Gesundheitspsychologie - Aufbau Flashcards

1
Q

“Wenn nur tief genug geblickt wird, kann eine Krankheit gefunden werden”. Nennen Sie weitere Faktoren bzgl. der Schwierigkeit Abgrenzung Gesundheit und Krankheit

A
  1. Fehlen eindeutiger Definitionen
    → ICD-10 liefert Klassifikation aber keine eindeutige Definition: Gesund / Krank
  2. Technische Grenzen der Diagnostik und Therapie
    → Technisch nicht erfassbare Störungsbilder sind befundlos (ADHS)
  3. Befund und Befinden - Diskrepanz
    → Psychosomatische Patienten Erleben sich als sehr krank
  4. Normabweichungen ohne Krankheitswert
    → Von der statistischen Norm abweichende Werte müssen aber keinen Krankheitswert haben
    → Leichte, rezidive depressive Phasen
  5. Kulturgebundenheit der Beurteilung
    → „Frigrophobie“ (Angst vor Kälte) in China, gibt es in DE nicht
  6. Fit / Funktionalität der Störungen
    → Asperger → Im Schulkontext schwierig → Im passenden Job (Programmierer) erwünscht → Neurodiversität
  7. Pharma - Lobbyismus → Interessengeleitete Definitionsmacht
    → Interesse Krankheiten zu „konstruieren“ → Medikalisierung (ADHS)
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2
Q

Nennen Sie Kriterien für die Kennzeichnung einer Krankheit

A

Unterschiedliche Denkrichtungen (Medizinisch, philosophisch, juristisch, politisch)
Heute: Biologisch-somatisch (Ursache – Wirkung -> eins davon Bekämpfen)

Situationsbeschreibung:
1. Vorliegen eines Befundes (Vorhandenseid von objektiv feststellbaren Veränderungen)
2. Störung des Wohlbefindens (körperlich, seelisch, sozial)
3. Einschränkung von Leistungsfähigkeit
4. Betreuungsbedarf (Notwendigkeit professioneller, sozialer, medizinischer, gesellschaftlicher Betreuung)

Zeitlicher Verlauf:
1. Akut (beginnt plötzlich, verschlimmert sich und heilt dann)
2. Chronisch (Entwickelt sich meist langsam / schubweise und dauert dann über längeren Zeitraum (auch über das ganze Leben) an
3. Rezidiv (Tritt nach scheinbarem Abklingen wieder auf (Depressive Phasen))

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3
Q

Erklären Sie die Begriffe disease, illness und sickness

A

Disease:
Die Krankheit als Befund -> objektivierbare Abweichung von einem als normal definierten Zustand oder einer Funktionsweise

Illness:
Das „sich-krank-fühlen“ -> subjektive Ebene

Sickness
Die Krankheit als Rolle -> soziale Ebene -> Welche sozialen Veränderungen sich für eine Person aus ihrem Kranksein ergeben

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4
Q

Bipolares Konzept + Nachteile

A
  • Gesundheit und Krankheit als Pole eines Kontinuums -> man kann sich mehr in die eine oder die andere Richtung bewegen
  • Menschen sind nicht entweder gesund / krank, sondern immer mehr / weniger beides
  • Gesundheit und Krankheit sind also mehrdimensionale, abhängige Faktoren
  • -> Position einer Person auf dem Kontinuum ist nicht durch ein Merkmal, sondern durch verschiedene Dimensionen definiert (medizinischer Befund, Prognose, Therapiemöglichkeiten, etc.)
  • Je mehr Dimensionen, desto differenzierte Aussagen des Gesundheitszustandes möglich

Nachteile:
- Gesundheit und Krankheit werden als eine gemeinsame Menge aufgefasst
- „Mehr von einem bedeutet weniger vom anderen“

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5
Q

Orthogonales Konzept + Nachteile -> Biopsychosoziales Modell

A
  • Gesundheit und Krankheit sind unabhängige Faktoren -> Menschen haben also gesunde und kranke Anteile, die gleichzeitig vorhanden sein können -> Vermeidung der Nachteile bipolarer Modelle
  • Eignet sich gut, um Ausmaß der Übereinstimmung von objektiven und subjektiven Parametern von Gesundheit und Krankheit zu verdeutlichen
  • Aufteilung eines Feldes in Gesundheit / Krankheit -> abhängig wie viel Platz Gesundheit / Krankheit einnimmt, bestimmt Gesundheitszustand
  • Gesunderhaltende Ressourcen und krankmachende Faktoren
  1. Manche Menschen fühlen sich krank, objektiv kein Befund: Somatoforme Störung
  2. Manche Menschen fühlen sich gesund, haben aber eine Krankheit (Krebs im Frühstadium)
  3. Manche Menschen sind funktionell gesund, haben abweichende Befunde aber sind nicht eingeschränkt (Nur eine Niere)

Nachteile:
- Greift bei näherer Betrachtung zu kurz
- Dimension der sozialen Funktionsfähigkeit fehlt aus sozialer Perspektive

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6
Q

Dichotomes Konzept + Nachteile

A
  • Gesundheit und Krankheit sind 2 voneinander unabhängige Zustände, die sich gegenseitig ausschließen und somit nicht gleichzeitig vorhanden sein können -> Biomedizinisches Krankheitsmodell
  • Wenn eine Krankheit von einem Arzt festgestellt, ist Person so lange krank, bis Krank-schreibung abgelaufen ist (es gibt keine „Gesundschreibung“)
  • Dichotome Konzepte eignen sich gut für z.B. Infektionen (eindeutige Symptome, Norm-werte)

Nachteile:
- Wenig tauglich für psychische Störungen
- Widersprechen der Annahme von psychotherapeutischer Grundüberzeugung, dass Mensch nicht automatisch wieder gesund wird, wenn er eine psychische Störung hat
- Psychische Störungen können nicht klar anhand Normwerte abgegrenzt werden -> Ab-grenzung von gesund / krank schwierig

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7
Q

Erklären Sie die Bedeutung von Impairment, Disability und Handicap und bringen Sie Behinderung in Verbindung mit medizinischer und soziologischer Sicht

A
  • Behinderung ≠ Krankheit
  • Klassifikationssystem der WHO in IDH
  • Behinderung führt zu reduzierter Teilhabe in der Gesellschaft (Partizipation)
  • Behinderung besteht aus langfristiger Schädigung und verringerter Funktionsfähigkeit (Leistungsfähigkeit)

I -> Impairment -> Schädigung -> Befund
D -> Disability -> Einschränkung -> Funktionell -> Folge
H -> Handicap -> Benachteiligung -> Rolle (Erfüllung) -> Folge

  • Impairment: Schädigung von biologischen / psychischen Strukturen und Funktionen des menschlichen Organismus (Schädigung der Netzhaut)
  • Disability: Durch Schädigung bedingte funktionelle Einschränkung (Gesichtsfeldausfall)
  • Handicap: Durch Schädigung bedingte soziale Beeinträchtigung (Probleme bei Orientierung)
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8
Q

Dimensionen von Gesundheit nennen

A
  1. Gesundheit als Störungsfreiheit
  2. Gesundheit als Wohlbefinden
  3. Gesundheit als Leistungsfähigkeit und Rollenerfüllung
  4. Gesundheit als Gleichgewichtszustand (Homöostase)
  5. Gesundheit als Flexibilität (Heterostase)
  6. Gesundheit als Anpassung
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9
Q

DSM-IV Dimensionen (Gesundheit)

A

Achse I: Klinische Störungen und andere klinisch relevante Probleme
Achse II: Persönlichkeitsstörungen / Geistige Behinderung
Achse III: Medizinische Krankheitsfaktoren
Achse IV: Psychosoziale oder umgebungsbedingte Probleme
Achse V: Globale Beurteilung des Funktionsniveaus

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10
Q

Was können Klassifizierungen (ICD) leisten und was nicht?

A
  • Psychische Störungen werden als klar definierte Abweichungen verstanden
  • Einteilung und Einordnung von bestimmten gemeinsamen Merkmalen charakterisierender Phänomene in ein nach Klassen gegliedertes System (ICD-10 und DSM-5)
  • Dienen zur Vereinfachung des Denkens und Reduktion der Komplexität klinischer Phänomene
  • Verbesserung der Kommunikation
  • Grundlage klinischer Ausbildung und Prognosestellungen
  • Grundlage für Beginn und Indikaitonsstellung verschiedener Behandlungsmaßnahmen
  • einfachere Dokumentation
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11
Q

Klassifizierungsmöglichkeiten für den Bereich psychischer Störungen

A
  • Gruppierung erfolgt, wie bei organischen Erkrankungen, in Klassifikationssystemen (ICD-10 oder DSM-IV)
  • Anspruch, möglichst beschreibende, wertneutrale Diagnostik zu ermöglichen
  • Störungen werden auf fünf Dimensionen (Achsen) nach Vorkommen + Frequenz diagnostiziert
  • Körperliche und psychische Auffälligkeiten werden erfasst
  • Im klinischen Bereich überwiegend ICD, im psychologischen / psychiatrischer Forschung überwiegend DSM
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12
Q

Klassifikation von psychischen Störungen: Gehen Sie auf die Vor- und Nachteile ein

A

Vorteile:
- Sinnvolle Zuordnung von präventiven und therapeutischen Maßnahmen einschließlich der Beachtung eindeutiger Kontraindikationen
- Wissenschaftliche Erforschung psychischer Störungen von Grundlagenforschung bis Versorgungsforschung
- Versicherungsrechtliche, juristische und sozialverwaltungsbezogene Regelungen mit Diagnosen-bezogene Fallgruppen
- Bessere ökonomische Kommunizierbarkeit von Beobachtungen durch einheitliches Ordnungssystem

Nachteile:
- Etikettierung: Infoverlust durch Reduktion der Person
- Deskription entspricht nicht Kausalität
- Mangelnde Reliabilität von Diagnosen
- Gefährdet akzeptierte therapeutische Haltung
- Fördert objektivierende Einstellung

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13
Q

Vor- und Nachteile bzw. Konsequenzen für die Behandlung eines Patienten mit psychischen Störungen

A

Vorteile:
- Psychotherapeutengesetz bindet Versorgung in das bestehende System ein
- Psychisch abweichende / leidende Personen werden in das medizinische System aufgenommen (erhalten passenden Schutz und Versorgung)
- Leichtere Kommunikation / Komplexitätsreduktion
- Konkrete Handlungsanweisungen (durch ICD-10)
- Nachvollziehbarkeit / Qualitätssicherung

Nachteile:
- Fehlende Beschreibung der psychisch gesunden Person
- Medizinischer Befund notwendig, um Behandlung zu erhalten
- Bestimmte Leiden finden keine Bedeutung (Trauer um Haustier)
- Modekrankheiten (Durch Pharmabranche kreiertes Burn-Out)
- Fehlzuordnung / Stigmatisierung

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14
Q

Fall: Wie können die Begriffe „Eu-Stress“ und „Dis-Stress“ als Reaktion in die interaktive Theorie von Lazarus integriert werden

Fall: Zwei Studenten schreiben demnächst eine Prüfung. Beide erleben Distress. Einer schreibt trotzdem mit schlechtem Gefühl die Klausur, der andere meldet sich krank. Erklären Sie an diesem Beispiel das Konzept der Coping-Strategien

A
  • Menschen reagieren nicht gleich auf Stress -> kognitive, individuelle und emotionale Variablen beeinfluss dem Umgang mit Stress
  • Eu-Stress = Herausforderung -> motiviert, regt an, führt zu Handlungen
  • Di-Stress = Verunsicherung -> Angst, Ausweichen, Flucht, Blockierung
    Theorie nach Lazarus:
  • Stress ist nur das, was von einer Person als solcher bewertet wird
  • Stress führt zu Appraisal (kognitive Bewertung) und Coping (Bewältigung)
  1. Phase: Primäre Bewertung
    - Person überprüft den Reiz und bewertet diesen als irrelevant, positiv oder negativ
    - Letztere Bewertung führt durch Überforderung zu Di-Stress (Nicht genug für die Klausur gelernt)
    - Bei negativer Bewertung folgt Klassifizierung in Herausforderung, Bedrohung, Schaden
    - Herausforderung führt zu Eu-Stres, da Situation Beherrschbar / zu bewältigen scheint (man hat noch Zeit den fehlenden Stoff zu lernen)
  2. Phase: Sekundäre Bewertung
    - Abschätzung der Ressourcen, die zur Verfügung stehen -> Welche Möglichkeiten (Coping-Strategien) zur Bewältigung liegen vor?
    - Wenn Ressourcen nicht ausreichen, wird Stressreaktion ausgelöst
    - 1. Bewertung von vorhandenen Coping Strategien
    - 2. Anwendung einer oder mehrerer Strategien
    - 3. Bewertung der Folgen dieser
  3. Phase: Neubewertung
    - Neubewertung anhand neuer Informationen durch Umwelt / Personen
    - Neubewertung als Ergebnis des bewertungsorientierten Coping

Folgen: Coping-Strategien
1. Instrumentelles Coping: Anstrengungen, die auf Veränderung der Situation abzielen (Einholen von Informationen, Soziale Unterstützung, Problemlösehandlung)
2. Emotionsbezogenes Coping: Keine Problemlösung -> defensive Strategie -> Abfindungsprozess (kognitive Umstrukturierung, innerliches Distanzieren, Gefühle ausdrücken)
3. Bewertungsorientiertes Coping: Belastung wird als Herausforderung bewertet -> Freisetzung von Ressourcen

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15
Q

Fall: Erfolgreicher Radiologe bekommt nach Pensionierung Krebsdiagnose. Erklärung mit Diathese-Stress-Modell (Vulnerabilitäts-Stress-Modell)

Fall: Frau ist glücklich verheiratet, hat drei Kinder und ist voll berufstätig. Ihr wird Krebs diagnostiziert; sie hat nicht mehr lange zu leben. Skizzieren Sie, wie es dazu gekommen sein kann unter Berücksichtigung des Diathese-Stress-Modells

Fall: raucht seit 16. Lebensjahr 1-2 mal täglich, mit 49 nun Brustkrebs. Anhand Diathese Stress Modell erklären

A
  • Krankheit ist das Ergebnis einer Wechselwirkung zwischen Person und äußeren Belastungsfaktoren
  • Diathese beinhaltet alle Faktoren einer Person, die sie für eine bestimmte Krankheit besonders anfällig machen
    1. Anlagenfaktoren können pränatal oder perinatal sein, führen aber nicht per so zur Krankheit
    2. Bestimmte Veranlagung kann vorliegen, aber ruhig schlummern, bis besondere Belastungen vorliegen
    3. Erst durch äußere Belastungsfaktoren kann Krankheit aktiviert werden
    4. Auslösende Faktoren können alle Faktoren sein, die für Person einen Stressor darstellt
  • Psychische Störungen manifestieren sich, wenn belastende Ereignisse die Bewältigungsressourcen einer Person mit einer gewissen Vulnerabilität überfordern
  • Untersuchung von Krebsfällen in der Familie, ungesunder Lebensweise, pränatale / perinatale Anlagefaktoren, Erkrankungen, Traumata, genetische Krankheiten (Bei Radiologe zusätzlich Strahlenbelastung)
    Auslösende Faktoren:
  • Bei Radiologe: Übergang in Rente -> Job = positiver Stress -> es entsteht Leere
  • Bei Frau: kontinuierlicher Stress durch Kinder + Vollzeit Job -> Dauerhafter Stress als Umweltfaktor überschreitet irgendwann eine Schwelle, die die Krebserkrankung auslöst
  • Des Weiteren Untersuchung von den anderen zuvor genannten Faktoren, welche Krebserkrankung fördern
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16
Q

Biomedizinisches Modell

A
  • Krankheitsmodell, welches auf der Annahme eines Ursache-Wirkungs-Modells auf rein körperlicher Ebene basiert
  • Ist für die Erklärung psychiatrischer Erkrankungen nicht geeignet, wird allerdings häufig von Patienten übernommen, die die Existenz psychischer Faktoren als Krankheitsverursacher negieren
  • Krankheiten = Störungen der Lebensvorgänge in Organen / Organismus
  • Krankheiten haben verschiedene Symptome, Verlaufsmuster und Entstehungszusammenhänge
  • Aus dieser Kenntnis lassen sich vorhersehbare Behandlungsergebnisse sowie Bedingungen für Störungen des Heilungsprozesses beschrieben
  • vorherrschende Modell in gesundheitlicher Versorgung
  • Krankheit und Gesundheit schließen sich aus
  • Klassifizierung erfolgt ohne Einbeziehung des sozialen Kontexts
  • Krankheit = Abweichung vom natürlichen Zustand des Organismus
  • Kranke sind für Krankheit nicht verantwortlich
  • Heilung ist nur möglich wenn die Ursache behandelt wird
  • Symptomverschiebung möglich, wenn nur diese statt Ursache behandelt wird
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17
Q

Risikofaktorenmodell

A
  • Alle Variablen, die Risiko für bestimmte Krankheiten erhöhen, werden einbezogen
  • ähnelt Biomedizinischem Modell

Gemeinsamkeiten:
- Krankheit als Entität
- Eindimensionalität (ein oder mehrere Faktoren können zu bestimmter Krankheit führen)

Unterschiede:
- Ermöglichen Erforschung chronischer Krankheiten
- Beschreibt Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für bestimmte Erkrankung statt kausaler Verbindung
- Auslösender Erreger trägt mit anderen Variablen zum Krankheitsgeschehen bei, ist allerdings nicht alleinige Ursache

2 Phasen bei der Entwicklung der Risikofaktorenmodelle:
- 1. Risiken identifizieren (Alter, Geschlecht, Genetik, etc.)
- 2. Verhalten erforschen, welches zu Risikofaktoren führt (unter welchen Bedingungen zeigen Menschen Verhaltensweisen, die zu Risiken führen?)

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18
Q

Psycho-somatisches Krankheitsmodell

A
  • Beschäftigt sich mit dem Einfluss der Psyche bzw. psychosozialen Belastungen auf den Körper
  • Patienten zeigen körperliche Beschwerden, ohne, dass sich körperliche Ursache feststellen lässt
  • Herkunft der Beschwerden sind häufig außergewöhnliche Stressoren, die zu einem psychischen Konflikt führen, welcher auf die körperliche Ebene verschoben wird und dort Symptome zeigt
  • Versucht Zweiteilung der Welt in körperliche und geistige Welt zu integrieren
  • Geist und Gehirn sind also nicht voneinander zu trennen
  • Krankheit auch Ergebnis der Auseinandersetzung des Wirts mit dem Erreger
  • Krankheitsverlauf wird wesentlich durch den Umgang mit der infizierten Person mit dem Erreger beeinflusst
19
Q

Fall: Mann isst gerne, hat wenig Bewegung. Hat Übergewicht, Diabetes & Bluthochdruck.
Erklärung durch das biomedizinische Modell und Risikofaktormodell

A

Biomedizinisch:
- Fokussiert rein auf die Relation: Ursache - Wirkung
- Adipositas ist keine Krankheit, nur Abweichung von normalem Zustand -> Also Normabweichung ohne Krankheitsbild
- Patient ist für Krankheit nicht verantwortlich
- Folgekrankheiten der Adipositas werden einzeln behandelt -> Blutdruck - Beta-Blocker, Diabetes - Insulin
- Würde man den Mann auf Diät setzen, könnte man die Symptome regulieren

Risikofaktormodell:
- Es werden alle Variablen mit einbezogen, welche Erkrankungsrisiko erhöhen
- Auslösender Erreger trägt maßgeblich bei, allerdings liegen Ursachen in der Interaktion der Risikofaktoren mit dem Erreger
- Die Krankheiten des Mannes kommt durch die Anhäufung bestimmter Risikofaktoren (Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck)
- Verhaltensweisen wie zu wenig Bewegung oder eine ungesunde Ernährung lösen die Krankheit aus
- Behandlung: Auflösen des Risiko erzeugenden Verhaltens (Diät) / mehr Bewegung
-> Begleiterscheinung und Adipositas verschwinden

20
Q

„Fallbeispiel“: Ein Mann übernimmt die typische Frauenrolle als „Hausmann“, die Frau geht arbeiten.
Er bekommt Depressionen, sie einen Herzinfarkt.
Was würde dies in Sinne des biomedizinischen und das psychosomatischen Modells heißen?

A

Biomedizinisch:
- Kein Einbezug gesellschaftlicher / sozialer Faktoren
- Herzinfarkt und Depression werden als Krankheiten von der Psyche getrennt
- Depression kann nicht behandelt werden, da Zusammenhänge zwischen Psyche und Körper ausgeschlossen werden
- Klar messbare Symptome (Müdigkeit) können mit Medikamenten behandelt werden
- Herzinfarkt der Frau = Störung des Herzens als Organ
-> Störung besitzt bestimmte Symptome, Verlaufsmuster, etc. -> daraus ergeben sich Behandlungsprognosen

Psychosomatisch:
- Betonung von psychologischen Variablen für das Gesundheits-/Krankheitsgeschehen -> Einfluss von Psyche auf den Körper
- Depression des Mannes kann also aus Überforderung der Aufgabe “Hausmann” entstanden sein
- Herzinfarkt der Frau kann durch Stress der neuen Situation kommen -> Die Psyche wirkt negativ auf den Körper, was den Herzinfarkt auslöst

21
Q

Resilienz Modell

Fall: Manche Kinder wachsen unter widrigsten Bedingungen auf (misshandelt, geschlagen, belastete Milieus). Einige dieser Kinder entwickeln sich negativ, andere trotzdem positiv. Skizzieren Sie einen positiven und einen negativen Verlauf Und nehmen Sie dabei Bezug auf das Resilienzmodell.

A

Positiver Verlauf: Keine Symptomatik des neg. Verlaufs, Erfüllen von Entwicklungsaufgaben, soziale Kompetenz, Stressbewältigung, Problemlösen, gute Schulleistungen

Negativer Verlauf: Ängste, Depressionen, aggressives / dissoziales Verhalten

  • es liegt keine eindeutige Definition von Resilienz vor, aber Resilienzforschung untersucht, welche Faktoren geeignet sind, angesichts vorliegender Risikofaktoren, keine Störung zu entwickeln
  • bei Kindern: trotz schlechter Bedingungen eine positive Entwicklung zu durchlaufen
    -> schlechte Bedingungen = Missbrauch, Gewalt, Armut, etc.
  • beruht auf korrelativen Zusammenhängen und macht Aussagen über Erhöhung / Verringerung von Resilienz, aber gibt keine Aussagen über Wirkzusammenhänge und deren Bedingungen
  • körperliche Gesundheit, Leistung und Wohlbefinden spielen keine Rolle bei der Beurteilung
  • Kriterien für Resilienz: keine chronischen Alkohol- / Drogenprobleme, keine Konflikte mit dem Gesetz, stabile Ehen, Arbeit und stabiles soziales Umfeld

Faktoren, die Resilienz erhöhen:
- ruhiges Temperament
- offenes Kontaktverhalten
- erwachsene Bezugspersonen
- positive Bestätigung und Wertschätzung
- ggf. auch frühe Leistungsanforderungen an das Kind -> Verantwortung übernehmen

22
Q

Salutogenese-Modell

A
  • Was hält Menschen trotz gesundheitsgefährdenden Einflüssen gesund?
    1. Krankheiten sind eine normale Erscheinung des menschlichen Lebens und keine Abweichung der Normalität
    1. Gesundheit und Krankheit sind Pole eines gemeinsamen Kontinuums (bipolares Konzept)
  • Modell beschreibt Eigenschaften, die man benötigt, um gesund zu bleiben / werden
  • Forschung konzentriert sich auf diejenigen, die es schaffen, sich auf dem Kontinuum möglichst nah am gesunden Pol zu bewegen
  • Untersuchte haben körpereigene Ressourcen, die sie trotz schlimmer Situationen gesund halten

Entscheidender Parameter ist das Kohärenzgefühl (SOC), zum Ausbilden dessen sind 3 Erfahrungen notwendig (Widerstandsressourcen)
1. Konsistenz (Erfahrung, dass Dinge sich wiederholen)
2. Belastungsbalance (Ausgeglichen, weder chronisch noch unter- / überlastet)
3. Partizipation (Man kann Einfluss auf die Umwelt nehmen)

Unterteilbar in 3 Teilkomponenten:
1. Verstehbarkeit: Wahrnehmung von Stimuli und verstehen dieser, damit zukünftige Stimuli vorhersehbar und erklärbar sind
2. Handhabbarkeit: inwieweit hat jemand Ressourcen zur Verfügung, und den Anforderungen dieser zu begegnen -> Hohe Handhabbarkeit führt zu Selbstvertrauen / Selbstwirksamkeit
3. Bedeutsamkeit: Person empfindet Leben als sinnvoll -> Personen mit hoher Bedeutsamkeit sehen schwierige Aufgaben eher als Herausforderung statt als Last

Kohärenzgefühl:
- Das Leben bietet Unmengen an Reizen -> nicht der Reiz ist entscheidend, sondern wie drauf reagiert wird (Heterostase)
- Schafft Voraussetzung, dass Menschen mit verschiedenen Anforderungen flexibel umgehen können
- Starken Kohärenzgefühl schafft kognitiv emotional günstige Ausgangslage
- Kann nach dem jungen Erwachsenenalter nicht mehr entscheidend positiv verändert werden
- Personen mit niedrigem Kohärenzgefühl, laufen also Gefahr laufen schwächer zu werden

Personen mit starkem Kohärenzgefühl:
- Wahrnehmung geordnet und differenziert (Verstehbarkeit)
- Gehen davon aus, dass eigene Ressourcen ausreichen (Handhabbarkeit)
- Reize als nicht Stressoren, sondern als Herausforderung (Bedeutsamkeit)
- Können aus Repertoire eigener Strategien auswählen

Personen mit niedrigem Kohärenzgefühl:
- Wenig differenziert, emotionale Verwirrung (Nichts verstehen)
- Wenige spannungsreduzierende Strategien (Nichts geregelt bekommen)
- Reiz als bedrohlicher Stressor (Leben als Bedrohung)

23
Q

Fall: Flüchtlinge kommen ins Land. Anfänglich ohne jegliche Absicherung: Erkläre deren Gesundheitsaspekt/-Risiko anhand des Salutogenese-Modells

A
  • Grundvoraussetzung für Kohärenzgefühl ist nicht gegeben
    1. Konsistenz (Erfahrung, dass Dinge sich wiederholen) -> nicht gegeben, Situation ist neu
    2. Belastungsbalance (Weder chronisch noch unter- / überlastet) -> nicht gegeben, da hohe Belastung durch Unsicherheit
    3. Partizipation (Man kann Einfluss auf die Welt nehmen) -> nicht gegeben, Zukunft liegt in fremden Händen
  • Da sich das Kohärenzgefühl nach dem jungen Erwachsenenalter nicht mehr entscheidend positiv ändert, können nur die, welche bis dahin eine starkes Kohärenzgefühl entwickelt haben, adäquate Coping-Strategien anwenden
  • Für Flüchtlinge im Kindesalter ist dies also schwierig
  • -> Vor Allem dann, wenn Erfahrungen der Konsistenz, Belastungsbalance und der Partizipation nicht gemacht werden können
  • -> Als Flüchtling ist es nicht möglich die notwendigen Erfahrungen zu machen, da grundlegende Faktoren wie Stabilität und Frieden nicht vorhanden sind
  • Damit die Flucht als positive Herausforderung angesehen wird, ist es notwendig, dass ein Flüchtling zuvor ein starkes Kohärenzgefühl entwickelt hat, welches ihm eine günstige Bewertung der Situation ermöglicht
24
Q

Kinder entwickeln sich trotz Traumata positiv. Anhand von Ressourcenerweitertem Salutogenesemodell erklären

A
  • Antonovsky vernachlässigt die Berücksichtigung von Faktoren, die als positive Ressourcen direkt die Gesundheit fördern
  • Die drei Komponenten des Kohärenzgefühls sind ausschließlich reaktiv formuliert, also stehen jeweils als Reaktion auf einen Stressor im Mittelpunkt -> Antonovskys Konzept ist also stress- und anforderungsorientiert
  • In der Weiterentwicklung des Salutogenesemodells wird davon ausgegangen, dass Stressbewältigung nur ein Teil aktiver Adaption ist
  • Der andere Teil sind gesundheitsfördernde Kognitionen, Emotionen und Verhaltensweisen -> sind nicht nur ein Puffer gegen Stress, sondern tragen aktiv zur Gesundheit / Anpassung bei
  • Die Fähigkeit sich selbst etwas Gutes zu tun ist gesundheitsfördernd
  • -> Humor und Optimismus sind Ressourcen, bei welchen belegt worden ist, dass diese nicht nur Stress verringern sondern gleichzeitig zum einem großen Ausmaß der Gesundheit beitragen
25
Q

Social readjustment scale anhand Beispiels. Annika, 27 heiratet ihren langjährigen Freund. Renate, 47 lässt sich gerade scheiden.
Fallbeispiele: Scheidung und Tod. Anhand dieser Fallbeispiele Life Readjustment Scala skizzieren.

A
  • Die Social-readjustment-scale ist ein Messinstrument zur Erfassung von Lebensereignissen
  • Annahme: Das Wesentliche an einem Lebensereignis ist, dass es etwas im Leben verändert und dementsprechend Anpassung erfordert. Ob es als positiv / negativ bewertet wird, ist dabei nicht relevant
  • Lebensereignisse bekommen einen Wert zugeordnet (LCU: Life Change Unit), der einzelne Lebensereignisse einordnet
  • -> Diese Werte summieren sich auf, sodass man am Ende des Jahres einen bestimmten Wert hat, der beschreibt, wie kritisch die Ereignisse im eigenen Leben waren
  • Maximalsumme = 300 / Tod des Ehepartners gibt 100 Punkte, Scheidung = 73 Punkte, Heirat = 50 Punkte
  • Ab 150 Punkten befindet sich eine Person in einer Lebenskrise, wodurch die Gefahr zu erkranken deutlich erhöht ist
  • Die Theorie erhält allerdings sehr viel Kritik, da die Items sehr ungenau formuliert sind und Lebensereignisse verallgemeinert werden
26
Q

Relevanz des Gender-Mainstreamings im Gesundheitswesen

A
  • Gender-Mainstreaming: Unterschiede zwischen den Geschlechtern, durch kulturelle und soziale Variablen bedingt und somit sozial konstruiert
  • Ist die (Re-)Organisation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluierung grundsatzpolitischer Prozesse mit dem Ziel eine geschlechterbezogene Sichtweise in allen politischen Konzepten, Ebenen und Phasen durch beteiligte Akteure einzubringen
  • Alle haben das Recht auf den höchsten Gesundheitsstandard
  • Unterschiedliche Geschlechtsrollen haben unterschiedliche gesundheitliche Bedürfnisse
27
Q

Nennen Sie 3 Forderungen des Gender Mainstreams und bewerten Sie deren Umsetzbarkeit

A
  1. Geschlechterdifferenzierende Erhebung und Auswertung aller Daten im Gesundheitswesen
    - Entwicklung geschlechtergerechter Erfassungskriterien
    - Verbindliche Einführung der Kategorie „Geschlecht“ in Statistiken
    - Entwicklungen von Kriterien in denen männliche und weibliche Symptomschilderungen erfasst werden

Bewertung:
- Die Erfassung soziodemographischer Merkmale zeigt, dass es einfacher ist männliche und weibliche Daten zu trennen
- Wie sollte man spezifische Situationen erfassen? (Teilzeit arbeitende Frau, geschieden mit zwei Kindern)
- Es müsste für jede Krankheit geschlechterspezifische Faktoren ermittelt werden
- -> Unmengen an Daten, die auch schwierig getrennt zu erheben sind

  1. Geschlechtergerechte Pharmaforschung und -erprobung
    - Frauen dürfen nur Arzneimittel verschrieben werden, die auch ausreichend an Frauen geprüft wurden (Frauen haben einen anderen Stoffwechsel)
    - -> Geschlecht muss also in der Pharmaforschung berücksichtigt werden
    - Größere Aufmerksamkeit für Entwicklung von Medikamenten für Schwangere
    - Frauen erhalten Medikamente, die nicht an Frauen getestet wurden und deren Wechselwirkungen nicht bekannt waren

Bewertung:
- Leichte Umsetzbarkeit, interessant, dass es noch nicht so ist
- Medikamente sollten rückwirkend getestet werden, um Ergebnisse zu verifizieren
- Großer Aufwand aber großer Nutzen

  1. Stärkere Berücksichtigung der spezifischen Lebenslagen von Frauen und Männern in der Forschung und vor allem in der Gesundheitsversorgung
    - Fehlende Angebote für Mütter, Alleinerziehende und alte Leute
    - Dichotomes Denken -> Alte sind krank, da sie Beeinträchtigungen haben
    - Im Alter haben Männer und Frauen unterschiedliche Ressourcen, die im Versorgungssystem aber nicht vorgesehen sind
    - Bessere Aufklärung von typischen Männerkrankheiten (Herzinfarkt) bei Frauen und andersrum (Depression)

Bewertung:
- Forderungen richten sich an die Infrastruktur -> Großer Aufwand, da von Bund und Ländern umgesetzt werden müssten
- Aufklärung über „geschlechterspezifische Krankheiten“ kann und muss allerdings sofort geschehen
- Sichtweise im Bezug auf alte Leute sollte überdacht werden

28
Q

Fall: Medikamententestung erfolgt hauptsächlich an Männern, Freigabe aber für beide Geschlechter. Erläutern Sie unter Einbeziehung dieser Tatsache die unterschiedliche Medikamentennutzung der Geschlechter.

A
  • Geschlechtsstereotypen beeinflussen Gesundheit und Krankheit
  • Dadurch ergibt sich eine typischerweise erwartete Verhaltensweise
  • Frauen sind deutlich gefährdeter an Erkrankungen zu leiden, die mit Ängstlichkeit oder depressivem Rückzug in Verbindung stehen -> Erhöhte Gefahr von übermäßigem Medikamentenkonsum /-abhängigkeit
  • Männer haben ein höheres Risiko für Erkrankungen und Todesursachen, die mit Aggressivität und Ignoranz der eigenen Bedürfnisse zu tun haben
  • Die Wahrscheinlichkeit ein psychotropes Medikament verschrieben zu bekommen, und dementsprechend das Risiko der Medikamentenabhängigkeit, sind im hohen Maß von der sozioökonomischen Situation beeinflusst -> niedriger Ausbildungsstand sowieso niedriges Einkommen erhöhen Wahrscheinlichkeit zur Abhängigkeit
  • Bis 2004 wurden Medikamente ausschließlich an Männern getestet, erst durch das Gender-Mainstream-Konzept ergab sich geschlechterspezifische Forschung
  • Der Stoffwechsel der Frauen arbeitet anders als bei Männern im Bezug auf Medikamente -> dennoch wurden Frauen Medikamente verschrieben, deren Wirkungsweise nicht im weiblichen Organismus erforscht wurde
29
Q

Worin unterschieden sich Männer und Frauen in Bezug auf Gesundheit/Krankheit

A
  1. Art der Erkrankung
  2. Häufigkeit von Erkrankungen
  3. Subjektives Erleben von Gesundheit / Krankheit
  4. Art des Krankheitsverhaltens
  5. Umgang mit Körper / Emotionen
  6. Medikamentenkonsum
  7. Inanspruchnahme von medizinischen / psychosozialen Einrichtungen
  8. Art und Häufigkeiten gesundheitsriskanten Verhaltens
  9. Umgang mit Stressoren und Ressourcen
  10. Schmerzerleben /-ausdruck
30
Q

Horizontale und vertikale Ungleichheit erklären (Sozialepidemiologisches Modell)

Fall: Soziale Ungleichheit - Frauen unterer Schichten nehmen mehr Medikamente als Frauen oberer Schichten. Erkläre anhand der vertikalen & horizontalen Parameter des sozioepidemiologischen Status.

A
  • Sozialer Status = wichtiges Merkmal der vertikalen Differenzierung
  • Geschlecht, Alter = Merkmal der horizontalen Differenzierung
  • Gemeinsam kennzeichnen sie den sozioökonomischen Status einer Person / Gruppe
  • Vertikale soziale Ungleichheit = ungleiche Verteilung in unteren / oberen Bevölkerungsschichten -> Kriterien zur Erfassung: Bildungsstand, berufliche Status und Einkommen
  • Horizontale soziale Ungleichheit = Untersuchung von Alter, Geschlecht, Nationalität, etc.
  • Sozialer Gradient = Abhängigkeit des Erkrankungsrisiko innerhalb der sozialen Hierarchie
  • -> bei Frauen ist Bildungsabschluss relevanter, bei Männern das Einkommen
  • Die Wahrscheinlichkeit ein psychotropes Medikament verschrieben zu bekommen, und dementsprechend das Risiko zur Medikamentenabhängigkeit, ist stark von sozioökonomischen Status beeinflusst
  • Je niedriger Ausbildungsstand und Bildung einer Frau, desto höher die Wahrscheinlichkeit ein Medikament verschrieben zu bekommen
  • Sozialer Gradient besagt, dass Personen aus niedrigeren sozialen Schichten häufiger krank sind und dementsprechend einen höheren Medikamentenbedarf aufzeigen (psychische Probleme, Adipositas, sexuell übertragbare Krankheiten)
  • Menschen aus höheren Schichten achten eher auf ihre Ernährung, trinken weniger Alkohol, rauchen weniger, gehen öfter zur Vorsorge, etc. -> dementsprechend weniger Medikamentenkonsum
  • Personen aus niedrigeren Schichten werden durch mögliche geringere Bildung und eine damit einhergehende niedrige Position am Arbeitsplatz selbst-entfremdet
  • -> verstärkt Stressauslösende Situationen -> Überbeanspruchung des Immunsystems -> höhere Wahrscheinlichkeit für Krankheiten -> erhöhter Medikamentenkonsum
  • Feuchte Wohnungen, ungesunde Ernährung, Staub, Lärm, etc. wirken negativ auf die Gesundheit -> „reichere“ Menschen haben diese Probleme seltener
31
Q

Medikamentenkonsum bei Frauen

A
  • introvertierte Verhaltensweisen von Frauen bergen die Gefahren einer negativen Bewertung und damit einhergehendem übermäßigem Medikamentenkonsum
  • Beschwerden werden als psychovegetative Störungen diagnostiziert und mit Medikamenten “therapiert”
  • es werden selten alternative Therapien gelernt
  • Männern werden nur im Alter von 60 - 75 Jahren mehr Medikamente verschrieben als Frauen
  • in allen anderen Altersklassen bekommen Frauen ab 15 Jahren mehr Medikamente verschrieben
  • Frauen erhalten generell 20% mehr Medikamente verschrieben
  • Frauen erhalten 3x so häufig Migränepräparate, 60% mehr Psychopharmaka und 54% mehr Schmerzmittel
  • Abhängigkeitserzeugende Medikamente (für Depressionen, Schlafstörungen, etc.) werden zu 86% an Frauen verschrieben
32
Q

Einfluss der Geschlechtsunterschiede auf Gesundheit/ Krankheit am biomedizinischen und psychosozialen Modell erklären

A

Biologisch:
- Es gibt zwei Geschlechter, dieses wird aufgrund Chromosomen, Hormone und morphologischen Eigenschaften definiert
- Dieses primäre Geschlecht dient auch als Basis für Gesundheit und Krankheit und alle weiteren Unterschiede
- Umwelteinflüsse und soziale Faktoren wird aber eine Bedeutung auf die Gesundheit nicht ganz abgesprochen

Psychosozial:
- Unterschiede von Mann und Frau lassen sich auf soziale Rollen, Prägungen und geschlechtsspezifische Aneignung von Verhaltensweisen zurückführen
- Das Geschlecht ist also rein sozial und kulturell
- Es gibt keine biologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern, sondern diese sich nur Ergebnisse sozialer Konstruktionen

33
Q

Mangelnde Compliance bei Impfkampagne anhand Transtheoretischen Phasenmodells erklären

A
  • Laut dem Transtheoretischen Phasenmodell muss man mehrere Stufen durchlaufen, bis man in der sechsten und letzten Stufe eine Stabile Verhaltensänderung zur Gewohnheit entwickelt hat
  • Bevor dieses Stadium erreicht wurde, müssen allerdings 5 andere Stufen durchlaufen werden, in welche Kosten / Nutzen, Absichten, etc. abgewägt werden
  • Die erste Stufe beginnt damit, dass eine Person kein Problembewusstsein entwickelt und für problembezogene Informationen wenig empfänglich ist
  • Wenn eine Person also von Vornherein Impfungen ablehnt, ist es bereits sehr schwierig eine Person davon zu überzeugen sich nur einmal gedanklich mit dem Thema auseinanderzusetzen
  • Selbst wenn diese erste Stufe „absolviert“ wird und man in der zweiten Stufe die Vor- und Nachteile abwägen, wird es hier bereits die nächsten Probleme geben
  • Eine Person, welche Impfungen ablehnt wird für sich selbst einige plausible Gründe haben, weswegen sie es so tut -> beim weiteren Abwägen der Vor- und Nachteile werden die Nachteile also die Vorteile überwiegen
  • So wird die reine „Bitte“ der Impfkampagne nicht ausreichend sein um eine Person von den vorliegenden „Nachteilen“ einer Impfung ausreichend sein, damit diese sich doch impfen lässt
34
Q

Subjektive Gesundheitstheorien

A
  • Laien definieren Gesundheit nicht als Abwesenheit von Krankheit, sondern sie verbinden den Begriff mit eigenen positiven Inhalten und Vorstellungen
  • Indikatoren von Gesundheit sind: Wohlbefinden (Frauen), Leistungsfähigkeit (Männer), körperliche Fitness (Männer und Frauen)
  • Alltagstheorien aus den 70er Jahren
  • Mensch soll aktiv Handeln, Absichten verfolgen, überlegen was sinnvoll ist, etc. -> Allerdings verhalten sich Patienten aber nicht unbedingt rational

Gesundheitskonzepte von Laien: “Warum geht eine Frau nicht zur Brustkrebsvorsorge?”
1. Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit: Keine Schmerzen / Einschränkungen
2. Gesundheit als funktionale Fitness: Alltag ist ohne Mühen zu bewältigen
3. Gesundheit als Reservoir: Körper wird stark erlebt -> gewappnet gegen schädliche Einflüsse
4. Gesundheit als Ergebnis von Disziplin und Kontrolle: Man schreibt sich selbst die Verantwortung zu
5. Gesundheit als Gleichgewicht: Man selbst und die Umgebung sind ausgewogen
6. Gesundheit als Loslassen und Entspannen: Man gönnt sich etwas
7. Gesundheit als angeborene Konstante: „Bei uns in der Familie sind alle alt geworden“
8. Gesundheit als Schicksal: Eigene Einflüsse auf Gesundheit werden gering geschätzt

35
Q

Fall: Mann betreibt Leistungssport trotz Hodenkrebs-Befunds. Generieren Sie mögliche subjektive Theorien, die sein Verhalten erklären

A
  • Männer assoziieren Gesundheit vor allem mit Leistungsfähigkeit -> ihr Körper wird nicht negativ gespürt
  • Körperliche Fitness ist ein weiterer Punkt als Indikator für Krankheit -> Der Mann ist Leistungssportler und fühlt sich fit -> ergo Indikator für Gesundheit
  • Krankheit stellt eine Herausforderung da -> Krankheit wird als Wendepunkt gesehen, sodass jetzt mehr (Leistungs-)Sport gemacht wird -> Krankheit gibt ihm Kraft sich auf andere Dinge zu konzentrieren
36
Q

Fall: Frau mit Schmerzen im Oberbauch kommt mehrmals zum Arzt. Der Arzt findet nichts. Bringen Sie es in Zusammenhang mit einem gesundheitspsychologischen Modell /subjektive Gesundheitstheorien

A
  • Eindeutige Symptome, welche als Krankheitszeichen interpretiert werden: Fieber, Schmerzen, Müdigkeit -> beim auftreten dieser bezeichnen Menschen sich als krank
  • Bei weniger eindeutigen Symptomen (leichte Schmerzen) herrscht Unsicherheit, ob es sich dabei wirklich um eine Abweichung vom normalen Zustand handelt
  • -> zuerst Bestätigung durch Umfeld, dann erst durch Arzt -> eventuell lange herauszögern
  • Personen messen Umweltfaktoren mehr Bedeutung zu als wissenschaftlichen Theorien
  • Risikotheorie: Gesundheit ist im Wesentlichen durch Risiken gefährdet (Schadstoffe, Rauchen, Alkohol)
  • Ressourcentheorie: Einfluss auf eigene Gesundheit ist abhängig von internen / externen Ressourcen (Umfeld, gute Arbeit, Unterstützung)
  • -> Wenn Ressourcen verloren gehen, wird die Gesundheit geschwächt
37
Q

Fall: Eine Regierungsorganisation möchte den Impfpass bewerben und Leute dazu bringen, sich vermehrt impfen zu lassen. Erkläre die Möglichkeit, Compliance zu erhöhen, anhand eines Modells des Gesundheitsverhaltens (Health Belief).

A
  • Fragestellung: Wie können Menschen dazu bewegt werden, an Vorsorgeuntersuchungen / Impfungen teilzunehmen?
  • -> Aufzeigen, dass aktuelle Verhalten negative Konsequenzen hat und alternatives Verhalten positive Konsequenzen hat
  • Kern: Kosten-Nutzen-Überlegung
    Gesundheitsbedrohung wird bestimmt durch:
    1. Wie anfällig fühlt sich jemand für eine Krankheit?
    2. Wie ernsthaft sieht die Person die Krankheit?
    Nutzen ist abhängig von:
    1. Wie hoch ist der Nutzen der Handlung?
    2. Welche Komplikationen stehen im Weg?
  • Bereitschaft sich um eigene Gesundheit zu kümmern ist bei höheren Schichten größer, bei Frauen höher und bei alten Leuten höher
  • Externe Anstöße (Werbung) können Personen darauf aufmerksam machen, dass auch diese gesundheitlich bedroht sein könnten
  • Menschen neigen im Allgemeinen dazu, gesundheitliche Bedrohungen zu unterschätzen
38
Q

Welche Reaktionsphasen können sich bei einem Patienten zeigen, dem eine schwere chronische Krankheit diagnostiziert und mitgeteilt wird?

A
  1. Eingeschränkte Selbsthilfe
    - Kein Ausprobieren von Verhaltensalternativen
  2. Passive Veränderungserwartung bei unrealistischer Zielperspektive
    - Warten, dass sich etwas tut und dann so wie früher ist
  3. Permanenter Wunsch nach professioneller Intervention
    - Häufiger Arztwechsel und hoher Medikamentenkonsum
  4. Verantwortungsübertragung an Professionelle
    - Eigene Beteiligung wird ausgeblendet
  5. Vordergründige Kooperationsbereitschaft
    - Akzeptieren von Therapievorschlägen aber keine Umsetzung dieser
  6. Festhalten an der Krankenrolle
    - Zentrale Rolle im Alltag
  7. Ausgeprägtes Vermeidungsverhalten
    - Eigene Möglichkeiten werden nicht mehr geprüft
  8. Sozialer Rückzug
    - Einschränkung sozialer Kontakte durch medizinische Termine und Schonung
39
Q

Theorie des geplanten Verhaltens anhand einer Impfkampagne erklären

A
  • Verhalten wird erheblich durch Gedanken und rationale Überlegungen gesteuert
  • Modelle haben den Anspruch, dass Bedingungen erklärt und prognostiziert werden können, unter denen Verhaltensweisen auftreten
    Ausmaß der Verhaltensintention ist durch drei Faktoren beeinflusst:
    1. Einstellung der Person gegenüber dem Verhalten
    2. Die mit dem Verhalten verbundene subjektive Bewertung
    3. Wahrgenommene Verhaltenskontrolle
  • Die Einstellung wird davon bestimmt, welche Annahmen man hat, was Verhalten bewirkt und wie man diese Annahmen bewertet
  • Wenn Person glaubt, dass Verhalten zu einem günstigen Ergebnis führt, wird sie auch eine positive Einstellung haben
  • Die Subjektive Bewertung ist die Interpretation, die eine Person von der Erwartung anderer hat
  • Wenn andere also ein bestimmtes Verhalten ausführen, denkt die Person, dass dieses Verhalten auch von ihr verlangt wird
  • -> sie ist eher bereit diesen Erwartungen zu entsprechen
  • Wahrgenommene Verhaltenskontrolle = Überzeugung der Person, dass diese die Kontrolle über das fragliche Verhalten hat
  • Je höher Ausmaß, desto eher wird ein bestimmtes Verhalten begünstigt
  • Diese Überzeugung ist abhängig von den Ressourcen und Barrieren, die eine Person für sich sieht sowie die Kontrollmöglichkeiten, die eine Person besitzt
40
Q

ADHS als Modekrankheit - was bedeutet dies für Klassifikation?

A
  • Krankheitsdiagnosen werden öfters gestellt, wenn sich hohe Vermarktungsprofite erwarten lassen
  • ADS / ADHS gab es schon immer, wurde aber interessant, als herausgefunden wurde, dass sie sich mit Ritalin behandeln lässt
  • Etwa ein Viertel soll ADHS Symptome im Erwachsenenalter beibehalten -> weitere Gabe von Ritalin -> Profite für die Pharmabranche
  • Aktuell gleiches Problem bei Burn-out -> viele Diagnosen -> viele Medikamente -> viel Geld

Folge:
- Menschen finden weniger Ansprechpartner aufgrund steigender “Diagnosen”
- Überarbeitung von ICD und DSM -> Störung könnte aus Klassifikation “rausfallen”
- Richtiges Verständnis ist ein Kampf

41
Q

Lebensmittelunverträglichkeit, hat aber Ernährung umgestellt -> Ist Person laut Salutogenesischen Modell und laut pathogenetischen Modell gesund oder krank?

A

Pathogenetisch:
- Menschen befinden sich in der Regel im Gleichgewicht
- nur zu ungünstigen Situationen kommt es zur Krankheit
- Person war also in Ausnahmesituation krank, jetzt aber nicht mehr
-> Krankheit (Ernährung) wurde beseitigt

Salutogenetisch:
- Krankheit gehört zum Leben dazu, also ganz normaler Bestandteil des Lebens
- Allerdings schaffen es Leute damit zu leben bzw. sich nicht davon beeinflussen zu lassen, obwohl die existiert
-> Eigentlich noch krank, aber der Krankheit wurde “entflohen”

42
Q

Variablen, die Geschlechterunterschiede im Gesundheitsverhalten konstruieren nennen und erklären

A
  1. wichtigster Lebens-/Arbeitsbereich
  2. berufliche Situation
  3. subjektive Gesundheitstheorien
  4. Umgang mit dem Körper
  5. Umgang mit Erkrankungen
  6. Schmerzempfinden
  7. gesundheitsrelevantes Verhalten
  8. Umgang mit Emotionen
  9. Medikamentenkonsum
  10. geschlechtsspezifische Aspekte im Verhalten mit Professionellen des Gesundheitssystems
  11. geschlechtsspezifische Erwartungen an das Gesundheitssystem
  12. Risikoverhaltensweisen
  13. Ressourcen
43
Q

Welche Ansätze können aus dem sozialepidemoiologischen Status für die Gesundheitswissenschaften abgeleitet werden?

A
  1. Lebenslaufperspektive
    - Krankheit führt zu sozialem Abstieg -> Grund warum mehr kranke in unteren sozialen Schichten vorhanden sin
    - Dementsprechen sind Gesunde in Schichten weiter oben
  2. Verhaltensperspektive
    - Unterschiede sind abhängig von Verhalten:
    - direktes Gesundheitsverhalten (Essen, Rauchen, Alkohol, Bewegung)
    - Inanspruchnahmeverhalten
    - Personen unterer Schichten nehmen weniger häufig Vorsorge in Anspruch und essen mehr Fast Food / ungesund
    -> häufigere Krankheit
  3. Perspektive materieller Lebensbedingungen
    - untere soziale Schicht wohnt öfters in lauten, feuchten Wohnungen
    - schlechte Ernährung, schlechtes Umfeld, Staub, Lärm
    -> führt zu Krankheit
  4. Perspektive Einkommensungleichheit
    - je geringer Schere zwischen arm und reich, desto höher Lebenserwartung
    - soziale Ungleichheit führt zu geringerer Lebenserwartung
44
Q

Diskutieren warum Einbezug von Subjektiven Theorien in die Gesundheitswissenschaften relevant wäre

A

Pro:
- Menschen verfolgen Absichten, handeln aktiv
- Menschen haben begründete Annahmen für ihr Handeln
- Erklärung von Motiven und Verhalten:
-> warum rauchen Menschen obwohl sie Lungenkrebs haben?
-> warum verhalten sich Menschen ungesund?

Contra:
- Personen sind Laien -> haben kein Wissen über richtig / falsch
- subjektive Theorien können gesundheitsschädlich sein
-> Abwesenheit von Krankheit heißt nicht, dass man gesund ist