Neurowissenschaften und Psychotherapie Flashcards
Erste Person Perspektive und Dritte Person Perspektive
- Person Perspektive:
- vorrangig der Selbst- und Eigenwahrnehmung zugänglich
- kann daher nur aus subjektiver Perspektive beschrieben werden
-Bsp. Selbstbericht über Erfahrungen und Erleben - Person Perspektive:
-Messungen über mehrere Personen gemittelt
-keine Analyse über Individualebene
-Bsp. Messung neuronaler Zustände per bildgebendem Verfahren
Was sind die vier Ebenen im Gehirn nach Roth?
- vegetativ-affektive Ebene
- Ebene der emotionalen Konditionierung und des emotionalen Lernens
- Ebene bewusster, überwiegend sozial vermittelter Emotionen
- kognitiv-sprachliche Ebene
Funktionen und Hirnstrukturen der vegetativen-affektiven Ebene
Funktionen:
a) Sicherung der biologischen Existenz
-Kontrolle des Stoffenwechselhaushaltes
-Temperaturregulation
-Verdauungs- / und Hormonsystem
-Nahrungs- / Flüssigkeitsaufnahme
b) elementare affektive Verhaltensweisen und Empfindungen
-Angriff / Verteidigung
-Flucht / Erstarren
-Aggressivität / Wut
-Sexualverhalten / Temperament
c) unbewusste Prozesse
-Aus der Sicht der Psychoanalyse das “ES”
Hirnstrukturen:
-Teile der septalen Region
-prä-optisch-hypothalamische Region
-zentrale Amygdala
-zentrales Höhlengrau
-vegetativ-viszerale Zentren des Hirnstamms
Funktionen und Hirnstrukturen der Ebene der emotionalen Konditionierung und des emotionalen Lernens
- Erfahrungsgeleites Lernen -> basolaterale Amygdala
- Geruchs- und Geschmackssignal / Pheromone -> mediale und kortikale Amygdala
- Registrierung und Verarbeitung natürlicher Belohnungsreize, grundlegendes Motivationssystem, Vorhersage und Belohnungen -> mesolimbisches System mit Nukleus accumbens und ventralem tegmentalen Areal
- Grundstruktur des Selbstbildes und dem von anderen (Empathiefähigkeit) -> entscheidende Ebene für menschliches Verhalten
Funktionen und Hirnstrukturen der Ebene bewusster, überwiegend sozial vermittelter Emotionen
Funktionen:
1. affektives Körpergefühl, affekiv-emotionale Eingeweidewahrnehmung, Risikowahrnehmung und -Bewertung
2. affektive Tönung von Schmerzempfinden, Schmerzerwartungen
3. Erfassung sozial-kommunikativer Kontext (Bedeutung von Szenendarstellungen oder Mimik)
4. Voraussicht in Bezug auf Konsequenzen des Handelns, moralische und ethische Regeln
-> Entspricht dem psychoanalytischen “ÜBER-Ich”
Hirnstrukturen;
-Limbische Anteile an der Großhirnrinde: Insulärer Kortex, vorderer cingulärer Kortex, orbifrontaler Kortex
Funktionen und Hirnstrukturen der Kognitiv-sprachlichen Ebene
Funktionen:
1. Sprache
2. Intelligenz
3. zeitliche und räumliche Strukturierung von Sinneswahrnehmungen
4. planvollen und kontextgerechtes Handeln
5. Entwicklung von Zielvorstellungen
6. Problemlösen
7. Einschätzung der Relevanz von Ereignissen
8. Darstellung und Rechtfertigung des ICHs vor sich selbst und anderen
Hirnstrukturen:
-Neokortex: insbesondere der dorsolaterale präfrontale Kortex und das Broca-Areal
Auf welcher Ebene setzt Psychotherapie nach Roth an und warum?
Auf der Ebene der emotionalen Konditionierung und des emotionalen Lernens
->Da sie die entscheidende Ebene für menschliches Verhalten ist
-in dieser Ebene wird bestimmt, was Menschen in Zukunft aufsuchen / vermeiden
-psychostrukturelle Veränderungen sind nur durch starke konditionierte emotionale Beeinflussung möglich
-sie der Ort der erfahrungsgeleiteten, also auf Konditionierung beruhenden Verknüpfung emotional relevanter Ereignisse ist
-therapeutische Effekte beruhen laut Studien wohl immer auf Veränderungen der limbisch-emotionalen Zentren
Auf welche drei Weisen wirkt Psychotherapie? Warum spricht man oft nur von Überdeckung / Übertünchen ausgelegter Strukturen?
- Stärkung des bewussten Ichs als Stärkung der Impulskontrolle
-Stärkung des Einflusses des cingulären und orbifrontalen Kortex auf die Amygdala
-Top-Down - Auflösen der “verknoteten” limbischen Netzwerke
-verändert dort, wo Veränderung notwendig ist
-es besteht aber Zweifel, ob die Amygdala überhaupt “vergessen” kann
-Bottom-Up - Bildung neuer Verschaltung in der Amygdala
-durch andersartige positive emotionale Erfahrungen werden Verbindungen an den ungünstiges Verschaltungen “vorbei” aufgebaut
Überdeckung:
-Stärkung des bewussten Ichs -> korrigiert nicht die “falsch verdrahteten” Netzwerke des limbischen Systems
-mildert höchstens deren negative Auswirkungen auf das Verhalten
-Ursachen psychischer Sörungen sind lediglich überdeckt
-in ungünstigen Situationen treten frühere Symptome wieder auf
Drei Achsen des Gehirns nach Roth
- Bewusst-unbewusst
- emotional-rational
- individuell-sozial
Bitte erläutern Sie bezugnehmend auf die Forschung, weshalb die Symptomdimensionen des Sammel- und Aufbewahrungszwangs eine Sonderrolle zu spielen scheinen.
-ICD-10 Zwangsstörung -> vielfältige Zwänge subsumiert, Abgrenzung aber möglich
-Probleme in neurobiologischen Studien: Heterogenität der Patientengruppen
-Chance: spezifische Therapieansätze wenn Subgruppen identifizierbar
-Ansatz: 4-5 faktoranalytische Symptomdimensionen, diese vereinen Zwangssymptome
1. Symmetrie (Ordnung, Wiederholen, Zählen)
2. Kontamination / Reinigen (Waschzwang)
3. Aggression / Kontrollen (Kontrollzwang)
4. Sammeln (Sammeln / Aufbewahren)
5. Sexualität / Religion (sexueller oder religiöser Inhalt)
-> einige Dimensionen haben spezifische neurobiologische Korrelate, z.B. Kontamination, Kontrolle, Sammeln
Sammelzwänge:
-niedriger Glucose-Metabolismus im vorderen Cingulum
-höherer Glucose-Metabolismus im rechten sensorisches Motorkortex
-modifizierte, spezifische Behandlungskonzepte notwendig
-sprechen schlechter auf KVT oder pharmakologische Therapie an - unabhängig von Symptomschwere, komorbiden Depressionen
Bitte skizzieren Sie, um welche Inhalte es bei einer auf Menschen mit Sammel- und Aufbewahrungszwängen zugeschnittenen Therapie gehen sollte
-Psychoedukation
-Kompetenztraining: Organisation, Entscheidungsfindung
-motivationale Interventionen
-Exposition (Nicht-Anschaffen, Wegwerfen)
-spezifische kognitive Interventionen (emotionale Anhaftung, Folgen des Wegwerfens, Verantwortung, Kontrolle)
-Rückfallprophylaxe
Erläutern Sie die neuronalen Korrelate bei Zwangsstörungen
-Bei einer Zwangsstörung besteht eine Störung des Zusammenspiels von orbifrontalen Kortex, Basalganglien, limbischen System und Thalamus
-orbifrontale Kortex: für Entscheidungsfindung und Regulation emotinaler Prozesse
-Basalganglien: Steuerung der Motorik
-Limbisches System: Verarbeitung von Emotionen
->Die Zwangshandlung wird als motorische Aktivität angesehen, deren Unterlassung das Aufkommen unangenehmer Gefühle zu Folge hat. Widerstand und Einsicht ändern nichts daran, dass Handlungen durchgeführt werden müssen
-Bei vielen Betroffenen bestehen Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung und Ängste vor falschen Entscheidungen
Auf welche Weise ist die Aktivierung der Mittellinie-Regionen bei einer Depression verändert. Benennen Sie exemplarisch beteiligte Gehirnstrukturen
-höhere Selbstbezogenheit des Depressiven
-Depressive verlagern ihre Aufmerksamkeit weniger von sich selbst auf die Umwelt (kreisen um sich selbst, grübeln)
Beteilige Gehirnstrukturen:
-Prägenualer anteriorer cingulärer Kortex
-Ventromedialer Präfrontalkortex
-ventrales Striatum
-Putamen
-mediodorsaler Thalamus
Erklären Sie was es mit dem abnehmenden Umweltfokus bei Depressionen auf sich hat.
Beschreiben Sie, auf welche Weise der Einfluss von Reizen aus der Umwelt bei Depressionen verändert ist.
-bei Depressionen signifikant höherer Selbstfokus -> grübeln, über sich selbst nachdenken
-Schwierigkeit die Aufmerksamkeit auf die Umwelt zu verlagern -> Abnahme des Umweltfokus
-durch veränderte neuronale Aktivität in subkortikal und kortikalen Mittellinien Strukturen
-Depression beruht auf einer Hyperaktivität im Ruhe-Zustand und einer Hypoaktivität in lateralen Regionen
-> Dysbalance-Aktivierungsgleichgewicht
-Exterozeptive Stimuli beeinflussen nicht mehr Ruhe-Zustands-Aktivität und werden nicht mehr mit Wert und Belohnung in Verbindung gebracht
-Verminderte Aktivierung im DLPFC
-durch erhöhte Ruhe-Zustandsaktivität entsteht Prädisposition für Reaktivierung früherer negativer Beziehungserfahrungen / Objektverlusterfahrungen
Nenne und beschreibe die 3 Kompartments des Netzwerkmodells Depression
- dorsales Kompartment
-involviert in Prozesse von Aufmerksamkeit + Kognition
-sind in depressiver Erkrankung verändert
-Bewältigung kognitiver Aufgaben + Regulation affektiver Zustände
* DLPFC
* Bereiche des cingulären Kortex
* inferiorer Parietalkortex
* Striatum - Ventrale Sektion
-wird mit vegetativen Symptomen der Depression (Schlaf, Appetit, …) in Verbindung gebracht
-zugeordnete Hirnstrukturen: Paralimbische und subkortikale Bereiche
*Hippocampus
*Hypothalamus
*Amygdala
*Insula
*ventraler Präfrontalkortex - Rostrales Cingulum
-kann Ansprechbarkeit auf pharmakologische antidepressive Therapien vorhersagen
-wichtige regulatorische Rolle in Interaktion des dorsalen und ventralem Kompartment
-aufgrund Verbindungen in das dorsale und ventrale anteriore Cingulum