Psychologische Diagnostik für Fortgeschrittene Flashcards
Was ist der Act-of-Frequency Approach und wie wird dabei das implizite Wissen der Menschen in die Itemerstellung einbezogen?
- ist ein Ansatz zur Erfassung der Persönlichkeitseigenschaften
- zielt auf die Identifizierung der Häufigkeit eines beobachteten Merkmals ab
- Annahme: Persönlichkeitseigenschaften lassen sich besser durch Verhaltensweisen erklären, messen, beschreiben
- Items benutzen implizites Wissen -> Personen nennen konkrete Verhaltensweisen, welche sie mit bestimmtem Persönlichkeitsmerkmal in Verbindung bringen
Schritte der Skalenkonstruktion bei Act of Frequency Approach
- Identifikation prototypischer Verhaltensakte:
Versuchspersonen werden gebeten, sich eine bekannte Person vorzustellen, die eine bestimmte Eigenschaft besonders stark verkörpert. Sie sollen Handlungen dieser Person benennen, die die betreffende Eigenschaft gut zum Ausdruck bringen. - Bewertung der Prototypizität:
Die benannten Handlungen werden von anderen Probanden hinsichtlich ihrer Prototypizität für die zu messende Eigenschaft eingeschätzt. Es wird ermittelt, wie stark die Handlungen als typisch für die Eigenschaft wahrgenommen werden. - Auswahl prototypischer Handlungen:
Besonders prototypische Handlungen werden ausgewählt, um als Testitems verwendet zu werden. Die Auswahl basiert auf der Bewertung der Probanden. - Formulierung der Testitems:
Die ausgewählten prototypischen Handlungen werden in Testitems übersetzt, die zur Messung der gewünschten Eigenschaft verwendet werden können.
Dieser Ansatz zeichnet sich dadurch aus, dass er die Häufigkeit prototypischer Verhaltensweisen als Grundlage zur Definition von Eigenschaften verwendet und eine systematische Einbindung von implizitem Wissen der Probanden zur Skalenkonstruktion ermöglicht
Definition Verhaltensbeobachtung
- Erfassen und Protokollieren von Aspekten der menschlichen Handlungen und Reaktionen
- Aspekte können sinnlich oder apparativ wahrgenommen werden
- Aspekte sind nicht sprachlich oder schriftlich
Hauptgründe für mangelnde Reliabilität nach Wittchen
- Variation der Fragen bezüglich der pathologischen Symptome
- Unterschiede zwischen Symptominformationen der Befragten
- Variation der zeitlichen Kriterien
- Interpretation der Informationen
- Interpretation der diagnostischen Kriterien
- Zufällige Fehler während des Zuhörens oder Kodieren
Was ist Wahrnehmung?
- Prozess, durch den Menschen und andere Lebewesen Informationen aus ihrer Umwelt durch Sinnesorgane wie Augen, Ohren, Haut, Nase und Zunge aufnehmen, verarbeiten und interpretieren.
Beschreiben Sie die typischen Wahrnehmungsfehler
Wahrnehmungsfehler:
- können dazu führen, dass die Beurteilung eines Testergebnisses verzerrt
Konsistenzeffekte:
- Halo-Effekt: Urteile werden in Abhängigkeit von einem besonders hervorstechenden Merkmal gebildet
- Primacy-Effekt: Früher erhaltene Informationen werden als beeinflussender Wahrgenommen als spätere
Projektion:
- Beobachter erkennen bei anderen: was sie selbst bei sich sehen, sehen wollen oder nicht sehen wollen
Beobachtererwartungseffekte / Rosenthal- / Pygmalion-Effekte:
- Weiß der Beobachter über den Zweck / die Hypothesen der Untersuchung bescheid und bildet sein Urteil auf Basis dessen, so ist es möglich, dass er in besondere Weise auf passende Merkmale achtet
Emotionale Valenzen
- Personen werden vom Beobachter als positiver Beurteilt, wenn die beobachtete Person ihm angenehm erscheint / Mitleid empfunden wird
- Gegenteiliges geschieht, wenn der Beobachtete als Unangenehm beurteilt wird
Logische / Theoretische Fehler
- Urteilsbidlung auf Grundlage impliziter Persönlichkeitstheorie
-> irrelevante Hinweisreize vermitteln bestimmte Eigenschaften
- Bsp. Brillenträger sind intelligenter -> Urteilsverzerrung
Observer Drift
- Veränderung des “Standards” durch unpräzisere Beobachtungen
-> Ausgelöst durch: Vergessen der Kriterien, Ermüdung, verlieren von Motivation, etc.
- Aber auch positiv möglich durch zunehmende Übung des Beobachters, gezieltes Achten auf Hinweise, etc.
Consensual Drifts:
- Alle Beobachter zeigen gleichförmige Observer Drifts auf
-> können zur Übereinschätzung von Maßen der Beurteilseinstimmung führen
Phasen des multimodalen Interviews
- Gesprächsbeginn
- Begrüßung, Infos, Ablauf, keine Beurteilung - Selbstvorstellung des Interviewten
- Freie Form über Werdegang + berufliche Entwicklung, Berufswahl + berufsbezogene Erwartung - Freier Gesprächsteil
- Offene Fragen an Bewerber, welche sich aus Darlegung und Bewerbung ergeben, Bewertung in summarischer Form - Berufsinteressen, Berufs- / Organisationswahl
- Fragen zu Berufsinteressen, Motiven, Hintergründen der Berufswahl, Arbeitgeberwechsels, Selbsteinschätzung, Selbstbild. Bewertung anhand verhaltenseinstufender Skalen - Biografiebezogene Daten
- Informationserhebung zu allen Anforderungsdimensionen, Verhaltensbeispiele erfragen (von weit nach eng gefasst), Auswertung anhand Skalen - Realistische Tätigkeitsinformation
- Informationen an Kandidaten über Ausbildung und Tätigkeit, Anforderungen, Unternehmen, Möglichkeit zur Nachfrage - Situative Fragen
- Schilderung einer erfolgskritischen Situationen und Frage nach Verhalten. Auswertung anhand Einstufungshilfen - Gesprächsabschluss
- Kandidat darf Fragen stellen, Unklarheiten klären, weiteres Vorgehen, organisatorisches
Richtlinien bei der Formulierung von Items
- Keine Wiederholungen
- Pro Item nur eine Frage
- Keine Mehrdeutung
- Positiv formulierte Fragen
- Keine Fachsprache
- Nur Fragen stellen, die Befragten betreffen
- Keine Suggestivfragen
- Intime Fragen vermeiden
- Belanglose Fragen vermeiden
- Boden- und Deckeneffekte vermeiden
Kernaussagen des induktiven und deduktiven Ansatzes der Skalenkonstrutkion
Induktiver Ansatz:
1. Datenorientierung: Skalenkonstruktion wird aus empirischen Daten abgeleitet, Analyse von Variablen erfolgt aus großem Itempool, ohne, dass zugrundeliegende Theorie vorausgesetzt wird
2. Explorative Herangehensweise: Statistische Methoden wie Faktorenanalyse werden genutzt um die Struktur der Daten zu identifizieren und daraus Dimensionen oder Skalen abzuleiten
3. Itemselektion: Auswahl von Items erfolgt datengetrieben, basierend auf deren statistischen Eigenschaften und der Fähigkeit, die zugrunde liegenden Dimensionen zu repräsentieren
- Vorteil: Geeignet um neue Konstrukte zu entdecken / bestehende zu validieren (Homogene Skalen)
- Nachteil: hoher Konstruktionsaufwand, kann schwierig sein, psychologische Bedeutung der Faktoren ohne theoretischen Rahmen zu interpretieren
Deduktiver Ansatz:
1. Theoriegeleitet: Klare Theorien oder Konzepte bilden Grundlage für diese Skalenbildung. Items werden so gestaltet, dass sie die theoretischen Konstrukte direkt messen
2. Itemgenerierung: Items werden aus theoretischen Überlegungen abgeleitet, um spezifische Konstrukte abzubilden (Bsp. Intelligenz / Extraversion)
3. Validierung: Überprüfung der Skala erfolgt durch empirische Tests, wobei die Validität aus der Richtigkeit der zugrunde liegenden Theorie abgeleitet wird
- Vorteil: Klare theoretische Grundlage, ermöglicht gezielte Messung, ökonomischer
- Nachteil: Stark abhängig von Qualität und Tragfähigkeit der Theorien, wenig geeignet für explorative Fragestellungen, durchschaubar und verfälschbar
Drei Segmentierungen von Verhaltensbeobachtung
- Globalsegmentierung:
- beinhaltet gesamte Beobachtungsspanne und ist sinnvoll für Erfassung von Häufigkeiten in z.B. einem Video (sehen wie Person lacht) - Formale Segmentierung:
- Aufteilung der Beobachtungseinheiten erfolgt auf rein zeitlichen Kriterien, nicht inhaltlichen. Bsp. Videoaufnahmen werden unterteilt in 10 sek. Abschnitte -> Beantwortung der Fragestellung “Welche Verhaltensweisen treten auf?”
- Vorteil: hohe Ökonomie, geringer Aufwand, gute Vergleichbarkeit der einzelnen Segmentierungen
- Nachteil: Unnatürlichkeit der Segmentierung aufgrund fehlender Inhaltlichkeit -> auch unvollständige Bilder von Verhaltensweisen durch abruptes Abschneiden - Semantische Segmentierung:
- Unterteilung in natürliche Handlungsabschnitte mit anschließender Beschreibung.
- jeder Beobachter bestimmt selbst, welches als natürliche Beobachtungseinheit betrachtet wird
- Bsp. Aufteilung von Aufnahmen eines Interviews nach gestellten Fragen
- Vorteil: Verhaltensweisen werden nicht unterbrochen
- Nachteil: Hoher Aufwand, mehrere Beobachter notwendig um objektives Urteil zu bilden
Evidence-centered Assessment Design: 6 Modelle nennen und beschreiben
- Personenmodell (“Student Model”)
- beschreibt sämtliche Merkmaldimensionen der Testperson, deren Beziehungen die psychologischen Konstrukte repräsentieren - Aufgabenmodell (“Task Model”)
- Beschreibt sämtliche Aspekte / Eigenschaften und Facetten der Items, die bei der Entwicklung zu berücksichtigen sind - Ablaufmodell (“Assembly Model”)
- Definiert die Abfolge der Items oder Algorithmen - Evidenzmodell (“Evidence Model”)
- Erklärt die Art der Transformation des Verhaltens in Testwertvariablen und deren Beziehung zu latenten Variablen und wie die Werte der latenten Variablen anhand der Ausprägung auf den Items geschätzt wird - Durchführungsmodell (“Delivery Model”)
- Regelt Art und Weise wie Aufgaben präsentiert werden (Computer, Papier, andere Hilfsmittel) - Umgebungsmodell (“Environment Model”)
- Umfasst äußere Rahmenbedingungen wie Räumlichkeiten, Sicherheitsvorkehrungen, Hilfsmittel, Geräte
Vier Beobachtungstrainings nennen
- Beobachterfehlertraining (Vermittlung bekannter Fehlerquellen um diese gezielt zu vermeiden)
- Beobachtungsdimensionstraining (Fokus auf Vorbereitung mit spezifischen Beobachtungsdimensionen)
- Bezugsrahmentraining (Einführung von Referenzpunkten)
- Verhaltensbeobachtungstraining (Training zur möglichst objektiven Registrierung von Verhalten)
RAM Modell
(Realistic Accuracy Model of Personality Judgement)
Tabelle?
Moderator - Aspekte
- Beobachter:
- Wissen über Persönlichkeitsmerkmale
- Fähigkeit zur Beobachtung
- Motivation zur Beobachtung - Beobachteter:
- Verhaltensaktivität des Beobachteten
- intersituationale Konsistenz
- Skalierbarkeit des Beobachteten
- Feimütigkeit des Beobachteten - Disposition
- Sichtbarkeit zugehörigen Verhaltens
- Auftretenswahrscheinlichkeit zugehörigen Verhaltens
- evaluative Konnotation der Disposition - Information:
- Quanitität der Information
- Qualität der Information
Drei Hauptformen von Validität
- Inhaltsvalidität
- Passen due Items inhaltlich zu dem messenden Konstrukt? - Kriteriumsvalidität
- Grad der Übereinstimmung eines Binnenkriteriums mit einem (Außen-)Kriteriums -> hohe Kriteriumsvalidität = man kann von der Ausprägung in einem Bereich auf die Ausprägung in einem anderen Bereich schließen (Bsp. Alkoholtest -> Fahrtauglichkeit) - Konstruktvalidität
- Items sollen so formuliert sein, dass der Test auch tatsächlich das Konstrukt erfasst, welches es erfassen soll
Schritte / Punkte bei der Verhaltensbeobachtung und diese Beschreiben
- Systematik
- regelgeleitet und konsistent, Strukturierung muss Ergebnisse nachvollziehbar und objektiv gestalten - Erfassung und Protokollierung
- Verhaltensaspekte werden erfasst, indem Verhaltenssequenzen identifiziert und protokolliert werden -> werden eindeutig abgegrenzt und beschrieben - Beobachtungsgegenstand
- es können Verhaltensaspekte aller menschlicher (visuell+auditiv) Wahrnehmungen beobachtet werden, auch apparative Merkmale (Muskeltonus, Hautleitfähigkeit) können beobachtet werden - Unvermitteltheit
- Beobachtung soll so nah wie möglich am tatsächlichen Verhalten stattfinden, direkte Beobachtungen werden bevorzugt, alternativ Videos -> Beobachtungen durch Dritte sind nicht zulässig - Zielorientierung
- Beobachtung verfolgt ein wissenschaftliches Ziel und wird aus der Perspektive eines deduktiven / induktiven Erkenntnisinteresses durchgeführt - Dokumentation und Tranzparenz
- Vorgehen muss vollständig dokumentiert werden um Nachvollziehbarkeit und Aussagekraft zu gewährleisten