Strafrecht AT (12) Irrtum II Flashcards
Def “Erlaubnisirrtum”
Der Täter geht irrig wertend davon aus, die Rechtsordnung stelle ihm einen tatsächlich nicht anerkannten Rechtfertigungsgrund zur Seite, oder er verkennt die rechtlichen Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes.
Erlaubnisirrtum Allgemein
- Wenn kein Erlaubnistatumstandsirrtum vorliegt, handelt es sich um einen Erlaubnisirrtum.
- Regelung wie Verbotsirrtum: § 17; für die Strafbarkeit des Handelnden verbleibt so allein entscheidend, ob der Irrtum vermeidbar gewesen ist
- zB Züchtigungsrecht
Doppelirrtum
- vermeintlicher Erlaubnistatumstandsirrtum tritt mit einem Irrtum über die Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes (Erlaubnisirrtum) zusammen
- rechtl handelt es sich aber nur um einen Erlaubnisirrtum (Def des ErlTatumstIrrtums nicht erfüllt)
- Täter irrt zwar über die tatsächlichen Voraussetzungen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes, aber aufgrund des zweiten Irrtums nicht in der Weise, dass eine Rechtfertigung einträte, wenn die Vorstellung
des Täters zutreffen würde.
-> ein nach § 17 zu behandelnder Erlaubnisirrtum
(+) jemand, der sich auf Tatsachen- und Rechtsebene irrt, darf nicht bessergestellt werden als jemand, der sich nur auf der Rechtsebene geirrt hat.
Verbotsirrtum §17 (Schuldebene)
- Täter nimmt irrtümlich an, er würde trotz Verwirklichung des TB kein Unrecht begehen
- > es fehlt Einsicht Unrecht zu tun (Unrechtsbewusstsein)
Def Unrechtsbewusstsein
wenn der Täter weiss, dass er gegen rechtliche Verbote oder Gebote verstößt
- er brauch aber nicht zu wissen dass sein Verhalten strafbar ist, sondern nur Bewusstsein dass er gegen irgendwelche Normen verstößt
Direkter Verbotsirrtum
liegt vor, wenn Täter das Unrechtsbewusstsein überhaupt fehlt, dh wenn er davon ausgeht, dass sein Verhalten nicht gegen Verbots- od Gebotsnormen verstößt
Indirekter Verbotsirrtum
Täter weiss dass er gegen Verbots-/ Gebotsnormen verstößt, glaubt aber, dies ausnahmsweise zu dürfen (Erlaubnisirrtum)
- zB irrige Annahme eines nicht anerkannten Rfg-Grunds
Wann lässt Verbotsirrtum Schuld entfallen?
- bei Unvermeidbarkeit, §17
- sonst potentielles Unrechtsbewusstsein u Bestrafung wie vollendetes Vorsatzdelikt
Welche Anforderungen werden an die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums gestellt?
- nur, wenn es dem Täter auf Grund seiner soz Stellung u nach seinen inidv Fähigkeiten auch bei der ihm zumutbaren Anspannung seines Gewissens u unter Zuhilfenahme anderer möglicher Erkenntnisquellen nicht möglich war, das Unrecht der Tat einzusehen
- bei geringsten Zweifeln hat Täter Erkundigungspflicht
- wenn keine Zweifel muss geprüft werden, ob er Unrechtseinsicht hätte haben können (potentielles Unrechtsbewusstsein)
Fallgruppen der Unvermeidbarkeit innerhalb eines Verbotsirrtums
- Handeln aufgrung verlässlicher Anwalts-/ Behördenauskunft
- Bei Unkenntnis von Normen des Nebenstrafrechts, die der Täter auch nicht aufgrund von Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verkehrskreis (wie der Gastwirt bzgl. des GaststättenG) hätte haben müssen
- In Literatur und Rechtsprechung ungeklärte Rechtsfrage.
Umgekehrter Verbotsirrtum
- irrige Annahme eines nichtexistenten StrafTB (zB Ehebruch) ist als bloßes Wahndelikt straflos
- abzugrenzen vom strafbaren untauglichen Versuch, in denen Täter ein in Wirklichkeit nicht vorliegendes Merkmal des obj UnrechtTB für gegeben hält
- Fehlvorstellungen über strafrechtsspezifische Begriffe führen i.d.R. zum straflosen Wahndelikt (Täter hält „schriftliche Lüge“ für falsch i.S.d. § 267 oder eine 16-jährige Person für ein „Kind“ i.S.d. § 176)
Umgekehrter TB-Irrtum
- Fälle, in denen der Täter ein in Wirklichkeit nicht vorliegendes Merkmal des objektiven UnrechtsTB für gegeben hält;
- bei tatsächlichem Vorliegen des Vorgestellten, würde der gesetzliche Tatbestand erfüllt sein
- zB wenn eine eigene Sache für „fremd“ gehalten wird oder wenn eine für Eidesabnahme unzuständige Stelle irrtümlich für zuständig gehalten wird.
Entschuldigungstatbestandsirrtum, § 35 II
- Gemäß § 35 II wird der Täter nicht bestraft, wenn er irrig Umstände annimmt, die – wenn sie tatsächlich vorgelegen hätten – die Voraussetzungen des entschuldigenden Notstandes nach § 35 I erfüllt hätten, und wenn der Irrtum nicht vermeidbar war.
- Der Täter irrt hier über tatsächliche Umstände.
- Bei Vermeidbarkeit des Irrtums wird die Strafe nach § 49 I gemildert.
- § 35 II ist nach h.M. analog auf den übergesetzlichen entschuldigenden Notstand anzuwenden.
Irrige Annahme eines nichtexistenten Entschuldigungsgrundes
- fehlerhafte rechtliche Wertung durch den Täter ist unbeachtlich, weil nur die Rechtsordnung darüber entscheiden kann, welches tatbestandsmäßige und rechtswidrige Verhalten sie als entschuldigt ansieht.
- error in persona- Lösung bei Anstiftung
- error in persona des Haupttäters auch für Anstifter unbeachtlich u deshalb wegen Anstiftung zu vollendeten Tat strafbar sein
- Ausnahme: wenn Verwechslung des Opfers außerhalb der Grenzen des nach allg Lebenserfahrung Vorhersehbaren oder nicht mehr in der “Streubreite des gesehenen Risikos”
(+) Wortlaut: Anstifter gleich einem Täter zu bestrafen
(+) ebenso wie Täter müsse auch Anstifter das Risiko der Personenverwechslung tragen u kann sich nicht dadurch entziehen, dass er einen anderen zur Tatausführung veranlasse
(+) Angestiftete begeht Tat trotz Irrtum aus Vorsatz den Anstifter hervorgerufen hat