteidiger im Vorfeld wg erwarteten Angriff aufgerüstet hat (str)
- Notwehrausschluss/ Einschränkung nur dann wenn im Vorfeld bewusst war dass Angriff auch mit anderen Mitteln abgewehrt hätte können

b) Provozierte Nothilfe
- Notwehrrecht des Nothelfers eingeschränkt, wenn Angegriffene den Angriff provoziert hat (wenn Nothelfer Kenntnis von Provokation hat)

19
Q

Problematik der fehlenden RWK eines Angriffs

A

= Der Angriff müsste ferner auch rechtswidrig gewesen sein. Dies ist nicht der Fall, wenn die drohende Verletzung selbst durch einen Rechtfertigungsgrund gedeckt ist.

  • KEINE Notwehr gegen Notwehr
  • > Untersuchung u Bewertung der Angriffe (war erster Angriff bereits beendet? Ging noch Gefahr vom ersten Angriff aus?)
20
Q

Gebotenheit- Sonstig vorwerfbare Provokation (fahrl Provokation)

A
  1. Keine Einschränkung des Notwehrrechts (MM)
    - Provozierte, der ja selbst einen rechtswidrigen Angriff verübe, sei weder schutzwürdig noch -bedürftig.
    - Provozierte müsste einer Provokation widerstehen
    - wer sich dennoch hinreißen lässt, müsse die Folgen des gg ihn begründeten Notwehrrechts tragen
  2. Eingeschr Notwehrrecht (hM)
    - gewisses Schutzinteresse wird Provokateur weiter zugestanden.
    - Er könne aber wegen Mitverantwortung für das Entstehen der Notwehrlage nicht mehr als vollwertiger Bewahrer der Rechtsordnung auftreten.
    - Deshalb darf nicht gleich das schärfste Mittel zur sofortigen Beendigung des Angriffs gewählt werden
    - > Drei-Stufen-Theorie (Ausweichen/ Schutzwehr/ Trutzwehr)
21
Q
  1. In welcher Reihenfolge werden Rfg-Gründe geprüft?
A

= zunächst spezielle Rfg-Gründe (§§ 228, 229, 904 BGB; § 127 StPO; Einwilligung; Pflichtenkollision). Soweit diese nicht erfüllt sind und keine Sperrwirkung greift, werden allgemeine Rfg-Gründe geprüft (§§ 32, 34)

22
Q
  1. Ist das Notwehrrecht beschränkt durch Art. 2 II EMRK?
A

= (1) absolute Theorie: Tötung eines Menschen zur Verteidigung von Sachwerten ist verboten; umb Wirkung unter Bürgern und somit Beschränkung des Notwehrrechts

(2) eingeschränkte Theorie: nein, weil EMRK nur zwischen Staat/Bürger wirkt
(3) Übereinstimmungstheorie: nein, weil Art. 2 II mit § 32 übereinstimmt

23
Q

Rfg nach §32 bei Unkenntnis über Notwehrlage (fehlendes kognitives u voluntatives Element)

A
  1. früher: obj u subj Rfg-Element gleichwertig
    = fehlt ein Element, dann keine Rfg
    = ggf Berücksichtigung bei Strafzumessung
  2. heute: Differenzierung zw Hdl- u Erfolgsunrecht
    = handelt Täter obj aber nicht subj gerechtfertigt, entfällt das Erfolgsunrecht der Tat, denn Erfolg steht im Einklang mit Rechtsordnung
    = es verbleibt aber Hdl-unrecht
    = Strafbar nach Regeln des Versuchs