Strafrecht AT (11)- Irrtum I Flashcards
Wichtigste Irrtümer auf TB-Ebene
- TB-Irrtum (Irrtum über Umstände des TB)
RF: §16 I: Vorsatz entfällt, uU FL §16 I 2
a. error in persona/ obiecto
b. aberratio ictus
c. Irrtum über Kausalverlauf
error in persona (Irrtum über Identität)
a. Gleichwertigkeit des vorgestellten u tats getroffenen Tatobjekts
- Vorsatz bleibt bestehen u Irrtum ist unbeachtlich (§212 (+))
- nur TB-Merkmal “Mensch” ist ausschlaggebend, Verwechslung der Identität ist unbeachtlicher Motivirrtum
- kein versuchter Totschlag bezügl der Person die eig getötet werden sollte, denn im Versuchsstadium richtete sich Vorsatz allein gegen anvisiertes Obj u Vorsatz ist verbraucht
error in persona (Irrtum über Identität)
a. Fehlende Gleichwertigkeit des vorgestellten u tats getroffenen Tatobjekts
- zB wird anstatt Hund (§303, 22, 23) ein Mensch (§222) erschossen
- beachtlicher Irrtum u Vorsatz entfällt, da Unkenntnis über Tatumstand der zum gesetzl TB gehört (Sache vs Mensch)
aberratio ictus
- Vorsatz richtet sich auf ein best, individualisiertes Tatobjekt (Angriffsobjekt)
- Aufgrund eines vom Täter nicht vorhergesehenen Kausalverlaufs wird jedoch ein anderes Objekt (Verletzungsobjekt) getroffen.
RF eines aberratio ictus
1. Konkretisierungstheorie (hM)
- Vorsatz wird bezügl getroffenen Obj verneint, da sich bei Begehung der Tat der Vorsatz auf anvisiertes Obj bezogen hat
- Versuch bezügl anvisierten Obj (dieses wollte Täter treffen, Erfolg blieb aber aus): §§212,22,23
- FL bezügl des tats verletzten Obj: §222
ABER: erkennt Täter ausnahmsweise die Möglichkeit dass andere Person getroffen werden könnte u nimmt dies billigend in Kauf, dann liegt vorsätzl Totschlag vor
(+) Tötungsvorsatz ist bereits dann anzunehmen, wenn der Täter weiß, dass er beim Schuss einen Menschen vor sich hat. Nach §§ 212, 16 reicht sogar ein Vorsatz aus, der schlicht auf die Tötung irgendeines Menschen
abzielt. Einen solchen schlichten Vorsatz hat der Täter, dessen Schuss fehlgeht, aber nicht, sondern Tötungsvorsatz auf ein bestimmtes Obj konkretisiert. Ein solch konkretisierter Vorsatz ist aber etwas anderes gegenüber einem bloß schlichten Vorsatz.
(-) §16 u §212 verlangen aber gar keine Konkretisierung des Tötungsvorsatzes auf best Person, weshalb auch bei Tötung einer anderen Person eine vollendete Tötung vorliegt
RF eines aberratio ictus
2. Gleichwertigkeitstheorie
- falls tats u vorgestelltes Verletzungsobj tblich gleichwertig sind, war Abweichung noch iRd der allg Lebenserfahrung vorhersehbar u ist deshalb unbeachtlich
- Strafbarkeit wegen vollendeten Vorsatztat (§212)
(-) Vorsatz hat sich auf anvisiertes Obj konkretisiert u es besteht kein genereller Tötungswille hinsichtl irgendeines Menschen
(-) Widerspruch zu allg Zurechnungsgrds im Vorsatzbereich: Wenn Täter den Tatentschluss bezügl eines von ihm konkretisierten Tatobj gefasst hat, muss er allein das von ihm geschaffene Risiko erkannt und dessen Realisierung durch den tats Kausalverlauf im konkr Erfolg vorhergesehen haben. Sonst müsste er für Erfolge haften, deren Eintritt für ihn völlig unvorhersehbar gewesen ist.
(+) Strafbarkeitslücken werden vermieden, falls der Versuch nicht strafbar ist u ein FL-TB fehlt
Doppelirrtum: error in persona u aberratio ictus
zB: T will A töten, verwechselt aber A mit B u zielt auf B (=error in persona). Wegen Wind verfehlt Kugel aber B u trifft zufällig C (aberratio ictus)
- Irrtümer sind nacheinander zu prüfen
a. Versuch an anvisierten B §§212, 22, 23
b. FL bezügl tats verletzten Objekts §222
Irrtum über Kausalverlauf
- nur ein wesentl Abweichen des vorgestellten vom tats Kausalverlauf schließen den Vorsatz aus, §16 I 1
Wann liegt wesentliche Abweichung des Kausalverlaufs vor die Vorsatz entfallen lässt?
- wesentliches Abweichen liegt vor, wenn sich Abweichungen nicht mehr in den Grenzen des nach allg Lebenserfahrung Voraussehbaren halten und deshalb eine andere Bewertung der Tat rechtfertigen.
ABER: bei einer wesentl Abweichung vom Kausalverlauf wird regelm bereits die obj Zurechnung verneint (atyp Kausalverlauf)
Sonderproblem bei Kausalverlauf: Erfolg tritt erst später als vom Täter angenommen ein (“Jauchegrubenfall”)
a. im Irrtum über Kausalverlauf liegt eine unwesentl Abweichung (hM) u in beiden Akten liegt ein einheitl Geschehen, das auch im zweiten Teil noch vom entspr Vorsatz getragen wird
b. beide Teilakte sind selbständige Hdl mit versch Vorsätzen (erste Hdl: versuchter Totschlag, zweite Hdl: fl Tötung) (MM)
Streitentscheid zw Konkretisierungstheorie u Gleichwertigkeitstheorie
- Entscheidend ist, dass die Frage, ob sich die Vorstellung des Täters verwirklicht hat oder nicht,
- nach seiner konkreten Vorstellung zu bewerten ist, anders als im Fall des error in persona, ob er
gerade nicht die Person getroffen hat, auf deren Tötung sich sein Vorsatz konkretisiert hatte, als er auf sie anlegte. - es ist der Konkr.theorie zu folgen. § 16 I 1 greift ein und lässt den Vorsatz bezüglich der Tötung entfallen.
Def “Erlaubnistatbestandsirrtum” (RWK-Ebene)
Beim Erlaubnistatumstandsirrtum unterliegt der Täter der irrigen Annahme der tatsächlichen Voraussetzungen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes in der Weise,
dass eine Rechtfertigung einträte,
wenn die Vorstellung des Täters zutreffen würde.
Es handelts ich also um einen Irrtum über tatsächliche Umstände.
Um was geht es beim Erlaubnistatbestandsirrtum (RWK-Ebene)
- Täter nimmt irrig tats Umstände an, die, wenn sie tats vorliegen würden, die Voraussetzungen eines anerkannten Rfg-Grundes erfüllen würden
- in Prüfung ist, bevor auf die Folgen des Irrtums eingegangen wird, erst zu prüfen ob Täter nach seiner Vorstellung überhaupt gerechtfertigt wäre (hypothetische Prüfung)
a. wenn nicht gerechtfertigt, entfällt Stfbkeit nicht
b. wenn er gerechtfertigt wäre, ist die Folge strittig
Strittige Folgen eines Erlaubnistatumstandsirrtum
- Strenge Schuldtheorie
- Eingeschr Schuldtheorie
a. Lehre von den neg TB-Merkmalen
b. Rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie (h.M.)
Strittige Folgen eines Erlaubnistatbestandsirrtum
1. Strenge Schuldtheorie (selten vertreten)
- Vorsatz des Täter bezieht sich nur auf obj TB, die RWK der eigenen Hdl wird nicht erfasst
- Bewusstsein, Unrecht zu tun, ist allein ein Element der Schuld.
- Fehlt dieses Unrechtsbewusstsein nun, weil der Täter glaubt, gerechtfertigt zu handeln, muss dies nach den Vorgaben des § 17 einem Verbotsirrtum gleich behandelt werden.
-> jeder Irrtum, der nicht Tatumstandsirrtum i.S.d. § 16 I 1 ist, ist ein Irrtum i.S.d. weit angelegten § 17
-> zu beachten ist Vermeidbarkeit des Irrtums, dann Strafbarkeit
(+) einheitl Behandlung aller Irrtümer auf Rfg-Ebene
(+) keine Strfbkeitslücken bei Teilnehmern, da zwar schuldlose, aber vorstätzl u rechtswidrige Tat vorliegt
(+) keine Stfbkeitslücken wo Delikte nur als Vorsatz u nicht als FL-Delikte strafbar sind
(-) derjenige der sich in Erlaubnistatumstandsirrtum befindet handelt an sich rechtstreu, denn er nimmt keine rechtlich unpassende Wertung vor, sondern glaubt dass ihm Rfg-Grund zusteht